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Kombilohn | Sozialpolitischer Hit oder volkswirtschaftlicher Unsinn?

SCHWERPUNKT KOMBILOHN

Die Arbeitslosigkeit nimmt zu, obwohl die Gesamtbeschäftigtenzahl in Österreich steigt. Noch nie war die Gesamtzahl der unselbständig Erwerbstätigen so hoch wie jetzt, aber auch noch nie mussten wir eine so hohe Arbeitslosenrate beklagen wie derzeit. Was eigentlich widersinnig erscheint, ist in der Realität durchaus verständlich.

Obwohl laufend neue Arbeitsplätze entstehen, tummeln sich am Arbeitsmarkt immer mehr Menschen, die eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausüben wollen. Gut ausgebildete Frauen wollen einen Beruf ausüben und nicht mehr »Hausfrau« sein. Männer wollen so viel verdienen, dass sie nicht nur sich, ihre Familien und meist auch zusätzliche Kinder ernähren, sondern auch Vermögen bilden können. Alle auf dem »Arbeitsmarkt« Tätigen wollen menschenwürdige Arbeit und nicht bloß »Beschäftigung«, Anerkennung ihrer Leistung und qualitative Freizeit, also Erholung, Urlaub und gesellschaftliches Engagement.

Die Wünsche der Menschen stehen in immer krasser werdendem Gegensatz zur Entwicklung der Wirtschaft im
21. Jahrhundert.

Denn tatsächlich ist das, was wir derzeit erleben, kein Kapitalismus pur wie manche meinen, sondern etwas Schlimmeres. Ein »Kapitalismus pur« würde, bei allen Schwächen, durch Investitionen Kapital schaffen und für mehr Wohlstand sorgen. In Wahrheit ist in den vergangenen Jahren aber Kapital in erheblichem Ausmaß vernichtet worden. Im scheinbar »beispielgebenden Land USA« entstand das niedrigste Nettoinvestitionsvolumen seit dem Zweiten Weltkrieg.

Primitive Geldgier

Diese Entwicklung wird zu Recht kritisiert, ist sie doch ein »Zerrbild« aller liberaler Ideen, und was heute unter »Neoliberalismus« gehandelt wird, ist kein »neoliberaler Kapitalismus«, sondern eine primitive Geldgier. Ein System, in dem alles und jedes in Geld bewertet wird, wohlgemerkt, nicht in Kapital. Kein »Liberaler« hat jemals die Wirtschaft nicht in den Dienst der Gesellschaft gestellt, und es ist einfach schlicht ein Märchen, dass an allem die Globalisierung schuld sei. Vielmehr wird gerne ein Wirtschaften verteidigt, das die Unternehmen im höchsten Maße gefährdet und schädlich für die Gesellschaft ist. Es ist auch falsch, den Menschen zu erklären, dass der Markt ein wundervolles System sei, das alles regelt. Vielmehr ist die Marktwirtschaft ein schlechtes System. Das erleben doch alle täglich. Die Marktwirtschaft ist brutal, unbarmherzig, unmenschlich und das Gegenteil von gerecht. Man muss bloß sagen, dass es derzeit noch kein besseres Wirtschaftssystem gibt, vor allem kein effizienteres.

Es ist daher aber klar, dass der Markt unverzichtbar ist, der Primat der Politik aber hoch gehalten werden muss und sie die Marktkräfte und die Rahmenbedingungen regeln muss, damit der Markt funktioniert. Eine funktionierende Gesellschaft steht und fällt mit der Managementqualität ihrer Institutionen. Wer eine Gesellschaft ruinieren will, zerstört ihre Institutionen (wenn sie funktionieren) und ihr politisches Management, ihre Gewerkschaften, ihre Identität.

Unsere Form der Arbeitslosigkeit ist weitgehend auf falsches Management in der Wirtschaft und in der Gesellschaft zurückzuführen. Es stehen nämlich viele Arbeitskräfte zur Verfügung, die gerne Leistung, die Mehrwert schafft, erbringen würden. Sie werden nicht nachgefragt, weil man nicht Leistung, Mehrwert und Kapital haben möchte, sondern kurzfristig nur Geld.

»Pekuniarismus« nennt der Managementberater Fredmund Malik diese neue Form des Wirtschaftens.

In diesem Zusammenhang sieht man auch nicht, dass es verschiedene Bedürfnisse gibt, die nicht »marktfähig« sind, aber dringend notwendig zum Funktionieren einer Gesellschaft gebraucht werden. Diese Bedürfnisse müssen befriedigt sein und hier entsteht »echte, menschenwürdige Arbeit« in den Bereichen Kultur, Bildung, Religion, Soziale Dienste, Nachbarschaftshilfe, Kinderbetreuung, Katastrophenschutz, Politik und gesellschaftliches Engagement. Das alles schafft Gesellschaft. Wirtschaft dient der Gesellschaft, ja muss ihr dienen.

Warum Kombilohn?
(Subvention der Löhne und Gehälter durch den Staat)

Geht man von dem gerade erwähnten gesellschaftlichen Hintergrund aus, so ist es durchaus sinnvoll, wenn die Politik versucht, mit lenkenden Maßnahmen den Markt »fit« zu machen, denn selber regelt der Markt nur Fragen, die er regeln kann.

Wie schon erwähnt, ist die Marktkraft sehr beschränkt im Regeln. Verschiedene Regierungen versuchen nun Maßnahmen zur Ankurbelung der Aktivitäten zu setzen, die neue Arbeit schaffen, beispielsweise durch Subventionen für Löhne und Gehälter.

In Bereichen der Arbeit mit geringer Qualifikation und auch in Bereichen von Arbeit, die der gesellschaftlichen Entwicklung und der Wohlfahrt dienen, kann eine staatliche Subventionierung von Löhnen und Gehältern Sinn machen.

Sozialminister Alfred Dallinger

So hatte der legendäre Sozialminister Alfred Dallinger seinerzeit, in einer Phase steigender Arbeitslosigkeit, die so genannte Aktion 8000 (8000 neue Arbeitsplätze) ins Leben gerufen. Diese Aktion sollte konkursreife Betriebe, die Zukunft hatten, aber schlecht geführt waren, retten und sie sollte neue Arbeit schaffen, deren Start staatlich gefördert wurde. Aus Mitteln der Arbeitsmarktverwaltung (heute AMS) wurde ein Kombilohn vereinbart (bis zu 100% der Kosten), wenn zukünftig eigenfinanzierte Arbeitsplätze zu erwarten waren.

Aus dieser Aktion wurden aber auch Arbeiten gefördert, für die kein Markt da war. Behinderteninitiativen, religiöse und karitative Impulse waren da dabei sowie die Gestaltung von regionalen Museen usw. Das hat gut funktioniert.

Lohnsubventionen sind daher ein durchaus möglicher Weg zur Unterstützung aller jener Bereiche, die im derzeit gängigen »Pekuniarismus« verlieren, auch wenn nicht immer ein Erfolg mit der Aktion verbunden sein muss. Man hat in anderen Ländern positive und negative Erfahrungen mit Lohnsubventionen gemacht. Eine positive Erfahrung war die Subventionierung der allein erziehenden Mütter und Väter bis zur »Übergabe« der »dreijährigen Kinder« in den Kindergarten. In Deutschland blieben allerdings verschiedene Kombilohnmodelle in ihren Effekten weit hinter den Erwartungen zurück. Die politische Botschaft dieser Modelle von sinnvollen Kombilöhnen ist klar: Geringe Löhne sollen »aufgefüllt« werden und die Firmen dazu anregen, mehr Jobs zu schaffen, auch sollen Arbeitslose dazu angeregt werden, ohne nennenswerte Einkommensverluste auch schlechter bezahlte Jobs anzunehmen.

Das von Minister Bartenstein vorgeschlagene Modell des so genannten Kombilohns lenkt von den wirklichen Problemen auf dem Arbeitsmarkt ab. Besonders deswegen, weil nicht gezielt gefördert werden soll und die Aktion mit einem Jahr Dauer befristet ist.

Schlussendlich sollen verschiedene Institutionen motiviert werden »nicht marktfähige«, gesellschaftlich relevante Arbeit zu schaffen, auch wenn sie sich
die Lohnkosten vorerst nicht leisten können.

Kombilohn? - Warum nicht?

Laut AMS gibt es mehrere 1000 offene Stellen, die nicht besetzt werden können, weil dort so wenig Lohn bezahlt wird. Man kann von diesen Löhnen nicht leben oder die Differenz zum Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) ist zu gering, um die Annahme eines dieser Jobs zu gewährleisten. Oftmals handelt es sich dabei um Teilzeitjobs im Handel, in Büros von Dienstleistungsunternehmen usw. Auch gibt es schwer vermittelbare Arbeitslose, die nur mit Lohnsubventionen aufgenommen werden.

Diese Tatsache birgt aber eine große Gefahr in sich. Wenn man nämlich mit der Maßnahme einer generellen Lohnsubvention quasi einen »Zweiten Arbeitsmarkt« schafft, in dem staatlich subventionierte Arbeitnehmer den »normalen« nicht subventionierten Arbeitnehmern Konkurrenz machen, so wäre das ein absolut unzulässiger Eingriff in die Marktmechanismen. Wenn ein größerer Personenkreis subventioniert würde und alle Unternehmen im »Gießkannensystem« Lohnsubventionen haben könnten, würde man allen so genannten Mitnahmeeffekten« Tür und Tor öffnen und würde Firmen geradezu auffordern, teure Mitarbeiter durch »subventionierte« zu ersetzen. Das wieder wäre kontraproduktiv und durch das AMS nicht zu finanzieren. Es wäre auch eine echte Wettbewerbsverzerrung.

Es liegt an der Durchführung

Das von Minister Bartenstein vorgeschlagene Modell des so genannten Kombilohns lenkt von den wirklichen Problemen auf dem Arbeitsmarkt ab. Besonders deswegen, weil nicht gezielt gefördert werden soll und die Aktion mit einem Jahr Dauer befristet ist. Damit lassen sich kaum positive Effekte zur Schaffung neuer Arbeit erwarten. Es ist schade ums Geld, wenn das AMS wahllos Löhne subventioniert, statt dieses Geld in langfristig wirksame Maßnahmen zu investieren.

Ein negativer Effekt kann auch eintreten, wenn Unternehmen jugendliche Hilfsarbeiter mit Lohnsubvention einstellen, anstatt sie ordentlich auszubilden. Darum ist auch hier gültig: Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut!

Ein »so genannter Kombilohn« kann sinnvollerweise nur selektiv eingesetzt werden und nur dort, wo er neue Arbeit, besonders im nicht »marktfähigen« Bereich schafft, denn der Markt regelt vieles nicht, was unsere Gesellschaft zu einer humanen und wertvollen Gesellschaft macht. Das waren die sozialpolitischen Aspekte. Wie immer muss die Idee des Kombilohns auch volkswirtschaftlich gesehen werden.

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