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Franz Küberl, Präsident der Caritas Österreich

Armut als Schicksal?

Meinung

Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist bei der Armutsbekämpfung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, meint der Caritas-Präsident. Mindestsicherung endlich eine Gegensteuerung gegen die hohen Armutsraten. Arme sind oft in der Rolle von Sündenböcken, sozial und materiell ausgegrenzt.

Freiheit ist die grundlegende Voraussetzung für Entwicklung«, sagt der Wirtschafts-Nobelpreisträger Amartya Sen. Im Gegensatz dazu ist Armut Unfreiheit. Von den betroffenen Menschen wird sie meist als schreckliches Schicksal empfunden.

Für Menschen, die in Armut leben, erscheint der Weg wie eine Einbahn, oft wie eine Sackgasse: Armut heißt, öfter krank und sozial isoliert zu sein, die Heizung nicht bezahlen zu können, kein Geld für Reparaturen oder Urlaub zu haben. Armut ist aber nicht schicksalsgegeben, sondern das Produkt ungerechter Verteilung von Mitteln und Lebenschancen. »Schicksalhaft« ist oft der Fall unter die Armutsgrenze. »Schicksal« bedeutet hier Lebensbrüche wie Scheidung, Krankheit, oder auch Konkurs der Firma. Armut beginnt dort, wo die Möglichkeit eines selbst bestimmten Lebens endet. Selbstverantwortung und Selbstverwirklichung sind aber die Basis für die Wohlfahrtsentwicklung der Gesellschaft. Allein deshalb muss Armut bekämpft werden.

459.000 Menschen in Armut

Die Zahlen des Sozialministeriums: 459.000 Menschen müssen in Österreich in Armut leben. Weitere 568.000 sind armutsgefährdet. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Im Vorjahr baten mehr als 42.000 Menschen in Österreich die Caritas um finanzielle Unterstützung - Tendenz steigend. Rund 2,3 Mio. Euro wurden an Bedürftige ausbezahlt. Armutsbekämpfung ist keine Frage des gesellschaftlichen Könnens, sondern des Wollens. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist dabei ein wichtiger Schritt. Positiv ist die vorgesehene, bundesweit einheitliche Höhe. Eine vertane Chance ist, dass weiterhin zwei Behörden für die Sozialleistungen und Arbeitsvermittlung zuständig sind. Damit besteht die Gefahr, dass Menschen, die keine Ansprüche auf Beratung vom AMS haben, am beruflichen Abstellgleis bleiben. Hier haben die Länder eine Weiterentwicklung ausgebremst. Mit einem echten One-Stop-Shop hätte man Bürokratie entfilzen können. Nun müssen die Länder im Rahmen einer aktiven Beschäftigungspolitik verstärkt selbst finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Auch eine Verbesserung der Chancengleichheit durch eine Reform des Bildungssystems sowie durch die Schaffung eigenmittelfreier Wohnungen für einkommensschwache Gruppen ist überfällig.

Freilich ist auch die beste Sozialpolitik auf individuelle Hilfe angewiesen. Strukturelle und individuelle Solidarität widersprechen sich nicht. Ganz im Gegenteil. Sie ergänzen einander. Damit die betroffenen Menschen der Armutsfalle entkommen können, braucht es die Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Menschen. Nicht zuletzt deswegen bitten wir jedes Jahr die ÖsterreicherInnen gegen Ende des Jahres um ihren Beitrag für Menschen in Not in Österreich. Denn Armut ist nur Schicksal, wenn man sich fügt.

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