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Salut an die Leser oder der Hase und die Tarnkappe

Nach unserer christlichen Zeitrechnung leben wir am Beginn des 21. Jahrhunderts. Rückblickend können wir sagen, dass zurzeit ein starker Strukturwandel unserer Gesellschaft stattfindet.

Oje, meint der aufmerksame Leser, jetzt kommt wieder das alte Klagelied über die schlimmen Zeiten. Weit gefehlt, der Slogan oder besser die Warnung »Speed kills!« illustriert in diesem Fall nur den schnellen Wandel, von dem auch du betroffen bist, werte Leserin, werter Leser (ich hoffe, das vertraute »du« wird nicht als Anbiederung empfunden, sondern als Anrede, wie sie unter Gewerkschaftskollegen üblich ist).

No na, dass wir alle von dem rasanten gesellschaftlichen Wandel betroffen sind, ist eine Binsenweisheit. Die spezielle Änderung, von der ich hier reden möchte, betrifft die (Massen-)Medien, durch die Meinungen, Informationen und »Kulturgüter« vermittelt werden.

Zum Beispiel wie viele Hunderte Printmedien konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Leser? Die Anzahl der Tageszeitungen und Magazine hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt.

Zum Beispiel wie viele Dutzend Fernsehkanäle kann ein Haushalt heute im Durchschnitt empfangen? Früher waren es nur zwei Programme, doch mit dem jetzigen Überangebot sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen die gleiche Sendung sehen. Das gilt natürlich auch für die wenigen politischen Sendungen. Anlässe und Themen, um in der Familie oder am Arbeitsplatz über Politik zu sprechen, werden somit immer weniger.

Ich habe kürzlich einen Vortrag des Deutschen Mathias Machnig gehört, der das so formuliert:

»Im Übrigen hat sich das Interesse an der Art und Weise der Berichterstattung verändert: Unterhaltung ist Pflicht, Information hingegen Kür.« Die Ei des Kolumbus in diesem Bereich ist das so genannte »Infotainment«, zusammengesetzt aus Information und Entertainment (Unterhaltung).

Mathias Machnig spricht weiters über »die andere Wahrnehmung von sowie das sinkende Interesse an Politik. Verglichen mit einer Pyramide, lassen sich moderne Industriegesellschaften in vier verschiedene Segmente unterteilen. An der Spitze steht in der jeweiligen Gesellschaft ein Prozent von Entscheidungsträgern, das sehr gut und umfassend informiert ist. Darunter steht ein Anteil von zehn Prozent von Menschen, die politisch sehr interessiert sind und z. B. mehrere Tageszeitungen lesen. Weitere 15 Prozent bilden das Segment darunter: Sie sind allgemein interessiert, sehen zum Beispiel relativ regelmäßig zumindest die Abendnachrichten. Die verbleibenden 75 Prozent der Bevölkerung sind jedoch nur sehr gering oder gar nicht interessiert an Politik. Sie lesen oftmals nicht einmal mehr eine Tageszeitung, und sie nutzen vor allem das Zerstreuungsangebot der Programme von Privatsendern. ... Die besser informierten 25 Prozent sind wichtig als Multiplikatoren und wirken als Meinungsbildner hinein in andere Milieus ...«

Ich gehe nun davon aus, dass unsere Leser auf keinen Fall zu den ehrenwerten 75 Prozent gehören, die oben erwähnt sind - sonst würden sie diese Zeilen ja nicht lesen.

Auf jeden Fall möchte ich darauf hinweisen, dass über die Beiträge dieser Zeitschrift diskutiert werden sollte, dass die (Hintergrund-)Informationen weitergegeben werden sollten und dass wir hier keineswegs die alten Klagelieder über das Desinteresse der Menschen und Medien singen wollen.

Was von unseren Themen unter die Leute kommt - abgesehen von der zufälligen Konjunktur von Konfliktthemen -, liegt an uns allen und an jedem Einzelnen von uns. Sich zurücklehnen und sagen »Warum geschieht nix?«, das - gilt einfach nicht! Denn die Gewerkschaft und noch mehr die Arbeiterbewegung, das sind wir alle!

Deswegen brauchen wir auch kein »Infotainment«, denn abgesehen davon, dass es Warnungen gibt, so wie jene des Neil Postman (»Unsere Gesellschaft amüsiert sich zu Tode«), brennen uns einige Themen direkt unter den Nägeln. Und das wäre doch gelacht, wenn es uns nicht gelingen sollte, unseren Leuten klar zu machen, wie der Hase läuft - ob dieses Tierchen nun blauschwarz ist oder sonst eine Tarnkappe trägt ...

Korrektur
»Es irrt der Mensch, solang er lebt« heißt die Abwandlung eines Faust-Zitats. Der »Herr« höchstpersönlich sagt das im Prolog im Himmel, und zumindest was uns betrifft, hat der »Alte«, den der Teufel von Zeit zu Zeit gern sieht, Recht: Wir haben geirrt! Im letzten Heft sind im Leitartikel von Herbert Wabnegg »Mit der AK rechnen!« einige Nullen verloren gegangen. Der korrigierte Text muss heißen:

»Jahr für Jahr erstreiten die Arbeiterkammern für ihre Mitglieder mehr, als die Arbeiterkammerbeiträge ausmachen (durch die AK Wien wurden z. B. im Jahr 2000 1.157.000.000 Schilling erstritten, die AK-Beiträge betrugen 920.000.000 Schilling).«

Das ist schon um einiges mehr und verstärkt auch unser Argument. Wir danken allen aufmerksamen Lesern, die uns auf diesen Fehler hingewiesen haben.

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