topimage
Arbeit&Wirtschaft
Arbeit & Wirtschaft
Arbeit&Wirtschaft - das magazin!
Blog
Facebook
Twitter
Suche
Abonnement
http://www.arbeiterkammer.at/
http://www.oegb.at/
Schalke 04 beim Sieg in der deutschen Meisterschaft im April 1940.

Der Mythos lebt!

Schwerpunkt

Der FC Schalke 04 steht für 104 Jahre Ruhrpottpower und wurde als echter Arbeiterfußballklub gegründet. Ein Blick zu den Nachbarn.

So wie jede Religion hat auch Schalke 04 seine Legende.
An deren Anfang stand aber nicht das Wort, sondern eine Wiese. Holprig, ruppig und in Gelsenkirchen soll sie gelegen sein. Dort, wo die Luft nach Kohle roch und das Leben harte »Maloche« war. Am Beginn des Jahres 1904 trafen sich hier ein paar junge Arbeiter - der älteste von ihnen war 17 Jahre - zum Fußballspielen und gründeten nach einer durchzechten Nacht den Verein: Westfalia-Schalke.

Einen Verein, der keine Zukunft zu haben schien. Es war kein Geld da. Es gab keinen eigenen Platz und anfangs wurde sogar der Fußball ausgeborgt. Noch dazu wurde Westfalia-Schalke vom bürgerlichen orientierten Verband die Anerkennung verweigert. Schalke wurde als »wilder« Verein, als saufende Arbeitervereinigung, als proletarisches Produkt der Straße empfunden. Schon damals zeigten sich die unglaubliche Kraft und der unbrechbare, aber auch unberechenbare Wille der Mitglieder, so dass sich der Verein dann doch 1912 dem örtlichen Turnverein anschließen durfte.

30 Pfennig entfernt

In den 20er Jahren erlebte der Verein mit seinen Vereinsfarben blau-weiß einen Höhenflug. Eigenbauspieler, echte Schalke-Jungs wie Ernst Kuzorra, spielten den Gegner schwindlig. Ernst Kuzorras Eltern wollten ihm sogar das »unsittliche und proletarische Fußballspiel« verbieten. Nirgendwo in ganz Deutschland fieberten und litten die ZuschauerInnen so mit einer Mannschaft mit, wie bei Schalke. Die Fans und das Team kamen aus derselben Lebenswirklichkeit. Der Bergbau war das einigende Band.

Kuzorra sagte einmal: »Unsere Mannschaft ist restlos aus Schalke, kein Spieler wohnt weiter als 30 Pfennig mit der Straßenbahn entfernt.« Die 1927 errichtete Sportstätte wurde nach dem Gruß der Bergleute »Glückauf-Kampfbahn« benannt. Der Mythos der »Knappen« war geboren.

»Jetzt kann mich der Führer …«

Wenn Schalke siegte, siegte die wenig verwöhnte Arbeiterschaft. Da Fußball immer noch ein Privileg der Oberschicht war, nannten es die sozialdemokratischen Funktionäre von Schalke »Klassenkampf mit anderen Mitteln«.

Der Sieg des Nationalsozialismus 1933 stürzte Deutschland in den Untergrund. Für Schalke begann hingegen die Zeit der Siege. Sie dominierten jahrelang den deutschen Fußball. Erreichten in dieser dunklen Zeit der Geschichte sechs Titel.

Höhepunkt das 9:0 im Meisterschaftsfinale 1939 gegen Admira Wien. Die Nazis instrumentalisierten den Schalke-Erfolg für ihre Zwecke. Gut passte da der Schalke-Mythos vom Sieg der Helden, die von unten kommen, in die verbrecherische NS-Ideologie vom »Triumph des Arbeiters«, der sich nach oben kämpft.

Siegte Schalke, feierte die NSDAP immer mit und Kuzorra wurde zum nationalsozialistischen Musterknaben. Auch wenn er in der Kabine nach dem verlorenen Endspiel 1941 gegen Rapid Wien, weil er Schiebung vermutete, »Jetzt kann mich auch der Führer am Arsch lecken« schrie.

Schalke versuchte sich immer politisch neutral zu geben. Kuzorra sagte: »Wir wollen Fußball spielen und sonst nichts.« Das wirkte nur wenig glaubhaft, da bei vielen Spielern im Zuge der »Arisierung« nichts von Neutralität, Gerechtigkeit oder Fairness zu sehen war.

Im Gegensatz zu anderen Vereinen, die ebenfalls von den jeweiligen nationalsozialistischen Machthabern unterstützt wurden, hat Schalke zu seinem 100-jährigen Jubiläum eine umfangreiche und detaillierte Studie über sein Verhältnis zum Nationalsozialismus mit dem Titel: »Zwischen Blau und Weiß liegt Grau« in Auftrag gegeben. Zusammenfassend kommt die Studie zu folgendem Ergebnis: »Der Verein und seine Mitglieder waren so gut und so schlecht, wie die deutsche und eben auch die lokale Gelsenkirchner Bevölkerung im Nationalsozialismus insgesamt. Im Schalke Fußballverein gab es keine überzeugten oder auch fanatischen und aktiven Anhänger des Nationalsozialismus, ebenso gab es aber auch keinen Widerstand, auch fast keine nachweisbare Resistenz.«

In den 60er Jahren schaffte der Verein kaum, mit der beginnenden Professionalisierung des Sports mitzuhalten. Die Massen unterstützten Schalke auch in den Jahren, wo Schalke meist gegen den Abstieg spielte. Es gab keine Fußballmannschaft in der deutschen Bundesliga, die eine höhere Zuschaueranzahl hatte wie Schalke.

In den 70er und Ende der 80er Jahre war Schalke in wirtschaftliche Skandale verwickelt. Wieder einmal entging der Verein nur knapp einer Pleite. Schalke musste in den 80er Jahren mehrmals absteigen, aber schaffte immer wieder den Aufstieg. Letztlich waren es ausschließlich die Fans, die den Verein retteten.

Auch in der Zweiten Liga kamen - im inzwischen neuen Schalker »Parkstadion« - mehr Zuschauer als bei den meisten Vereinen der ersten Bundesliga.

Arena Auf Schalke

Der richtige Aufschwung gelang Schalke in den 90er Jahren. 2001 errichtete Schalke das modernste Stadion der Welt, die »Arena Auf Schalke«. Es war kein normales, gewöhnliches, neues Stadion, es ist ein Fußball-Palast mit ausfahrbarem Rasen, verschließbarem Dach, verschiebbarer Süd-Tribüne, riesigen Videowürfel an der Decke und gleichzeitig genug Platz für den eigenen Mythos im Schalke-Museum und eine eigene Kapelle, die für Hochzeiten auf Schalke das gesamte Jahr ausgebucht ist. Schalke ist im Big-Business des Fußballs angekommen. Und wenn in der seit Jahren ausverkauften Fußballarena »Auf Schalke« ein Tor für den S04 fällt, liegen sich alle in den Armen. Menschen, die sich noch nie gesehen haben und gute Freunde. Die (fast) klassenlose Gesellschaft gibt es eben nur in der »Schalkekurve«.

Antirassistische Arbeit wurde bei Schalke 04 als einer der ersten Bundesligavereine intensiv gelebt. Schalke 04 unterstützt nicht nur Fanprojekte, sondern initiiert auch eigene Antirassismusprojekte. Es ist in den Statuten des S04 verankert, dass eine Mitgliedschaft in einer Rechtspartei wie der NPD oder einer anderen rechtsradikalen Partei und eine Mitgliedschaft bei Schalke 04 unvereinbar sind.

Einzigartig in der Bundesliga ist auch die Freundschaft zum 1. FC Nürnberg. Die Fans beider Mannschaften halten schon seit vielen Jahren zusammen. Immer, wenn Schalke gegen Nürnberg spielt, ist eine Riesenparty angesagt. Gejubelt wird immer wenn ein Tor fällt - egal welches Team es erzielt hat - Freundschaft eben. Genauso wie Nürnberg geliebt wird, wird der andere Ruhrpottverein Dortmund gehasst. Die Ablehnung geht soweit, dass unter Schalke-Fans es einer Sünde gleichkommt, die Stadt Dortmund beim Namen zu nennen. Sie wird als »die Stadt ohne Namen« bezeichnet. Den Dortmund-Fans hingegen macht nichts mehr Spaß, als der Hinweis, dass Schalke schon seit 50 Jahren nicht Meister war. In seinen Absurditäten zeigt der Fußball das Leben wahrhaftiger als wir es sonst ertragen (Fanmagazin »Schalke Unser«).

Das Schöne an einem Mythos ist: Er funktioniert auch, ohne dass man ihn versteht.

Die Geschichte des FC Schalke 04 ist auch im Stile eines Heldenepos erzählbar. Geboren im Dunkeln, arbeitet der jugendliche Held sich nach oben. Wegen seiner niedrigen Herkunft wird er von den Mächtigen abgelehnt. Als er sich dennoch durchzusetzen droht, greifen die Feinde zu heimtückischen Mitteln und versuchen, ihn auf diese Weise zu vernichten. Doch das darf und kann nicht gelingen.

Am Ende triumphiert der Held und steht strahlend da wie keiner zuvor. Was auch immer ihm passiert, er wird immer wieder auferstehen. Unsterblich wie er ist, geben seine Freunde die Hoffnung auf den endgültigen Triumph, also den Sieg in der deutschen Meisterschaft und den Sieg in der Champions League nie auf.

WEBLINKS
Weitere Infos finden Sie auf
www.schalke04.de
www.veltins-arena.de

KONTAKT
Schreiben Sie uns Ihre Meinung an den Autor
willi.mernyi@oegb.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at

Artikel weiterempfehlen

Kommentar verfassen

Teilen |

(C) AK und ÖGB

Impressum