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Working on Stress - Arbeitsbedingter Stress

EUROPA

Die EU hat sich des Phänomens Stress angenommen und ruft zur Stressvermeidung auf. Ein Bericht über Europa im Stress.

Arbeitsbedingter Stress ist in Europa nach Rückenschmerzen das zweithäufigste arbeitsbedingte Gesundheitsproblem. Betroffen sind EU-weit rund 28% der Beschäftigten. Laut International Labour Organisation (ILO) werden die durch diesen Stress verursachten Kosten auf jährlich mindestens 20 Milliarden Euro geschätzt - eine Zahl, die eine intensivere Beschäftigung mit dem Phänomen wohl mehr als rechtfertigt.

Die »Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz« mit Sitz in Bilbao hat sich nun eingehend mit dem Thema befasst und unter dem Motto »Stress lass nach!« eine Kampagne zur Information und Prävention gestartet. Zentraler Teil der Kampagne war eine Europäische Woche zu dem Thema im Oktober. Angeregt werden soll vor allem praktisches Handeln zur Stressvermeidung bei der Arbeit. - Utopie?

Was ist arbeitsbedingter Stress?

Arbeitsbedingter Stress ist eine sehr negativ geprägte emotionale Reaktion auf die Arbeit. Stress entsteht durch psychische Überforderung der Beschäftigten: zu hohe Arbeitsanforderungen, autoritäres Vorgesetztenverhalten, Konflikte am Arbeitsplatz, Mobbing oder gar Gewalt. Dazu kommen natürlich »klassische« Stressfaktoren wie Lärm oder Vibrationen.

Stress ist noch lange keine Krankheit - wenn er allerdings zu intensiv ist oder zu lange dauert, kann er zu Erkrankungen führen. Bei der Arbeit unter Druck zu stehen, kann sich durchaus positiv auswirken, wenn dieser Druck als eine Herausforderung empfunden wird und motivierend wirkt. Zu viel Druck hat jedoch negative Konsequenzen.

Betroffen sind besonders Arbeitnehmer, die keinen oder wenig Einfluss auf den Arbeitsablauf haben oder sehr eintönige Arbeit verrichten, z. B. Akkordarbeit am Fließband; Menschen im Gesundheits- und Sozialwesen wie Polizisten, Ärzte oder Lehrer; Arbeitnehmer, die unter Zeitdruck arbeiten (z. B. Hotel- und Gastgewerbe, Verkehr); oder Menschen, deren Arbeit stark durch Maschinen geprägt ist wie Bauarbeiter, Arbeiter im Bergbau oder Fahrer.

Der arbeitsbedingte Stress beeinträchtigt einerseits die Lebensqualität und die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, er verursacht andererseits hohe direkte Kosten durch Arbeitsausfall. Wie ein schleichendes Gift im Betrieb kann Stress zu Ermüdung, Angst, Nervosität bis hin zur Depression führen und zahlreiche Störungen im Bereich der Produktivität und Kreativität verursachen. Studien deuten darauf hin, dass zwischen 50% und 60% aller verlorenen Arbeitstage mit Stressproblemen im Zusammenhang stehen. Insofern sollte es auch dem Arbeitgeber daran gelegen sein, den Stress seiner Beschäftigten zu reduzieren.

Bereits 1989 hat der Europäische Rat eine Richtlinie1) über grundlegende Bestimmungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz verabschiedet. Diese Richtlinie verpflichtet den Arbeitgeber, dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten nicht durch die Arbeit geschädigt werden - also auch nicht durch den arbeitsbedingten Stress. Denn diesem kann vorgebeugt werden, wobei sich die Maßnahmen zu seiner Verringerung als überaus kosteneffizient erweisen können.

Gefährdungsbeurteilung und Prävention

Bei der Gefährdungsbeurteilung geht es zunächst darum, die Gefahren am Arbeitsplatz bzw. die Risikogruppen zu ermitteln. Die Stressverursacher müssen dingfest gemacht werden.

Hier wird oft der falsche Eindruck vermittelt, Stress sei ein subjektives Phänomen und daher schwer zu definieren und noch schwerer zu kontrollieren - was wiederum bei den Arbeitnehmern ein Gefühl von Hilflosigkeit und zusätzlicher Verunsicherung erzeugt.

Dabei sind Stressursachen sowie auch Stressfolgen aus wissenschaftlicher Sicht sehr wohl objektiv messbar.

Doch die Diagnose allein reicht noch nicht aus. Bewältigung und besonders Verhütung von Stress, so lauten die neuen Strategien.

Von der Theorie zur Praxis

Oft hilft es schon gewaltig, durch recht einfache organisatorische Veränderungen am Arbeitsplatz die Bedingungen positiv zu beeinflussen, indem man z. B. die Kommunikation verbessert, die Sicherheit fördert oder die Arbeitszeitplanung erneuert.

Eine besonders einfache und auch billige Lösung ist die interne Kontrolle durch einen Betriebsarzt, einen Sozialarbeiter oder einen Personalmanager. Sind erst einmal die Stressfaktoren ermittelt, können Maßnahmenpakete zur Veränderung entworfen und umgesetzt werden.

Entsprechend gibt es auf der Webseite der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auch eine Rubrik »Praktische Lösungen« mit einem Online-Forum, das den Austausch von Erfahrungen ermöglicht.

Ein Beispiel aus der europäischen Praxis: Dass Schichtarbeit nicht nur den Biorhythmus der Arbeitnehmer stören kann, sondern auch ihr Privatleben, ist bekannt. Dies führt zu Stress, gesundheitlichen Beeinträchtigungen und einem erhöhten Krankheits- und Unfallrisiko. Nun lässt sich aber die Schichtarbeit in vielen Branchen nicht abschaffen.

Im regionalen Krankenhaus in Aalborg, Dänemark, wurde ein Pilotprojekt gestartet, bei dem mehr als 4000 Beschäftigte von
7 Intensivstationen ihre Schichtpläne selbst gemeinsam erarbeiten und umsetzen konnten. Dabei musste die Qualität der Pflege natürlich erhalten bleiben, andrerseits wurde aber auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter (Alter, Familienstruktur) Rücksicht genommen. Eines der Hauptziele war natürlich, die Anzahl der Nachtdienste möglichst gering zu halten.

Die neuen Pläne wurden in Arbeitsgruppen ausgearbeitet, die aus Vertretern der Krankenhausleitung, Beschäftigten und Forschern zusammengesetzt waren. Als die »hausgemachten« Pläne eingeführt wurden, konnten die Forscher die Ergebnisse festhalten: weniger Stress, was nicht nur subjektiv von den Mitarbeitern so empfunden wurde, sondern in Blutproben und den darin überprüften kardiovaskulären Biomarkern auch objektiv messbar war!

Weiterführende Links

Forschungsbericht »Arbeitsbedingter Stress«
http://agency.osha.eu.int/publications/reports/stress
Magazin »Working on Stress«
(Europäische Woche 2002)
http://agency.osha.eu.int/publications/magazine/5/de/index.htm
Praktische Lösungen - Online-Forum
http://europe.osha.eu.int/good_practice/forums/list.php?f=17

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