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BIP - Wachstumsprognose
Prognosewerte

Kein Boom ohne Konsum

Wirtschaft und Arbeitsmarkt

Wirtschaftsforscher prognostizieren eine Konjunkturabschwächung. Binnennachfrage ist zu schwach, um internationale Faktoren zu kompensieren.

In den letzten Wochen legten die führenden Prognoseinstitute ihre aktualisierten Voraussagen vor, die erstmals auch eine Vorschau auf das Jahr 2009 enthalten. Die Tabelle »BIP-Wachstumsprognose« zeigt, wie die OECD, die Europäische Kommission sowie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) die Wachstumschancen global und für Österreich einschätzen. Da die am 20. Dezember 2007 veröffentlichte Wifo-Prognose die jüngste und damit aktuellste der drei Prognosen ist, werden in der Folge deren wesentliche Inhalte dargestellt. Dazu kann angemerkt werden, dass sich die beiden anderen Prognosen zwar in manchen Details hinter dem Komma davon unterscheiden, grundsätzlich aber ein identisches Konjunkturbild zeichnen.
Globale Wachstumsverlangsamung
Die Verschlechterung der internationalen Rahmenbedingungen wird global eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums bewirken. Der Konjunktureinbruch in den USA, die Krise auf den Finanzmärkten sowie die Aufwertung des Euro sorgen auch in Europa für eine Wachstumsabschwächung. Dennoch bleibt in Österreich der externe Sektor die treibende Kraft, da sich die Ausweitung der Investitionen verlangsamt und sich der private Konsum weiterhin enttäuschend entwickelt. Letzteres ist auch der geringen Steigerung der Realeinkommen zuzuschreiben, wozu natürlich die markante Erhöhung der Inflationsrate beiträgt.
Asiens Wirtschaft boomt
Trotz der Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten, die durch die Immobilienkrise in den USA ausgelöst wurden, befindet sich die Weltwirtschaft nach wie vor in einer Phase eines relativ kräftigen, wenn auch sich mittlerweile abkühlenden Wachstums. Durch die allgemein hervorragenden Gewinne der Unternehmen, eine Verbesserung der Arbeitsmarktlage und eine flexible Reaktion der Zentralbanken auf die Probleme des Finanzsektors kann das reale Wachstum des Welthandels in den Jahren 2007-2009 mit Raten von 6,5/6,8/6,2 Prozent prognostiziert werden. Allerdings musste die Wachstumsprognose für die USA doch deutlich verringert werden, für die Jahre 2007/2008/2009 werden nun vom Wifo nur noch reale BIP-Wachstumsraten von 2,3/1,6/1,7 Prozent vorausgesagt. Der Einbruch der Wohnbauinvestitionen und der Rückgang der Hauspreise werden Investitionen und Konsum merklich dämpfen, und Zahlungsausfälle bei Hypothekarkrediten belasten den Finanzsektor. Eine echte Rezession wird zwar derzeit nicht erwartet, kann aber auch nicht völlig ausgeschlossen werden. Der Boom in China und Indien mit Wachstumsraten von weiterhin um zehn Prozent treibt dagegen die Wirtschaft in Asien nach wie vor kräftig voran.

In der Eurozone dürfte im Sommer 2007 der Höhepunkt der Konjunktur erreicht worden sein. Die Wachstumsprognosen für 2007-2009 belaufen sich auf 2,7/1,9/1,7 Prozent. Die zuletzt sehr günstige Konjunktur bewirkte zwar einen Rückgang der Arbeitslosigkeit, der Konsum der privaten Haushalte wurde dennoch nicht entsprechend der Kraft des Aufschwunges belebt. Durch verhaltenes Wachstum der Pro-Kopf-Einkommen und hohe Preissteigerungen ist auch weiterhin keine Beschleunigung des Konsumwachstums zu erwarten. Die wäre aber nötig, um das Abflauen der Konjunkturkräfte einzubremsen. Auch die Exporte werden durch US-Krise und hohen Euro-Kurs gebremst werden.
Kostensenkung allein reicht nicht
Europa findet also, nicht zuletzt wegen einer Wirtschaftspolitik, welche praktisch ausschließlich auf Stabilisierung und Kostensenkung bedacht ist und dabei die Bedeutung der Binnennachfrage weitgehend vernachlässigt, auch nach sechs Jahren keinen nachhaltigen Weg aus der Wachstumsschwäche. Die gelegentlichen - vor allem exportgetriebenen - Erholungsphasen können somit wiederum keinen dauerhaften, selbsttragenden Aufschwung initiieren. Auch die Zinspolitik der EZB wirkte als Wachstumsbremse. Die EZB sollte nun weniger wegen des Inflationsanstieges besorgt sein, da dieser nicht auf eine beschleunigte Lohninflation mit drohender Lohn-Preis-Spirale, sondern auf auslaufende Preisschübe zurückzuführen ist. Sie sollte ihr Augenmerk vielmehr auf das Abfedern der Wachstumsverlangsamung richten.
Österreich auf der Überholspur
Die deutsche Wirtschaft erlebte 2006 und 2007 nach einer vierjährigen Stagnation ein kräftiges Wachstum, da die preislich und qualitativ hoch wettbewerbsfähige Sachgüterproduktion von der dynamischen Weltkonjunktur profitieren konnte. Durch die anhaltend schwache Binnennachfrage, insbesondere des privaten Konsums, ist die Konjunktur allerdings in besonderem Maße einer Verschlechterung der internationalen Rahmenbedingungen ausgesetzt, sodass 2008/2009 mit einem Rückgang auf ein nur noch 1,8-prozentiges BIP-Wachstum gerechnet werden muss. Auch die österreichische Wirtschaft folgt dem internationalen Entwicklungsmuster (siehe Tabelle: »Wichtigste Prognosewerte«). Die Wachstumsprognose für 2008 musste um 0,2 Prozentpunkte auf 2,2 Prozent zurückgenommen werden, da sich die Binnennachfrage ungünstiger entwickelt als erwartet. Für 2009 wird mit einer weiteren Wachstumsverlangsamung auf 2,0 Prozent gerechnet. Österreich liegt damit aber über dem Durchschnitt der Eurozone, was vor allem der preislichen Wettbewerbsfähigkeit und den guten Kontakten zu unseren rasch wachsenden östlichen Nachbarstaaten zu danken ist.

Die Exporte bleiben eindeutig die Triebfeder des Wachstums. Aber die Investitionen wurden enttäuschenderweise nicht in dem Maße umgesetzt, wie es die Pläne vor einigen Monaten erwarten ließen. Dazu trugen vermutlich die Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen und der Anstieg des Euro-Wechselkurses bei.
Schleppender Privatkonsum
Überaus enttäuschend verläuft weiterhin die Entwicklung des privaten Konsums, der bei weitem keine Belebung in einem Ausmaß, das der Dynamik des Aufschwunges entspräche, verzeichnet. Für 2007 musste die Wachstumsprognose für den Konsum erneut herabgesetzt werden, und zwar von 1,9 auf 1,6 Prozent. Trotz der Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt und trotz höherer Lohnabschlüsse ist auch mit keiner markanten Konsumbelebung zu rechnen, da sich der Preisauftrieb, von höheren Nahrungsmittel- und Energiekosten geprägt, merklich beschleunigt. Zusätzliche Einkommen, wie etwa aus der Steuerreform, dürften zumeist gespart worden sein, wie der Anstieg der Sparquote auf den Rekordwert von 10,3 Prozent im Jahr 2007 nahelegt.

Die Bruttoverdienste je ArbeitnehmerIn werden 2007/2008/2009 um 2,8/3,5/3,0 Prozent ansteigen, netto bleiben die Zuwächse der Realeinkommen pro ArbeitnehmerIn mit 0,1/0,3/0,4 Prozent aber äußerst bescheiden. Dass von dieser Lohnentwicklung kein Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit ausgeht, zeigt sich an der Entwicklung der Lohnstückkosten in der Sachgüterproduktion, die entsprechend dem langfristigen Trend weiter zurückgehen.

Die österreichische Lohnstückkostenposition im internationalen Vergleich wird sich damit bis 2009 weiter verbessern. Gegenüber Deutschland, wo radikalere Kostensenkungsprogramme gelaufen sind, trat 2007 eine geringfügige Verschlechterung ein, aber 2008 und 2009 werden die Lohnstückkosten in Österreich wieder stärker sinken.

Der Preisauftrieb legte nach seinem Tiefstwert im Jahr 2006 (Inflationsrate 1,5 Prozent) kräftig zu, was insbesondere den Bereichen Energie sowie Lebensmittel zuzuschreiben ist. Für die kommenden Monate zeichnet sich keine Entspannung ab. Die Preise für Erdöl und für landwirtschaftliche Rohstoffe werden weltweit durch die große Nachfrage aus den Schwellenländern, durch Auswirkungen des Klimawandels, durch den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen und durch Präferenzänderungen aufgrund von Einkommenssteigerungen in Schwellenländern hochgetrieben.

Dennoch zeichnet sich keine Lohn-Preis-Spirale ab, der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten liegt laut Wifo auch im Jahr 2008 mit 2,0 Prozent in einem mit Preisstabilität zu vereinbarenden Rahmen.
Öffentliche Haushalte profitieren
Zu den Gewinnern der kräftigen Konjunktur im Jahr 2007 zählen neben den Unternehmen auch die öffentlichen Haushalte. Das Haushaltsdefizit nach Maastricht-Definition war 2007 deutlich geringer als in den Jahren davor. Aufgrund der nachlassenden Wachstumsdynamik kann aber in den kommenden Jahren keine weitere Verbesserung erwartet werden. Zwar steigen als Folge des Boomjahres 2007 im Jahr 2008 die Einnahmen noch deutlich, doch werden auch einige Mehrausgaben wirksam, wie etwa im Zuge des Finanzausgleiches oder im Bereich des Kinderbetreuungsgeldes.

Auch der Arbeitsmarkt profitierte von der Konjunkturbelebung, das Beschäftigungswachstum schwächt sich aber so weit ab, dass die Arbeitslosigkeit nicht mehr verringert wird. Das Jahr 2007 zeigte wieder einmal den engen Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsentwicklung. Bei dem 3,4-prozentigen BIP-Wachstum erhöhte sich die Zahl der aktiv unselbstständig Beschäftigten um zwei Prozent (+63.600), auch in Branchen mit vielen Vollzeitarbeitsplätzen.
Arbeitslosenzahl steigt wieder
Mit der Dämpfung der Konjunktur reduziert sich das Beschäftigungswachstum auf knapp ein Prozent, in der Sachgütererzeugung wird die Zahl der Beschäftigten sogar wieder sinken. Etwa die Hälfte der zusätzlichen Beschäftigten kommt aus dem Ausland. Auch das Arbeitskräfteangebot weitet sich kräftig aus, und zwar um jeweils gut 30.000 Erwerbspersonen in den Jahren 2008 und 2009 (nach +51.300 im Jahr 2007). Die Zahl der registrierten Arbeitslosen wird sich somit bis 2009 wieder leicht auf 226.700 Personen erhöhen. Der Rückgang der Arbeitslosenquote wird 2008 nur noch minimal sein und 2009 wieder von einem geringen Anstieg abgelöst werden.
Globale Risiken gestiegen
Im internationalen Bereich lauern beträchtliche Risiken, die nur schwer eingeschätzt werden können. Falls es etwa in den USA doch zu einer Rezession kommen sollte, falls sich die Krise im Finanzsektor als noch gravierender erweisen sollte, oder falls der Wechselkurs des
Euro weiter ansteigt, so könnte die Entwicklung durchaus auch schlechter ausfallen, als die Wirtschaftsforscher derzeit noch annehmen.

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Mehr Infos unter:
Wirtschaftsforschungsinstitut
www.wifo.ac.at/
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD
www.oecd.org/deutschland
OECD und Österreich
www.bmf.gv.at/Wirtschaftspolitik/OECD/_start.htm
Europäische Kommission
www.ec.europa.eu/index_de.htm

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