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Patentrezept gegen die Arbeitslosigkeit?

HINTERGRUND

Der bundesdeutsche Hartz-Bericht und seine Umsetzung aus österreichischer Sicht

In der Bundesrepublik Deutschland wird für 2003 ein Ansteigen der Arbeitslosenzahl auf fast 5 Millionen Menschen befürchtet. Die von der deutschen Bundesregierung beauftragte Kommission unter VW-Manager Peter Hartz ist daher angetreten, Reformkonzepte zu entwickeln, um eine Halbierung der Arbeitslosigkeit binnen drei Jahren zu erreichen. Trotz zum Teil für Deutschland innovativer Ideen bestehen große Zweifel, ob der im Sommer 2002 vorgelegte Maßnahmenkatalog geeignet ist, dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen. Im Herbst vorigen Jahres wurden nun die ersten Umsetzungsschritte gesetzt. Auch in Österreich sind die deutschen Überlegungen auf großes Interesse gestoßen. Obwohl sich hierzulande die Gesamtsituation wesentlich günstiger darstellt und die Arbeitslosenquote nur halb so hoch wie in Deutschland ist, verlangt auch die österreichische Arbeitsmarktpolitik nach Reformen, um der steigenden Arbeitslosigkeit Herr zu werden. Eine einseitige Orientierung am Hartz-Modell ist jedoch der falsche Weg. Vielmehr sollten die österreichischen Rahmenbedingungen beachtet und der österreichische Ansatz weiterentwickelt werden.

Die Verbesserung der Dienstleistungs- und Vermittlungsqualität der Arbeitsämter soll nach den Vorstellungen der Hartz-Kommission eine effizientere Arbeitsvermittlung ermöglichen. So sollen die Vermittler von Verwaltungs- und Nebenaufgaben befreit werden, um sich vorrangig der Akquisition offener Stellen und der Pflege der Betriebskontakte widmen zu können.

»Job-Center« statt Arbeitsamt

Ab sofort werden daher die Arbeitsämter zu so genannten »JobCentern« umgestaltet, die im Sinne einer ganzheitlichen Unterstützung der Zielgruppe neben den Vermittlungsaufgaben ab 2004 auch alle arbeitsmarktrelevanten Betreuungs- und Beratungsleistungen (etwa Sozialhilfe oder Schuldnerberatung) erbringen sollen.

Organisationsreformen innerhalb des Arbeitsmarktservice (AMS) sind in Österreich, trotz des ständig gegebenen Bedarfs zur Verbesserung der Vermittlungsprozesse, nicht in jenem Ausmaß, vor allem aber nicht in derselben Form erforderlich wie in Deutschland. Die deutsche Arbeitsmarktverwaltung hat im Vergleich zum österreichischen AMS tatsächlich einen durchaus beachtlichen Nachholbedarf bei Strukturreformen, die in Österreich seit der Überführung in ein drittelparitätisches System - getragen von den Sozialpartnern und der Regierung - sehr erfolgreich umgesetzt worden sind. Hierzulande ist es gelungen, den Strukturwandel von einer zentralistischen Behörde zu einem dezentral aufgebauten und durch ein modernes, zielorientiertes Managementsystem gesteuerten Unternehmen so gut zu bewältigen, dass die AMS-Organisation als »Best-Practice-Modell« im EU-Raum gilt. In Österreich sind auch relativ mehr Mitarbeiter des AMS in der Vermittlung beschäftigt, was nicht zuletzt in der Vermittlungsdauer (Österreich 15 Wochen, Deutschland derzeit 33 Wochen) ihren positiven Niederschlag findet. Was in Österreich allerdings auf der Tagesordnung steht, ist der Ausbau der Qualität der einzelnen Dienstleistungen, wie z. B. der Beratungs- und Vermittlungsprozesse.

Ausweitung von Leiharbeit

Herzstück der Hartz-Reformvorschläge und bereits in die Umsetzungsphase getreten ist die Ausweitung der Leiharbeit. Dazu werden zum einen ab sofort bei jedem Arbeitsamt (Job-Center) eigene oder in Kooperation mit kommerziellen Leiharbeitsfirmen betriebene Personal Service Agenturen (PSA) eingerichtet. Es handelt sich dabei um Personalüberlassungsfirmen, die Arbeitslose einstellen und gegen Entgelt bzw. sogar kostenlos anderen Unternehmen überlassen. Ohne Zweifel diskriminierend und in ihrer beschäftigungsfördernden Wirkung umstritten ist die Regelung, dass PSA-Leiharbeitnehmer während einer »Einarbeitungszeit« von sechs Wochen nicht den Tariflohn, sondern nur das Arbeitslosengeld erhalten. Dies vor allem auch deshalb, da die PSA-Zuweisung verpflichtend ist und bei Weigerung mit Arbeitslosengeldkürzung sanktioniert wird. Dennoch stellt die gesetzliche Umsetzung eine Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Hartz-Vorschlag dar, in dem noch von einer sechsmonatigen Einarbeitungsphase die Rede war.

Zum anderen war von der Hartz-Kommission vorgesehen, die Inanspruchnahme von Leiharbeit für Unternehmen generell attraktiver zu machen, indem die Beschränkungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (besonderes Befristungsverbot, Wiedereinstellungsverbot, Abwerbeverbot, Beschränkung der Dauer der Überlassung) abgeschwächt werden und eine Bezahlung der Leiharbeiter unter dem für den Beschäftigerbetrieb geltenden Tarifsatz ermöglicht werden sollte. Zumindest den von der Gewerkschaft gegen dieses Lohndumping erhobenen Einwänden wurde im Zuge der Umsetzung der Kommissionsvorschläge Rechnung getragen. Die Leiharbeitnehmer müssen daher in den wesentlichen Arbeitsbedingungen den Beschäftigten in den Entleihbetrieben gleichgestellt werden. Die Tarifvertragsparteien sind jedoch ermächtigt, insbesondere für Langzeitarbeitslose niedrigere Einstiegstarife vorzusehen. Dadurch soll auch ein Anreiz für die Tarifvertragsparteien geschaffen werden, den längst überfälligen Tarifvertrag für Zeitarbeitsfirmen abzuschließen. Es wird aber dabei darauf zu achten sein, Versuche von Arbeitgebern, besser entlohnte fest angestellte Mitarbeiter zu kündigen und als billige Zeitarbeitskräfte zurückzuleihen, von vornherein durch entsprechende Regelungen zu unterbinden.

In Österreich ist die Zusammenarbeit des AMS mit Personalüberlassungsfirmen zum Teil schon Realität. Zumindest in manchen Bundesländern wird das Instrument der gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassung schon seit einigen Jahren erfolgreich eingesetzt, um Arbeit Suchende mit Vermittlungshindernissen wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Im Überlassungsfall sind jedoch vom ersten Tag an zwingend zumindest die kollektivvertraglichen Entgelte zu leisten.

Diese Kooperation mit Personalüberlassungsfirmen fortzusetzen, stellt für Österreich die sinnvollere Variante dar, da die Gründung eigener Zeitarbeitsfirmen durch das AMS die gesamte Organisation mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belasten würde und nicht zuletzt wegen der dadurch verursachten Zusatzkosten nur wenig zweckmäßig wäre.

Im Übrigen sind in Österreich Erleichterungen für die Personalüberlassungsbranche jedenfalls nicht erforderlich. Schon jetzt ist Zeitarbeit im Gegensatz zu Deutschland unter Rahmenbedingungen möglich, die für die Unternehmen leicht einzuhalten sind. Diese wurden durch das Konjunkturbelebungsgesetz und die weitere Liberalisierung der Gewerbeordnung sogar noch unternehmerfreundlicher gestaltet. Gleichzeitig wurde nach langem Kampf der Gewerkschaften ein Kollektivvertrag für Arbeiter in der Arbeitskräfteüberlassungsbranche abgeschlossen, wodurch die rechtliche Stellung auch für diese Arbeitnehmergruppe gestärkt und abgesichert wurde. Auch in dieser Hinsicht ist Österreich schon einen Schritt weiter, da in der Bundesrepublik Deutschland der Abschluss von Tarifverträgen für Zeitarbeitsfirmen bisher am Widerstand der Arbeitgeber gescheitert ist.

Über die »Ich-AG« in die Selbständigkeit

Die Hartz-Kommission hat die Eindämmung illegaler Beschäftigung mit höchster Priorität bewertet und zwei zusätzliche Instrumente zur Legalisierung von »Schwarzarbeit« vorgeschlagen: Die »Ich-AG« soll sich als Alternative zur illegalen Beschäftigung Arbeitsloser durch Schwarzunternehmer etablieren, die »Mini-Jobs« sind auf die Legalisierung der illegal von Privathaushalten in Anspruch genommenen Dienstleistungen gerichtet.

Mit beiden Modellen, die nunmehr in die Praxis umgesetzt werden, sollen steuerbegünstigte Anreize geschaffen werden, Arbeitslose in Richtung einer einfach zu handhabenden Selbständigkeit zu motivieren. Soweit diese Modelle auf die Bekämpfung illegaler Beschäftigung gerichtet sind, ist dazu anzumerken, dass gegen illegale Beschäftigung noch immer ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Schwarzunternehmertums am erfolgversprechendsten wäre. Die vorgeschlagenen Modelle erfüllen diese Funktion aber zweifellos nicht.

Gegen eine selektive Förderung von Selbständigkeit ist zwar auch aus unserer Sicht nichts einzuwenden; die Förderung von Minifirmen ohne langfristige Überlebenschance schafft aber mehr Arbeitsmarktprobleme, als sie beseitigt. Sinnvoller erscheint die Beibehaltung der in Österreich bisher üblichen selektiven und gegenüber den Betroffenen verantwortungsvollen Begleitung in die Selbständigkeit im Einzelfall. Eine Förderung erfolgt nur nach genauer Prüfung der Marktfähigkeit des Geschäftsgegenstandes. Andernfalls würden nur verstärkt Arbeit Suchende aus Notlage in die Scheinselbständigkeit gedrängt, mit dem Ergebnis vermehrt auftretender Privatinsolvenzen.

Auch die von der Hartz-Kommission vorgeschlagene, im Zuge der Umsetzung aber entscheidend zurückgenommene steuerliche Absetzbarkeit haushaltsnaher Dienstleistungen geht in die falsche Richtung. Der Anreiz, persönliche Dienstleistungen »schwarz« in Anspruch zu nehmen, besteht für sehr gut situierte Private in der Regel in der völligen Abgabenfreiheit und im absoluten Fehlen von Verantwortung gegenüber den Beschäftigten. Eine steuerliche Absetzbarkeit wird für diese Zielgruppe wenig Anreiz zur regulären Beschäftigung der Arbeitnehmer bieten. Vielmehr wird dadurch nur ein Mitnahmeeffekt bei jenen bewirkt, die aus verschiedenen Gründen die in Anspruch genommene Dienstleistung ohnehin regulär versteuert hätten. Die Reintegration Arbeitsloser in den Beschäftigungsprozess kann nicht vorrangig über die Schiene der Selbständigkeit erfolgen, sondern muss die Begründung regulärer Arbeitsverhältnisse zum Ziel haben.

Meldepflicht für Kündigende

Dem Hartz-Vorschlag im Wesentlichen entsprochen wurde mit der Einführung einer mit Sanktionen bedrohten Meldepflicht für Arbeitnehmer, die sich schon nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsamt (Job-Center) zu melden haben. Durch diese Verpflichtung soll die Vermittlungsgeschwindigkeit erhöht und sollen rechtzeitig arbeitsmarktpolitische Maßnahmen eingeleitet werden können. Wer der Verpflichtung nicht nachkommt, wird mit einem Abschlag beim Arbeitslosengeld bestraft. Gleichzeitig werden Arbeitgeber verpflichtet, gekündigte Mitarbeiter zu Zwecken der Stellensuche und zur Teilnahme an Maßnahmen des Arbeitsamtes freizustellen.

Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, das bestehende Kündigungsfrühwarnsystem auszuweiten, insbesondere durch die Einbeziehung der Personengruppen, deren Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt besonders schwierig ist. Abzulehnen sind aber gegen Arbeitnehmer gerichtete Sanktionen. Vielmehr sollten Arbeitnehmer durch die Schaffung von Anreizen dazu motiviert werden, sich frühzeitig beim AMS zu melden. Dies setzt vor allem das Angebot eines attraktiven Dienstleistungspaketes durch das AMS für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer voraus, damit eine vorzeitige Meldung beim AMS nicht zum bürokratischen Formalakt verkommt, sondern Sinn macht. Allerdings wäre es auch wichtig, die Arbeitgeber verstärkt in die Pflicht zu nehmen, da die Erfahrung zeigt, dass diese in der Regel eher unwillig sind, mit dem AMS zu kooperieren, wenn es darum geht, bereits während der Kündigungsfrist Maßnahmen für eine möglichst rasche Vermittlung der betroffenen Arbeitnehmer einzuleiten.

Neue Zumutbarkeitsregelungen

Die Hartz-Kommission wollte die Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose insbesondere im Hinblick auf die Bereitschaft zur geographischen Mobilität neu geregelt wissen. In diesem Sinne gelten nunmehr längere Pendelzeiten, die getrennte Haushaltsführung für bis zu sechs Monate und allenfalls sogar der Wechsel des Wohnsitzes als zumutbar. Zukünftig gilt auch eine Beweislastumkehr, sodass die Gründe für die Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsangebots vom Arbeitslosen zu belegen sind, solange diese Gründe in dessen eigenem Verantwortungsbereich liegen. Die bisher starren Sperrzeitenregelungen, die ein existenzbedrohendes Ausmaß erreichen konnten, werden zu abgestufteren Sanktionen umgestaltet.

Die Überlegung einer Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen wie in Deutschland hat in Österreich aber keine Berechtigung, da hierzulande schon jetzt die einschlägigen Bestimmungen generell strenger sind als in unserem Nachbarland. Während sich die Zumutbarkeit einer vom Arbeitsamt vermittelten Beschäftigung in Deutschland in finanzieller Hinsicht am letzten Gehalt orientiert, wird in Österreich jede Beschäftigung als zumutbar erachtet, die - unabhängig von der Höhe des letzten Verdienstes - mit dem kollektivvertraglichen Mindestlohn entlohnt wird. Auch was die zumutbare Mobilität anbelangt geht die österreichische Praxis von einem wesentlich weiteren Zumutbarkeitsbegriff aus. In diesem Zusammenhang gilt es außerdem zu beachten, dass in Österreich das Leistungsniveau der Arbeitslosenversicherung - absolut und relativ zum zuvor erzielten Einkommen - wesentlich niedriger ist als in Deutschland. Die Kaufkraft des Arbeitslosengeldes ist in Österreich in den letzten 10 Jahren gegenüber den Entgelten und gegenüber anderen Transferleistungen, wie z. B. den Pensionen, deutlich zurückgeblieben, sodass rund zwei Drittel der Arbeitslosengeldbezieher eine Leistung von weniger als dem Ausgleichszulagenrichtsatz beziehen. Damit kann das Arbeitslosengeld seinen Zweck der Existenzsicherung während der Arbeitslosigkeit schon jetzt nicht mehr ausreichend erfüllen. Es besteht daher auch im Hinblick auf allfällige Sanktionen kein Spielraum für eine Leistungsverschlechterung, sondern im Gegenteil: Hier sind leistungsverbessernde Reformen dringend geboten. Nicht zuletzt wäre es purer Zynismus, die Arbeitslosenquote durch verschärfte Sanktionen gegen Arbeitslose senken zu wollen, wenn gleichzeitig das Budget des AMS für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik trotz steigender Arbeitslosigkeit nicht erhöht wird.

Ältere Arbeitnehmer

Auch die Hartz-Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Älterer werden umgesetzt: Zum einen soll eine - auch für Österreich als durchaus interessant erscheinende - Lohnversicherung die Arbeitslosenversicherung ergänzen. Sie ersetzt älteren Arbeitslosen ab 55 Jahren für die ersten Jahre nach einer Kündigung 50% des Einkommensverlustes in einer niedriger bezahlten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Bei Einstellung von arbeitslosen Menschen über 55 Jahren entfallen die Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung. Die Altersgrenze für die Zulässigkeit der unbegrenzten zeitlichen Befristung eines Arbeitsverhältnisses wird auf das 50. Lebensjahr abgesenkt. Durch diese Maßnahmen soll die Einstellung älterer Arbeitsloser attraktiver gestaltet werden.

Außerdem soll Älteren (ab 55 Jahren) die Möglichkeit gegeben werden, freiwillig vorzeitig aus dem Arbeitslosengeldbezug bzw. aus der Betreuung durch das Job-Center auszusteigen (Bridge System) und dadurch die Arbeitsämter zu entlasten. Sie bleiben zwar sozialversichert, erhalten für die Dauer von maximal fünf Jahren aber nur ein »Brückengeld« in der Höhe des halben Arbeitslosengeldes.

In Österreich ...

In Österreich wurde dagegen der Ansatz gewählt, die Erwerbsbeteiligung über 50 vor allem durch Einstellungsanreize und Förderungen anzuheben. Tatsache ist allerdings, dass die überfallsartige Anhebung des Pensionsalters durch die ÖVP-FPÖ-Koalition nicht ausreichend mit arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen flankiert wurde. Der massive Anstieg der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer war die zwangsläufige Folge.

Erforderlich ist daher eine verstärkte Schwerpunktsetzung auf ältere Arbeitnehmer in der aktiven Arbeitsmarktpolitik, wofür ausreichende finanzielle Mittel die Voraussetzung sind, sowie eine Umkehr der Personalpolitik der Unternehmen und Investitionen in die Aus- und Fortbildung. Dadurch könnte die berufliche Erfahrung Älterer mit aktuellem Wissen kombiniert und gerade daraus Vorteile für den Wirtschaftsstandort gezogen werden. Gerade im Hinblick auf die Reintegration Älterer in den Arbeitsmarkt wird eben sichtbar, wo tatsächlich Verbesserungsbedarf besteht - beim Aufwand für die aktive Arbeitsmarktpolitik. Die finanziellen Mittel dafür sind hierzulande sogar geringer ist als in Deutschland.

Entscheidend für eine sinnvolle, zukunftsorientierte Arbeitsmarktpolitik in Österreich wird es daher sein, dafür eine solide Finanzierungsbasis zu schaffen, die vor allem für folgende Ziele zu nutzen ist:

  • Ausbau der Qualifikationsmaßnahmen,
  • Verbesserung der Dienstleistungsqualität des AMS und
  • Anheben der Arbeitslosengeldhöhe wieder auf ein existenzsicherndes Niveau.

Erklärungen zu den Begriffen:

Die deutsche Lohnversicherung soll bei Aufnahme schlechter bezahlter Beschäftigungsmöglichkeiten die daraus resultierenden Einkommensverluste teilweise ausgleichen. Im Unterschied zum Arbeitslosengeld, das einem Arbeitnehmer einen Teil des Einkommens ersetzt, wenn er arbeitslos ist, ersetzt ihm die als Beschäftigungsanreiz gedachte Lohnversicherung einen Teil des Einkommensverlustes gegenüber einer besser bezahlten Vorbeschäftigung, wenn er wieder eine Arbeit aufgenommen hat. Die Lohnversicherung wird aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung bezahlt und leistet für einen befristeten Zeitraum einen monatlichen Zuschuss zum Arbeitsentgelt.

Das deutsche Bridge-System ist eine Art Vorruhestandsmodell, dessen Teilnehmer monatliche Zahlungen in der Höhe des halben Arbeitslosengeldes erhalten. Durch das Bridge-System wird zwar die Arbeitslosenzahl gesenkt, indem ältere Arbeitslose aus der Statistik fallen. Es werden dadurch aber keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, und letztlich werden alle Maßnahmen zur Förderung der längeren Verweildauer im Arbeitsleben unterlaufen.

Als »Ich-AG« wird in Deutschland eine »Ein-Personen-Firma« bezeichnet, in der Arbeitslose vor allem im Dienstleistungsbereich ihre Tätigkeiten offiziell und legal auf dem Markt anbieten können. Mit steuerlichen Begünstigungen, Zuschüssen und einer arbeitslosenversicherungsrechtlichen Absicherung soll die »Ich-AG« bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze eine Alternative zur Schwarzarbeit darstellen und den Übergang in die Selbständigkeit erleichtern.

Mit so genannten »Mini-Jobs« soll in Deutschland das Beschäftigungspotenzial haushaltsnaher Dienstleistungen (Haushaltshilfen, Kinderbetreuung) ausgeschöpft und illegale Beschäftigung in diesem Bereich z. B. mit steuerlichen Anreizen und einer Anhebung der Verdienstgrenze (e 500,-) bekämpft werden. Die volle steuerliche Absetzbarkeit solcher Dienstleistungen für Arbeitgeber, wie von der Hartz-Kommission vorgeschlagen, ist inzwischen aber endgültig vom Tisch.

Arbeitslose, die eine zumutbare Beschäftigung nicht annehmen, hatten in Deutschland bisher mit einer Sperrzeit von zwölf Wochen zu rechnen. Im Wiederholungsfall wurde bei Vorliegen von 24 Sperrzeitwochen das Arbeitslosengeld zur Gänze gestrichen. Ein neuerlicher Anspruch auf Arbeitslosengeld wird erst nach 360 Beschäftigungstagen erworben. Bei der nunmehr flexiblen Sperrzeitenregelung kann auf die besonderen Umstände des Einzelfalles besser eingegangen und die Sanktion entsprechend angepasst werden.

Unter »Best-Practice-Modell« wird eine Einrichtung (Institution) verstanden, die aufgrund ihrer Praktikabilität und Übertragbarkeit als »Vorzeigeeinrichtung« dient und allgemein gültige Richtlinien vorgibt. »Best-Practice-Modelle« werden durch einen Vergleich konkreter Kennzahlen von Dienstleistungen, Organisationsstrukturen und Geschäftsabläufen zwischen verschiedenen Unternehmen bzw. Organisationen einer Branche ermittelt.

Die Durchführung der Arbeitsmarktverwaltung wurde 1994 aus der unmittelbaren staatlichen Bundesverwaltung ausgegliedert und dem Dienstleistungsunternehmen Arbeitsmarktservice, einer öffentlich rechtlichen Körperschaft, übertragen. Die entscheidungsbefugten Organe des Arbeitsmarktservice im Bereich des Bundes und im Bereich der Länder werden von den Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sowie vom Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und jenem für Finanzen beschickt. Dieses »Drittelparitätische System« garantiert einen arbeitsmarktpolitischen Interessenausgleich, da alle maßgeblichen Akteure auf dem Arbeitsmarkt eingebunden sind.

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