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Inflationsentwicklung
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Beschleunigte Inflation

Wirtschaft&Arbeitsmarkt

Agrar- und Energiepreise erweisen sich als Preistreiber.

Die Inflation hat sich gegen Ende des Jahres 2007 deutlich beschleunigt. Im Oktober 2007 war das Preisniveau gemessen am Index der Verbraucherpreise (VPI) um 2,8 Prozent höher als ein Jahr zuvor, im November sogar schon um 3,1 Prozent. Diese  Preissteigerungen sind die stärksten Erhöhungen seit März 2005. Mit dieser Welle von Preissteigerungen ist in den nächsten Monaten mit einer Geldentwertung von drei Prozent und mehr zu rechnen. Die Konsequenz ist, dass für das Jahr 2008 die Inflation deutlich höher sein wird als das Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) im September 2007 prognostiziert hatte - diese Prognose lag auch den Lohnverhandlungen im Herbst 2007 zugrunde. Damals war für 2008 im Jahresdurchschnitt mit zwei Prozent Inflation gerechnet worden, nach der aktuellen Prognose vom Dezember sind es schon 2,6 Prozent (siehe Grafik : »Inflationsentwicklung«).
Seit 1995 nie über drei Prozent
Manche werden an dieser Stelle fragen: Wieso müssen wir uns über einige Zehntelprozente Veränderung so viele Gedanken machen? Die Antwort lautet: Weil wir nicht nur bei der Inflation, sondern auch bei den kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen seit Längerem mit Größenordnungen rechnen, die im historischen Vergleich niedrig sind, und wo einige Zehntel einen Unterschied machen, der keineswegs vernachlässigbar ist. Während früher Inflationsraten von drei bis vier Prozent in Österreich als normal angesehen wurden und zeitweise erheblich höhere Werte registriert wurden, hat seit 1995 die Jahresinflation nie mehr die drei-Prozent-Marke überschritten, in einzelnen Jahren sank die Inflationsrate sogar unter ein Prozent. Mit der Inflationsrate hat sich auch die nominelle Lohnzunahme stark verlangsamt. Im Durchschnitt aller Beschäftigten waren nach Abzug des Geldwertverlustes die Reallohnsteigerungen in den letzten Jahren sehr gering. In einer solchen Konstellation kann daher eine zum Zeitpunkt der Lohnabschlüsse nicht absehbare Beschleunigung der Inflation den realen Wert eines Lohnabschlusses erheblich mindern. Bei einer über die einjährige Geltungsdauer des Kollektivvertrags erwarteten Inflation von zwei Prozent bringt eine Lohnerhöhung um 3,2 Prozent (Beispiel Handelsangestellte) einen Brutto-Reallohnzuwachs von 1,2 Prozent, netto im Schnitt etwa 0,8 Prozent. Beschleunigt sich nun das Inflationstempo auf 2,5 Prozent, so bleibt real entsprechend weniger übrig, bei einem Lohnabschluss von 2,7 Prozent (Beispiel öffentlich Bedienstete) real praktisch nichts mehr.
Die Auswirkungen sind nicht nur aus der Sicht der ArbeitnehmerInnen negativ, sondern auch für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Denn inzwischen stimmen die meisten Wirtschaftsforscher darin überein, dass der entscheidende Impuls für ein mittelfristig stärkeres Wirtschaftswachstum von einer Belebung des seit Jahren schwächelnden privaten Konsums kommen müsste. Eben diese wird dann wiederum nicht eintreten, wenn die zuletzt wieder etwas höheren Kollektivvertragsabschlüsse im Nachhinein durch eine Beschleunigung der Inflation zum Teil wieder entwertet werden.
Als hauptsächliche Preistreiber im Warenkorb des Verbraucherpreisindex erweisen sich diesmal neben den Erdölprodukten als üblichen Verdächtigen vor allem die Preisbewegungen bei Lebensmitteln. Benzin und Dieseltreibstoff waren zuletzt um 18 bis 20 Prozent teurer (im Jahresabstand), haben aber während des abgelaufenen Jahres stark fluktuiert. Im ersten Halbjahr 2007 waren die Treibstoffpreise mehrere Monate erheblich billiger und damit inflationsdämpfend. Nicht unmöglich, wenngleich kaum prognostizierbar ist es, dass die Treibstoffpreise irgendwann 2008 auch wieder sinken. Anders allerdings ist die Preisentwicklung bei Strom - zuletzt plus sechs Prozent - und Erdgas mit mehr als sieben Prozent. In diesen Steigerungen kommt eine wachsende Knappheit zum Ausdruck, bei der kurzfristig keine Änderung erwartet werden sollte.
Ein neues Phänomen sind starke Preissteigerungen bei Lebensmitteln. Für Nahrungsmittel und Getränke insgesamt stiegen die Preise mit gut 6,4 Prozent mehr als doppelt so stark als der Preisindex. Besonders stark stiegen die Preise für Milch- und Getreideprodukte: für Vollmilch um 13 Prozent, Käse und Joghurt um 20 Prozent, Butter sogar um 30 Prozent, Öle und Fette um 13 Prozent, Brot und Gebäck um acht bis elf Prozent, Weizenmehl um fünf Prozent (jeweils gegenüber dem November 2006). Siehe Grafik : »Internationale Rohstoffpreisentwicklung«.
Die steigenden Lebensmittelpreise sind keine österreichische Besonderheit, sondern auch durch die Trends auf den internationalen Märkten bedingt. Wegen der absehbaren negativen Auswirkungen auf die reale Einkommensentwicklung und auf den privaten Konsum muss dieser Problematik ab sofort deutlich mehr Augenmerk zugewendet werden als in der Vergangenheit.
Konsequenzen sind notwendig
Es wird immer klarer, dass die Forcierung der Verwendung von Bodenerzeugnissen zur - hoch subventionierten - Produktion von Treibstoffen und Elektrizität ein falscher Weg ist. Es entsteht dadurch hausgemacht ein zusätzlicher Druck auf die Verbraucherpreise, der sich auf die Wirtschaft destabilisierend auswirkt und die Bezieher niedriger Einkommen besonders hart trifft.
Konsequenzen sind auch im Bereich Landwirtschaftspolitik notwendig. Die Nutznießer der rasanten Preissteigerungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind die Bauern, deren Einkommenssituation sich stark verbessert. Die Agrarsubventionen wurden in der Vergangenheit zu einem erheblichen Teil von Preissubventionen auf Direktzuschüsse umgestellt. Mit dem zu erwartenden sprunghaften Anstieg der Agrareinkommen wird jedoch die Begründung für diese Direktzuschüsse zunehmend schwächer.
Die Agrarsubventionen sind im EU-Haushalt nach wie vor dominant. Der größere Teil der Subventionen an die Bauern in Österreich kommt aus dem EU-Budget (1,4 Milliarden Euro), aber auch die Subventionen aus den inländischen Steuermittel sind mit annähernd einer Milliarde Euro durchaus beachtlich. Wenn als Konsequenz der Preisentwicklung die Agrareinkommen weniger stark subventioniert werden müssen, so sollte dies auch in der Budgetgestaltung einen entsprechenden Niederschlag finden. Einsparungspotenziale sollten auf nationaler und auf EU-Ebene konsequent genutzt werden - auch im Agrarbereich.
Dr. Günther Chaloupek


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