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Der Staatshaushalt: Belastungen und Begünstigungen Gewinner und Verlierer oder radikaler politischer Wandel im Geiste des Neoliberalismus

Das neue Regierungsprogramm bedeutet eine massive Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt und Schwächung der Arbeitnehmerverbände. Hier werden besonders das Verwirrspiel des neuen Finanzministers und der Staatshaushalt unter die Lupe genommen.

Nach dem Scheitern der Regierungsverhandlungen zwischen der SPÖ und der ÖVP haben sich die FPÖ und die ÖVP innerhalb nur weniger Tage auf ein gemeinsames Regierungsprogramm für die Jahre 2000 bis 2003 geeinigt. Es soll der Prüfstein sein, an dem die - im In- und Ausland umstrittene - neue Mitte-Rechts-Regierung gemessen werden will. Bereits nach einer ersten Analyse wird klar, dass dieses Regierungsprogramm von neoliberalem Geist getragen ist und dass eine politische Trendwende eingeleitet werden soll. Wenngleich vieles nur sehr vage formuliert ist, so lassen sich doch drei zentrale Stoßrichtungen erkennen:
Die Konsolidierung des Bundeshaushalts sowie der öffentlichen Haushalte insgesamt wird zum Anlass genommen, um eine massive Umverteilung zu Gunsten von Unternehmern, Selbstständigen und Bauern vorzunehmen. Im Gegenzug werden die Arbeitnehmer sowie derzeitige und künftige Pensionisten kräftig zur Kasse gebeten. Innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer kommt es gleichzeitig zu einer Umverteilung von den Einkommensschwächeren zu den Einkommensstärkeren.
Der nationale Konsens in der Beschäftigungspolitik wird aufgegeben. Durch Deregulierungen und Sozialabbau wird nicht nur mehr Lohndruck erzeugt, sondern die Arbeitnehmer werden verstärkt in ungeregelte Beschäftigungsverhältnisse gedrängt. Damit gerät die Absicherung der Trendwende auf dem Arbeitsmarkt - im Vorjahr sank erstmals in den 90er Jahren die Arbeitslosigkeit - in Gefahr.
Unverkennbar besteht die Absicht der neuen Regierung auch in einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen den sozialen Gruppen. Die Stellung der Arbeitnehmer und der gesetzlichen Interessenvertretungen - also auch der Arbeiterkammern - soll geschwächt werden, indem dort die Serviceleistungen verstärkt werden sollen. Durch die damit erzwungene Einschränkung der Interessenwahrnehmung der Arbeitnehmerverbände wird deren Position gegenüber der Regierung und den Arbeitgebern entscheidend geschwächt, und ihr Einfluss im Rahmen der Gestaltung der Sozial- und Wirtschaftspolitik nimmt ab. Das widerspricht dem Geist der Sozialpartnerschaft und kann zu einer Destabilisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse führen.
Zu dieser Gesamtbeurteilung gelangte eine Untersuchung der Arbeiterkammer, die die einzelnen Politikbereiche des Programms im Detail analysierte. Im Folgenden werden diese Schlussfolgerungen durch nähere Ausführungen für einige Bereiche1) untermauert. Zuvor werden noch einige Bemerkungen zum Verwirrspiel des neuen Finanzministers über die Höhe des Budgetdefizits gemacht.

Das Verwirrspiel des neuen Finanzministers

Bereits bei den Verhandlungen zwischen der SPÖ und der ÖVP spielte das Bundesbudget eine zentrale Rolle. In einer Expertenrunde einigten sich SPÖ- und ÖVP-Verhandler auf einen Konsolidierungsbedarf für das Jahr 2000 in der Höhe von knapp 46 Milliarden Schilling2). Ein erheblicher Teil davon sollte nach den Plänen von Edlinger durch die Abschöpfung von Überschüssen aus verschiedenen Fonds (Familie, Arbeitslose, Wasserwirtschaft) und durch Einmalmaßnahmen (Liegenschaftsverkäufe, Mobilfunklizenzen etc.) bedeckt werden.
Für den verbleibenden Teil (zirka 20 Milliarden Schilling) waren Einsparungen beim Sach- und Personalaufwand sowie eine Anhebung der Mineralölsteuer geplant. Die Höhe dieses Konsolidierungsbedarfes wurde vom neuen Finanzminister Grasser kurz nach seinem Amtsantritt in Zweifel gezogen. Sein erster Kassasturz ergab eine »Budgetlücke« von über 100 Milliarden Schilling. Vom sozialistischen Erbe war die Rede, obwohl die ÖVP seit 1986 die Regierungsverantwortung gemeinsam mit der SPÖ getragen hat. In seiner ersten Pressekonferenz musste einige Tage später Grasser die Richtigkeit der Berechnungen Edlingers anerkennen, die auch von namhaften Experten des Wirtschaftsforschungsinstitutes bestätigt wurden. Offensichtlich hatte er die Begriffe Budgetdefizit und Konsolidierungsbedarf durcheinander gebracht. Grasser geht nunmehr von einer geringfügig höheren »Budgetlücke« von 47 Milliarden Schilling für das Jahr 2000 aus.
Ein wichtiger Unterschied liegt aber darin, dass Grasser massive Steuerbelastungen zur Zielerreichung plant: Von einer kräftigen Erhöhung der Tabaksteuer, der motorbezogenen Versicherungssteuer und der Energieabgabe ist die Rede. Zusätzlich sollen Kostenersätze und Gebühren angehoben werden. Davon erwartet sich Grasser nicht 9 Milliarden Schilling, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, sondern sogar 13 Milliarden Schilling für die Staatskassen.

Verwirrspiel?
Der neue Finanzminister Grasser (er war bis vor kurzem beim Magna-Konzern) hat offensichtlich in seiner ursprünglichen Prognose (über 100 Milliarden Schilling) zwei Begriffe durcheinander gebracht.

Budgetdefizit
Unter dem Budgetdefizit des Bundes versteht man den Unterschiedsbetrag zwischen den Budgeteinnahmen und den Budgetausgaben. Dieses Defizit, das in den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen ausgewiesen wird, nennt man »administratives« Defizit«.
Davon zu unterscheiden ist das so genannte Maastricht-Defizit, bei dessen Berechnung bestimmte Finanztransaktionen ausgeschieden werden. Dazu gehören vor allem die Zuführung und Auflösung von Rücklagen, die Gewährung und Tilgung von Darlehen sowie der Verkauf und Erwerb von Beteiligungen.

Konsolidierungsbedarf
Zieht man vom Maastricht-Defizit das von der Europäischen Kommission und vom Rat maximal zugelassene Maastricht-Defizit ab, erhält man den jeweiligen Konsolidierungsbedarf. Er gibt die Budgetlücke an, die entweder durch Steuererhöhungen und/oder Ausgabenkürzungen geschlossen werden muss. Das maximal zugelassene Maastricht-Defizit wird im Stabilitätsprogramm Österreichs ausgewiesen, und die Erreichung wird von der Kommission und vom Rat laufend überprüft.

Grassers Zahlen für das Budget 2000 in Milliarden Schilling
Budgeteinnahmen
Budgetausgaben
Budgetdefizit nach Maastricht
minus zugelassenem Maastricht-Defizit
Konsolidierungsbedarf

691
800
109
62
47

Massive Umverteilung zu Lasten der Arbeitnehmer

Die Maßnahmen des Regierungsprogramms - soweit sie überhaupt quantifiziert werden können - verteilen sich extrem ungleichgewichtig zwischen den Unternehmern/Selbstständigen und der Landwirtschaft auf der einen Seite und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf der anderen Seite. Während die erste Gruppe um mehr als 20 Milliarden Schilling entlastet werden soll, werden die Arbeitnehmer mit mehr als 13 Milliarden Schilling belastet. Der überwiegende Teil der Belastung der Arbeitnehmer resultiert aus Erhöhungen der Steuern und Gebühren. Da insbesondere Verbrauchsteuern und Gebühren erhöht werden, werden Bezieher niedriger Einkommen stärker getroffen als gut Verdienende. Die hohen und höchsten Einkommensschichten werden durch eine Reihe von Maßnahmen gezielt entlastet: Hinausschieben der Spekulationssteuer, zusätzliche steuerliche Förderung der Altersvorsorge, neue Steuerbegünstigungen für den Erwerb von Gemälden usw. Das Belastungspaket ist ganz offensichtlich notwendig, um die Entlastungen der Unternehmen/ Selbstständigen (13 Milliarden Schilling) sowie der Landwirtschaft (knapp 6 Milliarden Schilling netto) zu finanzieren. Trotz angespannter Budgetsituation gibt es zusätzlich noch Steuergeschenke an die Hauseigentümer (siehe Tabelle 1: Belastungen und Begünstigungen).
Für einen Vierpersonenhaushalt mit einem Auto bedeuten diese Maßnahmen eine zusätzliche monatliche Belastung von 220 Schilling, ist ein Raucher in diesem Haushalt, erhöht sich die Belastung auf 320 Schilling (nach den jüngsten Plänen von Finanzminister Grasser sogar noch stärker).
Der größte Teil der Belastungen betrifft allerdings die Pensionen. Durch die Anhebung des Pensionsalters sowie durch saftige Abschläge bei früherem Pensionsantritt werden ASVG-Versicherte und öffentlich Bedienstete mit 15 Milliarden Schilling belastet. Für Beamte im Ruhestand wird der so genannte Pensionssicherungsbeitrag erhöht. Von diesen Maßnahmen werden in den nächsten fünf Jahren zirka 300.000 Personen direkt betroffen sein. Die großen Verlierer sind dabei die älteren Arbeitnehmer.
Die mit dieser Steuer- und Budgetpolitik verbundene Umverteilung findet keine sachliche Rechtfertigung. Die Ertragslage der Unternehmungen ist gut und muss nicht durch eine Verkürzung der Lohnansprüche der Arbeitnehmer und durch einen großzügigen Nachlass von Arbeitgeberbeiträgen saniert werden, ebenso wenig lassen sich die Steuergeschenke und die zusätzlichen Förderungen für die Landwirtschaft rechtfertigen. Das Regierungsprogramm zielt damit klar auf eine Verschlechterung der Position der Arbeitnehmer.
Diese Tatsache wird dadurch erhärtet, dass es im Programm noch viele Maßnahmen gibt, die verteilungspolitisch überwiegend zum Nachteil der Arbeitnehmer wirken, wie z. B. der Entzug von Mitteln für das Arbeitsmarktservice, der Selbstbehalt in der Krankenversicherung, die Genehmigung von 15.000 Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft und im Tourismus usw.

TABELLE 1:

Belastungen und Begünstigungen
Für Unternehmer, Selbstständige und Bauern sowie für Arbeitnehmer und Pensionisten

in Mio. Schilling

UnternehmerInnen/Selbstständige und Landwirtschaft
Senkung der Lohnnebenkosten
Erhöhung der Energiesteuer
Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer
Erhöhung des Vignettenpreises
Anhebung der Tabaksteuer
Steuerbegünstigungen u. Förderungen für die Landwirtschaft
Erhöhung des Karenzgeldes (bestehende Ansprüche)
Anhebung der PV-Beiträge (Selbstständige u. Bauern je 250 Mio. S)
zusätzliche steuerliche Forschungsförderung
Entfall der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe
Wiedereinführung der steuerfreien Mietzinsrücklage
Sonstige Transferzahlungen
Gebührenerhöhungen im Zusammenhang mit Ausgliederungen und Kostenanlastungen für öffentliche Leistungen
Gesamt

15000
-1.400
-700
-200
-200
6.000
250
-500
200
1.700
1.500
-300

-700
20.650

Arbeitnehmer
Erhöhungen im Zusammenhang mit Lohnnebenkosten (Urlaubsaliquotierung, Postensuchtag)
Erhöhung der Energiesteuer
Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer
Erhöhung des Vignettenpreises
Anhebung der Tabaksteuer
Anhebung des Karenzgeldes (Verlängerung bzw. bestehende Ansprüche)
Sonstige Transferzahlungen (75% von 3000 Mio. S)
Überstunden und Jahresarbeitsmodelle öffentlicher Dienst
Leistungsverschlechterungen Unfall- u. Arbeitslosenversicherung
Gebührenerhöhungen im Zusammenhang mit Ausgliederungen und Kostenanlastungen für öffentliche Leistungen
Gesamt


-2.600
-1.600
-3.800
-1.300
-1.000
1.800
-2.300
-1.200
-1.000

-300
-13.300

Pensionisten
derzeitige und künftige PensionsbezieherInnen (ASVG und Beamte)
Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrags (Beamte)
Gesamt

-15.000
-700
-15.700

TABELLE 2:

Arbeitsmarktauswirkungen des Regierungsprogramms

in Mio. Schilling

Auswirkungen auf das Arbeitskräfteangebot
Verlängerung der Elternkarenz
Erhöhung des Alters für die vorzeitige Alterspension (ASVG-Versicherte und Beamte)
Saisonniers und Au-pair-Mädchen
Summe Angebotsseite

-20.000
45.000
5.000
30.000

Auswirkungen auf das Arbeitskräftenachfrage
Senkung der Lohnnebenkosten (auf Teileffekt)
Reduktion der Beschäftigung im öffentlichen Dienst
Auswirkungen der Budgetausgliederungen auf die Beschäftigung
Auswirkungen der Maßnahmen betreffend Schieneninfrastruktur/ÖBB
Summe Nachfrageseite

4.000
-9.000
-3.000
-4.000
-12.000

Falscher Weg bei der Budgetkonsolidierung

Bei der Budgetkonsolidierung, deren Notwendigkeit außer Streit steht, wird ein völlig falscher Weg eingeschlagen. Durch die Steuergeschenke und Beitragssenkungen werden einerseits die Budgeteinnahmen reduziert, andererseits entsteht durch die zusätzlichen Ausgaben in der Landwirtschaft und im Familienbereich ein erheblicher Mehrbedarf. Die Folge ist, dass dadurch andere Ausgaben gekürzt werden müssen und Steuererhöhungen unumgänglich sind. Im Regierungsprogramm sind viele weitere Ausgabenerhöhungen vorgesehen wie die Aufstockung des Heeresbudgets, der Ankauf von neuen Waffensystemen, zusätzliche Ausgaben für die Bundesstaatsreform etc. Für diese Ausgaben werden entgegen den Absichtserklärungen der Regierung keine Bedeckungsvorschläge gemacht. Obwohl die Angaben im Regierungsprogramm vielfach sehr unklar sind, lässt sich doch erkennen, dass der Konsolidierungsbedarf bis zum Jahr 2003 als Folge der Steuergeschenke und der zusätzlich geplanten Ausgaben trotz Steuererhöhungen beträchtlich höher sein dürfte, als er von Edlinger beziffert wurde.
Dazu kommt, dass einige Maßnahmen im Hinblick auf ihren Beitrag zur Konsolidierung überschätzt werden. Das gilt insbesondere für die Maßnahmen in der Pensionsversicherung, bei denen nicht berücksichtigt wurde, dass eine Erhöhung des Pensionsalters höhere Ausgaben in der Arbeitslosenversicherung (2,1 bis 2,8 Milliarden Schilling) nach sich ziehen wird. Weiters soll der Bundeshaushalt durch »budgetkosmetische« Maßnahmen saniert werden. Dazu gehört der Verkauf von Bundesliegenschaften an die Bundesimmobiliengesellschaft, eine Maßnahme, die im Endeffekt nur zu höheren Zinsaufwendungen führt, da diese Käufe kreditfinanziert werden müssen.
Insgesamt muss daher bezweifelt werden, dass mit den Maßnahmen im Regierungsprogramm eine nachhaltige Budgetkonsolidierung gelingen wird. Es muss eher befürchtet werden, dass die Arbeitnehmer relativ bald mit weiteren Einsparungen und/oder Steuererhöhungen konfrontiert werden.

Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt

Das neue Regierungsprogramm gefährdet die im Vorjahr eingeleitete Trendwende auf dem Arbeitsmarkt. Durch die Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung haben wir nun etwa 30.000 Beschäftigte mehr und 15.000 Arbeitslose weniger. Nun ist davon auszugehen, dass sich die Arbeitsmarktbilanz bis zum Jahr 2003 um zirka 42.000 Beschäftigte verschlechtern wird (siehe Tabelle 2: Arbeitsmarktauswirkungen des neuen Regierungsprogramms).
Durch die Erhöhung des Pensionsalters für die vorzeitige Alterspension und durch die Zulassung von Saisonniers wird sich das Arbeitskräfteangebot erhöhen, gleichzeitig wird aber durch den beabsichtigten Abbau von 9000 Planstellen im öffentlichen Dienst sowie durch Personaleinsparungen im Zusammenhang mit Budgetausgliederungen die Nachfrage nach Arbeitskräften zurückgehen. Beschäftigungssenkend wirkt weiters die Einschränkung von Infrastrukturinvestitionen im Bereich der Schiene.
Diesen Effekten stehen Auswirkungen in die Gegenrichtung gegenüber. Durch die Erweiterung der Bezugsdauer beim Karenzgeld wird sich das Arbeitskräfteangebot reduzieren, und von den niedrigeren Lohnnebenkosten wird eine beschäftigungserhöhende Wirkung ausgehen.
Insgesamt bedeutet das aber nicht, dass 42.000 Beschäftigte arbeitslos werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass sich ein Teil davon in höherer Arbeitslosigkeit niederschlagen wird, ein anderer Teil des erhöhten Angebots geht in ungünstigere Beschäftigungsverhältnisse bzw. in die stille Arbeitsmarktreserve.

Verschiebung der Kräfteverhältnisse

Während in der vom Bundespräsidenten verfassten Präambel die Bedeutung der Sozialpartnerschaft betont wird, kommt in mehreren Passagen des Regierungsprogramms unverkennbar die Absicht zum Ausdruck, die Position der Arbeitnehmerverbände und damit ihren Einfluss auf die Gestaltung der Sozial- und Wirtschaftspolitik wie auch jene der Arbeitnehmer zu verschlechtern. Dazu zwei Aspekte:
Das Vorhaben der Regierung, die Kompetenz zur Regelung der flexiblen Arbeitszeit in jenen Branchen, in denen es keinen Kollektivvertrag gibt, auf die Betriebs- bzw. Individualebene zu verlagern, bedeutet unmittelbar eine Schwächung der Verhandlungsposition sowohl der verbandsmäßigen Interessenvertretung durch die Gewerkschaften als auch der einzelnen Arbeitnehmer im Betrieb. Die Absichten der Regierung stellen generell das Instrument des Kollektivvertrags in Frage.
Die gesetzlichen Interessenvertretungen, also auch die Arbeiterkammern, sollen stärker auf Serviceleistungen hin orientiert werden. Zusätzlich wird von ihnen eine Reduktion ihrer Beiträge erwartet, was mit einer Senkung der verfügbaren personellen und sachlichen Ressourcen einhergeht. Beides führt ganz offensichtlich zu einer Schwächung der Sachkompetenz der Verbände in Fragen der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Insgesamt wird damit im Kräftedreieck Regierung - Arbeitgeber - Arbeitnehmer die Position der Letzteren eindeutig geschwächt.

Parallelen zu Neuseeland

Die neue Regierung findet in wirtschaftlicher Hinsicht eine sehr günstige Ausgangsposition vor. Die Dramatisierung des Budgetdefizits ist überzogen, wenngleich ein Handlungsbedarf nicht geleugnet werden kann. Ein Anlass für einen radikalen politischen Wandel, wie er sich im Regierungsprogramm abzeichnet, ist daher nicht gegeben. Das Regierungsprogramm hat in vielen Bereichen Parallelen zu jenem von Neuseeland, dem Land mit dem bisher radikalsten neoliberalen Reformprogramm.
Dort gibt es zwar jetzt niedrigere Inflationsraten und Budgetüberschüsse, aber die Arbeitslosigkeit ist höher als vor den Reformen. Und den Preis des Wandels haben eindeutig die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Alten, die Arbeitslosen, die Kranken, die Frauen und die Minderheiten bezahlen müssen. Wenn unsere neue Regierung daher an ihrem Programm gemessen werden will, kann ihr aus Arbeitnehmersicht kein positives Zeugnis ausgestellt werden.

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