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Guido Strunk Guido Strunk, Dipl.-Psych. Dr.,Forschungsinstitut für Gesundheitsmanagement und Gesundheitsökonomie

Kommentar | Männer verdienen besser

Meinung

Die Einkommensschere klafft weiter auseinander. Eine Studie beweist, dass Frauen weniger verdienen, selbst wenn sie über gleiche Qualifikation verfügen.

In den westlichen Gesellschaften haben Frauen inzwischen einiges erreicht. Die letzten hundert Jahre haben viele Veränderungen in Richtung Chancengleichheit gebracht: das Wahlrecht, das Recht auf Bildung und Selbstbestimmung, Anerkennung und Akzeptanz im weitesten Sinne. Aber trotz vieler beruflicher und gesellschaftlich-integrativer Erfolge und trotz Anpassung an männliche Erwerbsverläufe finden sich nur wenige Frauen in gesellschaftlichen Machtpositionen, auch sind sie immer noch überproportional von Armut und Erwerbslosigkeit betroffen.

Während also auf der einen Seite immer neue Konzepte zur Gleichstellung von Männern und Frauen entwickelt und implementiert werden, finden sich auf der anderen Seite die immer noch ernüchternden Studien, die belegen, dass Frauen auch heute noch im Vergleich zu Männern im Durchschnitt viel weniger verdienen und seltener in Spitzenpositionen der Wirtschaft und Gesellschaft zu finden sind. Auch an der fast ausschließlich den Frauen zugewiesenen nicht bezahlten Arbeit als Mutter und Hausfrau hat sich trotz Frauenbewegung und Elternzeit für Männer oder »Gender Mainstreaming« wenig geändert.

Seit Alice Schwarzer in »Der kleine Unterschied und seine großen Folgen« 1975 eine Gleichberechtigung verlangte, die diesen Namen auch verdiente, indem sie die Hälfte der Welt und die Hälfte des Hauses für ihre Geschlechtsgenossinnen forderte, hat sich wenig getan. Weder haben die Männer die ihnen zugedachte Hälfte des Hauses verantwortlich übernommen, sodass sie sich um Kindererziehung, Wäschewaschen und Kochen ebenso kümmern würden, wie es die Frauen schon seit Jahrhunderten tun - daran haben auch die viel beschworenen Softies und »neuen Väter« wenig geändert - noch haben die Frauen inzwischen die Hälfte der »Welt« für sich erobern können.
Frauen haben die Nase vorn
Interessant daran ist jedoch vor allem der Umstand, dass insbesondere auch junge Frauen heute nur noch wenige Unterschiede zwischen den Geschlechtern wahrnehmen. Diskriminierung ist etwas, das anderen Frauen zustößt, aber sie selbst nicht betrifft. Einer von vielen Gründen dafür kann die Erfahrung sein, dass Frauen in Schule und Studium in der Regel die Nase vorne haben. Mädchen machen heute häufiger Matura als Jungen, verzeichnen im Schnitt bessere Noten und müssen weniger oft Klassen wiederholen. Dieses seit Jahren zu beobachtende Ungleichgewicht ruft inzwischen »Männerforscher« auf den Plan, die eine Diskriminierung von Schülern gegenüber Schülerinnen wittern.

Unabhängig von dieser Diskussion erleben sich viele junge Frauen als durchaus erfolgreich und gut gerüstet, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Statistiken, die belegen, dass Frauen im Durchschnitt weniger verdienen als Männer, sind für sie nur wenig relevant, wenn dort die teilzeitbeschäftigten Mütter ebenso mitgezählt werden, wie die vielen ungelernten Kassiererinnen oder schlecht bezahlten Friseurinnen.
Bedrückende Ergebnisse
Aber die Hoffnung, dass bei gleicher Ausbildung und gleichen Fähigkeiten Männer und Frauen auch die gleichen Chancen haben, ist nach wie vor nicht zutreffend. Wie eine Studie, die unsere Arbeitsgruppe (Guido Strunk, Anett Hermann & Susanne Praschak, 2005) vor kurzem veröffentlichte, zeigt, gehört die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Berufsleben noch lange nicht der Vergangenheit an. Die drei wesentlichen Ergebnisse der Studie sind bedrückend:

  1. Die Gehaltsschere ist weit geöffnet. Frauen und Männer mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Studienabschluss verdienen beim Berufseinstieg noch gleich. Ab dem dritten Jahr steigen die Männer auf und steigern ihr Gehalt von Jahr zu Jahr, die Frauen bleiben zurück. Ihr Gehalt stagniert. Für den Unterschied könnte sich Frau am Ende der von uns betrachteten zehn Jahre mindestens fünf Kleinwagen leisten.
  2. Das gleiche Bild zeigt sich in Bezug auf die Führungsverantwortung. Männer bekommen schnell Führungsaufgaben übertragen, Frauen nicht.
  3. Das dritte Ergebnis zeigt, wie »normal« das alles ist: Männer und Frauen sind gleichermaßen mit ihren Karrieren hoch zufrieden.

Mögliche Gründe
Bei der Suche nach den Gründen für diese Unterschiede drängen sich schnell einige »übliche Verdächtige« auf. Vielleicht waren die Männer besser qualifiziert, dann wäre es kein Wunder, wenn die Frauen weniger verdienten.

Für diese Studie wurden jedoch Männer und Frauen miteinander verglichen, bei denen dies ausgeschlossen werden konnte. Vielleicht waren die Männer führungsmotivierter, leistungsorientierter, gewissenhafter oder sonst wie mehr an Karriere interessiert.

Für diese Studie wurden jedoch alle Männer und Frauen einem umfassenden Persönlichkeitstest unterzogen. Auch hier gab es keine Unterschiede. Vielleicht waren die Männer ganz einfach »schlitzohriger«, haben sich mit Männerbünden, Angebereien in den Vordergrund gespielt, den Weg nach oben erschlichen? Auch diese Gründe können durch die Persönlichkeitstests ausgeschlossen werden. Kamen die Männer vielleicht in der Mehrheit aus der »Oberschicht« - war ihnen die Führungsrolle vielleicht schon in die Wiege gelegt? Nein, bei der Auswahl der beiden Geschlechtergruppen haben wir auch bei diesem Aspekt auf Gleichheit geachtet.
Wenig Unterschiede durch Karenz
Mit diesem Spiel könnten wir noch einige Zeit fortfahren. Insgesamt wurden für die vorliegende Studie 23 mögliche Gründe für die Unterschiede zwischen den Männern und den Frauen bereits vor der Studie ausgeschlossen. Untersucht wurden eben nur Frauen und Männer, die sich in Bezug auf ihre Startbedingungen ins Berufsleben perfekt glichen.

Dennoch unterscheiden sich Berufsverlauf und Berufserfolg. Und hier - das heißt im Berufsverlauf - könnte man dann den »wahren« Grund für die Unterschiede vermuten. Tatsächlich gründen einige eine Familie, bekommen einige Frauen ein Kind und bleiben daheim und auf der anderen Seite geht nur einer der Männer in Karenz.

Ist das der Grund für die Gehaltsverluste? Ist es so, dass so lange Frau die Kinder bekommt auch auf Karriere verzichten muss? Interessanterweise zeigte sich in unserer Studie, dass sich an den Ergebnissen kaum etwas ändert, wenn die Frauen (und der eine Mann) mit Karenz aus der Berechnung ausgeschlossen werden. Die Gehaltsunterschiede verringern sich in Summe um ein Drittel - aber zwei Drittel der Unterschiede bleiben bestehen. Die Karenz ist zwar ein Faktor, aber nicht die Hauptursache.

Was bleibt als Erklärung noch übrig? Ab und an kommt wer mit einer guten Idee, und dann rechnen wir noch einmal nach: Haben wir an die Teilzeitarbeit gedacht? Vielleicht arbeiten die Männer ja mehr? Aber auch da - Fehlanzeige.
Antwort: Geschlecht
Die einzige Antwort auf die Frage nach den Gründen für den Gehaltsunterschied lautet: Geschlecht. Männer verdienen mehr und bekommen mehr Führungsverantwortung, nicht weil sie mehr leisten, mehr können, höher motiviert oder sonst wie »besser« sind (Studien zeigen, dass Männer auch dann die Nase vorne haben, wenn sie »schlechter« sind als die Frauen, vgl. Strunk & Steyrer, 2005) - Männer haben mehr Erfolg, weil sie Männer sind. Und Frauen haben weniger Erfolg, weil sie Frauen sind.

Mag sein, dass schon viel erreicht wurde, dass heute kaum mehr offene Diskriminierung beobachtet werden kann - dazu haben wir in unserer Studie keine Daten sammeln können. Aber, dass Diskriminierung heute vielfach subtil und nur schwer durchschaubar geschieht, und von Gleichberechtigung letzten Endes noch nicht die Rede sein kann, kann nicht geleugnet werden.

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Mehr Infos unter:
www.lindeverlag.at/verlag/buecher/978-3-7093-0022-0
www.complexity-research.com/ComplexityIch.htm
Forschungsinstitut für
Gesundheitsmanagement WU Wien
www.wu-wien.ac.at/healthcare/guidostrunk
 

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an den Autor
guido.strunk@wu-wien.ac.at
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