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Asylwerberschicksale in Österreich

HINTERGRUND

Flüchtling in Österreich? Wir kennen sie vor allem aus den negativen Schlagzeilen und den Losungen einiger nicht farbbeständiger Parteien »Ausländer raus«. Hier bieten wir sachliche Informationen und Einblicke in den Flüchtlingsalltag.

Ajrat U. (alle Namen wurden von der Redaktion geändert) ist Asylwerber. Er wartet auf die positive Erledigung seines Asylverfahrens in Österreich. Ob sie erfolgen und wie viele Monate oder Jahre das dauern wird, ist ungewiss. Bis dahin heißt es warten. Warten zu können, ist im Augenblick die größte Herausforderung, die Ajrat U. bewältigen muss. Denn da die Möglichkeit zur Arbeit an die Aufenthaltsbewilligung gebunden ist, hat er nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, seine Zeit zu verbringen. Jede Form der Beschäftigung kostet nämlich Geld: einen Deutschkurs zu besuchen etwa oder auch nur die Straßenbahnfahrkarte dahin.

Reis und Nudeln

Ajrat U. gehört zu jenen, die Grundversorgung beziehen, die seit 1. Mai 2004 in der 15a-Vereinbarung geregelt ist. Sie sieht eine Minimalabsicherung für schutzbedürftige Fremde vor: So ist Ajrat U. krankenversichert, erhält 110 Euro monatlich Mietzuschuss, 180 für Lebenskosten, und einmal im Jahr gibt es Gutscheine für Bekleidung. Mit einem Kameraden teilt er eine kleine Wohnung, eigentlich eine Einzimmerwohneinheit, denn auch die Dusche und die Kochgelegenheit befinden sich in diesem Raum. Abzüglich der Miete sowie Strom und Gas bleiben ihm 80 Euro zum Leben. Da muss am Essen sehr gespart werde, erzählt er. Reis und Nudeln hauptsächlich, Obst und Gemüse sind etwas Besonderes.

Wie 24.676 andere Asylwerber hat Ajrat U. im vergangenen Jahr seinen Asylantrag gestellt. Der Großteil von ihnen kommt wie er aus den Nachfolgestaaten der zerfallenen Sowjetunion. Dabei hat er noch Glück gehabt. Denn obwohl seit der Reform jeder Asylwerber das Recht auf die finanzielle Zuwendung aus der Grundversorgung sowie auf Krankenversicherung hat, ist es für Flüchtlinge, die keinen betreuten Heimplatz finden können, überaus schwierig, privat unterzukommen. Vor allem in Wien sind die Mieten zu teuer, und selbst wenn es gelingt, eine billige Unterkunft zu finden, so scheitert der Mietvertrag doch häufig an Provision und Kaution, die zu hinterlegen sind. Ajrat U. verdankt seine Bleibe einem privaten Spendenkonto.

20.000 ohne Unterkunft

Dennoch beurteilt Robert Öllinger, Leiter des Asylzentrums der Caritas, die Neuregelung der Versorgung grundsätzlich positiv. Vor der Einführung der Grundversorgung in der 15a-Vereinbarung, als der Bund allein für die Unterbringung mittelloser Asylwerber sorgte - vorgesehen war ein Schlafplatz in einem Heim oder einer Pension, Verpflegung, Krankenversicherung und ein Taschengeld von 40 Euro -, konnte das BFI nur etwa ein Drittel aller Antragssteller tatsächlich versorgen.

»Zwei Drittel, zuletzt waren das ca. 20.000, sind ohne Unterkunft geblieben. Genaue Zahlen sind gar nicht vorgelegen, da viele, die einen Antrag gestellt hatten, in andere westeuropäische und nordeuropäische Länder weitergezogen sind, wo die Versorgung und Maßnahmen zur Integration besser waren.« Allerdings werden diese Personen regelmäßig nach Österreich zurückgeschickt, da nach den EU-Richtlinien das Asylverfahren vom Land der ersten Einreise durchzuführen ist, und dieses kann durch die Identifikation über den elektronischen Fingerprint inzwischen leicht festgestellt werden.


I N F O R M A T I O N

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Artikel 14

1. Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.
2. Dieses Recht kann nicht in Anspruch genommen werden im Falle einer Strafverfolgung, die tatsächlich aufgrund von Verbrechen nichtpolitischer Art oder aufgrund von Handlungen erfolgt, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen.

Seit 1. Mai 2004 ist die Finanzierung zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Der Bund sorgt nur mehr für die Erstaufnahmestellen - im oberösterreichischen Thalham für die westlichen Bundesländer und im niederösterreichischen Traiskirchen für den Osten Österreichs. Nach einem Quotenschlüssel sind die Länder für die Unterbringung zuständig, nachdem der Asylantrag gestellt worden ist. Darüber hinaus ist nun die langjährige Forderung der NGOs nach Mindeststandards berücksichtigt worden, zu der das Recht auf finanzielle Zuwendung und das Angebot von Sozial- und Rechtsberatung nach einem fixen Betreuungsschlüssel pro 170 Asylwerbern gehört. Dass der Bedarf sehr hoch ist, zeigte sich sofort nach der Einführung der Grundversorgung.

»In Wien haben wir mit 3000 bis 4000 Personen gerechnet, die sich bis dahin abseits des Systems durchgeschlagen haben, aber es waren weit mehr. Noch im April 2004 sind täglich 250 Obdachlose gekommen, deren Asylverfahren zwar aufrecht war, die aber keinen Platz in einem bundesbetreuten Heim hatten. Inzwischen sind es nur mehr 10 Obdachlose, die sich täglich neu für die Grundversorgung melden.«

Caritas-Asylzentrum

Der Betrieb im Caritas-Asylzentrum in der Wiener Mariannengasse läuft auf Hochtouren. Täglich kommen bis zu 800 Personen, mehr als die Hälfte von ihnen, um die Grundversorgungsleistung ausbezahlt zu bekommen, der Rest braucht rechtliche Hilfe oder nimmt Sozialberatung in Anspruch.


I N F O R M A T I O N

Genfer Flüchtlingskonvention

Nach Art. 1 Genfer Flüchtlingskonvention Lit. A. 2. ist ein "Flüchtling« eine Person, die »… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder besitzen würde, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will …«.

Kritisch sieht Öllinger die geplante Verschärfung des Asylrechts. Mit der Novelle zum Asylgesetz vom Mai 2005 waren bereits viele Hürden geschaffen worden, das Gesetz wurde aber durch einen Entscheid des Verfassungsgerichtshofs wieder entschärft. Mit der Begründung, die Asylverfahren beschleunigen zu wollen, soll der Zugang zum Verfahren gemäß einer neuen Regierungsvorlage erheblich erschwert werden.

»Tatsächlich kämpfen wir mit viel zu langen Verfahren. Vier Jahre sind ein guter Durchschnitt, auch sieben, acht Jahre oder länger kommt vor. Nach den neuen Plänen werden Verfahren jedoch juristisch derart kompliziert, dass selbst Rechtsvertreter, die nicht täglich mit Asylrecht zu tun haben, Schwierigkeiten haben werden.«

Bundesasylamt

Nach einem negativen Asylbescheid des Bundesasylamts hat der Asylwerber das Recht, in zweiter Instanz beim Unabhängigen Bundesasylsenat gegen diesen Bescheid zu berufen. Und die Berufungen haben eine hohe Erfolgsquote, 60 Prozent werden positiv entschieden. Wichtiges Material wird häufig erst in zweiter Instanz vorgelegt, bei der Bewältigung der höchst zeitaufwendigen Überprüfungen kämpfen die Behörden jedoch mit Personalmangel.

Nicht nur für die Bürokratie erweist sich die lange Verfahrensdauer als großes Problem, auch die Einzelschicksale der Flüchtlinge sind davon geprägt. Häufig bedeutet ein mehrjähriges Warten am äußersten Rand der Gesellschaft mit ungewissem Ausgang nach dem Erlebnis von Krieg und Folter im Herkunftsland eine zweite Traumatisierung. Ein Teufelskreis, denn Kriminalität von Asylwerbern ist auf diese Weise nicht selten den äußeren Umständen geschuldet.

Gefoltert

Magomed A. zum Beispiel stammt aus Tschetschenien, wo er untertauchen musste, nachdem man ihn bei Säuberungsaktionen gefoltert und gegen Kaution freigelassen hatte. Er gehörte 2003, als es die Grundversorgung noch nicht gab, zu jenen, die keinen Platz in einem Flüchtlingsheim ergattern konnten.

Mittellos auf der Straße wohnte er abwechselnd bei Bekannten aus der Heimat oder schlief in Parks und auf Bahnhöfen. Als er niemanden mehr fand, der bereit war, ihm mit Geld auszuhelfen, ließ er in einer Parfümerie zwei Flacons mitgehen, um sie zu verkaufen, wie er sagt. Nun hat er die Wahl, ein Gerichtsverfahren mit allen möglichen negativen Folgen für seine Zukunft in Österreich zu riskieren oder die angebotene Bewährungshilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Entscheidung, die ihm sehr schwer fällt.

Hand abhacken

»Man hat mir gesagt, ich soll 100 Stunden bei der Caritas Kleider sortieren. Ich finde, das ist eine sehr hohe und ungerechte Strafe. Ich komme aus einem Land, wo einem Dieb die Hand abgehackt wird. Ich habe nicht gelernt, zu stehlen. Ich habe das getan, weil es keinen Ausweg mehr gab.«

Ajrat U. lebt seit über einem Jahr in Österreich. Er ist Tatare und kommt aus Usbekistan. Gerne wäre er in dem Land geblieben, das seine Familie zwei Generationen lang, seit Stalin die Tataren aus Russland deportieren ließ, beheimatet hat. Aber für ihn und seine Familie ist das Leben in diesem Land unmöglich geworden. Seit Usbekistan Anfang der Neunzigerjahre unabhängig wurde, sind all jene Nationalitäten den Repressionen eines aggressiven Nationalismus ausgesetzt - die Reaktion auf die ehemalige russisch-sowjetische Unterdrückung der usbekischen Kultur.

Quälende Ungewissheit

Nachdem Ajrat U. als Nicht-Usbeke seine Arbeit verloren hatte, mehrmals auf offener Straße verprügelt und seine Familie zu Hause von paramilitärischen Gruppierungen bedroht wurde, fühlte er sich nicht mehr sicher. Als Tatare ohne Verwandtschaft in Russland hatte er keine Chance auf Aufnahme in dem Land, dessen Sprache er spricht. Er entschloss sich also zur Flucht nach Europa. Auf dem Weg mit dem Schlepper wurde er von seiner Frau und seiner kleinen Tochter getrennt. Und so sind nicht die Armut und die eingeschränkten Möglichkeiten, seinen Alltag zu verbringen, was ihn im Augenblick am meisten quält, sondern die Ungewissheit, was mit seiner Familie passiert ist und wie er sie wieder finden kann.

Psychotherapie

Für Menschen wie Ajrat U., die in ihren Heimatländern politisch verfolgt wurden oder Folter und Krieg erlebt haben, gibt es in Wien psychotherapeutische Hilfe. »Hemayat« (das Wort kommt aus dem Persischen und bedeutet »Schutz«) bietet Flüchtlingen, die unter posttraumatischen Störungen leiden, die Möglichkeit, eine kostenlose Psychotherapie in der Muttersprache in Anspruch zu nehmen.

Besucht man das Büro des Vereins, das sich im Integrationshaus in der Engerthstraße im 2. Bezirk befindet, so wird man auf dem Weg in den 3. Stock auch am späten Nachmittag vom undefinierbaren Geruch einer warmen Mahlzeit begleitet, genau genommen von vielen unterschiedlichen Gerüchen. Was die Nase verrät, bestätigt ein Blick auf die Gänge: Menschen aus Osteuropa, Asien und Afrika haben hier einen Heimplatz gefunden und sie verbindet auf engem Raum das Eine: Warten.

Im Sekretariat versucht sich ein Tschetschene verständlich zu machen. Er kommt aus Oberösterreich und hat es nicht länger ertragen, in einer Pension mitten in den Bergen zu leben, die den Traumatisierten an das Gebirge erinnern, in dem er sich monatelang verstecken musste. Er sucht eine neue Unterkunft an einem anderen Ort. Die Dolmetscherin erklärt ihm den Weg ins Asylzentrum der Caritas.

Depressionen und Alpträume

Hier lässt sich Sozialhilfe nur schwer von der eigentlichen psychotherapeutischen Arbeit trennen, erzählt die Therapeutin Gerti Wyskocil. Ein Großteil ihrer Klienten kommt aus Tschetschenien. Diese Menschen haben Säuberungsaktionen und Bombardierungen überlebt, sind gefoltert oder vergewaltigt worden und haben häufig viele enge Angehörige verloren. Sie leiden unter Depressionen und Aggressionsstaus, unter Schlafstörungen und Alpträumen. Und dennoch sind immer wieder andere Probleme im Vordergrund, die den Alltag blockieren und aufgrund von Sprachproblemen nicht alleine bewältigt werden können: der Weg zum Arzt oder in die Schule, wenn es Schwierigkeiten mit den Kindern gibt, Konflikte mit den Behörden, wenn man beim Schwarzfahren erwischt wird, weil für den Fahrschein kein Geld da ist.

Häufig geht es nur um simple Informationen, die ohne Sprachkenntnisse unzugänglich sind. Sprachkurse werden Asylwerbern erst angeboten, sobald sie einen positiven Asylbescheid haben, bis dahin ist die Kommunikation eine kaum zu überwindende Barriere. Da die Therapien mit Dolmetschern angeboten werden, bieten sie auch die Möglichkeit eines Ansprechpartners für Fragen aller Art, etwa über das komplizierte Tarifsystem der Wiener Linien und darüber, wie ein Fahrscheinautomat zu bedienen ist, denn die Klienten kommen nicht nur aus Wien, sondern auch aus den Asylunterkünften in Niederösterreich und dem Burgenland.

Schlafmittel

2004 wurden von Hemayat 244 Personen aus 36 Ländern psychotherapeutisch, psychologisch und medizinisch betreut. Für Hemayat arbeiten 11 Therapeuten und Therapeutinnen, gemeinsam mit 14 Dolmetscherinnen kümmern sie sich in Gesprächssitzungen um posttraumatische Belastungsstörungen, die meisten von ihnen betreuen ihre Klienten in der eigenen Praxis, einige wenige arbeiten in den Räumen des Vereinsbüros.

Zwei Psychiater bieten medizinische Hilfestellungen. Häufig genügt ein richtig dosiertes Schlafmittel, das der Asylwerber, der weder der deutschen noch der englischen Sprache mächtig ist, sich trotz Krankenversicherung nicht zu verschaffen vermag, um das Leben mit seinen Alltagsproblemen mit neuer Motivation weiterzuleben.

Therapieplatz

Im Augenblick gilt ein Aufnahmestopp. 49 Personen warten auf einen Therapieplatz, denn die Kapazitäten des Vereins sind begrenzt. Hemayat arbeitet unter prekären Verhältnissen, berichtet der Psychotherapeut und Obmann des Vereins Erwin Klasek.

Immer wieder kommt es zu gravierenden finanziellen Engpässen, da die Finanzierung auf Fördergeldern nationaler und internationaler Institutionen basiert und zugesagte Beträge häufig viel zu spät überwiesen werden. So bewirkt die schlechte und unregelmäßige Bezahlung der Mitarbeiter gerade unter den Dolmetschern eine große Fluktuation.

Dennoch bewältigt Hemayat seit 1994 den schwierigen Balanceakt, die überwiegend freiberuflichen Mitarbeiter bei der Stange zu halten, um Arbeit leisten zu können, die deshalb so wichtig ist, weil Hemayat für viele der einzige Ort ist, wo sie von Österreichern als Individuum behandelt werden und menschlichen Kontakt finden, der sie in vielfältiger Weise unterstützt.

Woher sie kommen

Wie Ajrat U. verlassen viele Flüchtlinge ihre Heimat, weil sie in zerbrochenen, korrupten und nationalistischen Gesellschaften keine Möglichkeit mehr sehen, die Existenz für sich und ihre Familie zu garantieren, weil nach dem Zusammenbruch einer staatlichen Ordnungsmacht wie im Fall der ehemaligen Sowjetunion oder Jugoslawiens der neu entstandene Staat die Rechte und die Sicherheit des Einzelnen nicht mehr bzw. noch nicht wieder gewährleisten kann, weil sie der Willkür eines korrupten Beamtenwesens, eines mafiösen Clanwesens, eines Gemeinwesens, in dem die Polizei selbst zur Quelle der Gefahr geworden ist, vor Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit flüchten.

Schlepper

Die größte Gruppe der Antragsteller (6184) kam 2004 aus der Russischen Föderation, gefolgt von Serbien und Montenegro, Indien, Nigeria, Georgien, Moldawien und der Türkei. Asylwerber aus der Russischen Föderation haben mit 93,36 auch die höchste Anerkennungsquote, die meisten von ihnen sind Tschetschenen und damit Opfer von Menschenrechtsverletzungen in einem grausamen und barbarischen Krieg.

Was Asylwerber in Österreich erwartet, wissen die wenigsten. Ihre Familie hat häufig das gesamte Ersparte dafür aufgebracht, damit Vertreter der jungen Generation ihre Existenz an einem anderen Ort neu aufbauen können. Wohin die Reise mit dem Schlepper tatsächlich geht, ist ungewiss. Das Ziel heißt Europa und der zahlende Kunde ist auf die Gunst des Schleppers angewiesen, ob er die vereinbarte Destination erreicht, häufig findet er sich an einem völlig anderen Ort wieder.

Integration

Es dauert lange, sich in einem anderen Land, einem anderen Kontinent, einer anderen Kultur zurechtzufinden. So habe etwa ein Klient gefragt, warum Österreich nicht von Deutschen bewohnt ist, obwohl man hier Deutsch spricht, erzählt Gerti Wyskocil. Auf diese Weise gerät die Psychotherapie auch zum Ort der kulturellen Aufklärung, denn die Sprachbarriere ist auch die Barriere zur Information über den Aufenthaltsort, an dem die Zukunft gestaltet werden möchte.

Es kommt vor, so Gerti Wyskocil, dass Flüchtlinge, denen es nicht gelungen ist, diese Art der Unterstützung zur Integration zu bekommen, um eines Tages Arbeit zu finden und auf eigenen Füßen zu stehen, sich nach Jahren des verzweifelten Wartens zur Rückkehr in die Heimat entschließen, weil sie keinen Weg für eine Zukunft in Österreich sehen. Das sind im besten Fall verlorene Jahre für das Leben eines Menschen, im schlimmsten Fall ist es ein Risiko für Leib und Leben. Für den Staat ist es eine verfehlte Investition. Es muss darum gehen, Integrationsmaßnahmen unter den Rahmenbedingungen von Menschlichkeit zu schaffen, damit Integration mit dem besten Ergebnis für alle Beteiligten gelingen kann.


I N F O R M A T I O N

Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)

Artikel 33
Verbot der Ausweisung und Zurückweisung

1. Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde.

2. Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich jedoch ein Flüchtling nicht berufen, der aus schwer wiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.

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