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Melkkuh fürs Budget

HINTERGRUND

Nach dem Willen der Regierung soll die Post zu 49 Prozent privatisiert und bis spätestens Sommer 2006 an die Börse gebracht werden. Die Betroffenen wehren sich.

Erfolgreich für Österreich«, so lautete der Slogan der ÖIAG (Österreichische Industrieholding AG) und des Finanzministeriums, den diese tagelang in fast allen großen österreichischen Tageszeitungen ganzseitig inserieren ließen. Allein eine Seite in einer großen Tageszeitung kostet rund 17.000 Euro, das sind etwa 13 Mitarbeiter-Monatsgehälter! Soviel zur teuren Privatisierungs-Werbung auf Steuerzahlerkosten. Doch was sind die Fakten?

Es ist nicht wahr, dass der Börsegang der Post allen etwas bringt, wie dies ÖVP, BZÖ, FPÖ, Industriellenvereinigung und Börsenvertreter behaupten. »Grotesk« ist für Gerhard Fritz, Vorsitzender der Gewerkschaft der Post- und Fenmeldebediensteten (GPF), »die Postprivatisierungsdebatte, wenn man die Vergangenheit Revue passieren lässt. Sowohl 2002, 2003 als auch im Jahre 2004 wollten Finanzminister Grasser und seine Manager in der ÖIAG die Post AG an die Deutsche Post AG verkaufen. Nahezu 75 Prozent des österreichischen Infrastrukturunternehmens sollten an die finanzkräftigen Deutschen veräußert werden.

Griff in die Trickkiste

Im Jahr 2004 griffen der Postvorstand und ÖIAG noch tiefer in die Trickkiste. In einer postinternen Unterlage wurde behauptet, auf die Post würde eine EBIT (Betriebsgewinn)-Lücke von knapp 264 Millionen Euro zukommen. Die Strategie war klar. Der Bevölkerung sollte Angst gemacht und vermittelt werden, die Post AG wäre ein unbedingter Verkaufskandidat. Aufgedeckt durch den Zentralbetriebsrat der Post AG, wurde der Deal aus politischen Gründen zum dritten Mal abgesagt. Sechs Monate später stellten die zuvor noch verkaufswütigen Manager fest, die Post wäre plötzlich börsefit«. Um den seit 1996 grundsätzlich bestehenden Plan zu entsprechen, die Post »börsefit« zu machen, wurden schon zahlreiche Vorleistungen von Beschäftigten und Allgemeinheit erbracht. Allein in den vergangenen vier Jahren wurden über 1000 Postämter geschlossen und 3300 Postkästen abmontiert. Derzeit gibt es nur mehr 1338 Postämter, 191 Postpartner und 350 Servicestellen. Weiters wurde der Mitarbeiterstab in den vergangenen fünf Jahren um 9000 Beschäftigte reduziert. Bis 2007 sollen es nochmals 3500 weniger werden, so dass dann die Post statt 35.000 Beschäftige wie im Jahr 1999 nur mehr 23.000 haben soll. Gleichzeitig wurde allein in den Jahren 1996 bis 2002 die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten um 41 Prozent erhöht.

Z E I T T A F E L :

1994/1995: Postreform wird beschlossen.
1996: Die PTA wird als Rechtsnachfolgerin der Post- und Telegraphenverwaltung gegründet. Die PTA bekommt zwei operative Töchter: Mobilkom Austria und Datakom Austria. Erste Vorgabe: Bis Ende 1999 muss die PTA laut Gesetz an die Börse gebracht werden. Dazu kommt es dann nicht.
1997: PTA und Bund einigen sich auf Abbau tausender Jobs (Frühpensionierungen). Das Telekomgesetz wird beschlossen.
1998: Die Trennung von Post, Telekom und Bus unter dem Dach einer Holding wird beschlossen. Postbetrieb und Postbus werden in neue Gesellschaften abgespalten. Der Telekombereich wird in der Telekom Austria AG (TA) verselbständigt.
1999: Gründung der Österreichischen Post AG, rechtliche Verselbständigung.
2000: Der Postautodienst wird abgespalten. In Wien und New York Börsegang der Telekom Austria. Die BAWAG kauf die PSK.
2002: Universaldienstverordnung: Die Post wird zu flächendeckender Versorgung verpflichtet. Auftakt für Postämter-Schließungswellen.
2003/2004: Die Hereinnahme eines strategischen Partners wird debattiert. Die Deutsche Post zeigt Interesse, die Übernahmeverhandlungen platzen aber.
2005: Im April nennt Finanzminister Grasser einen Börsegang im Frühjahr 2006 »realistisch«. Im August bescheinigen Berater Kapitalmarktfähigkeit.
2006: 12. Jänner: Ministerratsbeschluss zu Verkauf von bis zu 49 Prozent über die Börse. Platzierung im Juni erwartet.

Dazu kommt, dass insbesondere die ländliche Versorgung immer mehr ausgedünnt wird, Kunden kilometerlange Strecken zum nächsten Postamt privat zurücklegen müssen. Briefporto, Pakete, Postfächer wurden - zum Teil exorbitant - verteuert, Briefkastenentleerungen finden selbst in der Stadt nur mehr einmal täglich statt und die Post-Geschäftsführung rühmt sich sogar selbst, dass in der Stadt niemand weiter als 1.000 Meter, sprich einen Kilometer, zum nächsten Briefkasten hat, was besonders für ältere Menschen eine Zumutung ist. Im Gegenzug stiegen die Gewinne der Post: Von 2003 bis 2005 wurden in Summe 222 Millionen Euro an Gewinn ausgewiesen und von 2000 bis 2005 insgesamt 535 Millionen Euro an Dividenden ausbezahlt. Diese Superdividenden gingen allesamt an den Finanzminister für seine »Budgetkonsolidierung«, was umgekehrt zur Verschuldung der Post in Höhe von rund 334 Millionen Euro führte, weil diese für ihre Expansionen Bankkredite aufnehmen musste. Die Post war und ist also Melkkuh für Budget und »Nulldefizit«.1)

Bei der jetzt geplanten Privatisierung soll das Geld wiederum nicht der Post, sondern über die ÖIAG dem Finanzminister zufließen, der das Geld dann laut Eigenaussage für die »Forschungsförderung«, tatsächlich wieder für private, vor allem ausländische Großkonzerne verwenden will. Die MitarbeiterInnen sind überhaupt nicht abgesichert: 55 Prozent der Beschäftigten sind Beamte, die zwar nicht gekündigt werden können. Im Falle des Scheiterns des Postverkaufes müssen sie aber mit dem Wegfall der leistungsabhängigen Gehaltsanteile rechnen, was ein Drittel weniger Einkommen bedeutet. 45 Prozent sind Angestellte, die nach dem Angestelltengesetz wie jeder andere Angestellte in Österreich auch gekündigt werden können.

Keine Absicherung

Auch die Beteuerung, dass die Post rot-weiß-rot bleiben würde, ist laut Gerhard Fritz in Frage zu stellen: Die 51 Prozent Staatsanteile sind durch nichts abgesichert. Tatsächlich haben Vizekanzler Gorbach und Grünen-Chef Van der Bellen sich schon für eine Vollprivatisierung der Post ausgesprochen. Die SPÖ ist gegen eine Postprivatisierung in diesem Jahr. Der Vorschlag der GPF, den 51 Prozent Staatsanteil in die Verfassung zu schreiben, wurde von Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Gorbach ausgeschlossen.

Auch von der »Volksaktie« hält Gerhard Fritz nicht viel: »Die überwiegende Mehrheit unserer Kolleginnen und Kollegen muss mit durchschnittlich 1300 Euro monatlich netto auskommen. 5 Prozent der Post haben, wenn man die öffentlichen Angaben über die Post glauben kann, einen Wert von knapp 1500 Euro pro Mitarbeiter und Mitarbeiterin. Wie sollen sich meine Kolleginnen und Kollegen bei diesem Einkommen leisten können, ihr schwer verdientes Geld in Aktien anzulegen. Die »Volksaktien«-Idee ist auch für Gottfried Zauner, Vorsitzender des Personalausschusses der Post AG und Landesvorsitzender der GPF in Oberösterreich ein Schmäh: »Wir verkaufen ein paar Prozent von dem, was ohnehin dem Volk gehört, an jene paar Prozent des Volkes, die sich Aktien leisten können und wollen! Die Privatisierung der Post AG muss sofort gestoppt werden!«

Tatsächlich hat sich schon beim Börsegang der Telekom gezeigt, dass zwei Drittel der Aktionäre Großanleger (Banken, Fonds, Versicherungen usw.) aus dem Ausland kamen, nur 25 Prozent waren Kleinaktionäre. Weder die breite Masse der Bevölkerung, noch die Postbeschäftigten verdienen so viel Geld, dass sie sich Aktien leisten können. So besitzen nur sieben Prozent der Bevölkerung Aktien.2) Bei der Telekom Austria sind nach Aussagen von Betriebsratsvorsitzenden Michael Kolek etwa nur 0,6 Prozent der Aktien in Mitarbeiterhand.3) Daher fürchtet GPF-Chef Fritz, dass nach einer Privatisierung die Post AG dann sehr schnell ein Übernahmefall für Finanzhaie auf dem Kapitalmarkt werden könnte.

Die Regierung hat auf den eingangs erwähnten ganzseitigen Zeitungsinseraten auch die Sicherung der Arbeitsplätze versprochen. Doch Post-Generaldirektor Anton Wais musste selbst indirekt zugeben, dass weiterer Personalabbau stattfinden wird, wenn er in einem Interview bezüglich Jobgarantien folgendes sagt: »Wir geben überhaupt keine Garantien ... Wir haben 8000 Beschäftigte ... ohne Streiks ... abbauen können. Wir sind zwei Drittel des Weges bereits gegangen, ein Drittel steht uns noch bevor. Und in Wahrheit glauben wir, dass wir das sehr gut schaffen können.«4)

So agieren private Anbieter

Wie private Postdienstanbieter agieren, das zeigt sich bei »Redmail«: Der private Post-Hauptkonkurrent hat seit 2002 keine Austräger mehr angestellt. Alle haben nur Werkverträge als Ein-Mann-Unternehmer (vor allem Asylwerber), wo sie für 500 Euro pro Monat mit einem Tag Urlaub im Jahr ohne Lohnnebenkosten, keinen arbeitsrechtlichen Schutz, keine Pension haben. Bei Krankheit muss selbst Ersatz gefunden werden!

Laut eine österreichweiten »market«-Umfrage sind 77 Prozent der Österreicher dafür, dass die Post weiter in öffentlicher Hand bleibt. Eine »Oekonsult«-Umfrage hat ergeben, dass fast zwei Drittel der Bevölkerung nach einem Teilverkauf der Post mit weiteren Postamtsschließungen, fast drei Viertel mit spürbaren Verteuerungen der Postdienstleistungen, 58 Prozent mit einem massiven Stellenabbau und fast 80 Prozent damit rechnen, dass ihr Zusteller den Job verliert.

1) siehe: W. Leisch: Posträuber,»A&W, 4/2005, Seite 20-21«
2) Stefan Zapotocky, Wiener Börsevorstand, Die Presse 17. 1. 2006
3) Die Presse, 14. 1. 2006
4) ZIB 2, ORF, 12. 1. 2006, zit. nach: APA DeFacto Datenbank & Contentmanagement GmbH.

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