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Naomi Klein
Buchtipp

Die Schock-Strategie

Bücher

Gewalt wird von Neoliberalen in Kauf genommen, um ganze Länder in den Ausverkauf zu treiben.

Ungezügelter Kapitalismus und Demokratie vertragen sich nicht. Das belegt Kultautorin Naomi Klein in ihrem aktuellen Buch.
Überall, wo seit den 1970er-Jahren die neoliberalen Thesen von Milton Friedman in die Praxis umgesetzt wurden, war Gewalt im Spiel, und die wurde nicht in Kauf genommen, sondern war unabdingbar, um die neoliberalen Ziele Privatisierung, Deregulierung und Entmachtung der Gewerkschaften durchsetzen zu können. Wie die CIA in ihren Verhörhandbüchern empfiehlt, mittels Folter Menschen zu brechen, um dann neue Persönlichkeiten aufzubauen, können auch ganze Gesellschaften gebrochen werden. So hat es Chiles Pinochet gemacht, als er 1973 mit US-Unterstützung geputscht hat: Mit Mord und Terror die Bevölkerung in Angst versetzt, und diesen Schockzustand ausgenützt, um Reformen durchzusetzen, die auf demokratischem Weg niemals durchsetzbar wären. Auch demokratisch gewählte Regierungen haben sich des Schockeffekts bedient, um neoliberale Reformen durchzusetzen, zeigt Klein: Die britische Premierministerin Margaret Thatcher hatte keine Chance gegen streikende Bergarbeiter. Erst nachdem sie ihr Land in den Falkland-Krieg gegen Argentinien geführt hatte, war die Bevölkerung so abgelenkt, dass sie 1984 Streikposten niederprügeln und die Gewerkschaften zerschlagen konnte.
Eines der bisher größten Opfer der Schock-Strategie war der Irak, den die USA besetzt haben, um ihn anschließend regierungsnahen Konzernen auszuliefern. Denn das für den Wiederaufbau bestimmte Geld kam nicht der einheimischen Wirtschaft zugute. Einzig die Amerikaner, die Zement, Arbeits- und vor allem Sicherheitskräfte selbst mitbrachten, haben profitiert.
Ähnlich auch in Sri Lanka nach der Tsunami-Katastrophe: Die Fischer wurden von ihren Stränden vertrieben (»Sicherheitsgründe«), um Platz zu machen für Nobelhotels, die die Wirtschaft ankurbeln sollten. Mittlerweile sieht Klein aber eine Trendwende: Wenn der Schock vorbei ist, »beginnt die Welt wieder, vernünftigen Gesetzen zu gehorchen«. Wer einmal auf die Schock-Strategie hereingefallen ist, tut das kein zweites Mal, deutet sie die linken Wahlerfolge der vergangenen Jahre, von Venezuela bis Bolivien. Dort »richtet sich die Gegenreaktion direkt gegen die Ideologie, die der wirtschaftlichen Ausbeutung zugrunde lag«.  
Florian Kräftner


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Mehr Infos unter:
www.naomiklein.org
Homepage der Autorin
www.labournet.de/diskussion/wipo/allg/schock.html
Rezension der Rezensionen

ZUR PERSON
Naomi Klein, die nach ihrem Weltbestseller »No Logo« schon zur »global einflussreichsten Person unter 35« ernannt wurde, hat mit ihrer Anti-Marken-Kampagne selbst eine weltweit gut gehende Marke geschaffen: »Naomi Inc.«, die Ein-Frau-»walking talking corporation«, wie KritikerInnen leicht spöttisch anmerken.
Das Buch »No Logo« wurde selbst zum Markenzeichen. Sogar der britische Economist widmete ihm eine Titelgeschichte. Seit dem legendären Bestseller über die Techniken der Werbung (Vance Packard: Die geheimen Verführer, 1967) habe »kein Buch so viel Antipathie gegen Marketing geweckt«. Gut so, meint die 1971 in Montreal geborene Beststellerautorin und Journalistin.
Naomi Klein ist teilnehmende Beobachterin der weltweiten globalisierungskritischen Bewegung, über die sie schreibt, und die sie kommentiert. Prophetin oder gar Kopf der Bewegung ist sie jedoch nicht. Das ist Medien-Hype, sagt sie, weil die Medien eben so sind, wie sie sind: Sie brauchen Helden oder Bösewichte, und sie brauchen »action« auf den Straßen. Was wüsste die Welt schon von den Einwänden gegen die Globalisierung ohne die Tumulte von Seattle, Prag, Göteborg, Genua?
Auch Frau Klein hat nicht als No-logo-Naomi angefangen. Als Teenager war sie selbst Opfer von Marken und Moden. Ihre »Hippie-Eltern« trieb sie mit dem Kauf modischer Klamotten zur Verzweiflung. Die Eltern, US-Amerikaner, waren aus Protest gegen den Vietnamkrieg Ende der 1960er Jahre nach Kanada gezogen. Ihren alternativen Lebensstil verabscheute die junge Naomi.

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