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Was die Belastungspakete kosten und wer sie zahlt | Jährliche Lohnsteuermehrbelastung
Jährliche Lohnsteuermehrbelastung - Pensionisten
Pensionsanpassung

Bilanz der Regierungspolitik: Die Lasten tragen die Arbeitnehmer | ÖGB-Kritik an unsozialen Maßnahmen

Das erste Viertel der Regierungsperiode ist zu Ende gegangen. Zeit für eine Zwischenbilanz dieser Bundesregierung, die unter dem Schlagwort »Neues Regieren« angetreten ist. Das Ergebnis: Die »Wenderegierung«, die ohne Zwang ein Nulldefizit 2002 dekretiert1), beschert Österreichs Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vier einseitige Belastungspakete. Aber nicht nur das: Es gibt eine ganze Reihe von Versuchen, die Entscheidungsverhältnisse in der Gesellschaft zugunsten der Unternehmen und zu Lasten der Arbeitnehmer zu ändern. Die Diskussionen um die Finanzierung der Arbeiterkammern sind dabei das wichtigste Beispiel. Aber auch die Zerschlagung des Sozialministeriums und die Zuordnung der arbeitsmarktpolitischen Kompetenzen einschließlich des Arbeitsrechts und des Arbeitnehmerschutzes an das Wirtschaftsministerium sind dafür klare Signale.

Die Einmaligkeit des Vorgehens der Bundesregierung bei der Budgetkonsolidierung besteht dabei darin, dass massiven Belastungen der Arbeitnehmer und Pensionisten Entlastungen der Unternehmen und Selbständigen gegenüberstehen. Dafür fehlt jede Begründung. Weder ist die Ertragslage der Unternehmen so Not leidend, dass sie durch Kürzung von Lohnansprüchen2) und durch großzügige Senkung von Arbeitgeberbeiträgen zum Sozialsystem saniert werden muss. Noch sind in der wirtschaftlichen Situation großzügige Steuersenkungen zugunsten der Wirtschaft notwendig. Mit einem Wort: Die Regierung verbindet die Budgetkonsolidierung mit einer massiven Umverteilungspolitik zugunsten von Unternehmen und Selbständigen und zu Lasten der Arbeitnehmer. Für den Österreichischen Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaften ergeben sich aus der Regierungspolitik schwierige Herausforderungen. Ihre Kritik richtet sich dabei nicht gegen die Bundesregierung an sich, wohl aber gegen unsoziale Maßnahmen.

Obwohl eine ganze Latte von Alternativvorschlägen der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer zu Budget und Pensionen von der Regierung negiert wurden, konnten durch konsequentes Aufzeigen der Auswirkungen in den Belastungspaketen Veränderungen zu geplanten Vorhaben erreicht werden. Die wichtigsten Punkte waren:

  1. die Rücknahme der noch im Regierungsprogramm enthaltenen Urlaubskürzung (!) (der Anspruch auf Urlaubswochen im Jahr hätte nur noch aliquot entstehen sollen);
  2. die Rücknahme der Einführung eines generellen Selbstbehalts von 20 Prozent im gesamten Gesundheitsbereich (z. B. Arzt, Spital u. a. m.);
  3. die Rücknahme von progressiv steigenden Abschlägen bei Frühpensionen bis sogar 20 Prozent (jetzt gibt es eine Deckelung mit 10,5 Prozent);
  4. der Fall der Wartefrist beim Arbeitslosengeld, der dazu führt, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch künftig vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit an Anspruch auf Arbeitslosengeld haben;
  5. der Fall der Verpflichtung von Arbeitslosen, für ein »Bürgergeld«, das heißt für eine Entlohnung deutlich unter dem Kollektivvertragslohn, zu arbeiten;
  6. die Zurücknahme der Senkung der (Netto-)Ersatzquote im Niveau der Arbeitslosenunterstützung von derzeit 56 Prozent auf 53 Prozent.

Trotz dieser wichtigen positiven Veränderungen besteht allerdings kein Zweifel: Das erste Jahr der Regierungstätigkeit hinterlässt eine soziale Schieflage. Während man bei früheren »Sparpaketen« wenigstens immer einigermaßen bemüht war, Belastungen auf alle Bevölkerungsgruppen zu verteilen, werden jetzt Unternehmen und Selbständige entlastet, die Arbeitnehmer aber dauerhaft und massiv belastet. Es liegt in der Verantwortung der Bundesregierung und der beiden Regierungsfraktionen im Parlament, dass das »Nulldefizit« ein Alibi für sozial unausgewogene Belastungspakete geworden ist.

STEUERN: Die Arbeitnehmer werden geschröpft, um das Budget zu sanieren

Dass die Regierung zugunsten von Unternehmen und Selbständigen und zu Lasten der Arbeitnehmer handelt, zeigt die Frage, was die Belastungspakete kosten und wer sie zahlt. Während Arbeitnehmer und Pensionisten bis 2003 ansteigend und dauerhaft mit über 40 Milliarden Schilling belastet werden, müssen die Unternehmen nun zwar zur Absenkung des Budgetdefizits mitzahlen. Allerdings: Durch die ihnen von der Regierung versprochenen Senkungen der Arbeitgebersozialbeiträge und eine Gewinnsteuersenkung ab 2003 leisten die Unternehmen und Selbständigen ab 2003 nicht nur keinen Beitrag zum Budget, im Gegenteil: Sie werden per Saldo sogar mit über 3 Milliarden Schilling entlastet. Dabei darf man nicht übersehen, dass die im europäischen Vergleich ohnehin sehr niedrige Gewinn- und Vermögensbesteuerung in Österreich eine wichtige Ursache für das Budgetdefizit ist. Für die Arbeitnehmer und Pensionisten kommt es dabei - heuer spürbar - zu massiven Steuererhöhungen.

  1. Der Arbeitnehmerabsetzbetrag wird von 1500 Schilling auf 750 Schilling im Jahr halbiert3).
  2. Der den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zustehende allgemeine Steuerabsetzbetrag wird ab einem Monatsbruttogehalt von 30.000 Schilling stärker als bisher gekürzt und wird ab 49.000 Schilling völlig wegfallen (siehe Beispiel 1 »Angestellter«)4).
  3. Der Pensionistenabsetzbetrag wird von 5500 Schilling ab einer monatlichen Bruttopension von 20.000 Schilling linear gekürzt und fällt ab 26.000 Schilling gänzlich weg (siehe Beispiel 2 »Pensionist«).
  4. Künftig gibt es auch eine ganze Reihe von Steuererhöhungen für Gehaltsnachzahlungen und Abfindungen für Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis beenden.

Diese Steuererhöhungen kommen dabei zu denen, die schon im Juni 2000 mit dem Belastungspaket Nr. 1 festgelegt wurden:

  1. Erhöhung der Stromsteuer, die einen durchschnittlichen Haushalt 520 Schilling kosten wird.
  2. Erhöhung der Kfz-Steuer, die für ein durchschnittliches Familienauto 1300 Schilling jährlich ausmachen wird.
  3. Erhöhung der Autobahnvignette auf 1000 Schilling jährlich, das heißt, um 450 Schilling mehr.
  4. Eine ganze Reihe von Gebührenerhöhungen (Reisepass, Personalausweis, Führerschein).
  5. Erhöhung der Tabaksteuer pro Packung (bis zu 2 Schilling höhere Zigarettenpreise).

Während also Arbeitnehmer und Pensionisten und Unfallrentner stärker besteuert werden, gibt es für die Bessergestellten in der Gesellschaft bereits ab 2001 Steuergeschenke: Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, Nichteinführung der Spekulationssteuer u. a. m. Auch hat die Diskussion der letzten Monate deutlich gezeigt, dass entgegen den Ankündigungen die Steuerprivilegien von Privatstiftungen in Wirklichkeit nicht angetastet wurden.

Beispiel 1: »Angestellte«

siehe Grafik 1

Ein bleibendes Geheimnis

In diesem Zusammenhang: Wie es zugehen soll, dass die beschriebenen Erhöhungen der Massensteuer zwei Drittel der Bevölkerung nicht treffen sollen, bleibt ein Geheimnis. Wie die Besteuerung der Unfallrenten oder die Ambulanzgebühren Einkommen unter 30.000 Schilling nicht treffen werden, kann - offenbar außer der Regierung - niemand nachvollziehen. Die Wirklichkeit sieht anders aus. In Wahrheit gibt es nicht nur Umverteilungen von Arbeitnehmern zu Selbständigen und Unternehmen, sondern auch von Beziehern kleiner Einkommen zu einkommensstärkeren Gruppen.

PENSIONSPAKET: Ältere Arbeitnehmer die großen Verlierer

Die Eckpunkte des im Juni/Juli 2000 beschlossenen Pensionspaketes sind:

  1. die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit;
  2. die überfallsartige Anhebung des Antrittsalters bei vorzeitigen Alterspensionen (60/55 um 1,5 Jahre);
  3. die Erhöhung der Pensionsabschläge von derzeit 2 auf 3 Prozentpunkte pro Jahr bei Pensionsantritt vor 60 (Frauen) bzw. 65 (Männer).

Dazu kommen Kürzungen von Witwenpensionen und bei Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen. Auch hier liegen die Folgen für die Arbeitnehmer auf der Hand: Allein mit der Abschaffung der vorzeitigen Alterspensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit will die Regierung jährlich bis zu 5 Milliarden Schilling einsparen. Dies geht auf Kosten von tausenden älteren Hilfsarbeitern, die diese Pension mit Gesundheitsproblemen und ihrer schlechten Lage im Beruf bisher mit 57/55 Jahren in Anspruch nehmen konnten. Die extrem kurzen Übergangsfristen für die Anhebung des Pensionsanfallsalters sind nicht nur ein schwerer Eingriff in die Lebensplanung von Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Das Pensionspaket wird auch dazu führen, dass zigtausende ältere Arbeitnehmer zusätzlich mit Altersarbeitslosigkeit kämpfen werden.5) Die großen Verlierer der »Doppelmühle« - Pensionsalter rauf, Pensionshöhe runter - sind ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Bereits heute kann nur etwa die Hälfte der Unselbständigen aus einer aufrechten Beschäftigung in die Pension gehen - es liegt eben nicht in ihrem Belieben, ob sie früher oder später aus dem Beruf ausscheiden (siehe Beispiel 3).

In den harten politischen Auseinandersetzungen um das Pensionspaket hat der Österreichische Gewerkschaftsbund immer wieder gesagt, dass überfallsartige Eingriffe in die Lebensplanung von zehntausenden Menschen kein Weg sind, ein Budgetdefizit zu bekämpfen. Es ist deshalb auch schwer wiegend, dass die Alternativkonzepte der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer von der Regierung auch hier nicht aufgegriffen worden sind.

Kurzfristige Herausforderungen in der Pensionsversicherung hätten durch Anhebung des faktischen Pensionsanfallsalters (Paket zur Erhöhung der Erwerbschancen älterer Arbeitnehmer), eine neue Ersatzzeitenfinanzierung und eine deutliche Erhöhung des Eigenfinanzierungsgrades bei Bauern und Gewerbetreibenden auf sozial verträgliche Weise gelöst werden können. Eine langfristige Weichenstellung für die Alterssicherung hätte als Aufgabe des Parlaments (»Optionenbericht«) vorbereitet werden können.

Es ist daher auch kein Wunder, dass das letzte Wort bei den Pensionen nunmehr der Verfassungsgerichtshof haben wird.

Beispiel 2: »Pensionisten«

siehe Grafik 2

»TREFFSICHERHEITSPAKET«: Es wird nicht gespart, sondern umverteilt

Neben den Verschlechterungen bei den Pensionen nimmt die Regierung unter dem Titel »Treffsicherheit« weitere drastische Kürzungen bei den Sozialleistungen vor. Auch hier kommt es in der politischen Diskussion zu dem nicht selten gewählten Weg des »Darüberfahrens« über Argumente. Nicht ganz einen Tag, nachdem die von der Regierung selbst eingesetzte Expertengruppe zur »Treffsicherheit der Sozialleistungen« einen an sich ausgewogenen Bericht vorgelegt hatte, wurde ein über 7 Milliarden Schilling betragendes Sozial- leistungskürzungsprogramm beschlossen.

Der Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung für kinderlose Ehepartner (Lebensgemeinschaften) wird 100.000 Menschen (fast ausschließlich Frauen) treffen.

Bei einem Arbeitseinkommen von 20.000 Schilling brutto sind im Jahr etwa 7900 Schilling für die Krankenversicherung zusätzlich zu zahlen. Mehr als 100.000 Personen trifft die Besteuerung der Unfallrenten. Ein Arbeitnehmer mit 25.000 Schilling brutto und 5000 Schilling Unfallrente verliert über 20.000 Schilling netto.

Direkt gegen die Bezieher von sehr niedrigen Einkommen richten sich zahlreiche Verschlechterungen bei der Arbeitslosenunterstützung: Absenkung der Familienzuschläge von derzeit 663 Schilling auf 400 Schilling, Verlängerung der Anwartschaft bei wiederholter Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes von 26 auf 28 Wochen, Entfall des günstigeren Fortbezugsanspruches bei neuer Anwartschaft u. a. m. - alles wesentliche Bestandteile der Existenzsicherung von arbeitslosen Familien (siehe Beispiel 4 »Familienerhalter«).

Ab dem Wintersemester 2001/2002 sind die rund 230.000 Studierenden an Österreichs Universitäten von Studiengebühren (5000 Schilling pro Semester) betroffen. Sie bedeuten zusätzliche Barrieren für Studierende aus einkommensschwächeren und bildungsferneren Schichten. Letztlich hat die Regierung schon im Juli 2000 im »GESUNDHEITSPAKET« die Selbstbehalte in der Krankenversicherung erhöht:

  1. Erhöhung der Rezeptgebühr von 45 auf 55 Schilling;
  2. Einführung von Ambulanzgebühren von 150 bis 250 Schilling;
  3. Selbstbehalte bei psychotherapeutischen und psychologischen Behandlungen.

Gerade auch die Erhöhung der Rezeptgebühr zeigt die generelle Wirkung von Selbstbehalten: Kranke bzw. chronisch Kranke werden im Vergleich zu Gesunden belastet, Selbstbehalte belasten Einkommensschwächere deutlich mehr als Vermögende.

Ein Resümee des Treffsicherheitspaketes zeigt, wer von der Regierungspolitik wirklich getroffen ist: Arbeitnehmer, Einkommensschwächere, Arbeitslosenfamilien, Kranke und Unfallrentner sowie Studenten. Besonders markant ist aber, dass gar nicht gespart, sondern umverteilt wird. So führt die Regierung Ambulanzgebühren ein, die 1 Milliarde Schilling »bringen« sollen. Gleichzeitig senkt sie die Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung der Arbeiter um 0,3 Prozent. Entlastung für Unternehmen ist 1 Milliarde Schilling. Die Regierung kürzt den Opfern von Arbeitsunfällen in Summe ihre Rechte um ein ganzes Drittel, es werden 2 Milliarden Schilling erwartet. Gleichzeitig werden die Arbeitgeberbeiträge zur Unfallversicherung gesenkt, was eine Entlastung für die Unternehmen von 1,7 Milliarden Schilling bedeutet. Während die Regierung die Arbeitslosenunterstützung für Arbeitslosenfamilien kürzt, stehen für die Arbeitgeber (ab 2002) Senkungen ihres Beitrages zur Arbeitslosenversicherung ins Haus (Entlastung über 3 Milliarden Schilling).


Beispiel für schwarzblaue »Pensionsanpassung«: 2001 gibt es ein Minus von 353 S

PRIVATISIERUNGSPOLITIK: Kurzsichtige Politik auf Kosten der österreichischen Arbeitnehmer

Schon zu Beginn des Jahres hat sich die Regierung - zwecks Schuldenabbau - das Ziel gesetzt, die wichtigsten österreichischen Unternehmen, an denen der Staat noch Anteile besitzt, zu verkaufen. Neben der Österreichischen Staatsdruckerei, dem Dorotheum und der Print Media Austria sollen der Flughafen Wien, die Postsparkasse, die Telekom Austria und die Austria Tabak zu 100 Prozent privatisiert werden.6) Bis zum Jahr 2003 soll dabei die erste Privatisierungsphase bereits abgeschlossen sein. In einer zweiten Phase wird seitens der Regierung auch die Privatisierung folgender Unternehmen in Erwägung gezogen: VA Stahl, OMV, Böhler Uddeholm, VA Technologie, Austrian Airlines und Österreichische Post AG.

Die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer haben schon früh davor gewarnt, eine derart kurzsichtige Politik auf Kosten von österreichischen Arbeitnehmern zu wagen. Die unbesehene Verkaufspolitik geht zu Lasten einer künftigen Industriepolitik, der Entwicklung der Unternehmungen sowie zu Lasten der Beschäftigten. Die Unternehmen eines strategisch bedeutsamen Wirtschaftssektors sind nahezu in allen Industrieländern mehrheitlich in inländischem Besitz. Bei uns fehlen auf Grund des im April 2000 beschlossenen ÖIAG-Gesetzes 2000 die Ansätze zu einer Standortsicherung von wichtigen Konzernzentralen in Österreich, insbesondere die Sicherung der erforderlichen dauerhaften Kernaktionärsrolle der ÖIAG.

Beispiel 3:

Herr B. arbeitet bis zum 61,5. Lebensjahr und verliert trotzdem

Herr B., Arbeiter, erreicht mit 61,5 Jahren 37,5 Versicherungsjahre und damit die Voraussetzungen für den Bezug einer vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer. Die Bemessungsgrundlage für seine Pension beträgt 38.185 Schilling (Höchstbemessungsgrundlage).
Pensionsanspruch nach geltendem Recht:
25.965 S ab 61,5

Pensionsanspruch nach Pensionsreform 2000 (Dauerrecht):
24.629 S ab 61,5

Herr B. verliert im Vergleich zur geltenden Rechtslage 1336 Schilling im Monat. Auf das Jahr bezogen bedeutet das einen Verlust von 18.704 Schilling.

Viele der Argumente der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer haben sich bei der begonnenen Umsetzung der Privatisierungsvorhaben der Regierung bereits bewahrheitet. Die Privatisierungserlöse der Telekom Austria blieben weit unter dem Plansoll. Dass die Österreicher über »Volksaktien« beim Börsegang profitieren würden, blieb Chimäre - mehr als 90 Prozent der Aktien gingen an institutionelle Anleger. Bei der bevorstehenden Privatisierung der Austria Tabak mit mehr als 4000 Beschäftigten und 500 Zulieferfirmen stellt sich unmittelbar die Gefahr einer ausländischen Übernahme, die Gefahr einer Versorgung Österreichs vom Ausland her und die Drohung von Arbeitsplatzverlusten.

Die Auswirkungen des Fehlens einer aktiven österreichischen Industriepolitik auf Qualität und Sicherheit der Arbeitsplätze sind mittlerweile unvorhersehbar geworden. Gerade deshalb müssen sich die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer auch in den nächsten Monaten weiter konsequent dafür einsetzen, dass wichtige Industrien und Schlüsselsektoren in Österreich erhalten bleiben und zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich beitragen. Davon wird zu einem wesentlichen Teil die Aufrechterhaltung und Verbesserung der Beschäftigungssituation abhängen.

Schlussbemerkung - Es geht um Gesellschaftspolitik

Das erste Viertel der Regierungstätigkeit ist zu Ende. Eine erste Bilanz aus Arbeitnehmersicht zeigt, dass die Lasten dieser Politik die Arbeitnehmer zu tragen haben.

  • Die Regierung verbindet die Budgetkonsolidierung mit einer massiven Umverteilungspolitik zugunsten von Unternehmen und Selbständigen und zu Lasten der Arbeitnehmer und derzeitiger und künftiger Pensionsbezieher.
  • Steuer- und Sozialpolitik zeigen Verteilung zu Lasten von Beziehern kleiner Einkommen und Begünstigungen für Vermögende.
  • Eine ganze Vielzahl von Einzelmaßnahmen zeigt: Es geht zunehmend nicht nur um Kürzungspolitik, sondern um Gesellschaftspolitik. Die Entscheidungsverhältnisse in der Gesellschaft sollen zugunsten der Unternehmen und zu Lasten der Arbeitnehmer verändert werden.

Beispiel 4:

Ein alleinverdienender Familienerhalter

(Ehegatte und 2 Kinder) mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 20.000 Schilling wird arbeitslos.

Nach der bis 31. Dezember 2000 geltenden Rechtslage hatte dieser Arbeitnehmer einen Arbeitslosengeldanspruch (plus 3 Familienzuschläge) von 11.419 Schilling; nach der neuen Rechtslage erhält er lediglich 10.629 Schilling, also um 790 Schilling oder 6,9 Prozent weniger.

Für die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer gab es durch die fundamentalen Änderungen in der Politik große Herausforderungen. Während die Gesprächsbasis zu den Arbeitgeberorganisationen intakt blieb - das zeigen die erfolgreichen Kollektivvertragsrunden -, gab es harte politische Auseinandersetzungen mit der Politik der Bundesregierung. Kein Zweifel: Die großen Herausforderungen für die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer bleiben auch im neuen Jahr. Die bereits begonnenen Diskussionen um die Reform der Abfertigung und den Gesundheitsbereich - Stichwort »Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung« - machen das deutlich. Es gibt Erfolge in der Interessenvertretungstätigkeit für die Arbeitnehmer, aber klar ist auch, dass noch weit größere Bevölkerungsteile davon überzeugt werden müssen, dass es soziale Alternativen zur Regierungspolitik gibt: ein Gesellschaftsmodell der Gewerkschaften, das wirtschaftlichen Fortschritt mit einem hohen Grad an sozialer Sicherheit verbindet.

1) Bruno Rossmann: »Wer trägt die Last?« in »Arbeit&Wirtschaft« 11/2000.

2) Die Streichung der Urlaubsentschädigung allein wird den Arbeitnehmern gesamtwirtschaftlich 4 Milliarden Schilling zugunsten der Unternehmen kosten.

3) Nur wer eine steuerbegünstigte Pensionsvorsorge um rund 13.700 Schilling bezahlt, kann die verlorenen 750 Schilling als staatliche Prämie geltend machen.

4) Zu beachten ist, dass die Steuererhöhungen durch »Abschleifung« des allgemeinen Absetzbetrages zur Senkung des Arbeitnehmerabsetzbetrages hinzukommen.

5) Die von der Regierung nach massiver Kritik getroffenen Abfederungsmaßnahmen (Härteklauseln, Maßnahmen bei der Arbeitslosenunterstützung) sind völlig unzureichend, um soziale Härten zu beseitigen.

6) Die Privatisierungsmaßnahmen sind bei der Staatsdruckerei, der P.S.K., der Telekom Austria und beim Flughafen bereits abgeschlossen.Richard Leutner ist Leitender Sekretär des ÖGB

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