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Costa Rica | Wachsende Unruhe im Tropenparadies

INTERNATIONALES

Die negativen Auswirkungen der Liberalisierung spüren nicht nur wir, sondern auch die Menschen in der Dritten Welt. In Costa Rica kommt auch noch die Angst vor dem großen Bruder im Norden hinzu, der mit Billigprodukten das Land überschwemmen will. Wie sehen das die Gewerkschaften?

Ungewöhnliches gab es Ende August aus Costa Rica zu berichten: Straßenblockaden der Lkw-Fahrer und ein Streik brachten das sonst so ruhige Land an den Rand des Chaos. Der Konflikt nahm seinen Ausgang an den neuen obligatorischen Fahrzeugkontrollen, die von einer spanischen Firma durchgeführt werden. Im Hintergrund schwelt aber ein Grundsatzstreit über das Entwicklungsmodell des mittelamerikanischen Landes und dessen Veränderung im Zuge der Globalisierung. Die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, ANEP, spielt in der Debatte eine wichtige Rolle.

Mittelamerikanischer Freihandelsvertrag mit den USA

Die »traileros«, die Lkw-Fahrer, sind für Costa Rica überlebenswichtig. Das Land zwischen dem atlantischen und pazifischen Ozean verfügt über keine Eisenbahnverbindung, riesige Container-Laster rauschen über die Panamericana im Minutentakt. Vor drei Jahren war eine obligatorische Fahrzeugkontrolle per Gesetz vorgeschrieben worden. Gegen Verkehrssicherheit hat in Costa Rica, dem bei weitem reichsten Land Mittelamerikas, niemand etwas. Wohl aber, dass die nationale Kontrolle dem spanischen Unternehmen Riteve als Monopol gegeben wurde. Dieser Konflikt fiel in die Debatte um die negativen Auswirkungen der Liberalisierungspolitik und des geplanten mittelamerikanischen Freihandelsvertrags mit den USA.

Auch Costa Rica leidet unter Verschärfung der sozialen Situation. Zwar verdienen viele Menschen, beispielsweise einfache Büroangestellte, zwischen 200 und 250 Dollar im Monat, also mehr als den Mindestlohn von 120 Dollar. Doch eine vierköpfige Familie braucht dreieinhalb Mindestlöhne, um menschenwürdig überleben zu können. Die Abwertung des Colon gegenüber dem US-Dollar hat in jüngster Zeit die Preise weiter steigen lassen.

Neoliberaler Ausverkauf der nationalen Interessen

Die Protestbewegung fürchtet, dass der von der Regierung Costa Ricas befürwortete Freihandelsvertrag mit den USA zu einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen führen wird, da die überwiegend kleinen Betriebe des mittelamerikanischen Landes dann völlig ungeschützt gegen Billigprodukte des großen Bruders aus dem Norden konkurrieren müssten. Mehr als 90.000 Arbeitsplätze stehen nach Berechnung der Gewerkschaft -ANEP auf dem Spiel, bei einem Land von nur gut vier Millionen Einwohnern eine hohe Zahl. Von einem Ausverkauf der nationalen Interessen durch die neoliberale Politik von Präsident Abel Pacheco ist bei der wachsenden Protestbewegung die Rede. Da ist es nur ein Beispiel, dass die Chefunterhändlerin Costa Ricas für den Freihandelsvertrag, Anabelle González, auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt.

Sozialer Frieden steht auf dem Spiel

Albino Vargas ist der Generalsekretär der Gewerkschaft ANEP (Asociación Nacional de Empleados Publicos y Privados - Nationale Vereinigung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft) und einer der Wortführer der Protestbewegung. ANEP ist eine moderne Gewerkschaft, die der internationalen Dienstleitungsgewerkschaft Public Services International angeschlossen ist. Albino Vargas beherrscht perfekt die Klaviatur der Konfrontation wie der konzilianten Angebote. Man findet ihn in der live übertragenen populären Radiosendung in der nächtlichen Innenstadt von San José wie in den großen Talkshows. Im aktuellen Konflikt hat er den Präsidenten Costa Ricas zu einem offenen Dialog über die neoliberale Wirtschaftspolitik aufgefordert, da ansonsten »das legendäre Klima des sozialen Friedens und der Stabilität« auf dem Spiel stünde. Der Generalsekretär der ANEP erläutert im folgenden Interview Entwicklung und Politik seiner Organisation.

Eine vierköpfige Familie braucht dreieinhalb Mindestlöhne, um menschenwürdig überleben zu können

F. Braßel

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