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Es geht um die Löhne! | Position zur beginnenden Debatte um die Flexibilisierung der Arbeitszeit

Die Begehrlichkeit der Unternehmer ist sehr groß. Unter dem Stichwort »Flexibilisierung« (der Arbeitszeit) geht es in Wirklichkeit nur ums Geld - um eine weitere Beschneidung von Einkommen und Löhnen und nur um eine Umgehung oder Ausschaltung der Gewerkschaften auf betrieblicher Ebene.

Die Arbeitszeitdiskussion liegt auch in Österreich seit jeher im Spannungsfeld: Einerseits zwischen den ökonomischen Wünschen und Notwendigkeiten, die vor allem von der Arbeitgeberseite eingebracht werden, andererseits zwischen dem im Arbeitszeitrecht beabsichtigten Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch zu lange Arbeitszeiten und Lohnschutz, den Gewerkschaften formulieren.

Unbestritten ist dabei, dass Arbeitszeitregelungen ein wichtiger Faktor für das Einkommen der Arbeitnehmer und damit für die Einkommensverteilung, für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sowie für die Verteilung der Arbeit auf möglichst viele Arbeitnehmer und damit für die Zahl der Arbeitsplätze ist. Schon deshalb ist die volkswirtschaftliche Bedeutung von Normalarbeitszeit und Höchstarbeitszeit sehr groß. Darüber hinaus wird aber auch Lebensqualität, Gesundheit und die Bedingungen für das gesellschaftliche Zusammenleben wesentlich dadurch mitbestimmt, wie lange und zu welchen Zeiten Arbeitsleistung erbracht werden muss.

Während also der Österreichische Gewerkschaftsbund seit jeher wieder betont hat1), dass Arbeitszeitregelungen ein bedeutender Faktor für wichtige gewerkschaftliche und darüber hinaus gesellschaftspolitische Ziele ist, ging es den Arbeitgebern naturgemäß immer um ganz andere Interessen in der Arbeitszeit(flexibilisierungs)debatte:

  • Kostensenkung durch Wegfall von Überstundenbezahlung,
  • Verringerung des Einsatzes von Arbeitskräften im Rahmen von Rationalisierungen (Anpassung der Arbeitskräfte an Auftragslage und Bedarf).

Tatsache ist aber auch, dass in der Debatte um die Arbeitszeit in Österreich in regelmäßigen Abständen das Argument auftaucht - nicht nur von Führungskräften in der Wirtschaft -, das Arbeitszeitrecht sei zu starr, es lasse keinen ausreichenden Spielraum für Flexibilisierung. Diese Argumente haben auch in das geltende Koalitionsabkommen zwischen FPÖ und ÖVP Eingang gefunden, das mehrfach von Flexibilisierung der Arbeitszeit spricht. Und der für Arbeitsrecht zuständige Wirtschaftsminister Bartenstein hat sich brieflich an den ÖGB gewandt, in eine Debatte um weitere gesetzliche Flexibilisierung der Arbeitszeit einzutreten.

Das geltende Arbeitszeitrecht ist nicht zu starr

Die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer haben in der beginnenden Debatte um die Arbeitszeit zunächst einmal darauf verwiesen, dass alle, die die weitere Arbeitszeitflexibilisierung verlangen, sich einmal über die Daten und Fakten informieren und dabei bei der realen Arbeitszeitsituation der Österreicherinnen und Österreicher beginnen sollen. Josef Cerny hat dazu erst jüngst eine beachtenswerte Aufstellung vorgelegt2):

1. Mehr als eine Million Österreicher arbeiten am Sonntag, das sind 27,6 Prozent aller Erwerbstätigen, mehr als eine halbe Million regelmäßig, darunter fast 250.000 Frauen.

2. Mehr als 800.000 arbeiten regelmäßig am Samstag.

3. Fast eine halbe Million leistet Schichtarbeit, Wechsel- oder Turnusdienst (das ist Rang zwei in der EU).

4. Mehr als 300.000 leisten regelmäßig Nachtarbeit zwischen 22 und 6 Uhr, darunter - trotz grundsätzlichem Nachtarbeitsverbot - ca. 90.000 Frauen.

5. Rund 480.000 arbeiten regelmäßig am Abend zwischen 20 und 22 Uhr.

6. Im Jahresdurchschnitt 1997 gab es ca. 500.000 Teilzeitbeschäftigte, davon mehr als 400.000 Frauen. Seither ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigten weiter gestiegen, er beträgt insgesamt ca. 15 Prozent, bei den Frauen schon über 30 Prozent; d. h., jede dritte Frau arbeitet in Teilzeit mit entsprechend geringerem Lohn. Teilzeitarbeit ist vor allem - schlecht bezahlte - Frauenarbeit.

7. Es gibt rund 200.000 »geringfügig Beschäftigte« (mit einem Monatseinkommen von weniger als Euro 291,- oder ATS 4000,-), darunter wieder weitaus überwiegend Frauen.

8. Die Zahl der zur Sozialversicherung gemeldeten »freien Dienstverträge« beträgt etwa 20.000, die Dunkelziffer von Scheinwerkverträgen und anderen Konstruktionen zur Umgehung des Arbeitsrechtes wird weit höher geschätzt.

9. Und letztlich: Zwei Drittel aller unselbständig Beschäftigten leisten Überstunden, ca. ein Viertel jede Woche, das ganze Jahr. Durchschnittlich werden fünf Überstunden pro Woche gearbeitet, ca. ein Fünftel der Arbeitnehmer erhält allerdings für diese Überstunden keinen Zuschlag.

Wenn also

  • fast zwei Drittel der Arbeitnehmer in der österreichischen Privatwirtschaft in flexibler Arbeitszeiteinteilung arbeiten,
  • das »Normarbeitsverhältnis« mit Vollarbeitszeit von 40 Stunden in der Woche, gleichmäßig verteilt auf fünf Arbeitstage, nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme ist,
  • Wochenend- und Nachtarbeit zunehmen, ebenso Teilzeitarbeit
  • durch flexible Arbeitszeitgestaltung die Arbeitsleistung deutlich gestiegen ist - wovon Frauen besonders betroffen sind, für die sich zunehmende Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ergeben,

dann zeigt die tatsächliche Arbeitszeitsituation der Österreicher, dass von starren Arbeitszeiten in Österreich keine Rede sein kann.

Das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz bieten ausreichend Spielraum für Flexibilisierung

Aber nicht nur die tatsächliche Arbeitszeitsituation der Österreicher spricht gegen die angebliche »Unbeweglichkeit« des Arbeitszeitrechtes. Seit der großen Arbeitszeitreform 1997 bestehen weitgehende, auch gesetzliche Regelungen für eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit.

1. Zunächst bei der so genannten »Durchrechnung der Normalarbeitszeit«: In unterschiedlichen Modellen kann die Normalarbeitszeit schwankend gestaltet werden. Zu manchen Zeiten wird länger gearbeitet, zum Ausgleich zu manchen Zeiten kürzer. Soweit solche Modelle auch den Arbeitnehmern Vorteile bringen, können sie jederzeit durch Betriebsvereinbarung oder Einzelvereinbarung eingeführt werden. Modelle, die primär im Arbeitgeberinteresse sind, um schwankenden Arbeitsbedarf unter Vermeidung von Überstundenentgelt abzudecken, können nur durch Kollektivvertrag - also in Verhandlungen mit der zuständigen Gewerkschaft - zugelassen werden. In den meisten Branchen haben sich die Kollektivvertragsparteien auf großzügige Flexibilisierungsmöglichkeiten für die Betriebe geeinigt, dafür aber wichtige Ausgleichsmaßnahmen zugunsten der Arbeitnehmer vorgesehen.

2. Die Höchstgrenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (einschließlich Überstundenarbeit) mit in der Regel 10 Stunden pro Tag bzw. 50 Stunden pro Woche sind wichtig für den Schutz von Gesundheit, Familienleben und Freizeit der Arbeitnehmer, tragen aber auch wirtschaftlich zu einer gerechten Verteilung der vorhandenen Arbeit auf möglichst viele Menschen bei. Zur Bewältigung von vorübergehenden Arbeitsspitzen (etwa Bearbeitung eines Großauftrages, Saisonspitzen) können durch Betriebsvereinbarung diese Höchstgrenzen jedoch geöffnet werden, und zwar bis zu 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche.

3. Wochenendarbeit kann nicht mehr nur durch Verordnung des Arbeitsministers aus technologischen Gründen (Arbeitsprozesse können nicht unterbrochen werden) oder um Versorgungsleistungen oder Freizeitangebote sicherzustellen, zugelassen werden, sondern auch der Kollektivvertrag kann Wochenendarbeit erlauben, und zwar aus wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gründen (insbesondere um zu vermeiden, dass Arbeitsplätze ins Ausland abwandern). Damit kann eine Produktion rund um die Uhr ermöglicht werden.

Wer also behauptet, das österreichische Arbeitszeitrecht stelle ein enges Korsett dar, irrt daher auch juristisch. Hinter solchen Behauptungen steckt meist nur der Wunsch, die Gewerkschaften als Verhandlungspartner auszuschalten, also Formen der Arbeitszeitflexibilisierung, die rein an Unternehmerwünschen orientiert sind, unter Umgehung der Gewerkschaften auf betrieblicher Ebene durchsetzen zu können. In der politischen Diskussion segeln solche Argumente unter dem Schlagwort »Betriebliche Sozialpartnerschaft weiter stärken«.

Es geht um Lohnpolitik: Kollektivverträge (und damit Gewerkschaften) in der Arbeitszeitgestaltung unverzichtbar

Flexible Arbeitszeiten, die vorwiegend den Bedürfnissen des Unternehmers folgen, haben zwei schwerwiegende Nachteile für die Arbeitnehmer:

1. Arbeitsspitzen, die sonst als Überstunden abgegolten werden müssen (in Geld oder in Zeitausgleich, aber jedenfalls mit einem 50-prozentigen Zuschlag), werden in solchen Modellen zu Normalarbeitsspitzen, die in Zeiten schwächeren Arbeitsbedarfs im Verhältnis 1:1 ausgeglichen werden. Der Arbeitnehmer verliert also jedenfalls den Überstundenzuschlag in Geld oder in Zeit. Dieser Zusammenhang muss uns klar machen: Bei der Arbeitszeitfrage geht es immer in erster Linie um Entgelt- und Verteilungsfragen - letztlich also um Lohnpolitik.

2. In flexiblen Arbeitszeitmodellen, die überwiegend Unternehmensbedürfnissen folgen, sind Familienleben und Freizeit der Arbeitnehmer weit schwerer planbar als bei fixen, gleich bleibenden Arbeitszeiten oder bei flexiblen Modellen, die überwiegend von den Arbeitnehmern bestimmt werden (wie z. B. Gleitzeit). Je nach dem Arbeitsbedarf des Unternehmens müsste der Arbeitnehmer ohne entsprechende Schutzregelungen mit ununterbrochen wechselnden Arbeitszeiten rechnen, die die Betreuung von Kindern oder andere familiäre Pflichten und die Planung der Freizeitaktivitäten sowie die Benützung fahrplangebundener Verkehrsmittel für den Arbeitsweg ungemein erschweren.

Bei der Gestaltung flexibler Arbeitszeitmodelle ist daher ein Interessenausgleich unbedingt erforderlich. Die Einkommens- bzw. Freizeitverluste durch den Wegfall des Überstundenzuschlages sind durch finanzielle oder andere Vorteile zu kompensieren, die einseitige Festlegung der ständig schwankenden Arbeitszeiten durch den Betrieb ist durch eine partnerschaftliche Regelung zu ersetzen. Solche Regelungen und Kompensationen bedürfen aber gewerkschaftlicher Verhandlungsstärke.

Der einzelne Arbeitnehmer kann aus Angst um den Arbeitsplatz und um das Betriebsklima nicht den erforderlichen Verhandlungsdruck erreichen, aber auch der - an sich kündigungsgeschützte - Betriebsrat ist dem Druck des einzelnen Arbeitgebers (Androhung von Kündigungen, Verweis auf die Konkurrenz in der Branche usw.) weit stärker ausgesetzt als die zuständige Gewerkschaft, die einheitliche Schutz- und Kompensationsregelungen für die ganze Branche erzielen kann. Die zahlreichen bereits bestehenden Kollektivverträge (Flexibilisierungsregelungen) zeigen, wie gut dieser Mechanismus funktioniert: Für die Unternehmungen wurden große Spielräume geschaffen, die erforderlichen Kompensations- und Schutzregelungen für die Arbeitnehmer sind enthalten.

Übrigens: Kann eine Einigung zwischen Kollektivvertragspartnern über die Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht hergestellt werden, können beide Seiten ein Schlichtungsverfahren in Gang setzen, durch das dann letzten Endes eine die beiderseitigen Interessen ausgleichende Regelung festgelegt werden kann, die die kollektivvertragliche Regelung ersetzt. Die Bindung von Arbeitszeitflexibilisierungen, die in erster Linie an Unternehmerinteressen orientiert ist, an die Zulassung durch den Kollektivvertrag ist daher nicht, wie vielfach vordergründig behauptet wird, eine »Bevormundung« des Betriebsrates durch die Gewerkschaften, sondern eine Regelung zur Herstellung eines vernünftigen Interessenausgleichs, die auch nicht an der allfälligen »Sturheit« einer der beiden verhandelnden Seiten scheitern kann.

Gesamtüberblick: Österreichs Arbeitszeitrecht in hohem Maß flexibilisiert

Abschließend hier noch einmal ein Gesamtüberblick über die Gesetzesbestimmungen, der zeigen soll, in welch hohem Maß das österreichische Arbeitszeitrecht bereits flexibilisiert ist:

Andere Verteilung der Normalarbeitszeit innerhalb der Woche

  • Zur Erreichung einer längeren Freizeit bei Verkürzung der Normalarbeitszeit an einzelnen Tagen.
  • Zulassung durch Betriebsvereinbarung bzw. Arbeitsinspektorat notwendig, wenn andere ungleichmäßige Verteilung der Normalarbeitszeit erreicht werden soll.
  • Tägliche Normalarbeitszeit neun Stunden.

Einarbeiten in Verbindung mit Feiertagen

  • Einarbeitungszeitraum 7 Wochen, tägliche Normalarbeitszeit 10 Stunden, wöchentliche Normalarbeitszeit 50 Stunden.
  • Verlängerung des Einarbeitungszeitraumes durch Betriebsvereinbarung auf bis zu 13 Wochen, durch Kollektivvertrag länger, tägliche Normalarbeitszeit 9 Stunden, wöchentliche Normalarbeitszeit 50 Stunden.

Durchrechnung der Normalarbeitszeit im Handel

  • Durchrechnungszeitraum 4 Wochen, Verlängerung durch Kollektivvertrag unbegrenzt möglich.
  • Normalarbeitszeit in einzelnen Wochen bis 44 Stunden.
  • Tägliche Normalarbeitszeit 9 Stunden.
  • Tägliche Normalarbeitszeit 10 Stunden bei 4-Tage-Woch

Durchrechnung der Normalarbeitszeit - allgemeine Regelung (außer Handel)

  • Zulassung in der Regel durch Kollektivvertrag (kann von der Wirtschaft über Schlichtungsverfahren durchgesetzt werden).
  • Durchrechnungszeitraum 1 Jahr.
  • Längerer Durchrechnungszeitraum möglich, wenn Zeitausgleich in mehrwöchigen zusammenhängenden Zeiträumen.
  • Normalarbeitszeit in einzelnen Wochen bis 50 Stunden bei Durchrechnungszeitraum bis 8 Wochen, 48 Stunden bei längerem Durchrechnungszeitraum.
  • Tägliche Normalarbeitszeit 9 Stunden, in Sonderfällen 10 Stunden.

4-Tage-Woche (durch Kollektivvertrag)

  • Verteilung der gesamten Wochenarbeitszeit auf 4 Tage.
  • Tägliche Normalarbeitszeit 10 Stunde

Normalarbeitszeit bei Schichtarbeit

  • Durchrechnung der Normalarbeitszeit über den Schichtturnus, durch Kollektivvertrag längere Durchrechnung möglich.
  • Tägliche Normalarbeitszeit 9 Stunden, an Wochenenden (durch Betriebsvereinbarung) und bei Schichtwechsel 12 Stunden möglich.
  • Arbeitszeit in der einzelnen Woche 50 Stunden, durch Kollektivvertrag Ausdehnung bis auf 56 Stunden.

Gleitzeit

  • Arbeitnehmer kann Beginn und Ende der täglichen Normalarbeitszeit innerhalb eines zeitlichen Rahmens selbst bestimmen.
  • Notwendig ist Gleitzeitvereinbarung (Betriebsvereinbarung, wenn kein Betriebsrat schriftliche Einzelvereinbarung).
  • Tägliche Normalarbeitszeit 9 Stunden, durch Kollektivvertrag Verlängerung auf 10 Stunden.
  • Wöchentliche Arbeitszeit 50 Stunden.

Dekadenarbeit

  • Für bestimmte Baustellen, Zulassung durch Kollektivvertrag.
  • Durchrechnungszeitraum 2 Wochen (10 Tage Arbeit, 4 Tage frei).
  • Tägliche Normalarbeitszeit 9 Stunden.

Arbeitsbereitschaft

  • Wöchentliche Normalarbeitszeit 60 Stunden.
  • Tägliche Normalarbeitszeit bis auf 12 Stunden, mit Überstunden bis zu 13 Stunden.
  • Zulassung in der Regel nur durch Kollektivvertrag.

Arbeitsbereitschaft mit besonderen Erholungsmöglichkeiten

  • Dreimal pro Woche Normalarbeitszeit bis zu 24 Stunden + eine halbe Überstunde.
  • Zulassung durch Kollektivvertrag + Betriebsvereinbarung + arbeitsmedizinisches Gutachten.
  • Durchschnittliche Normalarbeitszeit 60 Stunden, in einzelnen Wochen 72 Stunden.

Überstunden bei erhöhtem Arbeitsbedarf

  • Allgemein zulässig 5 Stunden + 60 Stunden Jahrespaket.
  • Tageshöchstarbeitszeit 10 Stunden, Wochenhöchstarbeitszeit 50 Stunden, wo nicht anders angegeben.
  • Zusätzlich 5 für bestimmte Gruppen, zusätzlich 10 Überstunden durch Kollektivvertrag, dadurch Überschreitung der 50-Stunden-Höchstgrenze möglich.
  • In 12 Wochen pro Jahr Überstunden bis zu Tagesarbeitszeit von 12 Stunden durch Betriebsvereinbarung zur Verhinderung eines unverhältnismäßig wirtschaftlichen Nachteils.
  • Weitere Überstunden durch Arbeitsinspektion möglich.
  • Bei Arbeitsbereitschaft: Wochenarbeitszeit kann durch Überstunden bis zu 13 Stunden ausgedehnt werden.

Überstunden für Vor- und Abschlussarbeiten

  • Eine halbe Stunde täglich (zusätzlich zu den Überstunden), Tageshöchstarbeitszeit 10,5 Stunden (Ausnahmen).

Bildungskarenz

  • Die Arbeitnehmer können mit ihrem Arbeitgeber zum Zweck einer Aus- und Weiterbildung für 3 bis 12 Monate eine Karenzierung vereinbaren; sie erhalten in dieser Zeit Weiterbildungsgeld aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung.

Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes

  • Weiters kann eine Karenzierung für 6 bis 12 Monate auch ohne Bindung an ein Bildungsvorhaben vereinbart werden; in dieser Zeit erhält der Arbeitnehmer Weiterbildungsgeld aus der Arbeitslosenversicherung, wenn der Arbeitgeber für diese Zeit eine Ersatzkraft einstellt.

Solidaritätsprämienmodell

  • Hier wird die Normalarbeitszeit einer Mehrzahl von Arbeitnehmern reduziert, sodass für diese reduzierte Normalarbeitszeit ein Zeitrahmen für eine oder mehrere zusätzliche Arbeitskräfte frei wird; die Bedingungen müssen durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung festgelegt werden; der einzelne Arbeitnehmer muss seiner Arbeitszeitverkürzung zustimmen; die Arbeitnehmer erhalten einen teilweisen Lohnausgleich aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung.

Herabsetzung der Normalarbeitszeit bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (Gleitpension, Altersteilzeit, Teilzeit bei Betreuungspflichten)

  • Bei Inanspruchnahme einer Gleitpension (Teilpensionsbezug bei Teilzeitarbeit) kann der Arbeitnehmer die erforderliche Reduktion seiner Arbeitszeit verlangen; Arbeitnehmer über 50 Jahre und Personen mit Betreuungspflichten können mit dem Arbeitgeber eine Herabsetzung der Arbeitszeit vereinbaren, wobei keine wesentlichen Nachteile hinsichtlich ihres Abfertigungsanspruchs im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintreten; Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab 50 und Arbeitnehmer ab 55 Jahren erhalten einen Lohnausgleich vom Arbeitgeber, der diesen aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung refundiert bekommt (Altersteilzeitgeld); Eltern können statt der Karenz eine Elternteilzeit verlangen; dabei sind die Einkommensgrenzen des Kinderbetreuungsgeldes zu berücksichtigen, sonst völliger Entfall bzw. Rückzahlungsverpflichtung.

Schlussbemerkung: Kein Handlungsbedarf für weitere Flexibilisierung auf gesetzlicher Ebene

Die Debatten um eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit in der Öffentlichkeit haben wieder begonnen. Weitere Vorstöße des für die Arbeitszeit zuständigen Wirtschaftsministers Bartenstein mit Berufung auf das Koalitionsübereinkommen der FPÖ-ÖVP-Regierung sind zu erwarten. Es gibt auch keine Arbeitszeitdiskussion in Österreich, wo nicht regelmäßig die Behauptung aufgestellt wird, dass das österreichische Arbeitszeitrecht zu unbeweglich, zu unflexibel und zu starr sei.

Die vorangehenden Ausführungen sollen noch einmal zeigen, dass das Gegenteil dieser Behauptungen der Fall ist. Zwei Drittel der österreichischen Arbeitnehmer arbeiten bereits in flexibler Arbeitszeitgestaltung. 40-Stunden-Woche, 8-Stunden-Tag, 5-Tage-Arbeitswoche sind längst nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Wochenend- und Nachtarbeit sowie Teilzeit nehmen zu. Der Druck auf die Arbeitnehmer durch weitere Flexibilisierung steigt.

Aber auch der Blick auf die großen Flexibilisierungsmöglichkeiten im österreichischen Arbeitszeitrecht selbst zeigt, dass es keineswegs starr ist, im Gegenteil: Es ist in hohem Maße flexibilisiert. Vor allem die Problematik des Entfalls von Überstundenzuschlägen bei weiterer Ausdehnung der Flexibilität (insbesondere bei der Anhebung der Tagesarbeitszeitgrenzen) und die Idee zur Ausschaltung des Kollektivvertrages als Gestaltungsinstrument zeigen, es geht im Kern nicht um Arbeitszeitdebatten, sondern um Lohndebatten in Richtung Lohnsenkung.

Aus diesen Gründen hat der ÖGB Arbeitgebern und Ministerium eine sehr klare Haltung in Bezug auf weitere gesetzliche Flexibilisierung der Arbeitszeit übermittelt.

Erstens: Was die weitere Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes, insbesondere die Ausdehnung der täglichen »Maximalarbeitszeit« betrifft, muss festgehalten werden, dass das österreichische Arbeitszeitgesetz bereits eine Fülle von Flexibilisierungsmöglichkeiten bereitstellt, die durch Sozialpartnereinigung auf Kollektivvertragsebene ausgeschöpft werden und ausgeschöpft werden können.

Zweitens: Erklärtes Ziel des ÖGB und seiner Mitglieder, im Besonderen auch der Urabstimmung, bleibt es, solche wichtigen Entscheidungen wie in der Arbeitszeit auf der Ebene der Kollektivverträge zu belassen.

Drittens: Die Praxis demonstriert auch, dass für Anliegen der Betriebe im Arbeitszeitbereich, die an die Gewerkschaften herangetragen wurden, letztlich immer eine Lösung auf Vereinbarungsebene gefunden werden konnte.

Zusammenfassend heißt das für die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer, dass sie im Rahmen der derzeitigen Rechtslage auch künftig bereit sein werden, jene sehr großen Spielräume auszunützen, die das geltende Recht den Sozialpartnern einräumt. Sinnvollen und notwendigen Flexibilisierungen der Arbeitszeit unter ausgewogener Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer haben sich Gewerkschaften nie verschlossen.

Handlungsbedarf nach weiterer Flexibilisierung auf gesetzlicher Ebene besteht jedoch nicht.

1) U. a. ÖGB, Leitbild der Arbeitszeit, Lebenszeit, 1996

2) Josef Cerny, »Arbeitszeitrecht - Rechtsgrundlagen und Gestaltungsformen«, ÖGB-Verlag

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