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Entwicklung der Fusionen/Übernahmen

Bei uns wird (wieder einmal) umstrukturiert

HINTERGRUND

Umstrukturierung, Outsourcing oder Ausgliederung eines Betriebsteiles - eventuell mit einem neuen Partner -, jeden Tag hört man von solchen Vorgängen und oft ist man auch selbst im eigenen Betrieb betroffen. Wenn es so weit ist, sollte jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer und vor allem auch deren gewählte Interessenvertreter wissen, wie man damit umgeht.

Die wichtigsten Umstrukturierungsarten

Fusionen

(Eigentlich: »Verbindung« im Sinne von »unter einen Hut bringen«).

Während die Übernahmen und Fusionen weltweit im Jahr 2001 erstmals wieder zurückgingen, ist die Tendenz in Österreich immer noch ansteigend. Das soll nach Aussagen der Consulting-Unternehmen Contrast und Management Factory auch so weitergehen. »Ich erwarte mir in Österreich eine wachsende Strukturbereinigung. Vor allem in der Bankenlandschaft und der Lebensmittelindustrie wird sich in den nächsten Jahren einiges tun«, ist Martin Unger von Contrast Consulting überzeugt (»Wirtschaftsblatt« vom 12. 6. 2002).

100 Tage entscheiden

»Entscheidend sind die ersten 100 Tage nach der Fusion. 80 Prozent der Integrationsziele sollten in dieser Zeit erzielt werden«, ist Gerhard Wüest von der Management Factory überzeugt. Wichtig sei es auch, keine Verunsicherung unter den Mitarbeitern aufkommen zu lassen - oftmals verlassen dann »nicht die Schlechtesten« das Unternehmen, so Martin Unger.

Zahlreiche Studien über die Folgen von Fusionen haben nachgewiesen, dass die Mehrzahl aller Fusionen auch wirtschaftlich danebengehen.

Genügend Fusionsbeispiele in der Vergangenheit (z. B. Hewlett-Packard/Compaq oder Mannesmann/Vodafone) haben bewiesen, dass Zusammenschlüsse nicht immer problemlos über die Bühne gehen. Das ist auch nicht verwunderlich, denn rund zwei Drittel aller Fusionen erzielen nicht den gewünschten Effekt. Neuere Studien belegen sogar, dass gar nur 16 Prozent der größten 700 internationalen Fusionen aus der Sicht des Kapitalmarktes erfolgreich waren. Das heißt also: Neben massiven Verlusten von Arbeitsplätzen, die diese Fusionen fast immer bedeuten, und den damit verbundenen Einkommen- und Kaufkraftverlusten, sind diese Vorgänge auch volkswirtschaftlich äußerst bedenklich. Und außerdem kommen die betriebswirtschaftlichen negativen Aspekte noch dazu.

In den meisten Fällen wird sogar Unternehmenswert vernichtet. Die Hauptschuld orten die Consultants von Contrast und der Management Factory (MF) in den »weichen Faktoren«.

»Oft wird zu wenig an der Unternehmenskultur gearbeitet. Sehr deutlich konnte man das bei der Fusion der Bank Austria mit der CA beobachten«, erklärt Martin Unger von Contrast Consulting. Auch im Fall der Verschwisterung von VJV und Wüstenrot-Versicherung soll es hier große Reibungsprobleme zweier unterschiedlicher Unternehmenskulturen gegeben haben. International zeigte sich das Phänomen auch bei der Übernahme von Jaguar durch BMW.

Fusion und Konfusion

Die Manager von Fusionen und Übernahmen müssen noch viel lernen, wenn das neu geschaffene Unternehmen die gesteckten Ziele auch erreichen soll. Nach einem Bericht des Industriemagazins »MM Maschinenmarkt« (Ausgabe 33) liegt der Keim der späteren Schwierigkeiten bereits in den Fusionskonzepten: Diese sind rein betriebswirtschaftlich angelegt.

Die in den Unternehmen arbeitenden Menschen erscheinen nur als Kostenfaktor. Die vorher hoch gelobte Unternehmenskultur wird kalkulatorischen Größen geopfert. Bei länderübergreifenden Zusammenschlüssen kann dies aufgrund unterschiedlicher sozialpsychologischer Verständnisnormen sogar zu einem kulturellen Crash innerhalb des neuen Unternehmens führen, berichtet »MM«. Selbst in Europa werden Unternehmensgrundsätze nicht allgemein geteilt. Die Folge: Verwirrung und Verständnischaos bis ins Topmanagement, das in manchen Fällen auch nicht viel früher von Fusionsplänen erfahren hat als die Belegschaft. Hier verliert die wörtliche Nähe von Fusion und Konfusion angesichts der verheerenden praktischen Auswirkungen allerdings ihren »Witz«.

Ein letztes Warnsignal für die Fusionsmanager sollte wenigstens sein, wenn die Besten ihres Unternehmens auf Nummer sicher gehen, sich einen anderen Arbeitgeber suchen und aus dem Staub machen. Unverständlicherweise verzichtet das Management nach erfolgter Fusion meist auch noch darauf, die verbliebene Belegschaft wieder zu motivieren. Das Ergebnis: Gerade die loyalsten Mitarbeiter verlieren ihre innere Bindung an den Betrieb und machen nach dem Motto »Nur keine Fehler machen« Dienst nach Vorschrift.

Vor diesem Hintergrund stellte »MM Maschinenmarkt« eine Liste der gravierendsten Fusionsfehler auf:

So wird eine Fusion garantiert zum Flop:

  • Es wird nur in engstem Kreis verhandelt.
  • Die Belegschaft wird vor vollendete Tatsachen gestellt.
  • Der Zusammenschluss erfolgt aus Prestigegründen oder Machtgier
    (... oder, Anmerkung R. S., um finanzielle Probleme zu verschleiern bzw. im Nachhinein die Fusion dafür verantwortlich machen zu können).
  • Bei den Verhandlungen haben allein die Buchhalter das Sagen.
  • Zeitdruck, die Fusion wird durchgepeitscht.
  • Statt intensiver Vorbereitung wird auf die Integrationskraft einzelner »charismatischer« Personen gehofft.
  • Obwohl die Organisationsstrukturen nicht zusammenpassen, wird fusioniert. Folge: Integration scheitert, kaum Synergieeffekte, hohe Reibungsverluste.
  • Ein Fusionspartner dominiert den anderen und erlaubt keine Partizipation. Folge: Bisher loyale Mitarbeiter identifizieren sich nicht mehr mit dem Unternehmen, kündigen innerlich oder faktisch.
  • Nach Entlassungen wird die Restbelegschaft nicht motiviert.
  • Bei internationalen Zusammenschlüssen werden die kulturellen Eigenheiten des Partners missachtet.

So kann ein Flop vermieden werden:

Das Wichtigste ist eine sorgfältige Fusionsplanung, in der Fachsprache »Due Diligence« genannt (bedeutet so viel wie »mit der erforderlichen Sorgfalt«). Diese muss durchgeführt werden, um Entwicklung, wirtschaftliche Hintergründe und Eigenschaften sowie Zukunftsperspektive, Chancen und Risiken einer Fusion zu prüfen, mit dem Ziel

  • die Maßnahmen der Integrationsphase vorzubereiten,
  • das Zielunternehmen richtig zu bewerten,
  • den Kaufpreis zu fixieren und die Kaufverhandlungen gut zu führen.

Unternehmensbewertungen, die nur auf harte Faktoren zielen (wie
z. B. Cashflow), vernachlässigen meist die weichen Faktoren wie Kundenzufriedenheit, Image und die Human Resources des eigenen und zu übernehmenden Unternehmens. Die »Due Diligence« ist, in drei Teilprüfungen zerlegt, vorzunehmen:

1. Human Due Diligence (Sorgfalt im menschlichen Bereich): Personalbeurteilung und die Analyse der Unternehmenskultur bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Integration, ein gelungenes Zusammenwachsen zweier unterschiedlicher Organisationen.

2. Technical Due Diligence (Sorgfalt im technischen Bereich): Die rechtliche und steuerliche Prüfung ist Grundlage für einen vertraglichen Gewährleistungskatalog.

3. Financial Due Diligence (Sorgfalt im finanziellen Bereich): Die wirtschaftliche und bilanzielle Prüfung zeigt die Ertrags- und Finanzierungssituation sowie Markt- und Managementrisiken.

Eine gezielte, klare Information und Kommunikation soll dazu beitragen, dass Ängste abgebaut werden. Auch Lieferanten, Kunden und Presse wollen informiert sein.

Eine Integration der Mitarbeiter in die Planung sichert deren Unterstützung im Umsetzungsprozess. Optimal wäre eine Umwandlung des Unternehmens in eine Lernende Organisation.

Outsourcing

Laufende Entwicklungen in vielen Branchen, wie das Auftrennen der Wertschöpfungskette sowie das Motto, man müsse nicht mehr alles selber machen, führen dazu, Teile der Verarbeitung an spezialisierte Anbieter auszulagern.

Bereits vier Fünftel der Unternehmen im deutschsprachigen Raum haben einer Umfrage zufolge Firmenbereiche »outgesourct«. Mit 86 Prozent liegt Österreich dabei an der Spitze vor Deutschland mit 81 und der Schweiz mit 73 Prozent. Dies haben der weltweit tätige Unternehmensberater Accenture und das Institut für Management und Consulting Sciences der Fachhochschule Bonn erhoben.

Im Branchenvergleich hätten insbesondere Firmen aus der Konsumgüterindustrie (91 Prozent) und Dienstleister (90 Prozent) bereits Erfahrungen mit Outsourcing gemacht.

Unter dem Titel »Wider den Outsourcing-Wahn! - Anregungen aus der AK-Consult-Beratungspraxis« rät die AK Oberösterreich im Internet zu einer kritischen Betrachtung des allseits applaudierten und wirtschaftlich so unzweifelhaft erfolgreich scheinenden Outsourcing-Geschehens in den Unternehmen.

»Es gibt einfach Bereiche, die von Dritten bei weitem kostengünstiger und kompetenter besorgt werden. Trotzdem ... stellt sich die Frage, ob Outsourcing die richtige Strategie ist.«

Einige Gedanken bieten sich dabei an:

1. Die Gemeinkostenfalle
Mit Blick und hohem Vertrauen auf die Richtigkeit der Herstellkosten je Stück wurden Teile nach außen vergeben. Bedacht wurde dabei nicht, dass auch anteilig Kapazitäten in der Arbeitsvorbereitung, der Personalabteilung und im Vorstand selbst hätten mit abgebaut werden müssen. Diese »Overheadkosten« entpuppen sich dann als schwer bis nicht abbaubare Fixkosten.

2. Statt Modernisierung Ausgliederung als einfacheren Weg
Es sollte ein nicht profitabler Unternehmensteil ausgegliedert werden. Jetzt (plötzlich!) - nachdem er unter Einbeziehung der Mitarbeiter reorganisiert wurde - sticht dieser Bereich die Angebote der externen Anbieter aus und arbeitet fortan profitbringend.

3. Manche Funktion, die gestern noch eine Nebensache war, hat sich mittlerweile zu einem Teil des Kerngeschäftes gewandelt
Am Beispiel Logistik lässt sich dies sehr schön verdeutlichen. Die (bisher selbstverständlichen) Leistungen von Kundenbindung und zusätzlichem Service der alten Versandabteilung werden, obwohl dies Möglichkeiten zur Profilierung auf dem Markt sind, durch die logistisch kompetentere Spedition nicht mehr erbracht.

Ausgliederungen

Mit dem Ziel, Kosten, zumeist Personalkosten, zu sparen, werden insbesondere von größeren Unternehmen Tochtergesellschaften geschaffen, auf die verschiedene bisher selbst erledigte Aufgaben ausgelagert werden.

Während bei Outsourcing-Aktivitäten Tätigkeiten wie etwa die EDV, Reinigung oder die Buchhaltung ausgelagert werden, werden bei Ausgliederungen bzw. Abspaltungen betriebliche Einheiten juristisch verselbständigt.

Voraussetzung für die meisten Ausgliederungsvorhaben ist, dass die auszugliedernde Organisationseinheit abgrenzbar und getrennt kalkulierbar ist. Dazu werden innerbetrieblich Cost-Center, Investment-Center oder Profit-Center gebildet. Daran kann der Betriebsrat in der Praxis häufig schon einen ersten Hinweis auf eine geplante Ausgliederung erkennen.

Danach ist es erst sinnvoll, die entstandenen Centers auch juristisch zu verselbständigen und in eigene Gesellschaften auszugliedern. Die neu entstehenden eigenständigen Unternehmen können sich in der Folge voll auf ihre Kernkompetenz konzentrieren.

Für betroffene Arbeitnehmer stellen sich dabei vor allem Rechtsfragen (auf die hier nicht näher eingegangen werden soll), die in erster Linie mittels Betriebsübergangsrecht gelöst werden müssen. Eine andere für die arbeitsrechtlichen Beziehungen einschneidende Situation ergibt sich bei Standortverlegungen; hier sind Probleme des Vertragsrechts und des Betriebsverfassungsrechts zu erörtern.

Was der Betriebsrat bei Umstrukturierungen beachten sollte

Umstrukturierungen haben immer Auswirkungen auf die Beschäftigten. Im günstigsten Fall verändert sich lediglich der Betriebsinhaber, im schlechtesten Fall werden die Arbeitsbedingungen wesentlich verschlechtert oder geht sogar der Arbeitsplatz verloren. Es ist daher besonders wichtig, sich rechtzeitig eine geeignete Betriebsratsstrategie zurechtzulegen, um den geplanten Veränderungen nicht unvorbereitet gegenüberzustehen.

Auf der Suche nach Unterstützung und »Verbündeten« bieten sich insbesondere die Gewerkschaften und Arbeiterkammern an, etwa in Form von Expertisen oder Schulungen. Wichtige Hinweise für Betriebsräte (Checklisten etc.) zu diesem komplexen Thema finden sich in der genannten Broschüre »Umstrukturierung«.

Broschüre:
Umstrukturierung -
Fusion, Outsourcing, Ausgliederung
Leitfaden für Betriebsräte
Bestellung:
AK Wien, 01/501 65-26 50 oder
www.akwien.at/IFAM

Worum geht’s?

Erfahrungen in der Praxis und die laufenden Medienberichte bezeugen es: Umstrukturierungen sind in den Unternehmen und Konzernen nach wie vor Thema Nummer eins.

Aber was heißt Umstrukturierung eigentlich?

Umstrukturierung heißt im Grunde nichts anderes als »die bestehenden Strukturen verändern«.

Dies kann entweder bedeuten, dass durch Ausgliederung eines Betriebsteiles ein neues Unternehmen (evtl. mit einem anderen Partner) entsteht oder dass durch Outsourcing von Unternehmenstätigkeiten (ein anderer übernimmt die Leistung) ein Betrieb schlanker gemacht wird oder dass durch eine Fusion zweier Unternehmen eine neue, größere rechtliche Einheit entsteht.

Durch diese Umstrukturierungen von Unternehmen sind die Interessen der Arbeitnehmer massiv betroffen, und sie stellen Betriebsräte vor große Herausforderungen. Dieser Beitrag will einige wichtige Aspekte und Hintergründe beleuchten, Zusammenhänge aufzeigen sowie Chancen und Risken analysieren. Einen umfassenderen Einblick zu diesem Thema bietet die AK-Broschüre »Umstrukturierung« (siehe Kasten).

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