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Äthiopien: Menschenrechtliche Katastrophe

INTERNATIONAL

Unbemerkt von der Weltöffentlichkeit findet in Äthiopien eine menschenrechtliche Katastrophe statt.

Aus Protest gegen Wahlfälschungen bei den Parlamentswahlen im Mai 2005 hat die Opposition Ende Oktober zu friedlichen Aktionen des zivilen Ungehorsams und Protestkundgebungen aufgerufen.

Mehr als 100 Tote, 20.000 vermisst

Die Regierung und die Polizei antworteten mit brutaler Gewalt: Mehr als 100 Demonstrationsteilnehmer wurden in den vergangenen Wochen erschossen und bei den darauf folgenden Massenverhaftungen tausende Personen inhaftiert. Mehr als 20.000 Personen gelten als »vermisst«.

Praktisch die gesamte Führung der Opposition wurde festgenommen. Der gewählte und amtierende Bürgermeister der Hauptstadt Addis Abeba, Dr. Berhanu Nega, wurde brutal geschlagen und verhaftet.

Der 75-jährige Leiter der unabhängigen äthiopischen Menschenrechtskommission »Ethiopian Human Rights Council« (EHRCO), Prof. Mesfin Wolde Mariam, wurde misshandelt und schwebt in Lebensgefahr.

Pressefreiheit?

Um eine kritische Berichterstattung zu unterbinden wurden unabhängige Journalisten verhaftet. Kifle Mulat, Vorsitzender des äthiopischen Journalistenverbandes der Freien Presse und Gewinner des Medienpreises von amnesty international »Special Award for Human Rights Journalism Under Threat« 2004, wurde im staatlichen Fernsehen mit 30 weiteren prominenten Vertretern der Zivilgesellschaft für die Gewalt im Lande verantwortlich gemacht und zur Fahndung ausgeschrieben.

Hintergrund der derzeitigen Proteste sind die umstrittenen Parlamentswahlen vom 15. Mai 2005, in denen die Opposition - trotz Wahlfälschungen - relativ große Stimmengewinne erzielte. Besonders bitter für die Regierung war die Niederlage in Addis Abeba, wo die Opposition mit großer Mehrheit die Wahlen gewann.

Die regierende Partei hat den massiven Stimmenverlust offensichtlich nicht erwartet und reagiert mit Repression und Verfolgung der Opposition. Bereits im Juni 2005 gab es Demonstrationen gegen die Wahlfälschungen, bei denen mehr als 40 Personen getötet wurden.

Ablenkungsmanöver

Premierminister Meles Zenawi hat bei seinem Besuch in Deutschland Anfang November versucht, das brutale und undemokratische Vorgehen der Regierungstruppen zu vertuschen und die Aufmerksamkeit auf einen drohenden Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien zu lenken. Er hat die Übergriffe und Tötungen durch seine Sondertruppen in der Hauptstadt und weiteren Großstädten Äthiopiens - in denen die Regierungspartei die meisten Stimmen verloren hat - verteidigt und weitere Maßnahmen angekündigt.

In Österreich lebende Äthiopier und Austro-ÄthiopierInnen haben bei Demonstrationen am 9. und 29. Juni sowie am 9. November 2005 ihre Bestürzung, Trauer und Besorgnis über die Ereignisse in Äthiopien geäußert. Praktisch jede/
jeder von ihnen hat Familie, Verwandte und Freunde in Äthiopien, die sich aus Angst vor willkürlichen Verhaftungen nicht mehr auf die Straße wagen können, die erzählen, dass Frauen und Kinder erschossen werden und das Schicksal vieler Bekannter ungewiss ist.

Apell: Stoppt das Töten!

Die Vorsitzende der EU-Wahlbeobachterkommission in Äthiopien, Ana Gomes, richtete am 2. November einem dringenden Appell an die Regierungen der Europäischen Union: »Stoppt das Töten von Äthiopiern, die daran glauben, dass Demokratie in Äthiopien möglich ist!«

Die Europäische Union hat die Regierung Äthiopiens am 4. 11. 2005 aufgefordert, Zurückhaltung im Umgang mit der innenpolitischen Opposition walten zu lassen. EU-Chefdiplomat Javier Solana ließ dem äthiopischen Regierungschef Meles Zenawi durch eine Sprecherin am 4. 11. 2005 ausrichten, die Europäische Union sei »zutiefst besorgt« über die Unruhen in Äthiopien. Er bedauerte die Verhaftung von Oppositionspolitikern und »übermäßige Gewaltanwendung« der Sicherheitskräfte bei der Niederschlagung von Demonstrationen.

Äthiopien ist ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Es ist zu hoffen, dass auch die österreichische Regierung und andere einflussreiche Stellen auf die äthiopische Regierung einwirken, bevor noch mehr Menschen sterben müssen, Äthiopien im Chaos versinkt oder ein diktatorisches Regime etabliert wird.

Esayas Berhanu-Endeshaw

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