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ÖIAG neu
Post - Mitarbeiter und Leistung

Ab die Post? | Der Ausverkauf geht weiter: im Namen der Steuerzahler gegen Beschäftigte und Konsumenten...

Briefkasten und Briefträger - bald nur noch Relikte der Vergangenheit? | »Die derzeit bestehenden Verbindlichkeiten der ÖIAG (Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft) und PTBG (Post- und Telekom-Beteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH) sind in der kommenden Legislaturperiode durch Privatisierungserlöse zu tilgen. Damit soll die Haftung der Steuerzahler für die Altschulden endgültig und dauerhaft entfallen.« So die scheinbar unauffällige und für den Steuerzahler nett klingende Passage unter dem Titel »Neuorganisation der ÖIAG« des FPÖVP-Koalitionsabkommens1). Warum wirft der Finanzminister dabei im Besonderen ein begehrliches Auge auf Telekom, Post und P.S.K.? Was haben die Steuerzahler wirklich davon?

Was sich in diesen eingangs zitierten Zeilen verbirgt, ist nichts anderes als der programmierte Totalausverkauf österreichischer Firmen, sprich Vermögenswerte, die einzig und allein durch die Arbeit von Zehntausenden Beschäftigten in den letzen 55 Jahren von null weg geschaffen wurden. So sollen laut Regierungsvorhaben nicht nur die Reste der so genannten verstaatlichten Industrie (z. B. Böhler, OMV, VA-Stahl oder VA-Tech) oder die der ÖIAG bereits übertragenen Staatsbetriebe (Austria Tabak, AUA, Flughafen Wien, Staatsdruckerei, Dorotheum, Print Media Austria ­ die Salinen sind bereits zu 100 Prozent privatisiert), sondern nun auch der gesamte Postbereich (Telekom Austria AG, Post AG, Bus und P.S.K.) voll privatisiert werden. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, per Gesetz die ÖIAG mit der PTA (Post und Telekom Austria AG) und der PTBG zu fusionieren. Auf Basis des Poststrukturgesetzes 1996 erfolgte die Ausgliederung der Post- und Telegraphenverwaltung in die Post und Telekom Austria AG (PTA) und die Bildung der Holdinggesellschaft Post- und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (PTGB). Damit wurde die Post aus der Bundesverwaltung ausgegliedert, aber noch nicht privatisiert. Diese Konstruktion wurde gewählt, um die zum Zeitpunkt der Ausgliederung bestehende Schuldenlast der Post in der Gesamthöhe von 110 Milliarden Schilling aufzuteilen. Die PTGB musste 45 Milliarden Schilling der Postschulden übernehmen und bekam dafür alle Aktien der neuen PTA. Die PTA wiederum übernahm 65 Milliarden der Schulden. Das Poststrukturgesetz bildete die Grundlage für diese Neukonstruktion.

Postdienste
Deregulierung und Privatisierung

Schon vor dem EU-Beitritt unterschrieb die Republik Österreich das »Memorandum of Understanding« (Übereinkommen, die Regulierungsschritte im Telekombereich im Sinne der EU mitzumachen). Nach der vollständigen Liberalisierung schreibt die EU nun auch im Postsektor für ihre Mitglieder schrittweise die volle Liberalisierung, sprich Deregulierung und Privatisierung, aller Postdienste vor. Nun ist auch für den Finanzminister die Telekom Austria AG ein besonders begehrlicher Privatisierungskandidat. Der Telekomsektor wurde in Österreich bereits 1998 teilprivatisiert (zu 25,01 Prozent an die Telekom Italia). Die so genannte Gelbe Post mit Briefzustellung und Busbetrieb soll demnach 2003 völlig liberalisiert werden.

Gewinnabführung

Diese Schulden der vergangenen Jahre kamen aber nicht zustande, weil die Post als Ganzes etwa defizitär gewesen wäre, sondern weil die Post vom Gesetzgeber gezwungen wurde, jährlich etwa 9 Milliarden ins Budget zu zahlen2), die in dieser Höhe nicht erwirtschaftet wurden. Um die notwendigen und gesetzlich vorgesehen Dienste trotzdem anbieten zu können, mussten und müssen laufend Milliardeninvestitionen getätigt werden. Wegen der Gewinnabführung ins Budget konnten diese aber nicht aus eigenen Mitteln, sondern nur durch die Aufnahme von teuren Krediten abgedeckt werden. So häuften sich die besagten 110 Milliarden Schulden auf. So ist die Post unschuldig zum Schuldner geworden. Und diese Schulden werden immer wieder und jetzt erst recht von der FPÖVP-Koalition als Vorwand für den weiteren Ausverkauf hergenommen. Doch: »Kaum ein anderes Land in Europa trennt sich etwa von so wichtigen Infrastrukturunternehmen wie Telekom oder Post«, so Arbeiterkammerpräsident Herbert Tumpel.3) So hat sogar die liberalisierungswütige »Deutsche Telekom noch immer 70 Prozent Staatsanteil und kassiert der Staat die Gewinne selbst, anstatt sich mit einer einmaligen Abschlagszahlung zufrie- den zu geben«, weiß Robert Sulzbacher vom Zentralausschuss Telekom der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF).4) Warum also diese Eile?

Musterschüler

»Zuerst hat man uns ausgegliedert, Schulden, die wir nicht gemacht haben, umgehängt und dann auf dem Markt behindert. So sind wir Musterschüler der durch die EU vorgeschriebenen Liberalisierung: Wir haben etwa in Österreich bereits den Ortsverkehr liberalisiert und extrem niedrige Zusammenschaltgebühren mit den alternativen Telekombetreibern. Was uns selbst teilweise 50 bis 60 Groschen kostet, müssen wir den Alternativbetreibern, sprich Konkurrenten, um etwa 30 Groschen anbieten. Was in anderen Wirtschaftsbereichen als Wettbewerbsverzerrung angeprangert wird, müssen wir auf Geheiß des Telekom-Regulators durchführen, das heißt, die von der Telekom Austria hergestellten Leitungen unter dem Einstandspreis an die Alternativbetreiber vermieten. Wenn es sich dabei um kleine Mitbewerber handelt, ist das vielleicht nicht so tragisch. Hat aber ein Betreiber, der direkter Konkurrent ist, zum Beispiel im Mobilbereich 40 Prozent Marktanteil (max.mobil), dann kommt das einer Subventionierung eines direkten Konkurrenten gleich. >Sinn< macht das Ganze dann, wenn man weiß, dass max.mobil bereits zu 100 Prozent der Deutschen Telekom gehört«, und, wie Robert Sulzbacher einschätzt, »es in Zukunft in der EU nur noch drei große Telekomanbieter geben wird: die Deutschen, die Engländer und die Franzosen.«5) Zielsetzung der Regierung und Zusammensetzung des neuen Aufsichtsrates der ÖIAG lassen tatsächlich einen Ausverkauf an Deutschland befürchten: So soll der neue ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzende Alfred Heinzl vom Papierkonzern PWA/SCA aus München kommen, weitere Aufsichtsratsmitglieder, die deutsche Interessen vertreten: Jürgen Hubbert von DaimlerChrysler, Paul Achleitner von der Allianz AG, die mit der Dresdner und der Deutschen Bank verbandelt ist, und Veit Schalle vom zum deutschen Rewe-Konzern gehörenden Billa.6) Anstatt die österreichische Telekom jetzt im Husch-Pfusch-Verfahren auf den Markt zu werfen, sollten nach Ansicht des Telekom-Postgewerkschafters diese extremen Ungleichheiten vom Regulator, der Telekom Control, schleunigst beseitigt werden und seitens der Geschäftsleitung der Telekom Austria ein zukunftsfähiges Konzept für die Weiterentwicklung und Absicherung des Betriebes vorgelegt werden. Die Telekom Austria AG ist mit ihren rund 15.500 Beschäftigten eines der wichtigsten Unternehmen in Österreich. Ein weiterer Verkauf ans Ausland, 25,01 Prozent sind schon im Besitz der Telecom Italia, würde den Wirtschaftsstandort Österreich massiv schwächen und die Eingliederung einzelner Unternehmensbereiche wie Forschung, Produktentwicklung oder strategische Planung in die Unternehmenszentrale des Käufers, also eine Verlagerung ins Ausland, bedeuten.

Insgesamt wären von so einem Ausverkauf vier- bis fünftausend Arbeitsplätze in den nächsten Jahren gefährdet. Wobei zu ergänzen ist, dass schon bisher im Bereich der Telekom Austria abgebaute Arbeitsplätze keineswegs ­ wie immer behauptet wird ­ von den Alternativbetreibern aufgefangen werden, geschweige, dass der ganze Telekombereich viele zusätzliche Arbeitsplätze schafft. Allein die ständigen Rationalisierungen und gigantischen technischen Entwicklungen und Modernisierungen machen dies unwahrscheinlich.

Casinokapitalismus

Warum also das Ganze, wird sich der Konsument fragen? Zentralbetriebsrat Sulzbacher: »Geplant ist der totale Verkauf der Telekom AG mit ihren Töchtern. Laut Finanzminister Grasser soll damit der österreichische Kapitalmarkt belebt werden, der darniederliegt. 100 bis 120 Milliarden Schilling sollen so an die Börse gebracht werden, deren Gesamtwert allerdings auf bloß 400 Milliarden Schilling geschätzt wird. Damit würde der Telekombereich allein mehr als ein Viertel des Volumens der Wiener Börse ausmachen. Dies ist realistischerweise nicht erzielbar. Daher«, so befürchtet Sulzbacher, »würde die Telekom unter ihrem Wert verkauft werden.« Für diesen Casinokaptialismus in Reinkultur würde also ein »gutes Unternehmern geopfert, werden Tausende Arbeitsplätze gefährdet und wird Familiensilber verkauft werden. Was bleibt, ist ein billiger Einmaleffekt«, so der Belegschaftsvertreter. Das sieht auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten, Hans-Georg Dörfler, so: »Internationale Konzerne würden bereits darauf warten, sich dieses günstige Schnäppchen weit unter dem Wert einzuverleiben.« Außerdem wäre es eine falsche Hoffnung »zu erwarten, dass durch eine Totalprivatisierung Verbesserungen bzw. Verbilligungen für die Konsumenten eintreten werden, sondern ganz im Gegenteil ist die Tarifgestaltung und vor allem die Flächendeckung insbesondere auf dem flachen Land und in den entlegenen Regionen extrem in Frage gestellt«.7) Ebenso fraglich und bereits in Diskussion ist der Fortbestand der Befreiung rund 300.000 Betroffener von der Grundgebühr. Festzuhalten ist etwa auch der Umstand, dass in Österreich die Entstörung derzeit innerhalb von Stunden erfolgt, im Telekom-privatisierten Ausland hingegen oft Tage dauert. Besonders besorgt und empört sind die Betriebsräte darüber, dass ausdrücklich ein (Aus-)Verkauf der Telekom auch unter die Sperrminorität von 25 Prozent im Regierungspakt vorgesehen ist. Das hätte nämlich fatale Folgen für die Telekom-Beschäftigten: »Damit würde das Poststrukturgesetz, mit dem die Beschäftigten der Post und Telekom mit allen ihren Rechten vom Bund übernommen wurden, seine Gültigkeit verlieren. Dadurch käme es in weiterer Folge zur Aufhebung des Postbetriebs-Verfassungsgesetzes, das die Rechte der Telekom-Beschäftigten, die noch zu 79 Prozent Beamte sind, regelt und absichert. Da für die Telekom Austria AG weder das Arbeitsverfassungsgesetz gilt noch die Kollektivvertragsfähigkeit in diesem Fall gegeben wäre, würden die Beschäftigten bei einem Verkauf unter 25 Prozent ohne soziale Absicherung total in der Luft hängen.«8) Die Telekom-Gewerkschafter verlangen daher, dass die Rechte auch bei einem Totalverkauf gewahrt bleiben, indem diese auch durch Syndikatsverträge abgesichert werden können. Sie verlangen daher eine entsprechende Regelung im neuen ÖIAG-Gesetz. Zufall oder nicht, jedenfalls nicht lange, nachdem die Regierung ihre Privatisierungspläne für ÖIAG und Telekom bekannt gegeben hatte, setzte der Generaldirektor der Post AG, Anton Wais, kräftig nach: Wegen der Vorbereitung auf die bevorstehende EU-weite Liberalisierung des Postmarktes im Jahr 2003 und der geplanten Privatisierung der Post AG kündigte er das Sofortprogramm »Speed«9) an, das in den nächsten drei Jahren 15 bis 20 Prozent der Personalkosten senken und damit rund 4000 bis 6000 der derzeit noch 31.000 Arbeitsplätze bei der »Gelben Post« einsparen soll. Darüber hinaus soll die Arbeitsbelastung um 20 Prozent angehoben werden.

Freiwilliger Rücktritt

Diese Vorgangsweise gibt so manchen Kritikern aus der Gewerkschaft Recht, die dieses neuerliche Crash-Programm der Unternehmensleitung als negative Fortsetzung der seinerzeitigen Ausgliederung der Post aus dem Bund bzw. als Vorleistung für die künftigen Privataktionäre der Post oder als vorauseilenden Gehorsam der Geschäftsführung gegenüber der neuen Regierung betrachten; ist doch erst unlängst der Aufsichtsrat der ÖIAG einfach abgesetzt oder der Telekom-Vorstand »freiwillig zurückgetreten« worden, weil er sich weiter gehenden Ausverkaufsplänen gegenüber kritisch zeigte. Eine sachliche Grundlage gibt es für dieses Programm kaum: So erwirtschaftete die Gelbe Post im Geschäftsjahr 1999 einen Gewinn von 600 Millionen Schilling und sogar der 1998 mit 255 Millionen Schilling defizitäre Postbusbereich einen Gewinn von 27 Millionen Schilling. Das von der Generaldirektion vorgelegte 12-Punkte-»Speed«-Programm wird von der Personalvertretung daher auch vehement abgelehnt. Gewerkschafter Gerhard Fritz: Die Generaldirektion will »den bisherigen Einfluss der Personalvertretung gewaltig reduzieren, um im Betrieb den Leistungsdruck zu erhöhen und die Rechte der Bediensteten in Luft aufzulösen. Der Inhalt des Vorstandsbeschlusses wurde ohne Befassung der Personalvertretung zur Umsetzung mündlich weitergegeben. Wir haben davon erst aus den Medien erfahren. Dieses Maßnahmenpaket ist keine Absichtserklärung, sondern galt, noch bevor mit uns gesprochen wurde, als beschlossen. Das ist eine bisher nicht da gewesene Vorgangsweise«.10) Das Programm sieht unter anderem die einseitige Abschaffung der bisher gültigen Arbeitsplatzbewertungssysteme, die komplette Umorganisation des Unternehmensleitungsbereichs ohne Befassung der Personalvertretung, die Einsetzung eines Betriebskonzepts für den Schalterdienst, das neue Arbeitszeitmodelle sowie Belohnungssysteme beinhaltet, vor. In den Umleitungen wurden neue Arbeitszeitmodelle entgegen früheren Zusagen vor der Inbetriebnahme neuer Logistikzentren und ohne Befassung der Personalvertretung angeordnet. Auch wurden die Vergabekommissionen für Arbeitsplätze, in denen die Personalvertretung bisher das Stimmrecht hatte, ausgesetzt und werden derzeit Arbeitsplatzvergaben nur informativ der Personalvertretung mitgeteilt.11) Dies führte schon jetzt dazu, dass im Post- und Schalterdienst personelle Engpässe gegeben sind. Auch deshalb, weil die schon früher und auch nunmehr gegebenen Versprechungen der Direktion, die Modernisierung der Post zu forcieren, weiter auf sich warten lassen. Etwa im Schalterdienst. Dort wurde von den ursprünglich versprochenen 250 Millionen Schilling nur ein Drittel in diesen Bereich investiert. Gleichzeitig aber kann man beobachten, wie gut dotierte Posten mit Sonderverträgen im Bereich der Generaldirektion fast täglich dazu- kommen. Außerdem wird mittels der so genannten »PT-Zuordnungsverordnung«, die alle Arbeitsplätze im Postbereich nach Verwendungsgruppen regelt, von der Post-Geschäftsleitung versucht, zu niedriger entlohnten Einstiegsarbeitsplätzen zu kommen.

Zersplitterung
Die Postflexibilisierung wird auch in die Richtung weitergehen, weiß Zentralsekretär Randus, dass es auch intern zu weiteren Zersplitterungen wie der Aufteilung in eine Schalter- und Finanzgesellschaft und in eine Zustellgesellschaft kommen wird, die für den Konsumenten nicht nur von Vorteil sein kann. Pilotversuche gibt es damit schon in Wien. Dabei kauft die Post Dienstleistungen von außen zu, wie zum Beispiel die Zeitungszustellung. Apropos Zeitungszustellung: »Wenn der Staat die Absicht hat, der Post nicht mehr die gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu refundieren, werden die Zeitungsgesellschaften eigene Zustellgesellschaften gründen. Der Effekt wären Arbeitsplatzverluste bei der Post und das Entstehen von neuen, minderwertigen Arbeitsplätzen (neue Selbständige).«14)

Unentgeltlich!

Schon jetzt erbringen viele Bedienstete, besonders im Zustelldienst, unentgeltliche Vorleistungen wie Vorsortierung bzw. -verteilung, weil sie sonst nicht rechtzeitig fertig würden. Nur so aber kommt der Briefträger früher zum Kunden. Und das, obwohl beispielsweise in Wien 90 Prozent der Zusteller kein Fahrzeug von der Post AG zur Verfügung gestellt bekommen. Sie müssen also, um ihre Arbeit zeitgerecht im Dienste der Kunden und im Interesse der Post AG durchführen zu können, auf die öffentlichen Verkehrsmittel oder auf ein eigenes Fahrzeug zurückgreifen. »Man stelle sich einmal vor, was allein hier ein Dienst nach Vorschrift bewirken würde, wenn die Briefträger nicht ðPrivatinitiativeĐ zeigen würden«, schildern Martin Palensky und Andreas Grüneis die Situation bei der Belegschaft.12) Doch was hat die Post AG für ihre Beschäftigten parat? Ein Kosten- und damit Personalabbauprogramm, das bisher gültige Betriebsvereinbarungen einseitig aufkündigt, durch die Flexibilisierung von Dienstplänen mittels Teilzeitarbeitskräften bestehende Gesetze (zum Beispiel Beamtendienstrechtsgesetz) außer Kraft setzen will und mit der medialen Verbreitung der falschen Meldung, dass die Postbediensteten für eine voll bezahlte Arbeitsstunde nur 45 Minuten arbeiteten, gegen die eigenen Mitarbeiter vorgeht. Diese aus dem Jahr 1919 stammende Verfügung wurde 1983 an die generelle 40-Wochenstunden-Regelung angepasst. Die 45-Minuten-Basis ist eine postinterne Berechnungsmethode, um die Arbeitskapazität so zu bemessen, dass einerseits für die Postkunden keine unzumutbaren Warteschlangen oder Wartezeiten entstehen und andererseits eine möglichst gleichmäßige Auslastung der Bediensteten gewährleistet wird. Es geht darum, dass die Bediensteten im Schalterbereich ­ und nur um die geht es hier, also um 8000 von 31.000 ­ einen Puffer haben, um ­ modern gesagt ­ ihre Back-Office-Tätigkeiten im Interesse der Kunden abwickeln zu können.13) Doch die Falschmeldungen werden verbreitet, »um die Meinung der Postkunden offensichtlich zu manipulieren und so der Akzeptanz von geplanten Maßnahmen der Gewerkschaft und Personalvertretung die Grundlage zu entziehen. Doch Tatsache bleibt: Auch bei der Post hat die Stunde 60 Minuten und der Tag 24 Stunden«, so Gewerkschaftsvorsitzender Dörfler. Ein weiteres Problem für die Gelbe Post im Zusammenhang mit der EU-Liberalisierung und der neuen Regierung ist die Frage, wer der neue Eigentümer der Österreichischen Postsparkasse (P.S.K.) sein wird, die ja mit der Post AG (Postämter als P.S.K.-Filialen) eng verbunden ist, und wie in Zukunft die Universaldienstverordnung geregelt sein wird. Werden die Postämter zugesperrt, weil die P.S.K. von einer Bank aufgekauft wird, die die Post als Konkurrenz sieht, oder nicht? Für den Fall, dass die jetzt noch auf 12 Jahre laufende Kooperationsvereinbarung gelöst würde, wären Tausende Arbeitsplätze in Österreich gefährdet. Auch die Frage, wer in Zukunft die so genannten Universaldienste (wann, wo, wie oft und mit welcher Qualitätsnorm zugestellt werden muss) anzubieten hat, wird für das Überleben der Post wichtig sein.

Postbus in Bewegung
Seit geraumer Zeit gibt es erneut den Plan, Postbus- und Bahnbusdienst zu einer BUS AG zu fusionieren. Die erstmals 1999 mit 27 Millionen Schilling Gewinn abschließende Bussparte der Post bringt 3200 der 5000 Beschäftigten der neuen Gesellschaft ein.15) Zur Frage, ob die Fusionierung die noch vor zwei Jahren bestehende Gefahr des Ausverkaufs an einen ausländischen Busunternehmer und bei dieser »Privatisierungsregierung« gebannt hat, sagt Postautogewerkschafter Robert Wurm: »Als BUS AG von Post und ÖBB sind wir das drittgrößte Busunternehmen in Europa und brauchen derzeit keine Angst vor einer Übernahme zu haben. Bis Ende Mai 2000 wird es eine genaue Statuserfassung geben. Wir nehmen die Sorgen der ÖBB-Personalvertreter um den Erhalt des Bahnbusdienstes sehr ernst. Doch ist auch der Bahnbus eher in der neuen >Ehe< vor ausländischen Übernahmen gesichert.« Ein weiteres Problem sind die unterschiedlichen Dienstrechte und der Umstand, dass auf Neueintritte ein neuer Kollektivvertrag zutrifft. »Ich bin mir aber sicher«, so Wurm, »dass ÖBBler und Postler stark genug sind, für einen guten Kollektivvertrag zu sorgen.« Ein weiteres Erfordernis vor einer Zusammenlegung der beiden Busdienste, das unbedingt erfüllt sein muss, sieht Wurm darin, dass Werkstätten und Personenbeförderung enger zusammenarbeiten, um auch die Arbeitsplätze im Werkstättendienst abzusichern. »Wir werden daher genau darauf achten, dass der Postbus bei der Gründung einer AG nicht unter die Räder kommt.«16)

Zukunft verscherbelt!

Ob Gelbe Post, Telekom oder Busbereich: Ähnlich wie in der verstaatlichten Industrie wurden der Post schon seinerzeit zur Budgetsanierung Schulden aufgehalst, die sie nicht zu verantworten hatte. Die Folge war der Schrei nach Ausgliederung und Privatisierung. Nunmehr werden diese unechten Schulden und echten Zinsgewinne der Banken ein zweites Mal dazu hergenommen, um im Namen der Steuerzahler gegen Beschäftigte und Konsumenten zu agieren und den jetzigen Totalausverkauf politisch in die Wege zu leiten: »Alles wird privatisiert, verkauft, am besten schon morgen, denn dann hat die Regierung keine Sorgen. Aber Politik muss mehr bedeuten als das Erfüllen von Unternehmerwünschen und das Befriedigen von Finanzinte- ressen. Denn der österreichische Kapitalmarkt ist für derartige Tranchen zu klein. Wir wollen und werden nicht tatenlos zusehen, wie ohne Rücksicht auf den Wirtschaftsstandort Österreich und vor allem der betroffenen Beschäftigten Familiensilber verscherbelt und die Zukunft unserer Kinder ausverkauft wird.«17) Schon im vergangenen Herbst haben die Beschäftigten der Post auf die diversen Verschlechterungen mit Versammlungen und sogar mit Streikdrohungen auf ihre Situation aufmerksam machen müssen.

1) ÖVP-FPÖ-Koalitionsabkommen, »Österreich regieren«, Kapitel »Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich«, Kapitel 15, Seite 81
2) Gespräch mit Zentralbetriebsrat Robert Sulzbacher, Zentralausschuss Telekom der Gewerkschaft der Fernmeldebediensteten, 7. 4. 2000
3) Auf der Betriebsrätekonferenz von ÖGB, AK, Gewerkschaften und ARGE ÖIAG-Gruppe im Messe Congress Center am 9. März 2000 vor ca. 1100 Betriebsräten
4) Siehe Fußnote2)
17) Hans-Georg-Dörfler, siehe Fußnote 3)
14) Siehe Fußnote 8)
15) Siehe »Fahrer Info« 4/99 und 1/2000, Hg.: AK Wien, Fachausschuss der Berufskraftfahrer 16) Gespräch mit Gewerkschafter Robert Wurm am 7. 4. 2000
5) Siehe Fußnote 2)
6) Siehe Kurier 6. 4. 2000, Seite 19, Kurier 8. 4. 2000, Seite 17
7) Hans-Georg-Dörfler, Vorsitzender des Zentralausschusses der Bediensteten der PTA und Vorsitzender der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten, auf der Betriebsrätekonferenz von ÖGB, AK, Gewerkschaften und ARGE ÖIAG-Gruppe im Messe Congress Center am 9. März 2000 vor ca. 1100 Betriebsräten
8) Gespräch mit Rudolf Randus, Zentralsekretär der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten, 31. 3. 2000
9) Siehe Presseinformation der Österreichischen Post AG, Generaldirektion, 24. 3. 2000
10) Gespräch mit Gerhard Fritz, Vorsitzender der Landesgruppe Post und Obmann des Personalausschusses Post für Wien, Niederösterreich und das Burgenland, am 4. 4. 2000
11) Maßnahmenkatalog »Speed«-Programm der Post AG
12) Gespräch mit Martin Palensky und Andreas Grüneis, beide Mitglieder des Zentralausschusses der Bediensteten der Österreichischen Post AG, am 4. 4. 2000
13) Siehe Fußnote 10)

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