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Ergebnisse der Fallstudien

Unternehmensübernahmen - Veränderte Standorte, geforderte Betriebsräte und verunsicherte Beschäftigte

HINTERGRUND

Die Unternehmenslandschaft ist in den letzten Jahren durch Übernahmen und Fusionen massiv verändert worden. Die Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der übernommenen Unternehmen und die Herausforderungen für die Belegschaftsvertretungen waren Thema eines Workshops im Rahmen der IFAM-Reihe »Arbeitswelt in Bewegung«.

Vodafone übernimmt Mannesmann!, ›T-Mobile übernimmt telering!‹, ›Siemens übernimmt VA-Tech!‹ - das sind alles medienwirksame Meldungen der letzten Jahre bzw. Monate, an die man sich sicher noch erinnern kann. Übernahmen und Fusionen sind eben oft spektakulär und werden daher stärker wahrgenommen als andere Umstrukturierungsaktivitäten.«

Mit diesen Worten eröffnete Agnes Streissler, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK Wien, im November 2005 einen Workshop, der sich mit den Auswirkungen von Übernahmen auf die übernommenen Unternehmen, deren Belegschaften und den Standort Österreich befasste. Belegschaftsvertretungen und Interessierte diskutierten dabei mit Wissenschaftern und Betroffenen. Ausgangspunkt des Workshops war eine von der AK Wien in Auftrag gegebene Studie wien.arbeiterkammer.at  die anhand von sieben Fallbeispielen diese Fragen analysierte. Wie Agnes Streissler in ihrem Einleitungsreferat weiter ausführte, finden Umstrukturierungen in Unternehmen allerdings nicht nur durch Übernahmen statt, sondern noch viel häufiger durch Outsourcing, Ausgliederung, Rationalisierung, Organisationsveränderung, Verlagerung, etc. Viel seltener wird von solchen tagtäglichen Umstrukturierungen in der Öffentlichkeit groß berichtet.

Die wichtigsten Fragen, die sich für ArbeitnehmerInnenvertretungen bei Fusionen und Übernahmen stellen, betreffen die Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich und damit auf die Beschäftigten in Österreich. In diesem Zusammenhang verfolgt die AK seit Jahren sehr kritisch auch die Privatisierungspolitik der Regierung, da diese auf standortpolitische Überlegungen wenig Rücksicht nimmt, sondern - vor allem um Budgetlöcher zu stopfen - im Eiltempo die verbleibenden Staatsanteile verkauft.

Mode?

Warum kommt es überhaupt zu Übernahmen von Unternehmen? Sinnvollerweise dann, wenn tatsächlich strategische Überlegungen zur zukünftigen Entwicklung von Unternehmen diesen Schluss nahelegen (Markterweiterungen, sich ergänzende Unternehmensschwerpunkte, Wissensverstärkung, Nutzung von Größenvorteilen, ...). Nur allzu häufig kann man sich aber nicht des Eindrucks erwehren, dass Übernahmeaktivitäten von Managements dazu benutzt werden, um Umsätze aufzublähen und damit Wachstumsprobleme zu verstecken, oder auch um schlicht und einfach das übergroße Ego mancher Manager zu befriedigen, die sich gern tagelang als Stars in den Medien sehen wollen.

Darüber hinaus gibt es natürlich auch gewisse Modeströmungen und Nachahmungseffekte. Im Blickpunkt des kurzfristigen Medieninteresses steht dann meistens, wie sich die kurzfristigen Aktienkurse entwickeln, welche Sparte bald weiter verkauft wird oder wie der neue Vorstandsvorsitzende heißen wird.

Wie sich langfristig die Entwicklung darstellt und welche Konsequenzen es für die Beschäftigung gibt, dringt kaum ins Bewusstsein der öffentlichen Berichterstattung - da sich das mitunter ja erst nach Jahren zeigt.

Betrachtet man die Entwicklung der Zahl von Übernahmen, so sieht man, dass diese in der Vergangenheit - und besonders in den letzten 25 Jahren - stark schwankten. Der Film »Wall Street« mit Michael Douglas stand wohl stellvertretend für den Übernahmehype der Achtzigerjahre.

Die Situation beruhigte sich dann etwas und nahm dann seit Mitte der Neunzigerjahre wieder stark zu. Im Jahr 2000 kam es zu einem Höhepunkt mit ca 30.000 Übernahmen weltweit. Das betraf Firmenwerte in der Höhe von unvorstellbaren 3,5 Billionen Dollar (eine Billion ist eine Eins mit zwölf Nullen), die den Besitzer wechselten. Das entspricht in etwa der Summe des Bruttoinlandsproduktes von Deutschland und Großbritannien zusammengenommen. In der Folge wirkte sich nach 2000 die Börsenkrise auch auf die Zahl der Übernahmen aus - bis 2003 waren es »nur mehr« 20.000 Transaktionen weltweit (mit einem Wert von »nur mehr« 1,2 Billionen Dollar). Seit 2004 sehen wir wieder ein Steigen der Übernahmeaktivitäten. Im ersten Halbjahr 2005 gab es bereits weltweit 12.400 abgeschlossene Transaktionen.

Was bringen Unternehmensübernahmen wem?

Erst vor einigen Jahren hat Prof. Tichy eine Studie im Auftrag der AK erstellt, die den wirtschaftlichen Erfolg von Übernahmen anhand internationaler Literatur analysierte. Und siehe da: Übernahmetransaktionen vernichten nur allzu häufig Werte (auch wenn man rein marktwirtschaftlich an die Frage herangeht). Die Kurse derartiger Unternehmen entwickeln sich schlechter als die Kurse vergleichbarer Mitbewerber. Wenn man einige Jahre nach der Übernahme diese Unternehmen betrachtet, so sind auch die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen mehr als bescheiden. Nur bei einem Bruchteil steigen die Gewinne und die Produktivität. Jedes dritte übernommene Unternehmen wird mittel- bis längerfristig sogar wieder verkauft. Ein Verlierer steht dabei fast immer fest: gesenkt werden Beschäftigung und Personalkosten, gesteigert wird der Arbeitsdruck.

Abenteuer

Auch neuere Untersuchungen bestätigen nach wie vor diese Ergebnisse: So haben die Unternehmensberaterfirmen KPMG und Price-Waterhouse-Coopers festgestellt, dass zwei von drei Zusammenschlüssen nicht den richtigen Erfolg bringen. Der Grund dafür ist, dass die Kosten und Widerstände derartiger Transaktionen unterschätzt werden, während die so genannten Synergieeffekte überschätzt werden. Ganz ähnliche Ergebnisse brachte eine Studie von den Unternehmensberatern Bain & Company, wobei diese noch ein höchst irritierendes Zusatzergebnis brachte: Nur 60% der befragten verantwortlichen Manager gaben an, sich vorher bereits strategisch überlegt zu haben, wie und auf welche Weise die Integration des übernommenen Unternehmens erfolgen solle. Man stelle sich das vor: vier von zehn Unternehmen gehen in derartige Abenteuer praktisch »auf gut Glück« hinein! Ausbaden müssen das in aller Regel die ArbeitnehmerInnen: Arbeitsplatzverluste, Einkommensverluste, höhere, oft unerreichbare Anforderungen an Flexibilität, etc. sind die Folgen. Sollten sich Übernahmen manchmal doch als wertsteigernd herausstellen, gehen die Gewinne, die dabei lukriert werden, wohl in den seltensten Fällen an die ArbeitnehmerInnen - sondern an Management und Eigentümer.

Verteilung der Gewinne?

Die ArbeitnehmerInnenvertretungen wollen und werden daher in Zukunft noch mehr Augenmerk auf die Frage legen, wie sich auch bei den halbwegs erfolgreichen Übernahmen die Gewinne verteilen: Werden längerfristige Produktivitätssteigerungen und Gewinnsteigerungen auch mit den Beschäftigten geteilt oder gewinnen ausschließlich Management und Eigentümer? Unbestrittene Gewinner von Fusionen sind jedenfalls die Anwälte, die Investmentbanken und die Spekulanten, die auf die kurzfristigen Kursschwankungen rund um die Übernahme wetten. Besonders bedenklich ist die Entwicklung, wenn reine Finanzinvestoren Übernahmen tätigen und nur an der kurzfristig realisierbaren Rendite interessiert sind. Die gekauften Unternehmen werden dabei oftmals auseinander genommen (filetiert), jeder Unternehmenswert einzeln verkauft und in der Folge der Rest des Unternehmens abgestoßen. Derartiges Vorgehen erhöht weder die Wettbewerbsfähigkeit noch die Standortqualität, da die Unternehmenskultur und mit ihr die Motivation der MitarbeiterInnen vollkommen untergraben werden.

Rosine oder Zitrone

Christian Bellak und Wilfried Altzinger von der Wirtschaftsuniversität Wien stellten in ihrem Vortrag die Ergebnisse der von ihnen untersuchten sieben Fallbeispiele von Übernahmen in Österreich dar. Vorneweg muss dabei betont werden, dass sich die Analysen der Fallbeispiele neben anderen Recherchequellen vor allem auch auf Befragungen, sowohl des betroffenen Managements als auch der Betriebsratskörperschaften, stützen. Diese Methode führte zwangsläufig dazu, dass man eine Fülle von sonst nicht zugänglichen »Internas« erfuhr. Dadurch ergab sich auf der anderen Seite aber die Notwendigkeit, die Einzelfälle nur anonymisiert zu veröffentlichen. Auch eine Verzerrung bei der Auswahl der Unternehmen in Richtung »prinzipiell geglückte Übernahmen« war eine Folge der Interviewmethode: Diejenigen Unternehmen, bei welchen die Übernahme eher problematisch verlaufen ist, lehnten ein Interview ab und konnten daher nicht in die Studie aufgenommen werden. Schon aus diesem Grunde dürfen die zusammenfassenden Ergebnisse der Fallstudien daher keinesfalls verallgemeinert werden.

In der Studie werden zwei Arten von Übernahmen unterschieden: Man übernimmt Rosinen oder Zitronen. Die Rosinen stehen für erfolgreiche Unternehmen, die Zitronen für Unternehmen, die bereits in einer Krise stecken oder konkursgefährdet sind. Beides kann sich auf Sicht als rentabel - oder auch als unrentabel - für den Übernehmenden erweisen, beides hat in jedem Fall Folgen auf die Arbeitsplatzsituation.

Österreichische Rosinen

Die in der Studie analysierten sieben heimischen Unternehmen stammen aus den Branchen Tabak, Getränke, Holz, Werkzeugmaschinen, Automobilhersteller und -zulieferer, Automobilzulieferer im Textilbereich und Gebäudeautomation. Alle entstammen damit dem industriellen Sektor. Die Übernahmen erfolgten alle im Zeitraum 1998 bis 2003. Die übernommenen Unternehmen sind alle auch regional gesehen von wirtschaftspolitischer und arbeitsmarktpolitischer Bedeutung, da sie jeweils zumindest einige hundert ArbeitnehmerInnen beschäftigen. Hauptaugenmerk bei den Recherchen liegt auf den konkreten Restrukturierungsmaßnahmen seit den jeweiligen Übernahmen. Untersucht wurden folgende Aspekte: Assets (interessante Aktivposten) der übernehmenden bzw. übernommenen Unternehmen, Art der Übernahme, Restrukturierungsprozess und Folgen für die Beschäftigten (Schaubild).

Sieben Übernahmen

Von den sieben Übernahmen waren vier Übernahmen durch ausländische multinationale Konzerne, zwei Unternehmen wurden von anderen österreichischen Unternehmen übernommen und eine Übernahme vollzog sich in zwei Etappen: zuerst Übernahme durch einen Konzern - in weiterer Folge wurde der ganze Konzern von einer US-Fondsgesellschaft übernommen.

Alle vier Übernahmen durch Multis (Tabak, Getränke, Holz, Automobilhersteller und -zulieferer) betrafen österreichische Rosinen, die beiden österreichischen Übernahmen (Werkzeugmaschinen, Automobilzulieferer im Textilbereich) betrafen angeschlagene Unternehmen.

Bei der Übernahme durch eine US-Fondsgesellschaft (Gebäudeautomation) wurde von dieser ein angeschlagener deutscher Konzern übernommen, bei dem die österreichische Tochter ein Glanzstück ist.

Wohin geht die Reise?

In den untersuchten Fallbeispielen war »für die weitere Entwicklung des österreichischen Standortes vor allem die Ausgangsposition des übernommenen Unternehmens wesentlich«, fassen die Studienautoren Altzinger und Bellak zusammen. »Auch die Intention der neuen Eigentümer und ihr Reorganisationskonzept sind entscheidend.« Da in den Fallbeispielen die ausländischen Übernahmen besonders die Rosinen betrafen, spielte die Nationalität des neuen Eigentümers keine wesentliche negative Rolle in diesem Prozess.

Aus den umfassenden Studienergebnissen sei ein Detail herausgegriffen: Alle untersuchten Übernahmen hatten natürlich Auswirkungen auf die Belegschaften. Dort, wo nach dem Eigentümerwechsel der österreichische Standort gestärkt wurde (in der Regel bei den Rosinen - mit Fragezeichen bei der Tabakübernahme), haben sich die Beziehungen zwischen Belegschaft und Geschäftsführung verbessert - und das, obwohl es gestiegene Anforderungen hinsichtlich Arbeitszeiten oder Qualifikation gab, also eigentlich Konfliktpotenzial. Christian Bellak, einer der Studienautoren, streicht hervor, dass die Übernahmen vor allem für die gering qualifizierten Beschäftigten große Folgen hatten. Hervorzuheben ist auch, dass die österreichischen Verkäufer bzw. Verhandlungspartner eine wichtige Rolle spielen. Starke, engagierte Verhandler waren eher in der Lage, günstige Verhandlungsergebnisse für den österreichischen Standort zu erzielen bzw. auch einen angemessenen Verkaufspreis zu erzielen. Für die im Rahmen der Privatisierung verkauften Unternehmen im Bereich Tabak und Automobilherstellung ist dies nicht festzustellen.

Gute Netzwerke als Erfolgsfaktor für den Betriebsrat

Alois Schlager, Betriebsratsvorsitzender bei CNH Österreich in St. Valentin/Oberösterreich und Mitglied des Europäischen Betriebsrates bei Fiat berichtete aus der Praxis einer bewegten Unternehmensgeschichte. Nachdem das Unternehmen 1996 an die Firma Case verkauft wurde, kam sie 1999 über eine Fusion in den Unternehmensverband der Fiat-Gruppe. Der Eingliederungsprozess gestaltete sich anfangs durchaus als schwierig, da sich die Produktpalette zum Teil überschnitt.

Die dadurch ausgelösten Bereinigungen und der zunehmende Trend zur Zentralisierung verschiedener Unternehmensfunktionen hat längerfristig doch zu einer Reduktion der Beschäftigung geführt. Fiat beschäftigt weltweit 120.000 Menschen, rund 420 in Österreich. Schlager: »Wir sind ein kleiner Teil in einem riesigen Konzern, sehen uns im vorhin beschriebenen Sinn aber durchaus als Rosine.«

Facharbeit

Wesentlicher Vorteil sei die hohe Qualität der Facharbeit in Österreich. Der Druck, den vergleichsweise winzigen österreichischen Standort zu verlagern, ist daher eher gering. Dennoch ist es wichtig, sich schon jetzt gute Netzwerke aufzubauen. Wenn zum Beispiel die Entscheidung für eine neue Produktion zugunsten von St. Valentin ausfällt, dann bedeutet das natürlich anderswo Verluste oder Einschnitte. In solchen Fällen sind Europäische Betriebsräte, oder wenn es die aus verschiedenen Gründen nicht gibt, gute Netzwerke enorm wichtig. »Man braucht eine gute Basis für gegenseitiges Vertrauen, eine gemeinsame Linie. Dann kann man im Anlassfall auch gemeinsame Aktionen machen«, sagt Schlager.

Große Herausforderungen für Mitbestimmung

Damit spricht Schlager einen Punkt an, der von allen ReferentInnen, in der Studie und auch in der Publikumsdiskussion immer wieder zur Sprache kommt. Übernahmen erfolgen in der globalisierten Wirtschaft längst über Ländergrenzen hinweg. Die Übernahme eines Unternehmens gibt praktisch immer Anlass, die Arbeitsverteilung im neu entstehenden Konzerngeflecht umzustrukturieren und neu zu ordnen. Globale und technische Vernetzung erlauben es, diese Arbeitsverteilung inzwischen immer stärker über den gesamten Globus hinweg durchzuführen.

Länder mit den (vordergründig) günstigsten Arbeitskosten und den niedrigsten Steuern profitieren (zumindest fürs Erste), die hoch entwickelten Industrieländer Westeuropas verlieren dabei immer häufiger diese Wettrennen. Die ArbeitnehmerInnenvertretungen (Betriebratskörperschaften, Gewerkschaften, AK) sehen sich daher einer zunehmend schwierigeren Aufgabe gegenüber, diesen Prozess zu begleiten. Nicht nur wird die Welt laufend komplexer, die meist internationalen Dimensionen bringen völlig neue Herausforderungen.

Hier sind neue Formen der Mitbestimmung gefragt - diese darf nicht an nationalen Grenzen enden, sondern wir müssen international schlagkräftige Modelle entwickeln. Innovative Mitbestimmungsmodelle werden in Zukunft auch deshalb wichtiger werden, als ja auch auf gesellschaftsrechtlicher Ebene grenzüberschreitende Umstrukturierungsaktivitäten immer mehr erleichtert werden, Stichwort Europäische Aktiengesellschaft. Und nicht auf der Strecke bleiben darf dabei ein den Gewerkschaften nicht unbekanntes Prinzip: das der Solidarität und insbesondere der internationalen Solidarität.

Was kann der Europäische Betriebsrat dazu beitragen?

Mit welchem Erfolg oder auch Misserfolg der Europäische Betriebsrat (EBR) zu diesen Herausforderungen beiträgt, darauf ging Hermann Kotthoff von der Technischen Universität Darmstadt bei seiner Präsentation ein.

Die EBR-Richtlinie gibt es nunmehr seit 1994. Sie schreibt die Gründung eines EBR in Unternehmen vor, die mindestens 1000 ArbeitnehmerInnen haben, und zwar in je zwei EU-Mitgliedsstaaten mindestens 150 Beschäftigte. Die Rechte des EBR beschränken sich praktisch auf die der Information und Konsultation. Bislang haben etwa ein Drittel der etwa 1800 in Frage kommenden Unternehmen einen EBR.

In welcher Form die EBR in der Praxis arbeiten, welche Strategien sie wählen und in welchem Ausmaß sie Einfluss auf die Unternehmenspolitik, auf Umstrukturierungen auszuüben in der Lage sind, hat sich Kotthoff an zwölf Konzernen genauer angesehen: In fast allen EBR hat sich der kooperative Betriebsratsstil gegenüber dem eher konfliktorientierten Stil durchgesetzt. In einem Viertel der Fälle hat der EBR eine Wirksamkeit erlangt, die weit über Information und Konsultation hinausgeht - in Richtung tatsächliches Mitwirkungsgremium.

In einem weiteren Viertel hat der EBR Vorsitzende aufgrund einer gleichzeitig starken nationalen Stellung gewissen Fürspracheeinfluss für die ausländischen Standorte. In der Hälfte der Konzerne ist der EBR (noch) nicht zu einem unternehmenspolitisch relevanten Faktor geworden.

Soweit eine kurze Zusammenfassung. Weitere interessante Ergebnisse, Begründungen und Thesen von Prof. Kotthoff werden in einer der nächsten A&WAusgabe im Detail vorgestellt werden.

I N F O

Handlungsmöglichkeiten für BetriebsrätInnen bei Übernahmen

Aus den Diskussionen versuchte Heinz Leitsmüller, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft der AK Wien, am Ende des Workshops einige wichtige Erkenntnisse zusammenzufassen und Ansatzpunkte für Handlungsmöglichkeiten von BetriebsrätInnen aufzuzeigen:

  • Da bei einer Übernahme mit den lokalen Managements nur über das »Wie« verhandelt werden kann, muss alles versucht werden, an das tatsächliche Entscheidungszentrum heranzukommen.
  • Da die Entscheidungen monatelang im kleinen Kreis vorbereitet werden und dann eine rasche Umsetzung ohne Einbeziehung der Belegschaften erfolgt (Bombenwurftaktik), muss der Betriebsrat bereits im Vorfeld jede Möglichkeit (informelle Netzwerke, Aufsichtsräte, Medien, ...) nützen, um Einfluss auszuüben.
  • Um Zeit zu gewinnen, bieten sich auch formale Anforderungen an, die genützt werden sollten (Aufsichtsratssitzungen, Gutachten, Beschlüsse, ...)
  • Mit Argumenten in Richtung »Sorgfaltspflicht«, »Verantwortung«, »wirtschaftliche Prämissen«, »Businesspläne« usw. kann auch bei Eigentümervertretern im Aufsichtsrat einiges erreicht werden.
  • Da die Auswirkungen von Übernahmen oft erst nach Jahren eintreten, können die Folgen von Übernahmen nur durch einen mittelfristigen »Zukunftsvertrag« beeinflusst werden.
  • Bei Übernahmen gibt es immer Gewinner und Verlierer:
    Daher ist die Position von Betriebsräten schwierig.
    Es sollten internationale Netzwerke aufgebaut werden, Vertrauen geschaffen werden.
    Solidarität statt Einzelkämpfertum ist dabei die Devise.

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