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Argumente zur Urabstimmung | »No na« und die Realität: Die Leitende Sekretärin des ÖGB, Roswitha Bachner, kommentiert Urabstimmungsfragen

Nachdem der ÖGB seine Fragen zur ÖGB-Urabstimmung für soziale Gerechtigkeit vorgelegt hat, herrscht bei den Regierungsparteien helle Aufruhr. »Die Fragen treffen die Regierung tief. Es ist schmerzlich, mit der Realität konfrontiert zu werden, denn diese angeblichen >No-na-Fragen< haben für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer enorme Auswirkungen«, bringt es Roswitha Bachner, Leitende Sekretärin im ÖGB, auf den Punkt.

»Wer unsere Fragen mit den Worten und Taten führender Vertreter der Regierungsparteien vergleicht, wird sehr rasch feststellen, dass die Forderungen der Regierung bei weitem nicht mit unseren Forderungen übereinstimmen. Der ÖGB hat mit den Fragen wichtige Bereiche angesprochen, in denen die Regierung keine sozial gerechten Lösungen bietet«, argumentiert Bachner.

Zu den Fakten:

Sozialpartnerschaft

Frage 1: Wir fordern, dass die Sozialpartnerschaft gestärkt wird. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer muss auf alle Bereiche der Arbeitswelt ausgeweitet werden.

ÖVP-Generalsekretärin Rauch-Kallat zeigte sich noch vor wenigen Wochen begeistert darüber, dass die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern aufgekündigt worden ist. »Die Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass in Österreich wieder Politik gemacht wird«, und »Es gibt den Mut zum Konflikt. Dort, wo es keinen Konsens gibt, wird der Konflikt ausgetragen«, lobte Rauch-Kallat Anfang Juli den Übergang von der Konsens- zur Konfliktdemokratie.

Gesundheits- und Pensionsvorsorge

Frage 2: Wir fordern die Beibehaltung der Pflichtversicherung, damit auch in Zukunft alle - unabhängig von ihrem Einkommen - auf die Gesundheits- und Pensionsvorsorge vertrauen können.

Bereits im Regierungsprogramm wurde der Abgang von der Pflichtversicherung angedacht. Unter grundsatzpolitischen Positionen findet man dort: »Einsetzung einer Expertengruppe zur Überprüfung, in welchen Bereichen ein Übergang oder eine Ergänzung der Pflichtversicherung durch eine Versicherungspflicht sinnvoll ist.« Das würde ein Abrücken vom solidarischen System der Pflichtversicherung bedeuten. Im Klartext: »Wer jung ist und es sich leisten kann, zahlt wenig Prämie, Alte und Kranke müssten hohe Prämien bezahlen.«

Kollektivverträge

Frage 3: Wir fordern, dass Lohnerhöhungen und Arbeitszeiten weiterhin durch die Gewerkschaften in Kollektivverträgen geregelt werden.

Minister Bartenstein ist anderer Ansicht. Bei einer Veranstaltung im Juli sprach er davon, dass er für den Herbst die »Einleitung großer, notwendiger Deregulierungsschritte plane«. Insbesondere Entscheidungen über die Arbeitszeit sollten vermehrt in den Betrieben von Geschäftsführung und Betriebsrat getroffen werden, präzisierte Bartenstein, denn ausländische Investoren hätten zu verstehen gegeben, dass ihnen - stärker noch als bürokratische Hemmnisse oder die Steuerlast - »starre Arbeitszeitenregelungen zu schaffen machen«.

Angedacht wurde in diesem Zusammenhang von Bartenstein auch die Ausweitung der vom Gesetz her erlaubten Höchstarbeitszeit von derzeit zehn auf zwölf Stunden pro Tag. Sogar die - des Paktierens mit dem ÖGB wohl unverdächtige - »Presse« betitelte den Bartenstein-Vorschlag mit: »Flexiblere Arbeitszeit - weniger Lohn«.

Abfertigung

Frage 4: Wir fordern einen Anspruch auf Abfertigung ab dem ersten Tag - auch bei Selbstkündigung - mit freier Verfügbarkeit durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Hinsichtlich des Zeitpunkts, ab dem ein Anspruch auf Abfertigung entsteht, ist die Regierung keinesfalls auf ÖGB-Linie. Geht es nach führenden Vertretern der Regierungsparteien, soll die Abfertigung zudem in Hinkunft nicht mehr ausgezahlt, sondern zwingend für den Aufbau von betrieblich finanzierten Zusatzpensionen verwendet werden. Sozialminister Haupt begründete diese Absicht gar mit europaweiten Zwängen. Er warnte in einem APA-Gespräch im Juli gar davor, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in andere Länder abwandern würden, wenn die zweite Säule im Pensionssystem nicht ausgebaut wird.

Eine zwangsweise Umwandlung der Abfertigung in eine Betriebspension würde der Regierung Vorschub leisten, um im Gegenzug die Pensionen aus der staatlichen Pensionsversicherung zu kürzen. Die Position des ÖGB ist klar: Die Abfertigung muss Lohnbestandteil bleiben, Nein zur zwangsweisen Umwandlung in eine Betriebspension.

Bildungsoffensive

Frage 5: Wir fordern eine schulische und berufliche Bildungsoffensive, um die Zukunftschancen aller zu verbessern. Ziel ist ein offener Bildungszugang ohne soziale Barrieren.

Für diese Forderung bedarf es wohl keiner Zitate, die Fakten genügen. Würde die Regierung mit dieser Forderung übereinstimmen, müsste Ministerin Gehrer umgehend die Erlagscheine zur Einhebung der Studiengebühren (jährlich 10.000 S) für null und nichtig erklären.

Stopp dem Ausverkauf

Frage 6: Wir fordern die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Dienste und den Stopp des unwiderruflichen Ausverkaufs öffentlichen Eigentums (z. B. Betriebe, Strom, Wasser, Wälder), um unsere Grundversorgung zu sichern.

Die »Angst« mancher Vertreter der Regierungsparteien, vor allem was staatlich ist, wird am Ausverkauf bestens florierender Unternehmen und Besitztümer der Republik deutlich - zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der Verkauf der Austria Tabak oder der gegenwärtig stattfindende Verkauf der Wälder durch die Bundesforste. Aber auch die Tatsache, dass einige Minister anstelle auf die ihnen zur Verfügung stehenden hoch qualifizierten Bediensteten in den Ministerien auf externe Rechtsanwälte und Consulter zurückgreifen, zeigt die eigenartige Haltung mancher Regierungsmitglieder zu allem, was staatlich ist, auf.

»Der Vergleich macht sicher - unsere Fragen sind weder inhaltslos noch no na«, zieht Roswitha Bachner Resümee. Im Gegenteil - gerade das Zetern der Vertreter der Regierungsparteien zeige, dass der ÖGB mit den Fragen wichtige Bereiche, in denen die Regierung keine sozial gerechten Lösungen bietet, angesprochen hat, so die Leitende Sekretärin im ÖGB abschließend.

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