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Oelpreisentwicklung

Hoher Ölpreis - wer gewinnt, wer verliert?

HINTERGRUND

Der Ölpreis steigt immer weiter, das Barrel (159 Liter) kostet derzeit über 60 US- Dollar. Erklärungsansätze für die hohen Ölpreise gibt es zahlreiche - vom Irak-Krieg, über verstärkte Nachfrage aus China und Indien, knappen Raffineriekapazitäten, Auswirkungen der letzten Hurrikans bis hin zu Spekulationen an der Börse.

Fest steht nur: Die Belastungen für die AutofahrerInnen in Österreich und in anderen Ländern sind bereits enorm. So zeigt die aktuelle österreichweite Treibstoffpreisanalyse der Arbeiterkammer1), dass die Preise für Diesel zwischen September 2004 und September 2005 um 18 Cent pro Liter gestiegen sind, jene für Eurosuper um 19 Cent pro Liter (siehe Grafik: »Entwicklung der Eurosuper- und Dieselpreise seit 2000«). Besonders belastet von den hohen Spritpreisen sind die PendlerInnen, vor allem jene, die auf das Auto angewiesen sind, weil es in ihrer Region keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt oder weil die Fahrpläne von Bus und Bahn nicht mit ihren Arbeitszeiten übereinstimmen. Nach Berechnungen der Arbeiterkammer muss ein Pendler für eine Dieseltankfüllung im September 2005 um 14 Euro mehr zahlen als im September 2004. Ein voller Tank Eurosuper kostet um 11 Euro mehr.

Gewinner: Die Ölmultis

Österreich zählt seit Jahren bei den Netto-Treibstoffpreisen (also vor Steuern) zu den Hochpreisländern innerhalb der EU-15 bzw. EU-25. Die Mineralölkonzerne in Österreich verrechnen den KonsumentInnen einen um zwei bis drei Cent pro Liter höheren Nettopreis als im EU-Schnitt. Allein im heurigen Halbjahr zahlen die ÖsterreicherInnen dadurch zwischen 74 Millionen und 110 Millionen Euro netto mehr als die Verbraucher in anderen EU-Ländern. Dies hat allerdings nichts mit den hohen Rohölpreisen zu tun, denn davon sind auch die anderen Länder betroffen.

Vielmehr dürften die Mineralölkonzerne, die - bis auf die OMV - alles Töchter weltweit agierender Multis sind, in Österreich etwas kräftiger »zulangen« als in anderen Ländern. Hauptursache dafür: Am österreichischen Tankstellenmarkt ist der Wettbewerb schwach ausgeprägt.

»Persilschein« für die Preispolitik der Mineralölkonzerne

In der Öffentlichkeit verspricht Wirtschaftsminister Bartenstein immer wieder, für verstärkten Wettbewerb zu sorgen, um die österreichischen Netto-Preise auf das niedrigere EU-Preisniveau zu bringen.

Auf massiven Druck der Arbeiterkammer ließ Bartenstein im heurigen Jahr den österreichischen Treibstoffmarkt untersuchen. Die fast 260-seitige Benzinmarkt-Studie »Treibstoffmarkt in Österreich 2004«2), die den Steuerzahlern 121.000 Euro kostet, brachte allerdings keine neuen Ergebnisse.

Kein Wunder, denn der Wirtschaftsminister ließ »heiße Eisen« - wie z. B. die hohen Nettopreise oder die Ertragslage der Multis - nicht oder nur ungenügend untersuchen.

Die Schlussfolgerung des Gutachtens lautet lapidar: Der Wettbewerb in Österreich funktioniere »ausreichend gut« - bis auf Tirol und Vorarlberg. Damit lässt Minister Bartenstein den Mineralölkonzernen per Gutachten einen »Persilschein« für ihre Preispolitik ausstellen.

Diese Schlussfolgerung steht im Übrigen im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Ergebnissen des Gutachtens, in dem festgestellt wird, dass die vier großen Mineralölkonzerne (auch Majors genannt) in Österreich ein Oligopol bilden, dass also wenige Unternehmen den Markt dominieren.

Interessantes Detail am Rande: 1999 stellte ein Gutachten - Auftraggeber war ebenfalls das Wirtschaftsministerium - fest, dass die hohen österreichischen Spritpreise vor allem auf den zu schwachen Wettbewerb zurückzuführen sind.

Die großen Fünf sind: OMV (mit Stroh/Api, Avanti), ihr gehört auch die einzige Raffinerie in Österreich in Schwechat, die anderen Majors sind Töchter multinationaler Erdölkonzerne: BP/Aral (GB), Shell (GB/NL), Esso (USA) und Agip (I). Zusammen betreiben sie österreichweit rund 1830 Tankstellen. Den Rest des Marktes teilen sich 982 Diskonter und freie Tankstellen.

Die Ertragslage der Multis bleibt in der Studie ebenfalls im Verborgenen. So wird nicht erwähnt, dass sowohl die OMV als auch die Konzernmütter der anderen in Österreich tätigen Majors zu den größten 200 Unternehmen Europas zählen, BP führt diese Rangliste sogar an3). Und: Auf diese Ölmultis geht derzeit ein wahrer Geldregen nieder. Denn aufgrund des hohen Ölpreises erzielen die Multis Rekordgewinne vor allem bei der Rohölproduktion und bei der Rohölverarbeitung, die sie zum großen Teil jedoch an ihre Aktionäre weitergeben.

Im Jahre 2004 stieg der Gewinn der OMV um 63 Prozent, jener von BP um 37 Prozent und jener von Esso um 105 Prozent. 2005 dürften die Multis noch höhere Gewinne einfahren.

Wo die Gewinne gemacht werden, zeigt auch die Analyse der Geschäftsfelder der OMV: In der Exploration und Produktion erzielt die OMV pro 100 Euro Umsatz fast 47 Euro operativen Gewinn, im Tankstellenbereich beträgt dieser Gewinn nur 5 Euro.

An den Zapfsäulen werden ebenfalls neue Rekorde gemeldet, und zwar bei den Spritpreisen, die die AutofahrerInnen zu zahlen haben. Im Jahresvergleich September 2004 und September 2005 stiegen die Preise um 21 Prozent bei Diesel und um 19 Prozent bei Eurosuper.

Kaum Spielraum für Preissenkungen?

In der Benzinpreisstudie des Wirtschaftsministeriums werden die hohen Netto-Spritpreise in Österreich verteidigt: In Österreich gäbe es kaum Spielraum für Kosten- und damit auch Preissenkungen. Denn, so der Tenor der Studie, 36 Prozent der Kosten sind auf internationale Faktoren zurückzuführen, 55 Prozent fallen auf Steuern und nur 9 Prozent können durch die österreichischen Mineralölfirmen beeinflusst werden.

Diese Argumente stimmen so nicht, denn schwacher Wettbewerb schafft auch keine Anreize, Kosten zu senken.

Die Studie selbst stellt fest, dass der Tankstellenmarkt in Österreich nicht nur hoch konzentriert ist, sondern Treibstoffe auch eine geringe Preiselastizität aufweisen. Das heißt, auch wenn der Preis an der Zapfsäule stark steigt, tanken die AutofahrerInnen deswegen nicht sehr viel weniger, denn viele sind auf das Auto angewiesen, um zur Arbeit zu kommen. Der öffentliche Verkehr bietet in sehr vielen Regionen Österreichs keine Alternative. Beste Voraussetzungenn für Unternehmen, um die Preise hoch halten zu können.

Am deutlichsten zeigen sich die Auswirkungen des schwachen Wettbewerbs in den westlichen Bundesländern: In Tirol und Vorarlberg gehören drei von vier Tankstellen den größten Mineralölkonzernen. Nach den von der Arbeiterkammer quartalsmäßig durchgeführten österreichweiten Erhebungen weisen diese westlichen Bundesländer regelmäßig österreichweit das höchste Preisniveau auf.

Neuer »Österreich-Zuschlag«

Hohe Transportkosten aufgrund der gebirgigen Lage Österreichs, höhere Kosten aufgrund strenger Umweltauflagen, hohe Kosten wegen der hohen Tankstellendichte, hohe Kosten, weil in den Tankstellenshops Zigaretten nur mit einem Aufschlag verkauft werden dürfen - damit rechtfertigen die Majors schon seit Jahren ihre Hochpreispolitik. Um die hohen Nettopreise für Sprit auch zukünftig rechtfertigen zu können, führt die Studie einen neuen Kostenfaktor ein - der Regionalaufschlag, ein spezieller Zuschlag der Raffinerien für Lieferungen von Treibstoff nach Österreich. Dieser betrug 2004 immerhin bei Diesel bis zu 4,3 Cent pro Liter, bei Benzin bis zu 3,5 Cent pro Liter.

Der Finanzminister schneidet mit

Finanzminister Grasser profitiert von den derzeit hohen Spritpreisen übermäßig. Bei der Mehrwertsteuer, die immer mitsteigt, wenn die Spritpreise steigen, schneidet er pro einen Cent Preiserhöhung 12,6 Millionen Euro mit. Zusätzlich wurde die Mineralölsteuer am 1. 1. 2004 für Diesel um 2 Cent pro Liter und für Benzin um 1 Cent pro Liter erhöht. Die Mehreinnahmen belaufen sich dadurch seit Jänner 2004 bereits auf über 300 Millionen Euro.

Verlierer sind die PendlerInnen

Tag für Tag pendeln rund 1,5 Millionen ArbeitnehmerInnen in Österreich zur Arbeit, davon sind über 600.000 auf das Auto angewiesen. In vielen Regionen Österreichs - vor allem im ländlichen Raum - gibt es keine ausreichenden öffentlichen Verkehrsmittel. Und: Von immer mehr Menschen wird verlangt, dass sie flexibel arbeiten. Die Fahrpläne von Bus und Bahn stimmen dann oft nicht mit den Arbeitszeiten überein.

Eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs ist auch nicht in Sicht: Denn derzeit plant die Bundesregierung, den öffentlichen Nahverkehr zur Gänze in die Verantwortung der Länder zu übertragen und ihnen auch Bau, Erhaltung und Betrieb des regionalen Schienennetzes aufzubürden.

Was die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs anbelangt, zieht sich der Bund immer stärker aus seiner finanziellen Verantwortung zurück.

AK fordert eine Milliarde Entlastungspaket

Durch die Rekordpreise fürs Tanken und Heizen (die Heizölpreise sind im September 2005 im Vergleich zum Vorjahr um 36 Prozent gestiegen) wird die Mehrbelastung für die Arbeitnehmerhaushalte und PendlerInnen nach Berechnungen der Arbeiterkammer heuer die »Eine-Milliarde-Euro-Schallmauer« durchbrechen. Mindestens 240 Millionen davon fließen in die Kassen des Finanzministers. Das bedeutet auch, dass allein diese Mehrausgaben die Effekte der Steuerreform 2005, die für die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen zusammen 975 Millionen Euro gebracht haben, auffressen werden.

Die Arbeiterkammer fordert daher ein Entlastungspaket in der Höhe von einer Milliarde Euro, das unter anderem aus den Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer und aus den Mitteln der erhöhten Energieabgaben zu finanzieren ist. Zum Entlastungspaket gehören die Erhöhung und Neugestaltung des Pendlerpauschales, die Erhöhung des Verkehrsabsetzbetrages und des Kilometergeldes ebenso wie die Förderung von längerfristigen Energiesparmaßnahmen sowie die Verbesserung und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

Kernpunkte des Forderungspaketes:

Verkehrsabsetzbetrag Neu: 600 Millionen Euro für die Erhöhung des Verkehrsabsetzbetrages Neu. Der Verkehrsabsetzbetrag wird allen ArbeitnehmerInnen automatisch von der Lohnsteuer abgezogen - egal, ob sie pendeln müssen oder nicht. Eine Anhebung bewirkt also eine Steuersenkung für alle ArbeitnehmerInnen. Derzeit beträgt der Verkehrsabsetzbetrag 291 Euro und wurde seit seiner Einführung 1989 nicht mehr erhöht. Die Arbeiterkammer fordert eine Erhöhung um 180 Euro auf 471 Euro und eine Ausstattung mit Negativsteuerwirkung, damit auch BezieherInnen kleiner Einkommen, die wenig oder keine Lohnsteuer zahlen, in den Genuss dieser Entlastung kommen.

Pendlerabsetzbetrag Neu: Die »kleinen« und »großen« Pendlerpauschalien sollen in einen einheitlichen Pendlerabsetzbetrag Neu umgewandelt und um 300 Millionen Euro aufgestockt werden. Die derzeitigen Pauschalien mindern die Steuerbemessungsgrundlage, nach der Umwandlung in einen Absetzbetrag kann dieser direkt von der Steuer abgezogen werden. Der Pendlerabsetzbetrag Neu wird ebenfalls mit einer Negativsteuerwirkung ausgestattet.

Die Umwandlung bringt mehr Geld für alle PendlerInnen, wobei BezieherInnen kleiner Einkommen und NutzerInnen öffentlicher Verkehrsmittel (diese können derzeit de facto nur das »kleine« Pauschale geltend machen) im Vergleich zum derzeitigen System am stärksten profitieren.

Kilometergeld: Um insgesamt 30 Millionen soll das Kilometergeld auf 42 Cent erhöht werden.

Energiesparmaßnahmen: Mit 70 Millionen sollen notwendige Energiesparmaßnahmen gefördert werden, um gezielt den Energieverbrauch zu senken.

Öffentlicher Nahverkehr: Zur Sicherung der Mobilität müssen in den öffentlichen Verkehr deutlich mehr Finanzmittel fließen. Den PendlerInnen muss ein Angebot bereitgestellt werden, das sich an ihren Bedürfnissen und vor allem an ihren Arbeitszeiten orientiert und zu fairen und sozial gerechten Preisen angeboten wird.

 

1) www.arbeiterkammer.at
2) www.bmwa.gv.at
3) www.handelsblatt.com


F A Z I T

Die von der AK vorgeschlagenen Maßnahmen würden nicht nur das Einkommen der ArbeitnehmerInnen sichern und deren Kaufkraft stärken. Sie schaffen auch wichtige Impulse, um das Wachstum der Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

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