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Anita Stavik Barbara Lavaud, GPA-DJP

Qualifiziert für Europa

Schwerpunkt

Startschuss für den Europäischen Qualifikationsrahmen EQR.

Im Herbst wurde in Brüssel der »Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) für lebenslanges Lernen« vorgestellt. Der EQR ist eine Art gemeinsame Sprache bzw. Übersetzungshilfe zwischen den unterschiedlichen nationalen Qualifikationssystemen. Er soll BürgerInnen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen dabei helfen, die unterschiedlichen Qualifikationsnachweise zu verstehen und zu vergleichen.
Acht Referenzniveaus
Der Kern des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) ist die Beschreibung von acht Referenzniveaus, mit denen Lernergebnisse beschrieben werden - d. h., was eine Lernende/ein Lernender weiß, versteht und in der Lage ist zu tun - unabhängig davon, in welchem System eine bestimmte Qualifikation erworben wurde.
Diese Referenzniveaus sind somit eine Abkehr vom traditionellen Ansatz, bei dem Lernwege und Lerninhalte im Vordergrund stehen. Es sollen vielmehr die Lernergebnisse vergleichbar gemacht werden. Die Verschiebung des Schwerpunktes auf die Ergebnisse macht es leichter, nicht formales und informelles Lernen - z. B. betriebliche Weiterbildung - zu validieren. Der EQR umfasst allgemeine Bildung und Erwachsenenbildung genauso wie berufliche Aus- und Weiterbildung und höhere Bildung. Damit wird dem lebensbegleitenden Lernen ein deutlich größerer Stellenwert eingeräumt als bisher.
Orientierung an Lernergebnissen
Die Orientierung an den Lernergebnissen ermöglicht es aber auch, die Anforderungen am Arbeitsmarkt und das Aus- und Weiterbildungsangebot aufeinander abzustimmen. Qualifikationen können über unterschiedliche Länder sowie über Aus- und Weiterbildungssysteme hinweg übertragen und genutzt werden.
Die acht Niveaus decken sämtliche Qualifikationen ab, vom allgemeinen und beruflichen Pflichtschulabschluss bis zu Qualifikationen, die auf der höchsten Stufe akademischer oder beruflicher Aus- und Weiterbildung verliehen werden. Damit ist - zumindest theoretisch - eine große Herausforderung in der europäischen Bildungspolitik gelöst.
EQR-Verweis ab 2012
Die Niveaus reichen von grundlegendem Allgemeinwissen und grundlegenden Fertigkeiten auf Niveau eins bis hin zu Spitzenkenntnissen und sehr spezialisierten Fertigkeiten auf Niveau acht. Innerhalb der einzelnen Niveaus wird zwischen Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen unterschieden, anders gesagt zwischen Theorie, Praxis und dem Grad der Verantwortung, die jemand ausübt.
Ab 2012 sollte jeder in der EU ausgestellte Qualifikationsnachweis einen Verweis auf das entsprechende EQR-Referenzniveau enthalten, Zeugnisse und Diplome entsprechend mit einem EQR-Verweis ausgestattet werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Mitgliedsstaaten ihre nationalen Qualifikationssysteme bis 2009 an den EQR koppeln - und daraus werden in der Praxis einige Probleme entstehen. Denn der EQR gibt nun den Anstoß, sogenannte Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) zu erarbeiten.
Das bringt aber die ungelösten Probleme der jeweiligen Qualifikationsstrukturen an die Oberfläche (siehe Kasten).
In Deutschland haben ArbeitgeberInnen, ArbeitnehmerInnen und Länder jeweils ihre Vorschläge für den Umgang mit den Referenzniveaus ausgearbeitet: Während die ArbeitgeberInnen und die Länder sich größtenteils am »klassischen« Denken in (Schul-)Abschlüssen und Diplomen orientierten, haben die ArbeitnehmerInnen die Betriebshierarchie in den Referenzniveaus abgebildet.
Wichtig ist in diesem System dann die Verantwortung und die Entscheidungskompetenz, nicht der Weg, wie die Fertigkeiten erworben wurden.

 

INFO&NEWS
Ungelöste Probleme in der Praxis
»In Österreich kann der Beruf eines/einer Bürokaufmanns/-frau auf dem Wege der dualen Berufsausbildung erlernt werden. Eine vergleichbare Qualifikation wird aber auch in einer Handelsschule erworben. Zahlreiche Berufe werden sowohl in berufsbildenden Schulen, als auch als Lehre vermittelt. Sie müssten daher auf dem gleichen Qualifikationsniveau angesiedelt sein, da sie ein vergleichbares Lernergebnis haben. Tatsächlich werden in Österreich Schule und Lehre aber immer noch unterschiedlich eingestuft bzw. bewertet.
Ein weiteres Beispiel für ein ungelöstes Problem in der österreichischen Bildungslandschaft ist der Polytechnische Lehrgang - es herrscht zwar ein Konsens, das hier Reformbedarf besteht, aber die Frage wird seit Jahren verschleppt. So müsste nun ein ungelöstes nationales Problem in einem europäischen Rahmen abgebildet werden, die Reform lässt jedoch weiterhin auf sich warten. Hier steht zu hoffen, dass sich der EQR langfristig als Motor für Modernisierung und Innovation im Bildungsbereich erweisen wird.«
Anita Stavik, GPA-DJP,
Expertin für berufliche Bildung
 

INFO&NEWS
Arbeitsmarkt ohne Grenzen
Die Menschen in Europa stoßen zu oft auf Hindernisse, wenn sie in ein anderes Land ziehen, um dort zu lernen oder zu arbeiten. Mit der Standardisierung durch den EQR soll die freiwillige Mobilität auf dem gesamteuropäischen Arbeitsmarkt größer werden. Der EQR erlaubt es sowohl den Arbeitsuchenden als auch den Arbeitgebern, Qualifikationen zu vergleichen. Vor allem nicht-formale Qualifikationen werden aufgewertet.

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