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Hütchenspiel und Kettenbrief

MEINUNG

»Das Neue der ›New Economy‹ bestand aus heutiger Sicht vor allem in dem Versuch, den Prinzipien von Wettbüro, Hütchenspiel und Kettenbrief in der gesamten Ökonomie zur Geltung zu verhelfen …«, heißt es in den »Hausnachrichten« eines Versandhauses (Manufactum Herbst 2002).

Dem wäre fast nichts hinzuzufügen. Das Kettenbriefe massiver Betrug sind, mit dem nur noch ganz begnadete Bauernfänger operieren können, weiß inzwischen (fast) jeder. Ums Hütchenspiel wissen wir auch Bescheid, doch was die Erwartungen an die Börse betrifft, bleibt uns immer wieder der Mund offen. Ob Unternehmen durch Banken oder durch Aktien finanziert werden, ist Jacke wie Hose, könnte man meinen. Wie Günther Chaloupek in seinem Beitrag auf Seite 10 erklärt, wollen wir nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und aus Formen des Versagens der Finanzmärkte deren Abschaffung folgern und fordern. Aber wie es diesen großen Firmen über Jahre gelungen ist, riesige Potemkinsche Dörfer aufzubauen, deren Fundamente Kursmanipulation, Bilanzfälschung und Betrug waren, mit denen die »Finanzwelt« getäuscht wurde, - das ist schon sagenhaft.

Was die Prinzipien von Wettbüro, Hütchenspiel und Kettenbrief betrifft, denen man versucht hat, in der gesamten Ökonomie Geltung zu verschaffen, so geht obiges Zitat noch weiter: »… was, wenn es gelungen wäre, den Unterhaltungswert und die journalistische Ergiebigkeit der Welt noch erheblich gesteigert hätte.«

Geschmäcker und Ohrfeigen sind bekanntlich verschieden. Aber wenn ich zusehen muss, wie Arbeitnehmer um ihre Pensionen betrogen werden, fühle ich mich nicht unterhalten, sondern eher gequält, weil bei mir ein empathisches Gefühl vorherrscht und es mir nicht an Fantasie fehlt, um mir vorzustellen, wie sich die um ihre Pensionen geprellten nun fühlen und wie es ihnen geht.

In der internationalen Politik ist immer wieder von »Schurkenstaaten« (rogue-states) die Rede. Die wahren Schurken sitzen aber in den Führungsetagen dieser nunmehr entlarvten Firmen und Konzerne. Und auf die Gefahr eines allgemeinen Aufschreis hin behaupte ich nun einmal, das dies nur die Spitze einer Art von »Eisberg« ist. Die Rede ist von »Bubble-« oder Seifenblasenökonomie bzw. der »Aktienblase« (Spiegel), wo der schöne Schein überwiegt. Nicht umsonst gibt es immer mehr Stimmen, die über eine kommende große Krise sprechen, obwohl es dann andere gibt, die so tun, als habe man den Namen des »Gottseibeiuns« ausgesprochen und uns alle der Gefahr ausgesetzt, dass er uns hört und uns wirklich heimsucht.

Und überhaupt die Finanzkonzerne:
»Am 2. Juli 1997 haben amerikanische und europäische Finanzkonzerne das asiatische Wirtschaftswunder zerstört. Unter dem Druck der Spekulation musste die thailändische Regierung die Bindung der nationalen Währung an den Dollar aufgeben. Innerhalb weniger Stunden fiel der Wert des (thailändischen) Baht gegenüber dem amerikanischen Dollar um mehr als 20%, innerhalb weniger Wochen um mehr als 50%. Innerhalb der folgenden 6 Monate werteten die philippinische Währung um 42%, die malaysische um 46%, die südkoreanische um 55% und die indonesische sogar um 84% ab … Das in internationalem Geld ausgedrückte Volksvermögen Thailands schrumpfte in kürzester Frist auf weniger als die Hälfte, in Indonesien auf knapp ein Fünftel. Die Folgen für die Menschen in den betreffenden Ländern waren katastrophal …« (zitiert aus Jörg Huffschmid: »Die politische Ökonomie der Finanzmärkte«, VSA-Verlag).

Der Autor schildert dann, wie das internationale Finanzkapital weiterzieht: Russland, Mexiko, Brasilien, Kolumbien, Argentinien, Uruguay …

Die Gewinnperspektive für Finanzanleger, also für Banken, Investmentfonds, Versicherungen, Wertpapierhäuser: unter ihrem Druck betreiben auch die Regierungen im »unierten Europa« eine fundamentalistische Stabilitätspolitik, die wachs-tums- und beschäftigungsfeindlich ist …

Die Arbeitslosenzahlen in unserem Land sprechen für sich, und wenn man von der derzeitigen Regierung Stimmen hört in der Art wie, die Arbeitslosigkeit ist bei uns gar nicht »sooo« schlimm, weil woanders in Europa ist sie noch viel viel schlimmer, so ist das zumindest für die Betroffenen und ihre Angehörigen wahrlich kein Trost.

Wollen Sie Ihre Zukunft einem Pensionsfonds anvertrauen? Einem Fonds, dessen Kapital auf der Suche nach schnellen Gewinnen um die Welt saust und woanders vielleicht ganze Volkswirtschaften zerstört? Derzeit werden private Pensionen wegen der sinkenden Kurse an den Börsen gekürzt, doch die derzeitige Regierung will eine private Pensionsvorsorge einführen, wobei 60 Prozent des Kapitals in Aktien angelegt werden.

Die »strahlende Zukunft« als Seifenblase? An der Wall Street, an den Börsen von Buenos Aires oder Montevideo? Nach der Bruchlandung der Neuen Ökonomie hält die »Zeit der Schurken« an …

In einer Erklärung von Renate Csörgits, Vorstandsmitglied des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften (IBFG), heißt des unter anderem: »Mit wachsender Sorge beobachtet der ÖGB die Maßnahmen der US-Administration zur Vorbereitung einer Militärintervention in einer der explosivsten und sensibelsten Regionen der Welt, die mit hoher Sicherheit folgenschwere Konsequenzen von globalem Ausmaß nach sich ziehen würde.

In einer Zeit, in welcher täglich neue, dramatische Meldungen über Wirtschaftskrisen, Zusammenbrüche von Weltkonzernen und damit einhergehende schwere Schäden für alle Menschen eintreffen, wäre ein solcher Schritt der denkbar folgenschwerste Irrtum einer völlig falsch verstandenen Weltpolitik. Die ungeheuren Kosten einer solchen Militärintervention würden zudem in vielen Staaten die finanziellen Möglichkeiten weiter beschneiden, um die Schaffung von sinnvollen Sozial und -Beschäftigungsprogrammen durchzuführen oder in Angriff zu nehmen …»
So ist es.

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