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Kommentar | Vergleichende Gedanken

MEINUNGEN

Über nicht Zusammenhängendes, über elektrische Zäune, Mauern, Asylgesetz, Carrera Optyl und Wirtschaftsflüchtlinge

1. Bild

In einzelnen Städten in den USA haben sich die Reichen der Stadt hinter hohen Mauern und elektrischen Zäunen und unter Bewachung von Videokameras und eigener, bis auf die Zähne bewaffneter Privatpolizei eine scheinbare Sicherheit geschaffen. Vor wem fürchten sich die Reichsten und Wohlhabendsten?

Die USA bauen an der Grenze zu Mexiko elektrische Zäune, mit Hunden bewacht, um sich im wohlhabenden Norden vor den angeblichen »Wirtschaftsflüchtlingen« aus dem Süden zu schützen.

Mittlerweile geben die USA mehr Geld zur Betreibung von Gefängnissen aus als für Bildung.

2. Bild

Anlässlich der Beschlussfassung des neuen Asylgesetzes begründet der zuständige Innenminister Strasser im Bundesrat dieses Asylgesetz unter anderem damit, die rot-grün geführte Regierung der Bundesrepublik Deutschland hätte ein noch viel strengeres Asylgesetz erlassen. Es müsste eine abschreckende Wirkung erzielt werden, um die wirklichen Asylwerber von den so genannten »Wirtschaftsflüchtlingen« zu trennen und die letzteren abzuschrecken. Es gebe zu viele so genannte »Wirtschaftsflüchtlinge,« z. B. aus Rumänien. Sie kommen illegal nach Österreich, haben hier keine Arbeit, kein Einkommen und sind zur Kriminalität gezwungen. Wegen dem strengen Asylgesetz in der Bundesrepublik ging die Anzahl der Asylanträge von 170.000 auf nur mehr 70.000 pro Jahr zurück. Im Wettbewerb will der österreichische Minister eine ähnliche Wirkung erzielen.

Die Festung Europa nimmt Gestalt an. Die Festungsmauern und elektrischen Zäune durch die Wohngebiete werden vielleicht erst in 20 Jahren notwendig sein. Oder noch früher.

3. Bild

Israel zieht einen elektrischen Zaun, verbunden mit einer Mauer, durch die Landschaft und durch die Städte, um sich vor den Palästinensern zu schützen. Öffentlich wird argumentiert, es seien Terroristen, vor denen man sich schützen will, es seien Kinder und Mütter und Frauen die hier in den Krieg hineingezogen würden, die man schützen will. So werden Milliarden investiert, um eine scheinbare Sicherheit zu schaffen.

Vermutlich wüssten alle österreichischen Staatsbürger für Israel sofort eine billigere und wirksamere Lösung.

4. Bild

In Italien werden illegale Flüchtlinge, die mit Booten und Schiffen über das Meer von Afrika oder Albanien ins wohlhabenden Europa flüchten wollen, in Schutzhaft genommen. An der österreichisch-ungarischen Grenze stehen bewaffnete Soldaten. Junge, unerfahrene Soldaten werden auf illegale Flüchtlinge losgelassen. Auf Menschen, die tausende Euro dafür gaben, um sich von professionellen Schlepperbanden auf scheinbar sicheren Pfaden in eine hoffnungsvolle, bessere Zukunft bringen zu lassen. Die illegalen Flüchtlinge werden in »Schutzhaft« genommen und wieder »abgeschoben«.

5. Bild

Vor wenigen Tagen tauchte in Traun auch ein Ausländer auf, einer der wohlhabendsten Italiener, Mitglied einer der reichsten italienischen Familien, der Familie Safilo. Er kam in Begleitung mehrer Rechtsanwälte. Er kam nicht unter Polizeischutz, wurde vor einigen Jahren herzlich willkommen geheißen, als er die damals in Konkurs befindliche Firma Anger aufkaufte. Mitsamt millionenschweren Marken wie Christan Dior, Carrera oder Porsche samt Werbe- und Sponsorverträgen und Maschinen. Facharbeiterkenntnisse, Produktions-Know-how, jahrelang angesammeltes Wissen der hier arbeitenden Menschen über die technischen Feinheiten beim Produzieren von Metallbrillen oder Sportbrillen gehörten selbstverständlich dazu, auch wenn sie im Kaufvertrag nicht extra erwähnt wurden. Alles zusammen, Lieferverträge und Lizenzen gab`s als Schnäppchen um einige hundert Millionen Schilling. Jetzt ließ der reiche Herr aus dem schönen Italien von einer Minute zur nächsten von einem seiner italienisch sprechenden Rechtsanwälte übersetzten, es werde die Firma zugesperrt, aus. Als die ArbeiterInnen am Abend die Fabrik verließen, weinten sie. Dem Herrn aus Italien passierte nichts. Die Firma schrieb jahrelang zweistellige Millionenbeträge Gewinn in ihre Bilanzen. Der Herr Großkapitalist war gönnerhaft, er schickte die ArbeitnehmerInnen nach Hause, sie sollten sich von dem Schrecken erholen, bevor sie zum Zusammenräumen und Maschinenabbauen wieder in die Fabrik kommen. Er werde alles bezahlen, sagte er. Und er wurde nicht verhaftet. Er wurde nicht in Schutzhaft genommen. Obwohl er österreichische Gesetze missachtete, obwohl er die Regeln, die in unserem Land gelten, nicht einhielt.

Diese Art »Wirtschaftsflüchtling« hat er, der Herr Innenminister, gemeint? Doch wie kindlich naiv gefragt, dieser Herr brachte doch sein Geld nicht illegal in einem schwarzen Koffer über die Grenze. Welche legalen Mittel hatten die 473 Arbeiterinnen und Arbeiter, um für ihre Zukunft zu sorgen, um das Geld, das ihnen zusteht, sicher zu bekommen? Sich an die neuen Maschinen anketten, wie der Betriebsrat androhte? Die Juristen wissen, welche Gesetze da verletzt würden.

Wo ist nun aber der Zusammenhang zwischen diesen Geschichten? Wie hängt ein Bild mit den anderen zusammen?

Trost für all jene, die ob der nicht gesehenen Zusammenhänge einen Verzweiflungsanfall oder Wutausbruch bekommen:

Man muss sich noch nicht fürchten. Es ist wahrscheinlich erst in 20 Jahren notwendig, als Wohlhabender in Österreich einen elektrischen Zaun zu errichten und eine Privatarmee zu beschäftigen, um seinen Wohlstand zu sichern. Im Moment fürchtet das niemand. Im Moment wird uns durch eine manipulierte öffentliche Darstellung glaubhaft versichert, wir seien auf der richtigen Seite der Festung Europa, wir seien auf der Seite, die berechtigt ist, den Zaun zu errichten.

Wofür sollten wir das Geld wirklich ausgeben, wenn nicht für Zäune, Asylgesetze, Festungen, Privatarmeen und Gefängnisse?

Wir könnten eines Tages zu jenen gehören, die sich ihre Privatpolizei leisten können. Darum tun wir auch nichts gegen ein Asylgesetz, weil es uns scheinbar schützt. Darum tun wir auch nichts gegen GATS und WTO-Abkommen, weil sie scheinbar unseren Wohlstand fördern. Und darum lassen wir auch einen italienischen Milliardärssprössling und Großkapitalisten unter Begleitung von schwarz gekleideten Rechtsanwälten unbehelligt aus dem Land. Er bringt sein Geld nicht im Koffer aus dem Land. Aber was hat das alles miteinander zu tun?

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