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Kapital mehr besteuern
Steueraufkommen
Steueranteile

Kapital mehr besteuern

Schwerpunkt

Die Rolle des österreichischen Steuersystems als wirtschaftspolitisches Gestaltungsinstrument im Sinn einer Umverteilung.

Ein Überblick über die wichtigsten Steuern in Österreich soll zeigen, wie sich der Beitrag der Steuerpflichtigen zum Gesamtaufkommen zusammensetzt und welche verteilungspolitischen Konsequenzen daraus gezogen werden können. Aufschlussreich ist hier die Abgabenentwicklung der einzelnen Steuern, aber auch die veränderte Steuerstruktur im Laufe der Zeit. Besonders auffällig ist das geringe Aufkommen vermögensbezogener Steuern, die im Gegensatz zum europäischen Trend eine abnehmende Tendenz aufweisen. Überdies werden vor dem Hintergrund der offensichtlich ungleichen Einkommensverteilung in Österreich diese Ungleichheiten durch das Steuersystem weiter verstärkt; das betrifft nicht nur die Einkommensunterschiede zwischen den Steuerzahlenden, sondern auch die zwischen den Geschlechtern.

Im Jahr 2006 nahm der Bund insgesamt 60,4 Mrd. Euro an Steuern ein. Die in der Grafik »Ausgewählte Steuern 2006« angeführten Steuern sind eine Auswahl aus den bestehenden Steuern. Es ist deutlich erkennbar, dass das Steuersystem auf zwei Steuern konzentriert ist: Umsatzsteuer und Lohnsteuer. Die Umsatzsteuer ist die aufkommensstärkste Steuer mit einem Anteil von einem Drittel des gesamten Steueraufkommens. Die Lohnsteuer trägt ebenfalls fast ein Drittel zum Aufkommen bei. Zusammen machen allein diese beiden Steuern rund 64 Prozent der Bundessteuern auf.

Die veranlagte Einkommensteuer hingegen, die Einkunftsarten wie Land- und Forstwirtschaft, selbstständige Arbeit, Gewerbebetrieb oder Vermietung und Verpachtung umfasst, bringt lediglich ein Aufkommen in Höhe von 2,5 Mrd. Euro oder einen Anteil von 4,2 Prozent des Gesamtaufkommens. Zudem ist das Aufkommen der veranlagten Einkommensteuer rückläufig. Diese Entwicklung muss zu denken geben, hat sie doch Einfluss auf die Steuerstruktur. Ausschlaggebend für den Einbruch sind die Auswirkungen der letzten Steuerreform 2004/2005 im Zusammenhang mit Begünstigungen wie etwa der Hälftesteuersatz einbehaltener Gewinne, aber auch Änderungen der Gesellschaftsformen.

Personengesellschaften, die der veranlagten Einkommensteuer unterliegen, wurden in Kapitalgesellschaften umgewandelt und sind nun in der Körperschaftsteuer erfasst. Das Aufkommen der Körperschaftsteuer, die die Steuern auf Gewinne juristischer Personen, Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung umfasst, betrug im Jahr 2006: 4,8 Mrd. Euro. Dass trotz der Satzsenkung seit der letzten Steuerreform das Aufkommen der Körperschaftsteuer nicht stark rückläufig geworden ist, ist auf die massiv gestiegenen Gewinne der körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen zurückzuführen.
Kapitaleinkommensbesteuerung
Im internationalen Vergleich ist in Österreich der Unterschied der Besteuerung von Arbeit und Kapital besonders ausgeprägt. Zwar liegt Österreich in der direkten Besteuerung mit den Einnahmen aus der persönlichen Einkommensteuer im EU-Trend mit 30,7 Prozent relativ hoch. Jedoch ist der Anteil der Kapitaleinkommensbesteuerung im EU-Vergleich mit nur 5,7 Prozent wesentlich geringer als sogar in der EU-27 mit 8,5 Prozent. Aus der Tabelle zur Steuerstruktur im internationalen Vergleich geht hervor, dass das Aufkommen der vermögensbezogenen Steuern, in Österreich vergleichsweise niedrig ist.

Entgegen dem internationalen Trend sind diese im Zeitablauf gesunken. Der niedrige Anteil vermögensbezogener Steuern, aber auch die überdurchschnittlich hohe Belastung des Faktors Arbeit veranlasst sogar die OECD, in ihrem Länderbericht eine umfassende Steuerreform vorzuschlagen. Explizit wird vor einem Verzicht auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer gewarnt. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn das Aufkommen der Erbschafts- und Schenkungssteuer beträgt immerhin knapp zwölf Prozent der vermögensbezogenen Steuern (siehe Tabelle: Steuerstruktur im internationalen Vergleich).
Sozialversicherung
Die sozialen Sicherungssysteme in den einzelnen Ländern unterscheiden sich teilweise erheblich voneinander. Die Finanzierung erfolgt einerseits über Steuern wie in den meisten nordeuropäischen Staaten, andererseits über Sozialversicherungsbeiträge. In Dänemark beispielsweise ist das Sozialversicherungssystem fast zur Gänze steuerfinanziert. Folglich ist die Einkommensteuerquote fast doppelt so hoch wie im OECD-Durchschnitt, die Sozialversicherungsbeiträge sind hingegen verhältnismäßig gering.
Entwicklung der Lohnsteuer
Die Grafik: »Steueranteil am Gesamtaufkommen« zeigt den Anteil der Lohnsteuer und der Gewinnsteuern gemessen am Gesamtsteueraufkommen für die Jahre 2001 bis 2006. Dabei wird die stark steigende Tendenz des Lohnsteueraufkommens ersichtlich. Hingegen nehmen die Gewinnsteuereinnahmen, die Einnahmen aus der veranlagten Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer nicht in demselben Ausmaß wie die Lohnsteuereinnahmen zu. Die Steuerstruktur zeigt ein konträres Bild zur Struktur der Einkommenserzielung. Im Unterschied zum steuerlichen Beitrag der betreffenden Faktoren steigen die Gewinnquoten, die Lohnquoten nehmen hingegen ab. Die langfristig gesehen starke Verschiebung der Einkommensstrukturen setzt sich in der Vermögensbildung fort, die jedoch in Steuerreformen nicht entsprechend berücksichtigt wurde.

Dagegen ist festzustellen, dass trotz des enormen Anstiegs sowohl der Gewinn- und Kapitaleinkommen als auch der Einkommen aus Vermögensbesitz, diese immer weniger zum Steueraufkommen beitragen. Beispiele hierfür sind etwa die Abschaffung der Vermögensteuer, der Börsenumsatzsteuer, die Umstellung auf Endbesteuerung der Kapitalerträge, die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 34 Prozent auf 25 Prozent und nicht zuletzt die Einführung besonderer Begünstigungen für Privatstiftungen.
Hoher Anteil von Arbeit
Die Verteilungswirkung des Steuersystems ist sehr anschaulich an der Verteilung der Steuerlast nach der ökonomischen Funktion abzulesen. Die von der europäischen Kommission veröffentlichten Daten zeigen die Abgaben der einzelnen Bereiche nach ökonomischen Kategorien als Anteil am BIP. Am auffälligsten ist der enorm hohe Anteil von Arbeit; demnach entfällt mehr als die Hälfte des gesamten Abgabenaufkommens auf diesen Faktor. Es ist offensichtlich, dass die nächste Steuerreform entgegen dem Trend der letzten Jahre die Unausgewogenheit zwischen Arbeit und Kapital, zwischen ArbeitnehmerInnen und Unternehmen, verringern muss. Das bedeutet zwangsläufig eine Veränderung in der Steuerstruktur.
Kapitalbesteuerung ausweiten
Konkret müssten die notwendigen Reformen etwa im Unternehmenssteuerbereich zur Einschränkung der Gruppenbesteuerung führen oder zu Ausweitungen der Kapitalbesteuerung und vermögensbezogener Steuern. Denn wenn Faktoren in Relation zu ihrer wirtschaftlichen und steuerlichen Leistungsfähigkeit unterschiedlich besteuert werden, führt dies zu instabilen Verhältnissen im gesamten System. Dies kann wohl nicht das Ziel einer solidarischen und fortschrittlichen Gesellschaft sein.
 

WEBLINKS
European Commission (2007), Taxation trends in the European Union.
http://epp.eurostat.ec.europa.eu
Guger A./Marterbauer M. (2004), Langfristige Tendenzen der Einkommensverteilung in Österreich, Wifo Monatsberichte 09/2005.
www.wifo.ac.at
OECD (2007),
Economic Survey of Austria.
Revenue Statistics.
www.oecd.org/austria

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