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Bildungsscheck & Bildungskonto

Viele reden darüber - alle reden von etwas anderem. Dahinter steht die Frage, wie das Bildungssystem in Zukunft finanziert werden soll.

Verwirrte Bildungsexperten

Drei verschiedene Szenen an drei verschiedenen Orten, die eines gemeinsam haben: Es geht um die Finanzierung von Bildung. Über ein »Bildungsinvestitionskonto«, einen »Bildungsgutschein« oder ein »Bildungskonto«. Es gibt auch noch andere Modelle: den »Bildungsscheck«, das »Weiterbildungskonto«, das »Bildungssparen« und das »Bildungsdarlehen« ­ viele Begriffe für viele Konzepte, die sich manchmal auch überschneiden. Das ist sogar für Bildungsexperten verwirrend. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die Arbeiterkammer Wien das Österreichische Institut für Berufsbildungsforschung (ÖIBF) beauftragt, die wissenschaftliche und politische Diskussion zum Thema »Bildungsgutschein« zu dokumentieren.3) Die Autoren Schlögl und Kress sind dabei auf die genannten Begriffe gestoßen und sind aufgrund der verschiedenen Ansätze zu dem Schluss gekommen, dass mit neuen Modellen der Bildungsfinanzierung sehr behutsam umgegangen werden muss: »Die unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Konzepte, die der Diskussion zugrunde liegen, implizieren verschiedenste Folgewirkungen, die ­ egal ob intendiert oder nicht ­ transparent gemacht werden müssen, um nicht Experimente mit ungewissem Ausgang zu provozieren« (S. 4). Im Folgenden werden die wesentlichen Modelle kurz wiedergegeben und kritisch reflektiert.

Schweden
Stockholm, ein kalter, dunkler Nachmittag im Februar 2005. Sven Johansson blickt aus seinem Küchenfenster auf die menschenleere Straße. Bedächtig schlürft er an seinem Tee und überlegt, ob er die 25.000 Kronen für den CNC-Kurs investieren soll oder nicht. Wenn er das Geld von seinem persönlichen Bildungsinvestitionskonto abzieht, heißt das in 10 Jahren weniger Pension. Wenn er mit dem Kurs im Betrieb aufsteigt, rentiert sich die Investition, er verdient mehr und kann mehr in seine private Pensionsvorsorge einzahlen. Dann wird die Pension insgesamt sogar höher ausfallen. Nicht ganz einfach, diese Entscheidung...1)

USA
In der gleißenden Mittagssonne Südkaliforniens steht Bill Johnson mit seiner Tochter Sandy vor dem Gebäude der besten und teuersten Privatschule im Raum San Diego. Er hätte seine Tochter auf jeden Fall hier angemeldet ­ er kann sich das leisten ­, aber mit dem neuen Bildungsgutschein des Staates Kalifornien spart er sogar noch einen Teil der Schulgebühren. Seine Nachbarin, seit kurzem geschieden, hätte zwar auch Anspruch auf einen Bildungsgutschein, jedoch wird sie ihren Sohn in die öffentliche Schule schicken ­ die verbleibenden Schulgebühren sind noch zu hoch, die Kosten für den Schulbus und das Mittagessen kämen ja auch noch dazu.

Austria
Beschwingt und ausgesprochen gut gelaunt bestellt Johanna Huber eine Sachertorte mit extra Schlagobers und eine Melange. Abnehmen ist morgen dran, sagt sie sich und ihre Gedanken wandern schon wieder zu dem sympathischen, schnurrbärtigen Bildungsberater der AK Wien, der ihr gerade erklärt hat, dass sie 80 Prozent der Teilnahmegebühren für die Vorbereitungslehrgänge auf die Berufsreifeprüfung über das Bildungskonto des »Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds«2) wieder zurückbekommen wird. Ohne diese Förderung hätte sie die Gebühren von insgesamt über 25.000 Schilling nicht aufgebracht. Wien ist anders, denkt sie zufrieden.

Das »Bildungsinvestitionskonto«: Die Finanzierung von Bildung und Sozialversicherung innerhalb eines Modells

Sven Johansson ist deswegen so unschlüssig, weil er eine Entscheidung mit vielen unsicheren Variablen treffen muss. Das schwedische »individuelle Bildungsinvestitionskonto« ist zweifellos der umfassendste Ansatz zu einer neuen Form der Bildungsfinanzierung. Sämtliche Bildungsvorhaben werden ­ bis zu einem definierten Maximalbetrag ­ über dieses Konto finanziert. Nicht verwendete Bildungsgutscheine werden auf das persönliche Pensionskonto angerechnet. Der Staat stellt das Startkapital bereit und sichert eine Mindestpension. Wie nun der Einzelne mit seinem Konto jongliert, ist seine Sache. Das Risiko der Investitionsentscheidung wird auf den Einzelnen delegiert, die öffentliche Hand zieht sich aus jeder weiteren Verantwortung zurück. Es entsteht naturgemäß ein sehr hoher Informations- und Beratungsbedarf, da jede Entscheidung über die Verwendung des Bildungsguthabens »riskant« ist. Dieses Modell des Bildungsinvestitionskontos ­ welches in Schweden aufgrund der massiven Umsetzungsprobleme ein theoretisches Denkmodell blieb ­ entspricht genau der gesellschaftlichen Entwicklung, die der deutsche Soziologe Ulrich Beck in seiner Analyse zur »Risikogesellschaft«4) aufgezeigt hat: nämlich Risiko zu individualisieren, in diesem Falle sich für oder gegen Bildung zu entscheiden, mit weit reichenden Konsequenzen bis zum Lebensende. Die Gefahr liegt darin, dass der Einzelne mit diesen Entscheidungen überfordert ist; Tendenzen über Jahrzehnte, ja selbst schon mittelfristige Entwicklungen lassen sich auch von Experten schwer einschätzen.

Der »Bildungsscheck«: Von der Schule bis zur Universität

In Deutschland hat der »Sachverständigenrat Bildung«5) die Einführung eines »Bildungskontos« zur Finanzierung der Aus- und Weiterbildung nach Abschluss der Schulpflicht vorgeschlagen. Der Einzelne zahlt über das »Bildungssparen« auf sein »Bildungskonto« ein, der Staat gibt so genannte »Ausbildungszuschüsse« (statt dem bisherigen Kindergeld und anderen Transferleistungen) dazu. Der Staat schreibt Bezugsrechte für »Bildungsgutscheine« zu, und das Bildungskonto kann auch durch ein »Bildungsdarlehen« (zur Verzinsung zahlt der Staat wiederum Zuschüsse) aufgefüllt werden. Das »Bildungsguthaben« auf dem Bildungskonto dient der Finanzierung des Lebensunterhaltes sowie dem Kauf vom Bildungsgutscheinen, mit denen dann die Gebühren für Aus- und Weiterbildung finanziert werden. Dies klingt alles recht kompliziert, es wundert daher nicht, dass es dazu noch keine konkreten Berechnungen gibt. Das Modell führte zu heftigen Protesten ­ etwa seitens der Studierendenverbände ­, mit einer Umsetzung in die Praxis ist nicht zu rechnen. In Österreich wurden ­ vor allem unter dem Titel »Bildungsscheck« ­ ähnliche Konzepte diskutiert, die entweder den Zeitraum Volksschule bis Abschluss eines Universitätsstudiums oder den Zeitraum Abschluss der Erstausbildung und anschließende Aus- und Weiterbildung enthalten. Finanzierungsmodelle dazu wurden allerdings noch nicht vorgestellt. Das wesentliche Argument für die Einführung dieser Form des Bildungsschecks ist, dass die Bildungsbeteiligung von der sozioökonomischen Schicht abhängig ist. Damit ist nicht nur die Gleichmäßigkeit der Verteilung von Bildungschancen in Frage gestellt, gleichzeitig finanzieren auch diejenigen, die das Bildungssystem frühzeitig verlassen, die Ausbildung der bereits »Privilegierten«. Der Bildungsscheck ist daher »gerechter«, weil z. B. diejenigen, die nicht studieren ­ und daher das öffentliche Bildungsbudget nicht weiter beanspruchen ­ so ihre berufliche Weiterbildung über den Bildungsscheck finanzieren und Bildungsdefizite kompensieren können.6) Diese Argumentation klingt auf den ersten Blick einleuchtend und durchaus verlockend, selbst für sozialdemokratische Bildungspolitiker. Allerdings ist schon allein für den Universitätsbereich das Argument der Verteilungsgerechtigkeit in Österreich umstritten, für andere Bildungsbereiche wurde es noch gar nicht diskutiert. Es lassen sich sofort vier schwer wiegende Gegenargumente finden, die eine Reform der Finanzierung des Bildungssystems auf Grundlage dieses Ansatzes nachhaltig in Frage stellen: Quantifizierung: Es fehlen genaue Vorstellungen über konkrete Ausgestaltung und Konsequenzen nach einer Einführung des Schecksystems. Ein Studium der Medizin wird wohl teurer sein als eines der Philosophie, die Studienrichtungen im Bereich der Musik sind noch teurer als das Medizinstudium. Darf ein Student der Philosophie vier Semester länger studieren als ein Medizinstudent? Muss der Japaner, der Violine studiert, in Zukunft in sechs Semestern abschließen? Müssen alle, die ihr Studium nicht in der nach dem Bildungsscheck definierten Zeit abschließen (können), Gebühren für die noch erforderlichen Semester bezahlen (logischerweise ­ im deutschen Bundesland Baden-Württemberg wurde ein »Bildungsgutschein« eingeführt, der nichts anderes bedeutet als die Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudenten). Wie hoch werden diese Gebühren sein? Müssten dann ausländische Studenten überhaupt kostendeckende Gebühren zahlen? Können EU-Bürger nach geltendem EU-Recht auch den Bildungsscheck beanspruchen? Der erste Schritt zur Einführung eines Bildungsschecks wäre daher eine Quantifizierung der tatsächlichen Kosten, allein dies wirft eine beträchtliche Palette von Folgeproblemen auf. Und letztlich muss es geradezu zwangsläufig zur Einführung von Gebühren kommen ­ die einige bezahlen, andere nicht. Definition des Anspruchsumfanges: Was ist mit denen, die ihren Bildungsscheck nicht ganz verbrauchen? Ver- fällt das Guthaben, oder kann man es mit in die Pension nehmen? Kann man es vererben oder verkaufen? Was ist mit denen, die ihren Bildungsscheck voll ausgeschöpft haben und arbeitslos werden? Aus welchem Topf werden dann Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik finanziert, oder würde dies sogar die Einstellung der Arbeitsmarktpolitik bedeuten? Budgetbelastung: Wenn der Staat allen Österreichern einen Bildungsscheck bis zum Abschluss eines Universitätsstudiums zu Verfügung stellt, so ist auch ohne genaue Berechnung klar, dass ein sofortiger budgetärer Mehraufwand in zweistelliger Milliardenhöhe entsteht. Man braucht ja nur alle Nichtakademiker in Österreich im erwerbsfähigen Alter zusammenzuzählen und ihnen jeweils die erforderliche Summe für ein Hochschulstudium zu überweisen. Wie soll das finanziert werden? Administration: Allein die Einführung eines derartigen Systems der Bildungsfinanzierung wird Kosten verursachen, die durch keinen Spareffekt ausgeglichen werden könnten. Das System selbst wird neue Kosten verursachen, die bislang gar nicht in Rechnung gestellt werden mussten. Um das Bildungssystem »gerechter« zu gestalten, sind wohl andere Instrumente besser geeignet als der »Bildungsscheck«: nämlich ein gebührenfreier Zugang und entsprechende Transferleistungen (Schülerbeihilfe, Stipendien, Förderungen u. v. m.).

Der »Bildungsgutschein« für die Schule

Das Modell des »Bildungsgutscheins« wird international primär unter dem Aspekt Schule diskutiert. Bill Johnson ist einer von jenen, die davon profitieren würden, da der Schulbesuch seiner Tochter vom Staat Kalifornien subventioniert wird. Damit spart er Geld, das er wiederum in Aktien anlegen könnte. Ein Schulsystem, basierend auf Bildungsgutscheinen, verteilt die Steuergelder, mit denen bisher die Schulen direkt finanziert wurden, in Form von Bildungsgutscheinen an die Eltern, die sich damit für ihre Kinder Bildung nach eigenen Präferenzen »kaufen« können. Die Schulen wiederum lösen den Bildungsgutschein beim Staat ein, um so ihre Ausbildungsangebote zu finanzieren. Insgesamt soll dadurch eine optimale Allokation der vorhandenen Ressourcen garantiert werden, da das Spiel der Marktkräfte letztlich zu bestmöglichen Dienstleistungen der Schulen bei tiefstmöglichen Kosten führt. Die Argumente pro und kontra stehen einander weitgehend kompromisslos gegenüber. Zentral ist die Vorstellung, dass durch eine freie Schulwahl die Kinder eine besser auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Ausbildung erhalten. Die wenigen empirischen Studien bestätigen diese Annahmen bislang allerdings nicht, sie kommen sogar zu konträren Ergebnissen. Auch das oft gehörte Argument, das öffentliche Schulsystem erzeuge nur »Durchschnittsleistungen«, konnte bisher empirisch nicht belegt werden. In den USA konnten praktische Erfahrungen mit Bildungsgutscheinen zunächst in den Siebzigerjahren gesammelt werden. Der rasch bekannt gewordene Modellversuch in Alum Rock im Bundesstaat Kalifornien begann 1972 und war auf eine Dauer von fünf Jahren angelegt. Die Finanzmittel in Form von »Vouchers« wurden nicht direkt den Eltern ausgehändigt, sondern den Schulen zur Verfügung gestellt. Die vorliegenden Evaluationsergebnisse sind ernüchternd: Nicht qualitative Aspekte wie das Schulprogramm oder pädagogische Konzepte, sondern in erster Linie die Wohnortnähe war für eine überwiegende Anzahl der Eltern das ausschlaggebende Kriterium der Schulwahl. Insgesamt hatte sich die Schullandschaft nach der Implementation der Gutscheinfinanzierung kaum verändert. Der ultraliberale US-Ökonom Milton Friedman, der entschieden für das freie Spiel der Marktkräfte eintritt, empfiehlt die Einführung eines Bildungsgutscheins für die schulische Erstausbildung, da dies den »Bildungsmarkt« besser, innovativer und effizienter gestalte. Ein regional begrenztes Experiment in den USA zeigte jedoch, dass die bereitgestellten 5500 $ pro Schulkind in Wirklichkeit eine staatliche Kofinanzierung für Wohlhabende waren. Vielfach war es unmöglich, »Unterschichteltern« zu erreichen, sodass sich die Mittel- und Oberschichtprivilegien nochmals verstärkten. Darüber hinaus würden die Kosten im Schulsystem explodieren: Würden sämtliche Schüler aus Privatschulen Gutscheine im Wert der durchschnittlichen Ausgaben pro Schüler an staatlichen Schulen in Anspruch nehmen, erhöhten sich die jährlichen Kosten der öffentlichen Schulausgaben inklusive Administration, Transport7), der Einrichtung von Informationssystemen etc. um 73 Milliarden $ oder 25 Prozent pro Jahr (Basis 1995).8) Die Einführung von Bildungsgutscheinen auf der Basis marktwirtschaftlicher Prinzipien im Schulwesen scheitert an der sozialen und verwaltungstechnischen Komplexität sowie an den unvermeidbaren und hohen zusätzlichen Kosten: In Großbritannien ergab eine Machbarkeitsstudie, dass ein solches System rund eine Milliarde Pfund an Mehrkosten verursachen und schließlich zu einer einseitigen Subventionierung der Privatschulen führen würde.

Das »Bildungskonto«: Die Förderung der beruflichen Weiterbildung

Johanna Huber ist ein gutes Beispiel für eine »treffsichere« Förderung mit kompensatorischem Effekt: Sie hat noch keine Matura, hat daher das öffentliche Bildungsbudget weniger beansprucht als andere und bekommt nun in Wien eine attraktive Förderung für die ansonsten für sie unfinanzierbaren Kursgebühren. Dies ist ein bildungspolitischer Impuls der Stadt Wien und des WAFF in Zusammenarbeit mit AK, ÖGB und Wirtschaftskammer; mittlerweile gibt es in allen österreichischen Bundesländern unterschied- liche Förderinstrumente für die berufliche Weiterbildung.9) Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung zur raschen Orientierung (Stand November 1999):

  • Die Bezeichnungen bzw. Titel variieren und geben damit einen ersten Aufschluss über die Heterogenität der Programme: von »Qualifikationsförderung« und »Wiedereingliederungsförderung« (B, V) über »Bildungsscheck« (K, S, ST, in NÖ geplant) und »Bildungskonto« (OÖ, W) bis zu »Bildungsförderungsausgleich« (T). Mehrheitlich findet der Begriff »Bildungsscheck« Verwendung.
  • Die gesetzlichen Grundlagen sind nur zum Teil gegeben: Arbeitnehmer-Förderungsgesetze gibt es in B, K, OÖ, ST und T, nicht aber in NÖ, S und W. In V gibt es »Richtlinien« zur Arbeitnehmerförderung.
  • Der Umfang der einzelnen Programme ist unterschiedlich: von einer reinen Refundierung von Kursgebühren (S, ST, W) bis zu Fahrt- (B, K, NÖ, T, V) und Wohnkostenzuschüssen (B, OÖ, NÖ sowie T und V für Lehrlinge).
  • Die Höhe der Förderung variiert stark: von 50 Prozent der Kursgebühren und max. 2000 Schilling pro Jahr (W, für bestimmte Maßnahmen 80 Prozent bis 6000 Schilling), einem jährlichen Fixbetrag von 3000 Schilling (S) bis zu 4000 Schilling (NÖ, T), 5000 Schilling (B) und 7500 Schilling (K) monatlich oder 10.000 Schilling (ST), 20.000 Schilling (OÖ) und 24.000 Schilling (V) jährlich. Je nach Familienstand kann dieser Betrag konstant bleiben oder auch erhöht werden (NÖ, T). T bietet als einziges Bundesland auch die Möglichkeit eines Darlehens (bis zu 72.000 Schilling).
  • Das Budget erstreckt sich von 3 Millionen Schilling (S) über 10 Millionen Schilling (W) bis zu 48 Millionen Schilling (OÖ, inkl. Unterkunftskosten).
  • Die Zielgruppen sind relativ homogen, Ausnahmen sind S (Altersgrenze ab 40, ausgenommen Wiedereinsteiger), OÖ (keine Förderung ab Maturaniveau, neuerdings gilt dies nicht mehr für Wiedereinsteiger) und ST (eigene Förderschiene für Unternehmensgründer).
  • Auch die Kataloge der förderbaren Maßnahmen sind ähnlich, die Ausnahmen sind NÖ (nur Meister-, Werkmeister- und Befähigungsprüfungen) und S (Einschränkung auf EDV und Kurse in 4 Fremdsprachen).
  • Bei den Voraussetzungen gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede, z. B. gibt es in manchen Bundeslän- dern Einkommensgrenzen (B, K, NÖ, T, V), in manchen nicht (OÖ, S, ST, W).

Die Fülle der Details veranschaulicht vor allem den Handlungsbedarf im Bereich der Länderförderungen für die berufliche Weiterbildung: Die Programme sollten harmonisiert werden, um allen Arbeitnehmern in allen Bundesländern gleiche Teilnahmechancen an Weiterbildung einzuräumen. Doch eines muss klar gesagt werden: Diese Form des »Bildungskontos« ist das bisher einzige tatsächlich umgesetzte Modell, und es ist das einzige Modell, welches in der Lage ist, Zugänge zu erweitern und damit einen wesentlichen Beitrag zur Chancengerechtigkeit im immer wichtiger - und teurer! - werdenden Weiterbildungsbereich zu leisten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine finanzielle Förderung nicht immer ausreicht: Das Experiment »Bildungsgutschein« in Südtirol sollte insbesondere bildungsferne Schichten - Bergbauern, Italiener außerhalb der Zentren, einfache Arbeiter über 45 Jahre - zur Weiterbildung motivieren. Insgesamt wurden an 1500 Personen 3 Gutscheine zu je 350 Schilling ausgegeben. Nur 7 Prozent (!) haben den Gutschein tatsächlich eingelöst, die angesprochenen bildungsfernen Gruppen sogar nur unterproportional. Der Grund dafür war mangelnde Zeit -; dies belegt die Sinnhaftigkeit der Forderung der Arbeitnehmerinteressenvertretungen nach der Einführung einer jährlichen Mindestweiterbildungszeit im Rahmen der bezahlten Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer. Arbeitslose hingegen haben die Bildungsgutscheine überproportional genutzt: Sie haben mehr Zeit, aber weniger Geld ­ was wiederum die Bedeutung von Qualifizierung im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik unterstreicht. Neben der Harmonisierung der einzelnen Länderförderungen wird es vor allem um zwei Entwicklungen gehen: Zum einen muss das Budget aufge-stockt werden. Deswegen fordert die AK eine »Weiterbildungsmilliarde« für Österreich und regt an, damit unter anderem die Arbeitnehmerförderung in den Ländern zu verstärken ­ was wiederum die Länder motivieren könnte, ihre eigenen Budgetmittel zu erhöhen. Zum anderen muss die Zielgenauigkeit der Förderungen überprüft werden, sinnvolle Differenzierungen nach Bildungsabschluss oder Einkommen sind in die Programme einzubauen10). Für die berufliche Weiterbildung sind die Beiträge der öffentlichen Hand unverzichtbar, solange nicht wesentliche Teile der Weiterbildung - etwa das Nachholen von Bildungsabschlüssen - gebührenfrei in ein Gesamtbildungssystem integriert sind. In diese Richtung sollte intensiv und konkret weiterdiskutiert, abstrakten und rein theoretischen Konzepten sollte hingegen aufgrund der voraussichtlich negativen Folgewirkungen mit äußerster Vorsicht begegnet werden. Ein kurzer Blick in die Zukunft: Sven Johansson grübelt immer noch. Sandy Johnson geht in die Privatschule und sieht ihren Freund, den Sohn der Nachbarin, nicht mehr so oft. Johanna Huber freut sich, dass sie bald auch eine Matura haben wird, so wie ihre Kolleginnen.

1) Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
2) Das »Bildungskonto des WAFF« fördert Arbeitslose, Arbeit Suchende, Arbeiter, Angestellte, Vertragsbedienstete, Karenzurlauber, Präsenz- und Zivildiener sowie Lehrlinge mit 50 Prozent der Kursgebühren, höchstens 2000 Schilling, mit 50 Prozent und höchstens 4000 Schilling, sofern Leistungen nach dem ALVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz) bezogen werden, und mit 80 Prozent, höchstens 6000 Schilling pro Jahr, für längerfristige Maßnahmen zur Hebung des Bildungsniveaus: Hauptschulabschluss, Lehrabschluss, Werkmeisterausbildung, Berufsreifeprüfung.
3) Schlögl, Peter; Kress, Oliver: Die politische und wissenschaftliche Diskussion über Bildungsgutscheine, ÖIBF, Wien 1999
4) Beck, Ulrich: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt/M. 1986
5) Der »Sachverständigenrat Bildung« wurde auf Initiative und mit Förderung der IG Metall, der IG Bergbau, Chemie, Energie, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sowie der Hans-Böckler-Stiftung gegründet und setzt sich aus Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Bildung zusammen.
6) Dies trifft vor allem auf die Zielgruppe der Lehrlinge zu, daher wird diese Form des »Bildungsschecks« von Arbeitgeberseite favorisiert.
7) Der teuerste Faktor ist das Transportsystem. Bildungsgutscheine setzen Mobilität voraus, also den Transport von Schülern zu den Schulen ihrer Wahl, auch dann, wenn diese relativ weit entfernt sind.
8) siehe Mangold, Max; Öelkers, Jürgen; Ryhn, Heinz: Die Finanzierung des Bildungswesens durch Bildungsgutscheine ­ Modelle und Erfahrungen. Eine Studie im Auftrag des Kantons Bern, Bern 1998.
9) Das Bildungskonto des Landes Oberösterreich wurde von der Europäischen Union als »Best-practice-Modell« ausgezeichnet. Vor allem wurde hier auf den kompensatorischen Charakter des Modells Bezug genommen ­ anspruchsberechtigt sind nur Personen, die über keine Reifeprüfung verfügen und keinen darüber hinausgehenden Bildungsabschluss haben, also z. B. Absolventen einer berufsbildenden mittleren Schule, einer Lehre und auch Personen ohne Berufsausbildung. Eine Evaluierung des oberösterreichischen Bildungskontos ist zurzeit im Gange.
10) Eine Evaluierung des Bildungskontos des WAFF ergab, dass primär besser qualifizierte, jüngere Angestellte mit verhältnismäßig hohem Bildungsniveau von der Förderung profitierten. Arbeitsmarktpolitische Randgruppen konnten bisher nur schwer erreicht werden.

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