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Täuschen und Tricksen

GESELLSCHAFTSPOLITIK

Wie uns das Geld aus der Tasche gezogen wird. - Die Bundesarbeitskammer (BAK) ist als Verbandsklagspartei neben dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) legitimiert, gegen Verstöße nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zum Schutz der KonsumentInnen vorzugehen.

Das UWG weist in den § 1 (sittenwidrige Handlungen) und § 2 (irreführende Angaben) sehr großzügig formulierte Tatbestände auf. Dies ist notwendig, um dem Ideenreichtum der Unternehmen beizukommen, die mit immer neuen Tricks den KonsumentInnen ihr schwer verdientes Geld aus der Tasche ziehen wollen.

Jahresbilanz unlautere Werbung

Die Bilanz zeigt nichts Gutes, die Beratungs- bzw. Klagstätigkeit ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren annähernd gleich geblieben. Im Jahr 2004 mussten 84 verschiedene Sachverhalte auf deren Unlauterkeit überprüft werden, davon wurden 25 Klagen und sieben Exekutionen (bei Folgeverstößen) bei Gericht eingebracht. 31 Unternehmen wurden abgemahnt, von einem Unternehmen wurde eine Unterlassungserklärung eingefordert. Heuer wurden bereits 12 Klagen und eine Exekution eingebracht, 18 Firmen wurden abgemahnt, fünf davon zu einer Unterlassungserklärung aufgefordert.

Von diesen insgesamt 37 Klagen konnten bisher 23 erfolgreich abgeschlossen werden, zwei Klagen mussten wegen Insolvenz der Firma zurückgezogen werden. Lediglich eine Klage hat die BAK bislang verloren. Bei zwei Verfahren wird eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu bisher neuen Rechtsfragen erwartet.

Ein Verfahren betrifft die Zulässigkeit von Gewinnspielen mit Schönheitsoperationen, das andere die Zurechenbarkeit eines Adressvermittlers für unerlaubte Telefonwerbung. Bei den acht eingebrachten Exekutionen wurden Strafen bis zu 7000 Euro verhängt.

Unlauter und irreführend

Die Bereiche, in denen unlautere Geschäftspraktiken - so der Terminus einer heuer erlassenen EU-Richtlinie1) - vorkommen, sind vielfältig. Irreführende Werbung findet sich bei der Bewerbung von Lebensmitteln und Reisen, wie auch bei Telefontarifen oder Sonderangeboten. So wurden zum Beispiel folgende Sachverhalte aufgegriffen:

  • Werbung für pestizidfreie Erdbeeren, obwohl tatsächlich nur eine untersuchte Probe pestizidfrei war.
  • Für ernährungsbewusste KonsumentInnen ist die Kalorienangabe auf Getränken oder Lebensmitteln wichtig. Ein niedriger Kalorienwert kann die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussen. Aber wenn die Menge, auf die sich diese Kalorienangabe bezieht, kaum lesbar ist und lediglich für 100 Milliliter gilt oder überhaupt fehlt, ist das irreführend.
  • Nicht immer sind Großpackungen günstiger als die entsprechenden Kleinpackungen. Wenn aber mit einem besonders auffälligen roten Aufkleber »Preisvorteil bei Großpackung« auf einer Fleischpackung dieser Eindruck suggeriert wird, obwohl tatsächlich Kleinpackungen und Großpackungen zum gleichen Kilopreis verkauft werden, ist auch das irreführend.
  • Ein niederländischer Arzt, der sich auf alternative Krebsbehandlung spezialisiert hat, tourte vergangenes Jahr durch Österreich. Er stellte den kleinen Dominik vor, der angeblich durch die Behandlung des Arztes von seinem Krebsleiden befreit wurde. Gleich nebenbei werden von einer eigenen Vertriebsgesellschaft hochdosierte Vitamincocktails mit Hinweis auf die krebsheilende Wirkung vertrieben. Ein gutes Geschäft, kostet doch so ein Paket 300 Euro. Dominik hat diese Behandlung allerdings nicht überlebt und ist laut deutschen Medienberichten Ende vergangenen Jahres an seinem Krebsleiden gestorben. Das Verfahren wurde durch Vergleich beendet, mit dem Ergebnis, dass für Österreich eine eigene Homepage eingerichtet wurde, auf der keine krankheitsbezogenen Angaben mehr zu finden sind.

Arzneimittelwerbung

Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel ist in Österreich verboten. Sie sollten nur nach ärztlicher Beratung und Untersuchung eingenommen werden, da mit jedem Medikament auch - teils schwerwiegende - Nebenwirkungen verbunden sein können. Gerade bei Arzneien, deren Preis von der Krankenkasse nicht ersetzt wird, setzen sich einige Pharmafirmen über dieses gesetzliche Verbot hinweg und werben vor allem in Printmedien, um ihren Absatz zu steigern. Betroffen davon sind z. B. diverse Mittel bei erektiler Dysfunktion (Impotenz) oder ein Medikament gegen Brustkrebs.

Durch den dynamischen Wettbewerb in der Mobilfunkbranche bewegen sich viele Unternehmen mit ihrer Werbung stark am Rande des UWG. Geschenke, um eine Vertragsbindung einzugehen, halten nicht, was sie versprechen. Denn im Kleingedruckten stellen sich die Bedingungen dann ganz anders dar. Formeln, die zu falschen Berechnungen führen, und Gratisminuten, die bei näherem Hinblick nicht ganz so gratis sind, sowie Gewinnhandys, die dann doch kein Gewinn sind, weil sie jeder Konsument erhält.

Mondpreise

Ein Sportartikelhändler zählt regelmäßig zu den Klagskunden. Die BAK brachte bereits zweimal eine Klage ein. Einmal, weil es in der Werbung hieß »Alle Winterartikel zum halben Preis«, der dann aber nur auf eine beschränkte Auswahl gewährt wurde, etwa auf Auslaufmodelle. Ein anderes Mal wurde mit »Mondpreisen« geworben, das heißt mit Statt-Preisen, die aber nie verlangt wurden. Da sich das Unternehmen neuerlich nicht an seine Verpflichtung hielt, wurde eine Exekution beantragt. Das Exekutionsgericht verhängte eine Beugestrafe von 7000 Euro. Viele derartige Ankündigungen findet man auch im Textilhandel. Besonders aber ärgern sich KonsumentInnen, wenn sie günstige Sonderangebote erstehen wollen, diese dann aber gar nicht erhältlich sind. Wenn KonsumentInnen nun einmal ein Geschäft gestürmt haben, werden sie auch andere Waren erstehen, ist das Kalkül der Handelsbetriebe.

Verkaufsveranstaltungen

In ihrem Einfallsreichtum durch nichts zu überbieten sind allerdings Unternehmen, die in Verkaufsveranstaltungen sündteure und qualitativ fragwürdige Produkte an oft ahnungslose PensionistInnen vertreiben. Gewinnankündigungen, um die Neugierde zu erwecken, stellen sich dann als Reisegutscheine, bei denen ein beträchtlicher Eigenbeitrag zu leisten ist, oder als »Weltspartagsgeschenke« heraus.

Leider sind den Konsumentenschützern aber in der Verfolgung dieser gravierenden Wettbewerbsverstöße die Hände gebunden. Die Unternehmen agieren lediglich über Postfachadressen, wechseln regelmäßig die Firmenbezeichnungen, schalten Strohmänner ein, und kaum sind sie am Markt, sind sie das nächste Mal wieder unter einer anderen Fantasiebezeichnung aktiv.

Gesundes Misstrauen angebracht

Kein Unternehmen hat etwas zu verschenken. Die Ankündigung von hohen Rabatten bedeutet nicht immer, dass es sich bei den Produkten auch um Schnäppchen handelt. Gewinnspiele üben im allgemeinen eine magische Anziehungskraft aus, Vorsicht ist vor allem dann angeraten, wenn es sich um »Gewinnspielunternehmen« handelt, die lediglich über Postfachadressen agieren und bei denen die Gewinne ausschließlich über eine kostenpflichtige Mehrwertnummer angefordert werden können. Der vermeintliche Gewinner muss sich klar sein, dass er bei einem Anruf die Katze im Sack kauft. Die wenigsten KonsumentInnen werden zum Beispiel mit Klingeltönen etwas anzufangen wissen, oder können Reisen zu einem bestimmten Termin auch antreten.

AK-Forderung

Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken wird im Verbraucherinteresse gefordert, dass sich Unternehmen nicht durch irreführende und sittenwidrige Geschäftspraktiken bereichern dürfen. Es soll daher eine gesetzliche Bestimmung erlassen werden, die eine Gewinnabschöpfung vorsieht. Denn in vielen Fällen entstehen durch irreführende Werbung auf KonsumentInnenseite lediglich Bagatellschäden. Für einzelne Verbraucher ist dann oft der Aufwand, ihre Rechte einzufordern, größer als der Anspruch, den sie hätten.

Ulrike Ginner
AK Wien, Wirtschaftspolitik

1) Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken)

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