topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Anlagenintensität
Beteiligungsergebnis
Ordentlicher Personalaufwand

So würgt man die Konjunktur ab

HINTERGRUND

Die Unternehmen sparen bei Investitionen und Löhnen und investieren in Beteiligungen: »Wenn sich die Beschäftigten bei ihren Lohn- und Gehaltsforderungen zurückhalten, können notwendige Investitionen durchgeführt werden.« Oder: »Investitionen schaffen und sichern Arbeitsplätze.« Oder: »Investitionen ermöglichen ein langfristiges Wachstum in den Unternehmungen und in der Volkswirtschaft.«

Diese Argumente, die häufig von Vertretern der Unternehmen vorgebracht werden, sind den Beschäftigten vertraut. Die Fakten und die allgemeine wirtschaftliche Situation lassen aber an solchen Aussagen zweifeln. Die Geschichte der industriellen Entwicklung zeigt, dass immer wieder Beschäftigte aus dem Produktionsprozess gedrängt wurden, obwohl Sachinvestitionen in hohem Ausmaß getätigt wurden. Der Rationalisierungscharakter dieser Investitionen war vorherrschend.

»Die Unternehmen haben die Sachinvestitionen um 9,1% verringert, die Finanzinvestitionen aber um 7,6% erhöht.«

Die jüngere industrielle Entwicklung wurde aber um eine Facette bereichert: Beschäftigte werden aus dem Produktionsprozess gedrängt, nicht nur weil der Rationalisierungscharakter der Sachinvestitionen vorherrscht, sondern weil die Industrieunternehmen - überspitzt formuliert - fast einen bankähnlichen Charakter annehmen. Statt Realinvestitionen zu tätigen, wird lieber in Beteiligungen investiert.

Eine aktuelle Studie der AK Wien1) hat die Investitionspolitik der österreichischen Industrieunternehmungen im Zeitraum 1992 bis 2001 anhand der veröffentlichten Jahresabschlüsse untersucht. Es wurden 143 große und mittelgroße Kapitalgesellschaften analysiert, wobei sich die Untersuchung auf die wirtschaftliche Entwicklung der operativen Unternehmungen, also ohne Holdinggesellschaften, beschränkt. Aufgenommen wurden Kapitalgesellschaften, die durchgängig ihre Jahresabschlüsse veröffentlicht haben und die kein Rumpfwirtschaftsjahr aufwiesen. Unberücksichtigt blieben Kapitalgesellschaften, deren Vergleichbarkeit im gesamten Zeitraum infolge von bedeutsamen Umstrukturierungen (Abspaltungen, Fusionen usw.) erschwert wurde.

Die Studie erfasst ungefähr ein Drittel aller österreichischen Industrieinvestitionen. Der Beschäftigtenanteil liegt bei knapp einem Viertel aller Industriebeschäftigten. Die Industrieunternehmungen wurden in zehn Industriesparten aufgegliedert, um überprüfen zu können, in welchem Ausmaß die Industrie von den Entwicklungstendenzen betroffen war.

Von Sach- zu Finanzinvestitionen

Die Unternehmen haben die Sachinvestitionen, also zum Beispiel Maschinen, Büroausstattung, Kraftfahrzeuge, Gebäude usw., zwischen 1992 und 2001 um 9,1 Prozent verringert, gleichzeitig die Finanzinvestitionen aber um 7,6 Prozent erhöht. Zu den Finanzinvestitionen werden im Wesentlichen Beteiligungen an anderen Unternehmungen sowie langfristige Wertpapiere des Anlagevermögens gezählt. Die vergleichsweise niedrigen Immateriellen Investitionen, also Markenrechte, EDV-Software usw., wuchsen um 69,2 Prozent.

Werden alle österreichischen Industrieinvestitionen mit den gesamten österreichischen Bruttoanlageninvestitionen verglichen, fällt jedenfalls im angegebenen Zeitraum ein unterdurchschnittlicher Investitionszuwachs der Gesamtindustrie auf.

Wenn die Investitionen in Beziehung zur Betriebsleistung (im Wesentlichen der Umsatz) gesetzt werden, können die Investitionsquoten errechnet werden. Diese geben Auskunft über das Ausmaß und die Veränderung der Investitionen unabhängig vom Einfluss einzelner Großfirmen. Auch hier zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Sachinvestitionsquote im Zehnjahreszeitraum von 2,8 Prozentpunkten, während der Rückgang der Finanzinvestitionsquote mäßig ausfällt (minus 0,7 Prozentpunkte; überdies verzerrt durch ein unterdurchschnittliches Niveau im Jahr 2001).

Es lässt sich daher eine nachlassende Bedeutung der Sachinvestitionen und eine relativ wachsende Bedeutung der Finanzinvestitionen (sowie der niedrigen Immateriellen Investitionen) ableiten.

Mehr Beteiligungen - weniger Wertpapiere

Unter den Finanzinvestitionen nehmen die Beteiligungen tendenziell zu, die Investitionen in Wertpapiere des Anlagevermögens gehen zurück. Letztere sanken im Zehnjahreszeitraum um 87,6 Prozent. Da die langfristigen Wertpapiere des Anlagevermögens zu einem wesentlichen Teil im Zusammenhang mit den Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen stehen (gesetzlich vorgeschriebene Deckung), dürfte dieser Rückgang sowohl mit der Auslagerung von Pensionsrückstellungen in Pensionskassen als auch mit dem Beschäftigtenabbau zusammenhängen.

Einerseits müssen bei einem niedrigeren Beschäftigtenstand weniger Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen gebildet werden. Andererseits erfolgt eine Verlagerung von Pensionsrückstellungen (in Zukunft auch von Abfertigungsrückstellungen) in Pensions- und Mitarbeitervorsorgekassen. Die Unternehmungen investieren daher nicht wie früher in die zur Deckung dieser Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen dienenden Wertpapiere. Diese Teile des Finanzanlagevermögens werden daher in andere Wirtschaftssektoren, wie Pensions-, Mitarbeitervorsorgekassen bzw. zum Bankensektor, mit entsprechendem Einfluss auf den Kapitalmarkt, verlagert.

Wenn die Finanzinvestitionen dennoch wachsende Bedeutung erlangen, geht dies auf die Beteiligungsinvestitionen zurück. Seit 1995 beispielsweise nahmen die Beteiligungsinvestitionen der untersuchten Unternehmungen um 37,6 Prozent zu, während die Investitionen in Wertpapiere des Anlagevermögens im gleichen Zeitraum um 88,9 Prozent sanken.

Rückgang der Sachanlagen

Das Sachanlagevermögen in Prozent der Bilanzsumme sank von 1992 bis 2001 um 8,3 Prozentpunkte, während das Finanzanlagevermögen um 6,8 Prozentpunkte stieg. Werden die absoluten Werte betrachtet, dann errechnet sich ein Rückgang des Sachanlagevermögens im angegebenen Zeitraum von minus 2,1 Prozent bzw. ein Zuwachs des Finanzanlagevermögens im Ausmaß von 90,3 Prozent (siehe Grafik 1: »Anlagenintensität«).

Ausgliederungen

Einige Unternehmungen dürften Sachanlagen in Beteiligungen ausgegliedert haben. Bestätigt wird dieser Sachverhalt durch den Rückgang der Wertschöpfungsquote (also des Anteils der Wertschöpfung an der Betriebsleistung) im Ausmaß von sechs Prozentpunkten im Zehnjahreszeitraum. Ein Teil der Unternehmungen geht offenbar dazu über, Teile der bisher in den Unternehmungen selbst erzeugten Wertschöpfungsbestandteile in zunehmendem Maße von anderen - beteiligten - Unternehmungen als Vorleistungen zuzukaufen. Die dahinter stehende Konzern-bzw. Unternehmenspolitik beschränkt die unter dem Motto »schlanke Unternehmungen« ausgegliederten Beteiligungen auf Teile der Wertschöpfungskette. In weiterer Folge könnten Verkäufe dieser Beteiligungsunternehmungen an konzernfremde Kapitalgesellschaften vorbereitet werden. Würde auf der anderen Seite sofort ein Verkauf dieser ausgelagerten Unternehmungen an konzernfremde Gesellschaften erfolgen, müsste damit gerechnet werden, dass die Abhängigkeit von der Unternehmenspolitik dieser nunmehr als Zulieferer fungierenden Gesellschaften wächst.

Schwächung des Standbeins

Ein weiterer Teil der analysierten Unternehmungen hat den Zuwachs der Beteiligungsinvestitionen möglicherweise durch eine geänderte Unternehmenspolitik herbeigeführt. Investitionen der operativen Unternehmungen verloren tendenziell an Bedeutung zu Gunsten des Aufbaus von Beteiligungen. In diesem Fall werden relativ höhere Gewinne in Form von Beteiligungserträgen erwartet, als durch Stärkung der Wertschöpfung in den eigenen Unternehmungen. Dies kommt de facto einem Schrumpfungsprozess der betroffenen Industrieunternehmungen gleich, da das eigene Standbein reduziert, aber gleichzeitig ein Zufluss von Beteiligungserträgen erwartet wird.

Bei operativ tätigen Industrieunternehmungen erreicht diese Beteiligungspolitik eine neue Dimension, womit fast ein bankähnlicher Charakter sichtbar wird.

Anlagenleasing

Ein weiterer Teil der Unternehmungen nahm verstärkt Anlagenleasing in Anspruch. Die Leasing- und Mietaufwendungen der untersuchten Gesellschaften haben sich im Zehnjahreszeitraum mehr als verdoppelt (plus 132 Prozent). Dies könnte zum Teil dadurch verursacht worden sein, dass durch Verkäufe von Sachanlagen an andere Konzernunternehmungen mit entsprechender Aufwertung der Buchwerte und gleichzeitigem »Zurückleasen« dieser Vermögensgegenstände ein höheres Konzerneigenkapital erreicht werden sollte. Weiters könnten manche Unternehmungen Leasing eingesetzt haben, um eine zu lange Bindung von Vermögensgegenständen zu verhindern. Im Falle von Konjunktureinbrüchen sollten diese Vermögensgegenstände leichter abgebaut werden können.

Nicht zuletzt könnten auch international unterschiedliche Steuersätze internationale Leasinggeschäfte ausgedehnt haben. Das Ziel ist dann die Ausnützung einer unterschiedlichen Aufwandshöhe (Mietaufwendungen auf der einen Seite, Abschreibungen auf der anderen Seite).

Wachsendes Alter der Sachanlagen

Es verwundert kaum, dass diese zurückhaltende (Sach-)Investitionspolitik zu einem Anstieg des Alters der Sachanlagen (Abnutzungsgrad) im Ausmaß von 4,6 Prozentpunkten führt. Dieser wachsende Anlagenabnutzungsgrad steht mit einer relativ bescheidenen durchschnittlichen Investitionsneigung im Ausmaß von 115,2 Prozent im Zusammenhang. Dies bedeutet, dass die Unternehmungen im Zehnjahresdurchschnitt geringfügig über die Abschreibungen hinaus Sachinvestitionen getätigt haben. Im Vergleich zu 1992 sinkt diese Investitionsneigung aber um 13,5 Prozentpunkte. Mit einer Ausnahme steigt das »Alter« der Sachanlagen in allen Industriesparten.

»Wenn von einer ›notwendigen Strukturbereinigung‹ gesprochen wird, die einen Personalabbau zu Gunsten von ›absatzsichernden‹ Investitionen erfordert, kann dies nur als Zynismus aufgefasst werden.«

Steigende Beteiligungserträge

Die Umschichtung zu den Finanzinvestitionen bzw. zu den Beteiligungen erhöhte das Beteiligungsergebnis gemessen an der Betriebsleistung um 1,3 Prozentpunkte bzw. 347,5 Millionen Euro. Während die Beteiligungsaufwendungen im Verhältnis zur Betriebsleistung um 0,1 Prozentpunkte gesunken sind, wuchsen die Beteiligungserträge um 1,2 Prozentpunkte.

Der Zuwachs der absoluten Beteiligungserträge erreicht das Ausmaß von 284,8 Prozent. Aus diesem Blickwinkel betrachtet erhellt sich die Investitionspolitik der analysierten Industrieunternehmungen (siehe Grafik 2: »Beteiligungsergebnis«).

Selbstfinanzierung der Investitionen

Die Gesamtinvestitionen konnten in diesen zehn Jahren zu 85,5 Prozent aus dem sogenannten betrieblichen Cashflow (= Selbstfinanzierungskraft bzw. Nettogeldmittelfluss) finanziert werden. Werden auch die Beteiligungsergebnisse einbezogen, errechnet sich der Gesamt-Cashflow. Dieser deckte die Investitionen im Durchschnitt nahezu zur Gänze (98,4 Prozent). Wenn die Selbstfinanzierungskraft ausreicht, um die Gesamtinvestitionen zu finanzieren, werden die Industrieunternehmungen immer weniger von der Kreditaufnahme mit entsprechender Zinsbelastung abhängig. In sechs Einzeljahren gingen die Verbindlichkeiten immer dann zurück, wenn der Investitionsfinanzierungsgrad stieg und umgekehrt.

In weiterer Folge verringerten sich die Zinsaufwendungen im Verhältnis zur Betriebsleistung im Beobachtungszeitraum um 0,8 Prozentpunkte.

Teilweise hängt diese Selbstfinanzierungskraft der Industrieunternehmungen, die auch vom WIFO für die gesamte Sachgütererzeugung festgestellt wird2), mit dem gesunkenen Investitionsniveau zusammen. Das Ausmaß der Selbstfinanzierung der Unternehmungen macht sie allerdings tendenziell unabhängiger vom Kapitalmarkt. Unmittelbar positive Auswirkungen einer Entlastung bei Zinsaufwendungen auf die Investitionsbereitschaft der Industrieunternehmungen werden sich wohl dann zeigen, wenn die Sachinvestitionen einen deutlich kapazitätserweiternden Effekt aufweisen und die Selbstfinanzierung nicht mehr ausreicht.

Einsparungen bei den Beschäftigten

Wie steht es nun mit den oft behaupteten positiven Effekten einer vorgenommen Investition auf die Beschäftigungslage und die Einkommen der Beschäftigten? Es ist kaum erstaunlich, wenn Beschäftigte aufgrund dieser Investitionspolitik mit negativen Effekten konfrontiert wurden.

Der Beschäftigtenstand der analysierten Unternehmungen ging im Zeitraum 1992 bis 2001 um 18,6 Prozent zurück, jener der gesamten österreichischen Industrie wurde um 21,7 Prozent verringert. Knapp 70 Prozent der analysierten Industrieunternehmungen haben den Beschäftigtenstand reduziert.

Gleichzeitig ging der ordentliche Personalaufwand im gleichen Zeitraum im Verhältnis zur Betriebsleistung um 5,1 Prozentpunkte zurück. Für diesen Rückgang waren drei Viertel der untersuchten Unternehmungen bzw. neun Industriesparten verantwortlich. Die Lohnquote der Sachgütererzeugung (gemessen als Anteil der Arbeitnehmerentgelte an der gesamten Bruttowertschöpfung) sank im Zeitraum 1992 bis 2000 relativ stark (minus 10,4 Prozentpunkte). Die gesamte bereinigte Lohnquote Österreichs sank bis 2001 um 2,1 Prozentpunkte (siehe Grafik 3: »Ordentlicher Personalaufwand«).

Die Einsparungen bei den Beschäftigten gehen über den Sektor der Industrie bzw. der Sachgütererzeugung hinaus. Die Beschäftigten der Industrie waren jedoch in relativ stärkerem Ausmaß vom Rückgang des Personalaufwands im Verhältnis zur Betriebsleistung betroffen.

»Die ohnehin sehr schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt wird durch das zwangsweise Hinausschieben des Pensionsantrittsalter weiter verschärft.«

Rückgang der Lohnstückkosten

Wenn also regelmäßig von einer »notwendigen Strukturbereinigung« in der Industrie gesprochen wird, die einen Personalabbau zu Gunsten von »absatzsichernden« Investitionen erfordert, kann dies nur als Zynismus aufgefasst werden. Im angegebenen Zeitraum haben viele Beschäftigte den Arbeitsplatz verloren. Der Zuwachs des Personalaufwands, den die in der Industrie Beschäftigten erreichen konnten, lag deutlich unter dem der Produktivität, was zu einem Rückgang der Lohnstückkosten führte.

Mit relativ weniger Einkommen sollen die Beschäftigten über ihre Nachfrage zu Wirtschaftswachstum und weiteren Investitionen beitragen. Dass dies nicht funktioniert, erkennt man - auch international - an der flauen Konjunktur und dem schlechten Konsumklima. Wenn die Unternehmungen ihre Sachinvestitionen drosseln und in Beteiligungen investieren, ist es kaum überraschend, wenn eine Stagnation oder eine rezessive Phase eingeleitet wird.

Wenn überdies der Staat keine Initiativen setzt, um eine bessere Konjunktur zu ermöglichen und sogar weite Teile der Beschäftigten mit Belastungen konfrontiert, wird dieser negative Effekt sogar noch verstärkt. Die Steuerbelastung der Unternehmungen ging im Analysezeitraum trotz Einschränkungen mancher Investitionsbegünstigungen zurück.

Die Ertragslage, die Ausschüttungspolitik sowie die Entwicklung der Eigenkapitalausstattung bestätigen, dass die Unternehmungen keineswegs steuerlich benachteiligt wurden.

Anstieg der Gewinnausschüttungen

Im angegebenen Zeitraum haben die betroffenen Industrieunternehmungen genügend Gewinn erwirtschaften können. Der Jahresüberschuss stieg in diesen zehn Jahren im Verhältnis zur Betriebsleistung von 2,1 Prozent (1992) um drei Prozentpunkte auf den Wert von fünf Prozent (2001). Das Wachstum des absoluten Jahresüberschusses erreicht plus 258,9 Prozent.

Die Gewinnausschüttungen haben sich im Verhältnis zur Betriebsleistung von 2,3 Prozent (1992) auf 4,5 Prozent (2001) nahezu verdoppelt (plus 2,2 Prozentpunkte). Der Zuwachs der absoluten Gewinnausschüttungen erreicht das nominelle Ausmaß von 183,8 Prozent (plus 756 Millionen Euro).

Investitionen - wozu?

Die zurückhaltende (Sach-)Investitionspolitik mit ihren deutlichen Einsparungen bei den Beschäftigten, die offenbar nicht auf Österreich beschränkt sind, rufen längerfristig einen entsprechenden Druck auf den privaten Konsum und das Wirtschaftswachstum hervor. Wenn sich die Beschäftigten verhältnismäßig immer weniger leisten können, wirkt dies aber auf die Industrieunternehmungen zurück. Teilweise kommt den analysierten Unternehmungen fast ein investmentbankähnlicher Charakter zu: Umschichtung von Sach- zu Finanzanlagevermögen; steigende Beteiligungserträge; tendenzielle Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt infolge Selbstfinanzierung der - niedrigen - Sachinvestitionen.

Die Mittel, die infolge der weitgehend selbstfinanzierten Investitionspolitik übrig bleiben, erhöhen zwar in etwas besseren konjunkturellen Zeiten die Gewinne und über die Gewinnausschüttungen die Einkommen der Eigentümer und Eigentümerinnen. Diese werden offenbar weniger für den privaten Konsum als vielmehr für private Wertpapiertransaktionen verwendet. Schließlich setzt der bekannte Kreislauf ein: weniger Nachfrage - Rückgang des Absatzes - Rücknahme der ohnehin niedrigen Sachinvestitionen - Erhöhung des Rationalisierungscharakters bei den bestehenden Investitionen - Abbau von Beschäftigten.

Wenn die operativen Kapitalgesellschaften weniger Gewinne selbst erzielen, sollen die Beteiligungen zu höheren Gewinnen beitragen. Dies ist aber ein Trugschluss, wie die jüngste Vergangenheit zeigt. Die Industrieunternehmungen sind nunmehr mit Absatzproblemen konfrontiert und werden in dieser Phase kaum Sachinvestitionen mit deutlicher Kapazitätserweiterung tätigen, wenn sie diese in konjunkturell besseren Zeiten vernachlässigt haben. Auf welches Niveau müssen dann die Masseneinkommen, der Beschäftigtenstand und die Investitionen fallen, damit der Markt auf niedrigem Niveau wieder von vorne beginnt?

1) Kraus, A.: Investitionspolitik der Industrie. Mehr Beteiligungen - weniger Sachinvestitionen - weniger Personal; AK-Wien; April 2003

2)»Im Mittel der Jahre 1996 bis 2000 betrug das Volumen der Innenfinanzierung 92 Prozent der gesamten Sachkapitalinvestitionen,...« in: Hahn. F.: »The Politics of Financial Development. The Case of Austria.«; WIFO Working Papers; Wien 2002; S. 187; in: Peneder, M./Pfaffermayr, M.: Mäßige Ertragsentwicklung im Jahr 2002. Cashflow und Eigenkapital der österreichischen Sachgütererzeugung; in: WIFO-Monatsberichte 3/2002; S. 179

R E S Ü M E E

Die Behauptung, dass Investitionen Arbeitsplätze schaffen, stimmt höchstens zur Hälfte. Sachinvestitionen dienen oft der Rationalisierung und sparen Arbeitsplätze ein. Vor allem aber wird immer weniger in Anlagen und immer mehr in Beteiligungen investiert. Doch während die Unternehmen immer mehr verdienen, stagnieren die Masseneinkommen und damit die Konjunktur.

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum