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Wechselkurs Euro-Dollar (seit 4. 1. 1999) und europäische Leitzinsen | Wechselkurs Schilling (ATS)-Dollar (USD)
Exporterfolg und Wechselkurs: Österreich und USA | Ölpreis in Dollar und Schilling Quelle: OeNB, Grafik: AK

Die Europäische Zentralbank in der Euro-Falle?

Der Euro hat seit seiner Einführung gegenüber dem Dollar rund fünfundzwanzig Prozent verloren. Ist er, wie ein österreichischer Landespolitiker ihn einmal nannte, »eine Fehlgeburt«, leidet er an einem Schwächeanfall, oder gibt es jenseits des Atlantiks Gründe für die spiegelbildliche Stärke des Dollars? Auf jeden Fall sollten wir eines nicht vergessen: »Ein Euro ist ein Euro«. Seine »innere«Stärke liegt in der Kaufkraft in Europa, und die ist relativstabil. Sein Außenwert ist nur eine Seite der Medaille.

Was die Situation - nicht nur - für die Europäische Zentralbank (EZB) zurzeit allerdings tatsächlich etwas schwieriger macht, ist der gleichzeitige Anstieg von Dollar und Ölpreis. Trotzdem sollte die EZB, die Hüterin des europäischen Geldes, eher gelassen bleiben. Weitere Zinserhöhungen in der Absicht, den Wechselkurs des Euro zu stützen, würden mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Schaden anrichten, als sie Nutzen stiften könnten.

Instabile Wechselkurse prägten die neunziger Jahre

Zwei große europäische Währungskrisen und der schwache Dollar haben in Europa in der ersten Hälfte der neunziger Jahre zur Wachstumsschwäche beigetragen. 1992 mussten die italienische Lira und das britische Pfund aus dem Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems genommen werden. Die Lira wertete in wenigen Monaten um rund 30 Prozent ab. Für die traditionellen Hartwährungsländer und insbesondere für Österreichs Exporteure führte dies zu Marktanteilsverlusten und einem Konjunktureinbruch - unsere Exporte nach Italien, unserem zweitwichtigsten Handelspartner, waren faktisch über Nacht um 30 Prozent teurer geworden; zusätzlich hat uns noch die gleichzeitige Abwertung in Skandinavien getroffen -, der österreichische Außenhandel geriet so in eine Art Zangengriff. Nur drei Jahre später, 1995, bot sich innerhalb Europas ein ähnliches Bild, nur dass sich diesmal der schwache Dollar hinzugesellte, der den Außenhandel ganz Europas unter Druck brachte. Für die USA freilich war der schwache Dollar eine willkommene Stütze, um nicht zu sagen eine Säule des langen Aufschwungs, der zu dieser Zeit noch nicht fest genug für einen starken Dollar war.

Die Währungsturbulenzen hatten in Europa zu steigender Unsicherheit und sinkenden Investitionen geführt. Zudem verlagerten sich die Investitionen eben aufgrund der Unsicherheit immer stärker weg von Sachkapital hin zu Finanzkapital.

Genau das waren auch die Hauptmotive für die Einführung des Euro. Der Handel innerhalb Europas sollte nicht mehr durch häufige Ab- und Aufwertungen der Wechselkurse zwischen wichtigen Handelspartnern gestört werden. Dies sollte die Integration innerhalb Europas vorantreiben, und Investitionen sollten durch bessere Planbarkeit gestärkt werden. Bei aller Kritik, die mit der Vorgangsweise verbunden war - etwa das Hinterherhinken der Integration bei anderen Bereichen der Wirtschaftspolitik, aber vor allem im Bereich der Sozialpolitik - muss man eingestehen, dass sich in diesem Bereich die Erwartungen zum größten Teil bereits erfüllt haben. Heute braucht sich kein Exporteur mehr über den Lirakurs den Kopf zu zerbrechen.

Der Dollar ist der neue Wechselkurs, »auf den man schaut«. Vielleicht hat der Wechselkurs des Dollar auch deshalb so rasch Platz in den wirtschaftspolitischen Überlegungen und Diskussionen gefunden, obwohl der Außenhandel Europas nur etwa zehn Prozent beträgt. Diesen Wert erreichen auch die USA, für die der Wechselkurs des Dollar aber eine weit geringere Bedeutung in der wirtschaftspolitischen Diskussion hat. Über die letzten dreißig Jahre hinweg betrachtet vollführte der Dollar nämlich unter weit geringerem »euro-öffentlichem« Interesse viel größere Sprünge als in den letzten beiden Jahren.

Entwicklung des Dollars

Betrachtet man die Entwicklung des Euro seit seiner Einführung (Abbil-dung 1), kann es einem tatsächlich passieren, dass man in das Lamento über den Euro einstimmt. Verlässt man allerdings den Rahmen des Kurzzeitgedächtnisses, so zeigt sich, dass die gegenwärtige Kursentwicklung keineswegs einzigartig ist und der Dollar von seinen historischen Höchstständen doch ein gutes Stück entfernt ist. Verglichen mit den Sprüngen, die der US-Dollar gegenüber dem Schilling vollführt hat, ist der jetzige Anstieg noch relativ moderat (Abbildung 2). So schwankte er allein in den letzten zwanzig Jahren zwischen rund 21 Schilling (1985) und 10 Schilling (1995) oder davor zwischen 26 Schilling (1971) und 13 Schilling (1980). Der »Einstieg« in den Euro erfolgte also zu einer Zeit, als der Dollar dem unteren Ende seiner Schwankungsbreite näher war.

Stille Freude für die Exporteure...

Es liegt vermutlich in der Natur des Menschen, dass man über die Vorteile, die man aus einer Situation ziehen kann, weniger laut spricht als über die Nachteile, die man durch sie erleidet. Wie stark die Erfolge im Export (auch) vom Wechselkurs abhängen, zeigt die Abbildung 3: Hier wird der Marktanteilsgewinn der österreichischen Exportwirtschaft mit jenem der amerikanischen Exportwirtschaft verglichen: Liegt der Balken über der Nulllinie, konnte Österreich seinen Marktanteilen entsprechend besser am Weltmarkt reüssieren als die USA (A-USA). Legt man den Wechselkurs (ATS/USD) darüber, so zeigt sich, wie sehr die USA vom schwachen Dollar profitiert haben und wie sehr Österreich vom starken Dollar.

...und lautes Jammern über den Importpreisanstieg

Die Kehrseite der Medaille zeigt sich natürlich bei der Verteuerung von Importen. Was die gegenwärtige Dollarstärke erst »richtig« spürbar macht, ist freilich die Kombination mit dem enorm gestiegenen Rohölpreis. Nach wie vor ist für das Rohöl der Dollar die Handelswährung und so spürt Europa den Ölpreis eben jetzt noch stärker als die USA (siehe Abbildung 4). Aber ebenso wie es davon abhängt, ob man in der Exportwirtschaft seinen Arbeitsplatz hat oder ob man einen Florida-Urlaub gebucht hat, ist das derzeitige Dollar-Niveau des einen Freud und des anderen Leid. Wenn aber die gestiegenen Energiepreise nicht nachhaltig auf die Inflation durchschlagen, was voraussetzt, dass der Ölpreis nicht viel weiter steigt, ist in Summe aufgrund der Wachstumsimpulse über die Exporte mit einem positiven Saldo aus dem starken Dollar zu rechnen.

Leistungsbilanz

Volkswirtschaftliche Daten, die den Wechselkurs bestimmen

Eine Größe, die Währungsexperten und Händler »normalerweise« in ihre Analysen einbeziehen, ist die Leistungsbilanz. Dabei geht man davon aus, dass ein Land, das ein hohes Leistungsbilanzdefizit aufweist, unter Abwertungsdruck kommen sollte, weil seine Importe zu billig und seine Exporte zu teuer sind. Der Wechselkurs einer Währung sollte dann so lange fallen, bis die Exporte so billig sind und die Importe so teuer sind, dass die Leistungsbilanz wieder ausgeglichen wird. Zurzeit scheint aber das hohe Leistungsbilanzdefizit von den Devisenmärkten ignoriert zu werden, denn den hohen Defiziten in der Leistungsbilanz der USA und der leicht positiven Leistungsbilanz von Europa zum Trotz ist der Dollar munter weiter gestiegen (siehe Tabelle 1).

Eine weitere wichtige Messgröße für die Entwicklung einer Währung stellt die Inflation dar - beziehungsweise die Differenz zwischen den Inflationsraten zwischen zwei Währungen. Dort wo die Inflation höher ist, müsste zum Ausgleich der Wechselkurs sinken. Von diesen Größen blieb der Dollarkurs ebenso unbeeindruckt wie von den Leistungsbilanzsalden (Tabelle 1).

Im Wirtschaftswachstum schließlich steckt die »Ertragskraft« einer Volkswirtschaft. Höhere Wachstumsraten in den USA scheinen daher am meisten zur gegenwärtigen Stärke des Dollars beigetragen zu haben (Tabelle 1). Dabei war es vor allem das beinahe ständige Übertreffen der Prognosen in den USA, also das Eintreffen neuer Informationen, das dem Dollar Auftrieb verlieh, und immer wenn es Unsicherheiten darüber gab, ob die Konjunktur in Europa tatsächlich hält, was sie verspricht, oder wenn es Unsicherheiten über den weiteren Fortschritt bei der europäischen Integration gab, kam der Euro unter Druck.

Demgegenüber waren die Zinserhöhungen der EZB eher wirkungslos oder sogar kontraproduktiv, und zwar insofern, als sie zur Unsicherheit über die Stabilität der Konjunktur in Europa beigetragen haben (Abbildung 1).

Fixe Wechselkurse für den Euro?

Angesichts der schwachen Wechselkursentwicklung wurden Stimmen laut, die forderten, den Euro an den erfolgreichen Dollar zu binden und so die Erfolgsstory zu »importieren«.

Zum rechtlichen Rahmen für die EZB: Artikel 2 der Statuten des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) beschreibt die Ziele und Aufgaben des ESZB: »...vorrangiges Ziel ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft.«

Wechselkursziele sind also keine festgehalten, es geht vor allem um die »innere« Stabilität des Euro, also die Erhaltung der Kaufkraft durch niedrige Inflationsraten. Nicht zuletzt würde aber eine Bindung des Euro an eine Drittstaatenwährung die Unabhängigkeit der europäischen Geldpolitik aushebeln.

Allerdings kann der Europäische Rat (die Regierungschefs) ein Wechselkursregime für den Euro beschließen. In der gegenwärtigen Situation - und auch in der Zukunft, wenn nicht die Konjunkturbilder der USA und Europas zufällig zusammenpassen - wäre dies allerdings äußerst problematisch, weil die EZB im Falle eines Abwertungsdrucks mit prohibitiv hohen Zinsen das Wechselkursziel verteidigen müsste oder im Falle eines Aufwertungsdrucks über niedrigere Zinsen oder stabilisierende Interventionen Inflation in Europa zulassen müsste. Die USA und Europa bilden beide große, relativ geschlossene Volkswirtschaften. Wenn der Außenhandel aber nur 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht, ist auch der Einfluss auf die gesamte Tätigkeit und das gesamte Preisniveau einer Wirtschaft relativ gering. In einer solchen Situation den Wechselkurs zur zentralen wirtschaftspolitischen Größe werden zu lassen hieße, den Schwanz mit dem Hund wedeln zu lassen. In den USA ist dieses Bewusstsein jedoch historisch bedingt viel stärker ausgeprägt als in Europa, wo Ökonomen, Wirtschaftspolitiker, Wirtschaftsjournalisten und nicht zuletzt auch Konsumenten über Jahrzehnte gelernt haben, in Modellen kleiner, offener Volkswirtschaften zu denken, in denen Wechselkursschwankungen viel stärker durchschlagen.

Zur Politik der Europäischen Zentralbank (EZB)

Die EZB hat ihre »Karriere« mit einer eher laut gehaltenen Ankündigung einer »konsequenten« (um nicht zu sagen: dogmatischen) Verfolgung ihrer Ziele begonnen. Anstatt sich, wie es die für die Glaubwürdigkeit wichtige Transparenz erfordert hätte, auf eine möglichst breite Erläuterung ihrer Sichtweise wirtschafts- und geldpolitischer Zusammenhänge unter Einbeziehung der wichtigsten wirtschaftspolitischen Akteure zu konzentrieren, hat sie sich von Anfang an weitestgehend darauf beschränkt, einige wenige statische Größen zu verlautbaren und aus ihrer Sicht zu kommentieren.

Zum Geldmengenziel:

In der Verfolgung eines Geldmengenziels kommt die monetaristische Überzeugung zum Ausdruck, dass Geldpolitik keine realwirtschaftlichen Effekte hat, also nichts zum Wirtschaftswachstum beitragen kann. Inflation wird hier als ein Phänomen angesehen, das im Wesentlichen vom Geldmengenwachstum geprägt ist. Es gäbe demnach keinen Zusammenhang zwischen Geldkreislauf und dem realen Wirtschaftskreislauf.

Nach einem kurzen monetaristischen Experiment in den achtziger Jahren hat die Federal Reserve Bank (die Notenbank der USA) das Geldmengenziel völlig aufgegeben. Die deutsche Bundesbank argumentierte in der Öffentlichkeit zwar bis zuletzt mit der Geldmenge, folgte aber im Wesentlichen einem pragmatischeren Weg, der von den Finanzmärkten und den Tarifpartnern als ausreichend glaubwürdig aufgenommen wurde. Für die restriktive Politik Mitte der neunziger Jahre ist daher weniger eine Geldmengendogmatik ausschlaggebend gewesen, sondern Spannungen innerhalb des Europäischen Währungssystems sowie Konflikte in Deutschland über den Weg der deutschen Wiedervereinigung, welche die deutsche Bundesbank zu Lasten des europäischen Wachstums für sich entschieden hat.

Geldmengenziele gelten also an sich wie gesagt als überholt. Noch problematischer wird ein Geldmengenziel in Zeiten, in denen sich Spielregeln und Gewohnheiten in der Wirtschaft ändern, so wie dies im Falle der Einführung des Euro der Fall ist. Hinzu kommt, dass mit steigender internationaler Bedeutung eine Währung ein Geldmengenziel noch mehr obsolet wird, weil im Ausland gehaltene (Parallelwährungs-) Dollar oder -DM/Euro sich völlig der Kontrolle der Zentralbanken entziehen. Die europäische Wirtschaft ist zudem von großen Integrationsschritten, Strukturwandel und von der für die Wirtschaft bereits zum Teil erfolgten Erweiterung der Union geprägt. Ganz zu schweigen von der Umstellung des Finanzsystems auf den Euro. Die Konzentration auf ein Geldmengenziel kann also nicht Bestandteil einer konsistenten Geldpolitik sein, die sich nicht der Gefahr aussetzen will, Entscheidungen zu treffen, die auf falschen Grundlagen basieren. Dass die EZB dennoch in der Öffentlichkeit das Geldmengenziel hervorhebt, kann ihrer Glaubwürdigkeit nicht zuträglich sein.

Zum Inflationsziel von 0 bis 2 Prozent:

Betrachtet man die statischen Messmethoden und ihre Ungenauigkeiten, spricht gegen ein Inflationsziel, das so wenig von null verschieden ist, dass man leicht in die Gefahr kommt, dass bei einer Inflationsrate nahe null eigentlich nicht mehr Preisstabilität vorliegt, sondern bereits ein sinkendes Preisniveau. Bei der Messung der Inflation sind zum Beispiel Qualitätsverbesserungen nicht ausreichend berücksichtigt, Rabatte, Preise bei Schlussverkäufen und in Outlet-Filialen werden nicht mit erhoben, der Warenkorb ändert sich. Dies führt dazu, dass die gemessene Inflation höher liegen kann als die tatsächliche. In den USA versucht man dies durch ständige Korrekturen des Verbraucherpreisindex zu verbessern, was aber seinerseits wieder viele Fragen aufwirft. Jedenfalls muss man davon ausgehen, dass das Risiko besteht, eine andere als die tatsächliche Inflationsrate abzubilden. Entscheidungen könnten so auf falschen Grundlagen basieren.

Dadurch und durch den Umstand, dass die EZB keine Inflationsprognose abgibt, erhöht sie die Unsicherheit über ihre künftige Politik. So weit dies aus den bisherigen Veröffentlichungen hervorgeht, hat sich die EZB nicht klar genug dazu geäußert, wie sie mit importierter Inflation umgeht. Die jetzige Inflationsrate ist angesichts der enormen Steigerung der Ölpreise in heimischer Währung eigentlich erstaunlich gering. Das heißt, innerhalb der EU herrscht weit gehend Preisdisziplin - nicht zuletzt aufgrund der unternommenen Liberalisierungsschritte auf den hiefür relevanten Gütermärkten. Die Bekämpfung der importierten Inflation könnte nur zu Lasten des Wachstums in der EU erfolgen.

Wenn das Preisniveau einmal zu fallen beginnt (»Deflation«), so zeigt das Beispiel Japan, wie schwer es ist, wieder auf einen Wachstumspfad zu kommen. Trotz einer jahrelangen Nullzinspolitik und einer äußerst aktiven Fiskalpolitik - in 6 Jahren ist die öffentliche Verschuldung von rund 60 auf rund 120 Prozent und damit auf einen doppelt so hohen Wert wie jene Österreichs gestiegen - kommt die japanische Konjunktur nicht wirklich auf Trab.

Die Kunst des bedeutungsvollen Nuschelns...

Alan Greenspan, der Gouverneur der Federal Reserve Bank, hat es mit einer pragmatischen und umsichtigen Politik geschafft, wirksam Vorgaben zu geben. Die öffentlichen Reden, insbesondere vor dem Ausschuss des Repräsentantenhauses, beschränken sich da-bei keineswegs auf die Bekanntgabe einiger weniger statistischer Daten und deren Erläuterung, sondern beinhalten umfassende Erklärungen der Einschätzung der Lage der Wirtschaft, und wie die Geldpolitik darauf zu reagieren gedenkt. In Anspielung auf seine verhaltene Art zu sprechen und aufgrund der Art, wie er die Überlegungen in seine Aussagen zur Sicht der Zukunft verpackte, entstand der Ausdruck »die Kunst des bedeutungsvollen Nuschelns«.

...und mangelnde Transparenz der EZB

Während es die amerikanische Notenbank also versteht, erwartungsbildend auf die Finanzmärkte einzuwirken, erweckt die EZB eher den gegenteiligen Eindruck, dass sie den Erwartungen, die auf den Finanzmärkten gebildet werden, hinterher läuft. Damit gerät die EZB zunehmend in Widerspruch zu ihren dogmatischen Signalen, die sie ohne ausreichend aufbereitende Begleitkommunikation bezüglich der Bedeutung und Gewichtung der Zielgrößen zu Beginn ihrer Tätigkeit ausgesandt hat. Das Problem des Euro ist also auch ein Kommunikationsproblem der Europäischen Zentralbank.

TABELLE 1: Leistungsbilanz, Inflation und Wirtschaftswachstum EU 11 und US

Leistungsbilanz in Prozent des BIP Inflation Wirschaftswachstum
EU 11 USA EU 11 2) USA EU 11 USA
1996 1,1 -1,4 2,2 2,9 1,4 3,6
1997 1,7 -1,5 1,6 2,3 2,3 4,4
1998 1,2 -2,3 1,1 1,6 2,7 4,4
1999 0,6 -3,5 1,1 2,2 2,3 4,2
2000 1) 0,4 -4,1 2,1 2,4 3,5 5,0
2001 1) 0,5 -4,2 2,1 2,2 3,0 2,8

1) Prognose

2) Inflationsprognose für EU 15

Quelle: WIFO, OeNB, OECD

Dollarstärke...

Den meisten Analysten zufolge liegt der Hauptgrund der Dollarstärke im nach wie vor vorhandenen Wachstumsgefälle USA zu Europa. Der Grund ist aber vor allem darin zu suchen, dass die Wachstumsraten in den USA die Prognosen übertroffen haben. So lange das Wachstum in den USA stärker ist als in Europa und es in den USA immer wieder positive »Überraschungen« gibt, kann auch von steigenden Profitraten und Aktienkursen ausgegangen werden. Der Budgetüberschuss in den USA lässt im langfristigen Bereich die Anleihezinsen weiter sinken, so dass die US-Anleihen trotz des lang anhaltenden Booms ihr hohes Kursniveau halten, wenn nicht steigern konnten. Das ließ die Nachfrage sowohl nach US-Aktien als auch nach US-Anleihen - und mit ihr den Dollarkurs - weiter steigen.

...und Euroschwäche

Widersprüche in der Politik und der Kommunikation der EZB sowie mangelnde Transparenz der EZB tragen wesentlich zur Euroschwäche bei. Der Widerspruch zwischen lauten, dogmatischen Ankündigungen und dem Versuch, gleichzeitig eine relativ pragmatische Politik ohne ausreichender Kommunikation zu fahren, verstärkt durch den Umstand, dass es die EZB - anders als die Federal Reserve Bank - bisher nicht geschafft hat, erwartungsbildend auf die Finanzmärkte einzuwirken, führt ebenso wie widersprüchliche Kommentare von Euro-pas Finanzministern zu steigender Unsicherheit in der Einschätzung des Euro.

Klare Signale für den Markt

Der bisherige erfolgreichste Schritt zur Stabilisierung des Marktes erfolgte durch eine entschlossene, konzertierte Intervention der Notenbanken Europas, der USA, Englands und Japans: Euros wurden gekauft, Dollar, Pfund und Yen verkauft, um den Euro-Kurs zu stützen. Bei dieser Aktion haben einige, die gegen den Euro spekuliert haben, erhebliche Verluste hinnehmen müssen. Das Signal war unmissverständlich: bis hierher und nicht weiter. Der Markt hat sich danach weitgehend stabilisiert. Fehlen klare Signale aber, steigt die Unsicherheit wieder.

Weitere Zinserhöhungen bedeuten Stagflationsrisiko

Gegenüber kurzfristigen, zum Teil eher in der Psychologie liegenden Schwankungen des Wechselkurses sollten die Zentralbanken Gelassenheit zeigen, da die Geldpolitik im Rahmen ihrer »normalen« Instrumente ohnehin auf die mittlere Frist angelegt sein muss. Für Rohölpreisschwankungen sind weder Zentralbank noch Tarifpartner verantwortlich. Die bisherigen wirkungslosen oder zum Teil sogar kontraproduktiven Zinserhöhungen der EZB haben dies auch gezeigt (Abbildung 1).

Kommt es zu weiteren Zinserhöhungen durch die EZB, bedeutet dies ein ernstes Risiko für die Konjunktur. Die gegenwärtigen optimistischen Einschätzungen der Konjunktur sind zum Teil auf die kräftige Exportnachfrage zurückzuführen, während in Europa insbesondere in der BRD die Konjunktur noch nicht so gefestigt ist, dass man auf einen allein tragenden Aufschwung vertrauen kann. Weiter steigende Zinsen würden zu einer erheblichen Belastung für die Konjunktur. Für den Wechselkurs EUR/USD würden verminderte Wachstumsaussichten aber eine mittelfristige Fortsetzung des Abwärtstrends des Euro bedeuten, der in Verbindung mit dem Rohölpreis tatsächlich das Risiko einer Stagflation - also Inflation bei gleichzeitiger Stagnation - in sich trägt.

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