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Early Intervention? Fehlanzeige!

Kommentar

Integrationsfördernde Maßnahmen sollten möglichst rasch eingesetzt werden.

Die Überzeugung, dass ein möglichst rascher Einsatz integrationsfördernder Maßnahmen sinnvoll und notwendig ist, wird nicht von allen Verantwortlichen für Integrationspolitik geteilt. Vom Innenministerium etwa wurden bislang alle Vorschläge für Early Intervention abgelehnt: Sie würden nur zu verstärkter Zuwanderung von Asylsuchenden führen. Die negativen Folgen dieser Haltung sind schon erkennbar. Sie verursacht etwa die in vielen Fällen sehr schlechten Sprachkenntnisse von Asylberechtigten. Deutschkenntnisse auf einem Mindestlevel von A2 sind für Vermittlung und berufliche Qualifizierung unerlässlich. Dass die vielen Monate der Asylverfahren nicht genutzt werden, führt in der Regel zu längerer Arbeitslosigkeit. Umso zynischer erscheint die Forderung nach verpflichtender gemeinnütziger Arbeit zu einem Euro pro Stunde für arbeitslose anerkannte Flüchtlinge (siehe auch „Dilemma Niedriglöhne“).

Was für Spracherwerb gilt, gilt erst recht für mitgebrachte berufliche Qualifikationen und Kompetenzen. Auch hier verstreicht viel Zeit, bleiben Chancen für die Betroffenen, aber auch für die nach Fachkräften suchende Wirtschaft ungenützt. Dieser kritische Befund trifft auch für ein ganz entscheidendes Element Erfolg versprechender Integrationspolitik zu: die Öffnung von Ausbildungsmöglichkeiten für jugendliche AsylwerberInnen mit hoher Bleibechance. Von den für Integration verantwortlichen Ressorts wurde etwa der Vorschlag der Sozialpartner abgelehnt, die Ausbildung bis 18 für diese Jugendlichen zugänglich zu machen. Dass etwa der Gesundheitszustand der Geflüchteten bundesweit systematisch erhoben und verbessert würde oder gar Beratung und Hilfe bei posttraumatischen Störungen angeboten würde: Das erscheint gänzlich unvorstellbar.
Die zwei letztgenannten Defizite der Integrationspolitik haben wohl langfristig die schwersten nachteiligen Folgen für die Betroffenen wie für den Arbeitsmarkt – von den jahrzehntelangen Belastungen für die Arbeitslosenversicherung und die anderen Sozialschutzsysteme ganz zu schweigen.

Statt endlich die notwendigen Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt zu setzen, wird Integrationspolitik derzeit doppelt umgedeutet – um den Preis hoher sozialer und materieller Kosten: Zunächst soll sie einen zusätzlichen „Grenz-Zaun“ darstellen und Asylsuchende davon abschrecken, den Weg nach Österreich zu suchen. In einem zweiten Schritt wird aus den – zu einem guten Teil bewusst herbeigeführten – realen Problemen bei der Integration die Rechtfertigung für eine General-Attacke auf die bisherige Sozial- und Arbeitsmarktpolitik abgeleitet, siehe Forderungen wie die Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln, die Abschaffung der Notstandshilfe, Ein-Euro-Jobs oder den Rückbau der Mindestsicherung.
Klar ist: Eine so angelegte Integrationspolitik leistet keinen Beitrag, um die zweifellos hohen Herausforderungen für eine rasche und gute Eingliederung der Flüchtlinge in den österreichischen Arbeitsmarkt zu bewältigen. Möglich wäre diese zweifellos, auch wenn es einen langen Atem braucht.

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