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Weltkonferenz gegen Rassismus | Gegen Rassismus, Rassische Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundene Intoleranz

Das ehemalige Mitglied des Redaktionskomitees von »Arbeit & Wirtschaft«, Hans-Jürgen Tempelmayr, arbeitet jetzt als »Diversity Manager« im Wiener Rathaus, und zwar in der Bereichsleitung Integration. Er war einer der österreichischen Delegierten bei der WCAR, der World Conference against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and related Intolerance, in Durban, Südafrika. Hier ist sein Bericht.

Die Vereinten Nationen haben nach 14 Jahren wieder den Versuch unternommen, eine Weltkonferenz gegen Rassismus auszurichten. Dass das keine einfache Aufgabe sein würde, dessen war sich der Uno-Generalsekretär Kofi Anan im Vorfeld während der Vorbereitungen wohl bewusst, hielt ihn aber dennoch nicht ab, sich dieser Herausforderung zu stellen.

Teilnehmer aus fast allen Staaten der Erde versammelten sich Ende August, Anfang September dieses Jahres in Durban, an der Ostküste Südafrikas.

Südafrika schien der ideale Ort zu sein, zehn Jahre nach der friedlichen Überwindung eines rassistischen Regimes, sich mit der Thematik Rassismus und Xenophobie kritisch auseinander zu setzen, Wegmarken zu setzen, ein Aktionsprogramm zu verabschieden.

Langsame Mühlen

Wer nun glaubt, dass solche Konferenzen dazu angetan sind, großartige, medienwirksam zu präsentierende Ergebnisse zu produzieren - und bei nicht Vorhandensein ebensolcher von einem Fehlschlag zu sprechen -, ver- steht den Sinn dieser Art Großkonferenzen nicht. In der internationalen Politik mahlen die Mühlen noch langsamer als in der nationalen, jedoch vielleicht gründlicher. Eine Bewusstseinsänderung, in welcher Richtung auch immer, führen diese Art von Veranstaltungen bei den meisten Teilnehmern, und damit auch indirekt in den Staaten selbst, auf jeden Fall herbei.

»Denk-Kulturen«

Die vielleicht schmerzhafteste Erfahrung mussten die Vertreter der westlichen Industriestaaten selbst machen: Wie schwierig es ist, mit Menschen vermeintlich völlig anderer »Denk-Kulturen« schon bei grundsätzlichen Definitionen auf einen grünen Zweig zu kommen.

Schon die Politik der Entsendung der Teilnehmer ist eine völlig andere. Am Beispiel der österreichischen Delegation konnte man die Pluralität westlicher Entsendungspolitik studieren. Neben Berufsdiplomaten, Vertretern aus Ministerien, dem Autor als Vertreter der Stadt Wien waren Politiker der im Parlament vertretenen Parteien delegiert. Sogar die FPÖ entsandte eine neugierig interessierte Vertreterin. Inwieweit hier allerdings Bewusstseinsbildung mit Rückkopplung auf Slogans wie »Stopp dem Asylmissbrauch« etc. stattgefunden hat, entzieht sich dem Blickfeld des Autors - jedoch ein Bericht an den Klubchef Hojac-Westenthaler wird schon als Teilergebnis vorliegen?

Kein Platz im Terminkalender

Wichtiger ist allerdings, wer an der Spitze der Delegation steht, als Signalwirkung der Rangordnung, die dieses Thema auf den Tagesordnungen der jeweiligen Regierungen einnimmt. George Bush entsandte eine niedriggestufte Delegation, und auch die wurde während der Konferenz abgezogen. Die österreichische Außenministerin fand leider keinen Platz in ihrem dichten Terminkalender und entsandte ihren Generalsekretär. Auch gut, die österreichische Delegation war ohnehin indirekt in die der europäischen Union eingebettet, und die war sehr hochkarätig durch Louis Michel vertreten.

Einen Vertreter dieses Kalibers brauchte es auch, um die Klippen, die sich schon im Vorfeld auftürmten, zu umschiffen.

Wie umschifft wird, das findet in den unzähligen bilateralen Gesprächen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander, dem Ringen und Feilen an Formulierungen, dem Konsens, was denn überhaupt auf die Tagesordnung zu setzen sei, statt. Dabei findet eine unglaubliche Vernetzung gleichgesinnter Vertreter, ein Diskussions- und Meinungsaustausch der Teilnehmer grundsätzlich statt.

Was waren die »Knackpunkte«?

Die Konferenz war überschattet von der Diskussion über die Lage der Palästinenser in den besetzten Gebieten und der Frage »Reparationszahlungen ehemaliger Kolonialstaaten«, die Sklavenhandel betrieben. Dadurch bildeten sich relativ rasch zwei Blöcke, einer der Industriestaaten und ein »arabischer Block«, der von zahlreichen Entwicklungsländern unterstützt wurde.

Hauptaugenmerk der arabischen Delegationen war es, die von den Vereinten Nationen mittlerweile zurückgenommene Resolution, die Zionismus mit Rassismus gleichsetzt, wieder zu implementieren und Israel unisono in allen Reden des Völkermordes und Rassismus zu beschuldigen.

Da kein Minimalkonsens in dieser Frage hergestellt werden konnte, haben die Vertreter Israels und der USA die Konferenz vorzeitig verlassen.

Hitler und Bin Laden

Verstärkend wirkten leider begleitende Demonstrationen vor Ort, in denen von den Teilnehmern Hitlerbilder getragen und »Every Jew a bullet« skandiert wurde. Eine Distanzierung von Seiten der arabischen Staaten respektive Vertretern der PLO ist nicht erfolgt. Als auf der Konferenz Flugblätter mit dem Konterfei Adolf Hitlers mit dem Untertext: »Was wäre, wenn ich nicht den Krieg verloren hätte« auftauchten bzw. muslimische Führer in den Medien Interviews gaben, in denen sie sich der Unterstützung Osama Bin Ladens rühmten (Sunday Times, Kapstadt, 9. Sept. 2001), drohte die Konferenz vollständig zu scheitern. Ebenso konnte bis zuletzt keine Einigung in der Frage »Entschädigung für Sklaverei« erzielt werden.

Zionismus und Genozid?

Dem hartnäckigen Eintreten der südafrikanischen Außenministerin Zuma und Louis Michel war es zu verdanken, dass nach einem Tag Verlängerung der Konferenz ein Minimalkonsens hergestellt werden konnte.

Der Zionismus- und Genozid-(Völkermord-)Vorwurf gegenüber Israel und die Forderung zur Entschädigung von Sklaverei wurden aus der Abschlusserklärung genommen, die Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes festgeschrieben.

Die Mitglieder der österreichischen Delegation wechselten sich in den verschiedenen Arbeitsgruppen, in den implementierten Unterarbeitsgruppen ab, um im Sinne einer Vorverständigung mit den Staaten der Europäischen Union einerseits an den inhaltlichen Vorgaben der »Drafting Commitees«, das die Abschlusserklärung vorbereitete, und dem sensiblen Bereich der Formulierung mitzuarbeiten.

Die Wiener Integrationsstadträtin Renate Brauner

Der Sprecher der österreichischen Delegation, in Vertretung der Frau Außenministerin Generalsekretär Rohan, wies in seiner Rede besonders auf die Anstrengungen der Regierung in Bezug auf Rassismus hin, wobei er besonders die Seminare und Workshops hervorhob, die Österreich mit Exekutivbeamten zum Thema Xenophobie und Rassismus durchführt.

Vielleicht, da er vergaß, sollte man noch hinzufügen, dass diese Antirassismusarbeit in Österreich nicht neu ist, sondern von der Volkshilfe Österreich auf Initiative der Wiener Integrationsstadträtin Renate Brauner seit Jahren mit Erfolg und großem Interesse von Seiten vieler Beamter stattfindet. Im Magistrat Wien ist dies sogar bis in die Führungskräfteausbildung fix in der Ausbildung implementiert. Auch in Seminaren Personalentwicklung des ÖGB wird diesem Thema ein wichtiger Platz eingeräumt. Daher auch meine Teilnahme an der Konferenz.

Resümee

Als Resümee kann man folgende Schlüsse ziehen: Der andere Blick und differenzierte Umgang mit dieser sensiblen Problematik in anderen Ländern und Kulturen führte zu einem Meinungsbildungsprozess auf beiden Seiten. Informationen über den Stand der Antirassismusarbeit wurden ausgetauscht, weitere Zusammenarbeit eingefädelt. Und: Man kann auch mit Menschen völlig anderer Weltanschauung, wenn auch nach schwerer Arbeit, einen Konsens und eine gleiche Sprache finden. Denn: Die Menschen sind doch nicht so verschieden, wie uns manche glauben machen wollen.

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