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Wann, wenn nicht jetzt?

MEINUNGEN

Das Werben um die Gunst der Wähler ist zurzeit auf dem Höhepunkt. Die Demoskopen oder Meinungsforscher haben Hochkonjunktur. Sie schwärmen fast schon stündlich aus, um eventuelle Stimmungsschwankungen in der Wählergunst sofort zu erfassen. In geheimen und in öffentlichen Umfrageberichten (vermutlich unterscheiden sich diese beiden Kategorien ziemlich) wird mit Prozentzahlen operiert und argumentiert.

Meist wird nicht einmal dazugesagt, wie viele Menschen überhaupt befragt wurden, sodass man nicht beurteilen kann, wie repräsentativ und glaubwürdig diese Zahlen eigentlich sind. Andrerseits weiß man, dass die Veröffentlichung dieser Zahlen, Prognosen und Hochrechnungen der Meinungsforschung die Meinungen wiederum beeinflusst und verändert. Deswegen werden in einigen Ländern Europas kurz vor Wahlen keine Befragungsergebnisse mehr veröffentlicht, ja es ist sogar gesetzlich verboten, dies zu tun.

»Wer wurde befragt, wie und wann, wer sind die Auftraggeber?« Nur die Beantwortung dieser Fragen gewährt halbwegs eine gewisse Seriosität, lässt einen Spielraum zur Bewertung von Umfrageergebnissen.

Die Parteien lassen sich von teueren Spezialisten, den so genannten Wahlkampfstrategen, beraten. In den Zentralen der Parteien werden nach amerikanischem Vorbild so genannte »War-rooms« eingerichtet, von denen aus der Kampf geführt wird.

Amerikanisch sind auch die Fachausdrücke aus der Soziologie: »Bandwagon« heißt auf Amerikanisch der Wagen, auf dem bei einem Umzug, einer Parade die »Band« - die Musikanten - thront und der meist den Zug anführt. »To jump aboard the bandwagon« heißt, dass man auf diesen fahrenden Wagen, der einen erfolgreichen Kandidaten, ein Anliegen oder eine Bewegung repräsentiert, aufspringt. Auf Deutsch nennt man das Ganze auch den »Mitläufereffekt«. Beeinflusst durch veröffentlichte Umfrageergebnisse zum Beispiel der so genannten Sonntagsfrage (»Wen würden Sie wählen, wenn nächsten Sonntag Wahlen wären?«), kommt es bei einem Teil der Wähler zu diesem Bandwagon-Effekt und sie entscheiden sich für jene Partei, von der sie glauben, dass sie sowieso die Mehrheit hat.

Eine andere Variante ist der so genannte »Underdog-Effekt«, bei der Wähler sich für die laut Umfrage »Unterlegenen« entscheiden, um diese zu stärken.

Gehofft wird bei Umfrageergebnissen, vor allem bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen, auf einen Mobilisierungseffekt, auf eine stärkere Wahlbeteiligung, weil jede einzelne Stimme für den Wahlausgang von entscheidender Bedeutung sein könnte (bei der letzten Wahl war zum Beispiel der Abstand zwischen ÖVP und FPÖ sehr gering, aber auch vor kurzem in Deutschland betrug die Differenz zwischen den beiden stärksten Parteien nur einige tausend Stimmen.

Es gibt Meinungen, wonach veröffentlichte Umfrageergebnisse nur einen geringen Teil der Möglichkeiten ausmachen die Wähler zu beeinflussen und zu manipulieren, während andere wiederum sagen, dass es sich um eine durchaus legitimierte Orientierungshilfe für die Wahlentscheidung handelt.

Lächeln

Nehmen wir zum Beispiel die öffentlichen Diskussionen und Streitgespräche mit Spitzenpolitikern vor allem im Fernsehen. Man würde sich wünschen, dass es hier im Wesentlichen um Argumente und Inhalte geht, aber genauso oder sogar mehr geht es um das Auftreten der Diskutanten. Es geht um die Art, wie sie lächeln - wer hat die weißeren Zähne oder den besseren Zahnarzt? -, es geht um ihre Gestik, ihren Tonfall, ihre Mimik, ihre »Ausstrahlung«. Nicht umsonst gibt es politische Blitzkarrieren von Schauspielern und Fernsehmoderatoren.

Ein politischer Mensch, der es gewohnt ist, sich mit Argumenten auseinander zu setzen, wird vor allem auf die Inhalte achten. Er wird die verschiedenen Positionen gegeneinander abwägen und sie mit seiner eigenen Interessenlage vergleichen und wird seine Stimme jenen geben, von denen er am ehesten glaubt, dass sie seinen Interessen, denen seiner Familie, seiner Gruppe am nächsten kommen. Möchte man meinen. Sehr viele Menschen entscheiden eben nicht so rational. Sie orientieren sich eher an den so genannten Opinionleadern, den Meinungsführern. Deswegen begnügt man sich im Fernsehen nicht mit den Diskussionsrunden der Politiker, sondern es werden in weiteren Runden »Zensuren« vergeben: Wer war überzeugender, besser, glaubwürdiger? Das eigentliche Ereignis ist nicht die Diskussion, sondern die Berichterstattung dazu, die veröffentlichte Wertung. Fast möchte man meinen, die Bürger werden für quasi teilentmündigte »Hascherln« gehalten, denen man alles geistig vorkauen muss, weil sie nicht selbständig denken können und sich in ihren Urteilen an andere, an »Autoritäten«, anlehnen müssen.

In der Tat kommt den »Opinionleadern«, den Meinungsführern, eine entscheidende Rolle zu.

Wer macht sich denn wirklich die Mühe, zu vergleichen, sich vielleicht Parteiprogramme zu besorgen und zu versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen: Wie ist das jetzt mit der Sicherung der Pensionen, mit den Übergangsfristen bei der Osterweiterung, mit der Arbeitslosigkeit und mit dem fortschreitenden Sozialabbau? Was sind nur offenkundige »Wahlzuckerln« und wo lässt sich eine längerfristige Verbesserung für die Arbeitsbevölkerung erwarten?

Fazit: Jetzt sollte der Betriebsrat, der Personalvertreter auch persönlich eingreifen. Schließlich wurde er gewählt, und seine Meinung hat in der Kollegenschaft sicher auch Gewicht. Jetzt gilt es, diese Meinung auch klar zu vertreten. Es geht um sehr viel.

Für viele ist die Wahlentscheidung nur die Frage nach dem »kleineren Übel«, weil sie sich mit keiner Partei identifizieren können. »Besteht eine reelle Chance, dass zumindest einige der Forderungen, Anliegen oder Versprechungen rasch realisiert werden?«, so könnte man fragen. Am schlimmsten wäre, gar nicht hinzugehen oder ungültig zu wählen. Wir sollten unseren Teil dazu betragen, die Leute zu mobilisieren.

Wann, wenn nicht jetzt?

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