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Beitrag der Gewinnsteuern zum Gesamtabgabenaufkommen in %
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Steuerliches Missverhältnis

Global statt feudal

SCHWERPUNKT

Einer der vielen Systemfehler der gegenwärtigen Globalisierung liegt darin, dass ausgerechnet ihre Gewinner immer weniger Steuern zahlen.

Die Besteuerung von Vermögen, Gewinnen und Kapitaleinkommen geht weltweit zurück, ihr Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls - Schulen, Krankenhäuser, Trinkwasser - sinkt dramatisch. Warum ist das so? Ein Grund liegt im immer schärferen Steuerwettbewerb, der seinerseits eine Folge des freien Kapitalverkehrs ist: Unternehmensgewinne, Privatvermögen und Kapitaleinkommen können sich aufgrund ihrer globalen Bewegungsfreiheit zunehmend der Steuerpflicht entziehen. Der freie Kapitalverkehr ist jedoch nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde bewusst eingerichtet - mit internationalen Abkommen und nationalen Gesetzen.

Attraktive Plätzchen

Dahinter standen mächtige Interessen: Wenn das Kapital aus seinem nationalen »Gehege« ausbrechen und sich global frei bewegen kann, kann es sich das attraktivste Plätzchen aussuchen - und dabei wählerisch werden. Die Standorte geraten dadurch in einen Wettbewerb um die Gunst des Kapitals und überbieten sich darin, seine Wünsche zu erfüllen. Sie senken die Steuersätze auf Gewinne, Vermögen und Kapitalerträge, achten auf niedrige Inflation und hohe reale Finanzrenditen. Seit Anfang der Achtzigerjahre sind die durchschnittlichen Steuern auf Unternehmensgewinne in den »EU-15-Ländern« von 45 auf rund 30 Prozent gesunken, die Spitzensteuersätze der Einkommensteuer von 62 auf 48 Prozent und die durchschnittliche Besteuerung von Zinserträgen von 48 auf 33 Prozent. Ausgerechnet die Gewinner der Globalisierung tragen somit immer weniger zur Finanzierung des Gemeinwohls bei.

Tobender Wettbewerb

Selbst innerhalb der Europäischen »Gemeinschaft« tobt der fiskalische Wettbewerb, am schärfsten bei den Unternehmensgewinnen: Österreich wirbt - mit Inseraten einer Regierungsagentur - aggressiv Unternehmen aus Deutschland ab, Bayern lockt Unternehmen aus Österreich weg. Letzter »Coup« Österreichs im fiskalischen Wettabrüsten war die Senkung der Unternehmensgewinnsteuer von 34 auf 25 Prozent und die Einführung der Gruppenbesteuerung ab 2005. Laut der Unternehmensberatungsfirma PWC wird die Körperschaftsteuer dadurch zu einer »freiwilligen Abgabe«. Für deren Kollegen von der KPMG ist Österreich nun eine »Steueroase« (siehe Grafik 1: »Beitrag der Gewinnsteuern zum Gesamtabgabenaufkommen«).

Wie lange der österreichische »Vorsprung« halten wird ist fraglich: In der Slowakei werden schon heute 19 Prozent eingehoben, in Ungarn 16 Prozent, in Irland 12,5 Prozent, in Zypern zehn Prozent. Estland stellt reinvestierte Gewinne ausländischer Investoren steuerfrei. Hält dieser Wettlauf noch einige Jahre an, werden in der EU die Unternehmen bald gar keine Steuern mehr bezahlen. Und das, obwohl sich die Gewinne auf Rekordniveau befinden. In Österreich ist es seit 25 Jahren ständig angestiegen, die DAX-Unternehmen steigerten ihren Gewinn 2004 um sagenhafte 88 Prozent. Vor allem große Konzerne nützen die Möglichkeit, Gewinne in Niedrigsteuerländer oder Steueroasen zu verschieben. 2001 zahlte von sieben in München niedergelassenen DAX-Unternehmen nur ein einziges Steuern.

Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU), denen diese Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, erleiden dadurch einen gravierenden Wettbewerbsnachteil. Der Rechnungshof hat berichtet, dass KMU gemessen am Umsatz sechsmal höhere Steuerleistung erbringen als multinationale Konzerne. Die Verschiebung der Steuerlast findet also nicht nur vom Faktor Kapital zum Faktor Arbeit statt, sondern auch von den Großunternehmen zu den klein- und mittelständischen Unternehmen, dem »Rückgrat der regionalen Wirtschaft« und Arbeitsplatz-Motor.

Entsteuertes Vermögen

Noch schmerzhafter für die Staatskassen ist die Entsteuerung von Vermögen. Die Statistik (siehe Grafik 2: »Beitrag zum Vermögenssteuern zum Gesamtabgabenaufkommen«) zeigt, dass Österreich das Industrieland ist, wo die Vermögenssteuern am wenigsten zur Staatsfinanzierung beitragen. An der Steuerbasis liegt es nicht: 1970 machten die Finanzvermögen der Privathaushalte 70 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt aus, 2005 waren es bereits 140. Gemäß dem »Leistungsfähigkeitsprinzip« - jeder und jede entrichtet nach ökonomischer Kraft Steuern und Beiträge - müsste der Beitrag der Vermögenssteuern am Gesamtsteueraufkommen deutlich gestiegen sein. Bloß: Er ging laut OECD-Steuerstatistik um zwei Drittel zurück, von 3,7 Prozent 1965 auf 1,3 im Jahr 2004.

Die Spitze des Steuerwettbewerbs bilden Steueroasen. Nach verschiedenen Schätzungen bunkern die »High Net Worth Individuals«, also Personen mit mindestens einer Million US-Dollar Finanzvermögen, ein Drittel ihres Schatzes in Steueroasen, das wären rund zehn Billionen US-Dollar. Der daraus erwachsende Steuerausfall wird auf 200 bis 300 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Gravierende Folgen

Die systematische Entsteuerung von Gewinnen, Kapitaleinkommen und Vermögen hat gravierende Folgen. In einer ersten Phase, solange die Höhe der Steuern und Abgaben insgesamt nicht zurückgeht, müssen die Steuerausfälle aus anderen Steuerquellen wettgemacht werden. Die »immobilen«, also nicht fluchtfähigen Faktoren Arbeit und Konsum kommen über Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge und Mehrwertsteuer zum Handkuss. Diese Entwicklung ist nicht nur eine Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips, sie hat auch den gravierenden Effekt, dass die große Masse der kleinen und mittleren Einkommensbezieher angesichts des »Vorbilds« der Reichen ebenfalls die Lust am Steuerzahlen verliert und unbedacht in den Ruf nach einer generellen Senkung der Abgabenquote einstimmt. Dass sie aber die Hauptleidtragenden sind, wenn sich der Staat aus den Bereichen Bildung, Gesundheit und Alterssicherheit zurückzieht, übersehen sie dabei.

Die Senkung der Abgabenquote und der Rückzug des Staates ist das Kernziel des Neoliberalismus. Der Steuerwettbewerb wird deshalb auch bewusst veranstaltet, um einen Hebel für Sozialabbau und Privatisierungen in die Hand zu bekommen. Neoliberale Ökonomen und Ökonominnen begrüßen den Steuerwettbewerb mit der Begründung, dass dadurch die Staaten zu höherer »Budget-Disziplin« gezwungen werden. Das ist ein undemokratisches Argument: Wenn die Bevölkerung eine sinkende Staatsquote mit allen Konsequenzen will, muss sie dafür politisch kämpfen. Sachzwänge dürfen Demokratie nicht ersetzen.

Seit 1999 befinden sich die Abgabenquoten der EU-15 auf Sinkflug: Die Staaten werden schlanker. Deutschland speckte von 43 Prozent im Jahr 2000 auf 39,6 im Jahr 2005 ab; Österreich von 45,4 Prozent (2001) auf 42,1 im Jahr 2005. Der Steuerwettlauf engt somit den budgetären Spielraum bereits ein. Österreichs Bundeskanzler will die Abgabenquote weiter auf 33 Prozent senken, meldete »Die Presse« am 11. Mai 2005.

Das würde gegenüber dem aktuellen Stand ein Sparpaket von 20 Milliarden Euro bedeuten. Vom öffentlichen Bildungs-, Gesundheits- und Pensionssystem bliebe dann nicht viel übrig.

Arme Reiche

Wir erleben gerade das Paradox, dass Deutschland und Österreich volkswirtschaftlich immer reicher und gleichzeitig wirtschaftspolitisch arm geredet werden: »Wir können uns das nicht mehr leisten. Wir müssen sparen«, tönt es allerorts, obwohl Wirtschaft und Volkseinkommen unaufhörlich wachsen.

In Österreich trugen Gewinn- und Vermögenssteuern 2002 mit 6,4 Prozent nur halb soviel zum Gesamtabgabenaufkommen bei wie bei gleich reichen Ländern. Würde die Besteuerung auf OECD-Schnitt angehoben, flössen mehr als sieben Milliarden Euro zusätzlich in die Staatskassen. Der Budgetüberschuss wäre ungefähr so hoch wie das aktuelle Defizit (siehe Grafik 3: »Steuerliches Missverhältnis«).

Geld ist also genug da, Österreich ist so reich wie nie zuvor in seiner Geschichte. Die entscheidende Frage ist, ob dieser Reichtum zur Finanzierung des Gemeinwohls herangezogen wird oder nicht. Im Folgenden wird gezeigt, was gegen Steuerwettlauf, Steuerungerechtigkeit und leere Staatskassen gemacht werden kann.

Leistungsfähigkeitsprinzip

Voraussetzung aller Maßnahmen ist die Wiederherstellung von Steuergerechtigkeit im Sinne des Leistungsfähigkeitsprinzips: Jeder und jede soll gemäß ihrer Einkommens- und Vermögenssituation Steuern leisten. Dieses Prinzip wurde bereits in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 verankert. Artikel 13 lautet: »Für die Unterhaltung der öffentlichen Gewalt und für die Verwaltungsausgaben ist eine allgemeine Abgabe unerlässlich: Sie muss auf alle Bürger, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, gleichmäßig verteilt werden.« Dieser Artikel kam nicht von ungefähr: Vor der Revolution waren Adel und Klerus, der erste und zweite Stand, im Gegensatz zum »dritten Stand«, dem gemeinen Volk, nicht steuerpflichtig. Diese Ungerechtigkeit war ein Mitgrund für die französische Revolution. Heute bahnen sich neofeudale Verhältnisse an. Es nehmen nicht nur die Ungleichheiten bei der Einkommens- und Vermögensverteilung weltweit zu sondern auch die Schieflage bei der Steuerpflicht. Jene die am meisten haben, müssen in Relation dazu immer weniger Steuern leisten. Die Verletzung des Prinzips der Steuergerechtigkeit untergräbt den Gesellschaftsvertrag und das Fundament moderner Staaten. Seine Wiederherstellung muss zur politischen Priorität in der Gestaltung der Globalisierung werden.

Steueroasen schließen

Die meisten Steueroasen sind nicht aus eigener Kraft entstanden, sondern dank der Einrichtung des freien Kapitalsverkehrs seitens der Industrieländer. Ohne Anbindung an die globalen Finanzmärkte (New York, London, Frankfurt, Tokio) wären sie nichts. Viele von ihnen sind nicht nur ökonomisch von den Zentren abhängig, sondern auch rechtlich: Die Cayman-Islands, die Bermudas oder Jersey gehören zu Großbritannien, Samoa zu den USA und die Niederländischen Antillen zu Holland. Diese richteten die Steueroasen bewusst ein, um vermögenden Personen und Unternehmen eine Gelegenheit zu geben, geltende Steuergesetze und Regulierungen zu umgehen.

Sobald sich politischer Gegendruck bildet, können Steueroasen kurzerhand geschlossen werden. Es empfiehlt sich ein Mehrstufenprogramm. Zunächst werden Steueroasen von den Industrieländern »eingeladen«, alle Informationen über Vermögen und Einkommen von Nichtansässigen an die zuständigen Finanzämter der Herkunftsländer zu melden. Tun sie dies nicht, kann die EU Banken und Unternehmen aus ihren Mitgliedsländern verbieten, Filialen oder Briefkastenfirmen in Steueroasen zu unterhalten. Hilft das auch noch nichts, wird der Kapitalverkehr in Steueroasen bemautet oder gesperrt. Innerhalb kürzester Zeit würden selbst kapitale Steueroasen wie die Schweiz kooperieren, ihr Bankgeheimnis lockern und alle nötigen Informationen weitergeben oder auch selbst faire Steuersätze einheben. Falls einzelne Oasen nach ihrer Austrocknung in eine wirtschaftliche Depression schlittern sollten, könnten aus den Mehreinnahmen der Industrieländer ein Solidaritätsfonds eingerichtet werden, der ihnen bei der Umstrukturierung ihrer Wirtschaft auf saubere Geschäftszweige hilft.

Internationaler Informationsaustausch

Als nächster Schritt sollte ein globales Übereinkommen getroffen werden, in dem sich alle Staaten dazu verpflichten, die Vermögens- und Einkommensdaten von »Konto-Ausländern« an die zuständigen Finanzämter in den Herkunftsländern zu melden. Derzeit werden (ausländische) Kapitaleinkommen in den Steuererklärungen gerne »vergessen«, weil das Finanzamt nichts von den ausländischen Vermögen und Einkommen erfährt und deshalb keine Strafe zu befürchten ist. Auch das ist eine der vielen Schieflagen der Globalisierung: Man kann nicht einerseits den Kapitalverkehr liberalisieren und andererseits den dazugehörigen Informationsaustausch außer Acht lassen. Das wäre wie Autobahnen bauen und gleichzeitig die Straßenverkehrsordnung abschaffen.

Der erste Schritt zum wechselseitigen Informationsaustausch ist bereits getan. Aufgrund der grassierenden Steuerflucht hat die EU eine Richtlinie beschlossen, die am 1. Juli 2005 in Kraft trat. Zinseinkommen von Bürgern und Bürgerinnen aus anderen EU-Staaten werden automatisch ihrem zuständigen Finanzamt gemeldet und können der jeweils gültigen Besteuerung unterzogen werden. Die Regelung hat jedoch entscheidende Schwachstellen. Drei Länder - Österreich, Luxemburg und Belgien - machen nicht mit, weil sie an ihrem strengen Bankgeheimnis festhalten, sie wollen weiterhin Profit auf Kosten Dritter machen und heben nur eine Quellensteuer ein, die teilweise an das Herkunftsland weitergeleitet wird. Da die Quellensteuer anonym und geringer als die reguläre Einkommens- und Vermögenssteuer im Herkunftsland ist, bleibt die Steuerflucht weiterhin attraktiv. Die Meldepflicht gilt außerdem nur für Personen - nicht für Unternehmen oder Fonds - und nur für Zinserträge, nicht aber für Kursgewinne aus dem Aktienhandel. Diese Schlupflöcher machen aus dem positiven Ansatz Schweizer Käse. Anders wäre die Schweiz auch nicht freiwillig mitgegangen. Vom Ansatz her ist die Initiative aber goldrichtig. Ziel muss sein, alle Schlupflöcher zu stopfen und die Richtlinie zu einem globalen Abkommen auszubauen.

Einheitliche Konzernbesteuerung

Die nächste »Disziplin« des Steuerwettbewerbs, die es zu beenden gilt, sind die Unternehmensgewinne. Der einfachste Weg wäre eine global einheitliche Besteuerung von transnationalen Konzernen bei gleichzeitiger Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen. Ein globales Abkommen ist allerdings kurzfristig sehr unwahrscheinlich, deshalb sollte die EU den Anfang machen. Die Idee der Harmonisierung ist nicht neu: Schon 1975 schlug die Kommission eine Bandbreite bei der Unternehmensgewinnbesteuerung von 45 bis 55 Prozent vor. 1992, einige Globalisierungsrunden später, empfahl ein Ausschuss unter der Leitung des niederländischen Finanzministers Onno Ruding immerhin noch 30 Prozent Mindestkörperschaftsteuer. Wem eine Steuerharmonisierung als unrealistisch erscheint: Die EU hat schon Größeres bewältigt, wie die Zollunion, den Binnenmarkt oder die Währungsunion. Es kommt nur darauf an, wer Europa formt, wessen Interessen sich durchsetzen. Die europäische Demokratie ist - hoffentlich - erst am Anfang.

Fluchtvereitelung

Der nächste Schritt nach der Beendigung des Steuerwettlaufs im Inneren wäre die Verhinderung der Gewinnverschiebung und Steuerflucht von Konzernen aus der EU hinaus. Dazu genügt die Neuformulierung der so genannten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit den Handelspartnern. Derzeit steht in den meisten DBA, dass ein Gewinn, der in einem Drittland versteuert wurde (z. B. auf den Cayman-Islands), im jeweiligen EU-Staat nicht mehr steuerpflichtig ist. Das ist natürlich eine glatte Einladung, Gewinne in der Wüste anfallen zu lassen und »zu Hause« keine Steuern mehr zu bezahlen. Würden die DBA hingegen von der »Freistellungsmethode« auf die »Anrechnungsmethode« umgeschrieben, dann müsste der Differenzbetrag zwischen Niedrigsteuerland und Steuersitzland - die bisherige Steuerersparnis - im Sitzland nachbezahlt werden. Der Anreiz für die Gewinnverschiebung wäre dahin.

Auch das Wohnsitzlandprinzip lässt noch einige Schlupflöcher offen, deshalb empfiehlt sich ein weiterer alternativer Steueransatz, der die Nachteile des Sitzlandprinzips nicht hat: Die »unitary taxation« oder »globale Anteilssteuer«. Bei diesem Ansatz wird der inländische Anteil an der globalen Wertschöpfung (Kapitaleinsatz, Umsatz, Beschäftigte) ermittelt und danach der gleiche Anteil des globalen Konzerngewinns dem gültigen Steuersatz unterworfen. Damit wäre eine Sitzverlagerung oder auch nur die Gewinnverschiebung in eine Steueroase nutzlos, weil einzig die reale Geschäftstätigkeit zählt. Der große Vorteil ist: Dieses Prinzip kann ein Land, bzw. die EU, im Alleingang einführen, zumindest wiederum die EU. Der Nachteil: Solange nicht alle Länder den gleichen Steuersatz einheben, ist der »reale« Standortwettbewerb nicht zu Ende. Denn ein Unternehmen hätte in diesem Fall immer noch einen Anreiz, die reale Produktionen in Niedriglohnländer zu verlagern. Es empfiehlt sich daher eine Kombination aus Wohnsitzlandprinzip und globaler Anteilssteuer.

Weltsteuerbehörde

Die Gründung einer World Tax Authority (WTA) würde die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen erleichtern. Die WTA würde die nationalen Finanzämter nicht ersetzen, sondern unterstützen: Sie würde weder die Biersteuer noch die Parkgebühren einheben, sondern globale Aufgaben wahrnehmen:

  • Den weltweiten Informationsaustausch über Kontodaten von Devisenausländern aufbauen.
  • Doppelbesteuerungsabkommen nach der Anrechnungsmethode entwickeln.
  • Finanzbeamte in Entwicklungsländern ausbilden und Know-how-Transfer organisieren.
  • Steuerschädliche Praktiken identifizieren und sanktionieren.
  • Steueroasen schließen und im Bedarfsfall bei der Umstrukturierung der Wirtschaft behilflich sein.
  • Einheitliche Bemessungsgrundlage für Konzerngewinne definieren und eine global einheitliche Besteuerung durchsetzen.
  • Globale Steuern - z. B. auf Devisentransaktionen oder Naturressourcen - einführen.
  • Einhebung einer einprozentigen Steuer auf »High Net Worth Individuals«. Ihr Vermögen beträgt laut Weltreichtumsbericht mehr als 30 Billionen US-Dollar, das Steueraufkommen von 300 Milliarden US-Dollar wäre mehr als ausreichend, um die Millenniums-Entwicklungsziele der UNO zu erreichen.

Die WTA würde zwar einen kleinen Souveränitätsverlust für Nationalstaaten darstellen, der aber durch den enormen Souveränitätsgewinn, der aus der gerechten Besteuerung von Gewinnen, Vermögen und Kapitaleinkommen erwächst, mehr als wettgemacht würde. Schließlich: Wer WTO sagt, muss auch WTA sagen.

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(C) AK und ÖGB

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