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Christoph Herzeg und Stefan Greimel Christoph Herzeg und Stefan Greimel

MitarbeiterInnenbeteiligung - Möglichkeiten sind begrenzt

Meinung

Aufgrund rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten können bei weitem nicht alle ArbeitnehmerInnen von Beteiligungsmodellen profitieren, außerdem ist deren volkswirtschaftlicher Nutzen zweifelhaft.

Modelle der MitarbeiterInnenbeteiligung erleben in Österreich eine wellenförmige Entwicklung mit steigender Tendenz und rücken durch die aktuelle Diskussion nun wieder ins Zentrum des politischen Interesses.
Erklärtes Ziel der ÖVP ist es, die Quote der Beschäftigten mit Beteiligung am Unternehmen bis 2010 von sechs auf zwölf Prozent zu erhöhen. Bislang werden Beteiligungsmodelle vorwiegend bei größeren (oft börsennotierten) Aktiengesellschaften angeboten, da hier sowohl das Gesellschaftsrecht als auch das Steuerrecht relativ klare und transparente Regelungen vorsehen. Beteiligungsmodelle bei Klein- und Mittelbetrieben hingegen sind in der Praxis kompliziert.

Als Rechtsgrundlagen für die Einführung von Beteiligungsmodellen kommen der Arbeitsvertrag, der Kollektivvertrag (§ 2 Abs 2 Z 2 ArbVG - »Inhaltsnormen«) und die Betriebsvereinbarung in Betracht. § 97 Abs 1 Z 16 ArbVG gibt BetriebsinhaberIn und Betriebsrat aber nur die Möglichkeit, im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung »Systeme der Gewinnbeteiligung« festzulegen. In einer Betriebsvereinbarung ist daher eine Bezugnahme auf andere betriebswirtschaftliche Kennzahlen (z. B. Umsatz, Zahl von Geschäftsabwicklungen) oder eine Regelung über sonstige Beteiligungen am Unternehmen nicht möglich. Weiters ist festzuhalten, dass den Unternehmen durch derartige Modelle immer zusätzliche Kosten entstehen.
Will man daher die Zahl jener ArbeitnehmerInnen, die von Beteiligungsmodellen profitieren, erhöhen, so kann dies langfristig wohl nur zulasten der »regulären« kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen gehen, womit der Gewinn der ArbeitgeberInnen zu einem immer wichtigeren, aber unsicheren Faktor des zu erwartenden Lohns für die ArbeitnehmerInnen werden würde.

Sozialversicherungspflichtig

Grundsätzlich stehen als Beteiligungsmodelle zwei Varianten zur Verfügung: Die Beschäftigten werden entweder am Erfolg (Gewinn oder ähnliche Kennzahl) oder am Kapital, also an der Substanz des Unternehmens, beteiligt.
Bei der Erfolgsbeteiligung erhalten die Beschäftigten neben ihrem fixen Entgelt zusätzliche Einkommenselemente, die von der Erreichung gewisser Unternehmenskennzahlen abhängig sind. Erfolgsabhängige Prämien müssen daher als sonstige Bezüge gemäß § 67 EStG versteuert werden. Ebenso sind sie unter dem weiten Entgeltbegriff des § 49 ASVG zu subsumieren und damit sozialversicherungspflichtig. Gleichzeitig erhöhen sie arbeits- und sozialrechtliche Bemessungsgrundlagen (etwa die der Abfertigung, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder des Arbeitslosengeldes).

Die häufigste Form der Erfolgsbeteiligung ist die Gewinnbeteiligung. Diese wirft allerdings Probleme auf: Einerseits gibt es rechtlich keinen einheitlichen Gewinnbegriff und andererseits erzielen bei Weitem nicht alle ArbeitgeberInnen Gewinn bzw. sind ganze Branchen (und freilich auch die öffentliche Verwaltung) überhaupt nicht auf Gewinn ausgerichtet. Außerdem ist es für ArbeitnehmerInnen oft schwierig, Zugang zu den Unternehmenskennzahlen zu erhalten, überhaupt haben UnternehmerInnen bei der Gestaltung des Gewinns einen nicht unerheblichen Spielraum. Es wird außerdem angenommen, dass etwa die Hälfte aller Erwerbstätigen mangels Vorhandensein von Unternehmensgewinnen niemals an solchen partizipieren könnten.

Kapitalbeteiligungen basieren auf einer Kapitaleinlage; die Beschäftigten sind also direkt oder indirekt am Unternehmen beteiligt. Relativ einfach ist die Situation bei Aktiengesellschaften: Hier können (vergünstigte) Aktien an MitarbeiterInnen ausgegeben werden. Kommt es zu einer unentgeltlichen oder verbilligten Abgabe von Kapitalanteilen (»zwei für drei«), so sind diese Vorteile gemäß § 3 Abs 1 Z 15 lit b EStG bis zu einem gewissen Freibetrag steuerfrei. Seit dem Inkrafttreten des Kapitalmarktoffensive-Gesetzes ist jeder derartige Vorteil weiters von der sozialrechtlichen Beitragspflicht ausgenommen. Dividenden aus Aktien wiederum unterliegen gemäß § 93 EStG der Kapitalertragsteuer, sind damit aber endbesteuert. Arbeitsrechtlich werden Zuwendungen aus Kapitalbeteiligungen - im Gegensatz zu »normalen« Entgelterhöhungen - weder in die Beendigungsansprüche (etwa Abfertigung, Kündigungsentschädigung) noch in die Bemessungsgrundlage für Entgeltfortzahlungsansprüche einbezogen (§ 2a -AVRAG).

Schwieriger ist die Situation bei einer GmbH, da gemäß § 76 Abs 2 GmbHG jede Übertragung von Geschäftsanteilen eines Notariatsaktes bedarf. Aufgrund der Vielzahl der notwendigen Transaktionen ist eine unmittelbare Beteiligung der ArbeitnehmerInnen an einer GmbH unpraktikabel, auch wenn man bedenkt, dass die Durchschnittsdauer von Arbeitsverhältnissen zum/r selben ArbeitgeberIn stetig im Sinken begriffen ist. Für Personengesellschaften ist eine stille Gesellschaft die einzige sinnvolle Form der Kapitalbeteiligung, da ArbeitnehmerInnen bei direkter Beteiligung in der Regel ihre Stellung als ArbeitnehmerInnen und damit den Schutz des Arbeitsrechts verlieren würden. Geht man davon aus, dass es in Österreich »nur« etwa 2000 Aktiengesellschaften gibt, zeigt sich, dass unkomplizierte Kapitalbeteiligungsmodelle nur für wenige ArbeitgeberInnen in Betracht kommen.

Bei einer Forcierung von Erfolgs- und Kapitalbeteiligungsmodellen müssten darüber hinaus die Mitspracherechte der ArbeitnehmervertreterInnen massiv ausgeweitet werden, schließlich würden die Beschäftigten doch teilweise zu »UnternehmerInnen«. Wenn ein Teil der Löhne der ArbeitnehmerInnen direkt vom wirtschaftlichen Schicksal der ArbeitgeberInnen abhängt, muss ihnen daher auch das entsprechende Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, um diese Größe maßgeblich beeinflussen zu können. Einen Beitrag dazu kann sicher die eigene Arbeitsleistung darstellen, größere Bedeutung kommt aber etwa der Preis-, Produkt- und Distributionspolitik zu. Also Bereiche, die Unternehmer wohl zu ihren ureigensten zählen. Es darf daher zumindest bezweifelt werden, dass die ArbeitgeberInnen hier zur Einräumung notwendiger Mitspracherechte bereit sind.

ArbeitnehmerInnen tragen Risiko

Kritisch zu betrachten ist in diesem Zusammenhang auch das Risiko, das ArbeitnehmerInnen in Verlustzeiten bzw. bei sinkenden Börsenkursen eingehen. In diesem Fall würde zu der Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes auch das Risiko hinzutreten, dass unselbstständige Beschäftige (wesentlich) niedrigere Löhne als in vergangenen Perioden ausgezahlt bekommen bzw. Unternehmensanteile beträchtlich an Wert verlieren. Hinzu kommt, dass die Frage, ob ArbeitnehmerInnen auch an Verlusten »beteiligt« werden sollten, nicht geklärt ist.
Dieser Gedanke erscheint zwar zunächst abwegig, (zumindest zeitweilige) Einbußen sind bei einer Kapitalbeteiligung in Form eines sinkenden Aktienkurses des Unternehmens aber keinesfalls ausgeschlossen. Eine wesentliche Beteiligung der MitarbeiterInnen an der Entwicklung des Unternehmenserfolges würde daher wohl auch dem Gebot einer möglichst breiten Risikostreuung widersprechen.
In diesem Zusammenhang sei nur auf Fälle wie Enron oder Worldcom verwiesen, wo ArbeitnehmerInnen nach der Insolvenz der Unternehmen nicht nur ihren Arbeitsplatz verloren haben, sondern auch einen, teilweise beträchtlichen, Teil ihres Vermögens, weil sie etwa zu Zwecken der Pensionsvorsorge Kapitalanteile an den Unternehmen (die nach der Insolvenz faktisch wertlos waren) besaßen. Bei beiden Beteiligungsformen ist der sogenannte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.
Das bedeutet, dass ein/e ArbeitgeberIn nicht willkürlich bestimmte ArbeitnehmerInnen von derartigen Modellen ausnehmen oder sie diesbezüglich schlechter stellen darf.

Gleichheitsgrundsatz beachten

Selbstverständlich darf es durch das Einräumen einer MitarbeiterInnenbeteilung auch keinesfalls zu einer Entlohnung unter dem Kollektivvertrag kommen. In diesem Fall würde der Mindestlohn zustehen, und ArbeitnehmerInnen könnten darüber hinaus ihre Ansprüche aus der MitarbeiterInnenbeteiligung gerichtlich geltend machen.
Abgesehen von praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung von MitarbeiterInnenbeteiligungsmodellen ist es fraglich, ob deren Forcierung aus volkswirtschaftlicher Sicht überhaupt wünschenswert ist: Während in Zeiten der Hochkonjunktur die Ausschüttung hoher Gewinnbeteiligungen für breite Bevölkerungsschichten zusätzlich stimulierend für die Wirtschaft wirkt (und so unter Umständen die Inflation »anheizt«), käme es in Phasen konjunktureller Schwächen zu Lohneinbußen der Beschäftigten, die ein ohnehin geringes Wachstum noch zusätzlich dämpfen würden.

Keine antizyklischen Anreize

Nicht zu verachten dürfte in diesem Zusammenhang auch der negative psychologische Effekt der zunehmenden Verunsicherung der ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen sein, den das auf die Binnennachfrage haben dürfte. Abschließend betrachtet ist wohl davon auszugehen, dass die von Beteiligungsmodellen profitierenden ArbeitnehmerInnen auch in Zukunft eine Minderheit darstellen werden.

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