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Foto | Paul Sturm Die Maßnahmen, die im Rahmen der CSR-Strategien gesetzt werden, sollten keine kurzfristigen PR-Gags sein, sondern tatsächlich nachhaltig positive Veränderungen bewirken.

Fassadenbegrünung CSR

Schwerpunkt

Corporate Social Responsibility ist in aller Munde. Nicht immer geht es dabei um Verantwortung, oft um PR.

Corporate Social Responsibility (CSR) kann man so oder so sehen: als neoliberales Ablenkungsmanöver oder als sozial und ökologisch verantwortliches, nachhaltiges Agieren. Eines der Probleme mit der CSR ist die Freiwilligkeit. Unternehmen suchen sich im Extremfall selbst aus, was sie unter CSR verstehen und wie sie diese Maßnahmen im Betrieb implementieren. Die Verhaltenscodices, die die Unternehmensmütter - oft aus den USA oder Japan - ihren lokalen Töchtern vorgeben, sind häufig nicht oder nur mangelhaft an österreichische Rechtsvorschriften angepasst. Sie verstoßen nicht selten gegen das Arbeitsverfassungsgesetz oder gegen Datenschutzbestimmungen. So sind zum Beispiel die sogenannten wistleblowing - Verpfeifhotlines - in US-amerikanischen Konzernen sehr weit verbreitet: Wer gegen den Verhaltenkodex verstößt soll, anonym, »verpfiffen« werden.

Bewusstsein schaffen

»Dass Überwachungen in Betriebsvereinbarungen geregelt werden müssen, und dass es bei uns ein relativ strenges Datenschutzgesetz gibt sind alles Umstände, die die Betriebsräte dem Management in solchen Betrieben erst einmal klar machen müssen. Wobei auffällt: Die US-amerikanischen Konzerne agieren mit ihren internen CSR-Richtlinien sehr oft so ›salopp‹, dass es nicht sofort zu den nötigen rechtlichen Anpassungen kommt. Die meisten japanischen Unternehmen weisen hingegen sehr dezidiert darauf hin, dass alle nationalen Rechtsbestimmungen implementiert werden müssen, bevor der Verhaltenscodex in Kraft tritt« so Eva Angerler von der GPA-djp. In manchen Bereichen und bei manchen Akteuren musste erst ein Bewusstsein für die Ansprüche der Arbeitnehmervertretung geschaffen werden.

Andere Länder ...

Doch nicht nur in unterschiedlichen Unternehmen gibt es unterschiedliche Sitten, große Unterschiede finden sich auch, beim Umgang mit CSR in verschiedenen europäischen Ländern. Während Deutschland, sonst eher Vorreiter, wenn es um Umweltstandards und Arbeitsrechte geht, keine nationale Strategie zum Thema erarbeitet hat, gibt es in Großbritannien einen CSR-Minister und eine eigene CSR-Internetsite der Regierung. Die Queen zeichnet Unternehmen unter anderem in der Kategorie Nachhaltigkeit aus. Jährlich müssen die Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte legen. Das öffentliche Beschaffungswesen gehört zu einem der nachhaltigsten in ganz Europa, und die Ethical Trading Initiative (ETI) trägt zur Verbesserung der Arbeitsstandards in der Textilbranche weltweit bei.
Die französische Regierung reguliert CSR. Die Unternehmen reagieren allerdings mit Zurückhaltung. Allerdings sind auch französische börsennotierte Unternehmen verpflichtet, Umwelt- und Sozialberichte vorzulegen.
Die Niederlande haben nach einer groß angelegten Offensive in Sachen CSR aufgeholt. Das Wirtschaftsministerium erstellt jährlich ein Ranking der Sozialberichte der größten Unternehmen. Die Green Investment Directice befreit nachhaltige Finanzanlagen von der Steuer.
Österreich, wo Wirtschaftsministerium und Landwirtschaftsministerium CSR auf ihre Fahnen geheftet haben, ist in bestimmten Bereichen gut unterwegs: Die Internationale Norm ISO 26000 »Guidance on Social Responsibility« (deutsch: Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung) soll 2010 abgeschlossen und veröffentlicht werden. Sie wird von einer Arbeitsgruppe im österreichischen Normungsinstitut erarbeitet.

Schöne Worte?

Für viele BetriebsrätInnen stellt sich CSR zuerst einmal als »schöne Worte auf der Homepage« dar, und es braucht viel persönliches Engagement und auch Verhandlungsgeschick, um die angeblich so CSR-bewegten Unternehmen dazu zu bringen, soziale Verantwortung auch im eigenen Unternehmen mit Leben zu erfüllen. Doch CSR kann, zumindest theoretisch, eine ganze Menge mehr. Eva Angerler: »Wirtschaftliche, soziale und Umweltziele und die diesbezüglichen Zielkonflikte auszubalancieren wäre eine Revolution.« Wenn die Stakeholder in den Prozess miteinbezogen werden ist das eine gute Sache, allerdings nur dann, wenn die Programme durch Überprüfbarkeit und im Idealfall auch Vergleichbarkeit glaubwürdig sind.

Auf Initiative des Betriebsrats

Gute Ansätze sieht Eva Angerler dort, wo die CSR-Richtlinien nicht von der Chefetage aus, sondern in einem partizipativen Prozess erstellt werden und dadurch von Beginn weg fest im Unternehmen verwurzelt sind. Wie zum Beispiel beim Gesundheitsprogramm der Voest, einem Projekt, das auf Initiative des Betriebsrates ins Leben gerufen wurde, erstklassig funktioniert und die Verhältnisse im Betrieb nachhaltig verbessern half.
Ingrid Stipanovsky, Konzernbetriebsratsvorsitzende von Novartis Österreich, hat bereits seit dem Jahr 2000 Erfahrungen: »Es gibt internationale Projekte wie die Malariaprophylaxe und die Behandlung von Tuberkulose in Indien. Die dienen der Imagepflege.« Dann gibt es aber auch in der Novartis Vertriebsorganisation zum ersten Mal zwei Lehrstellen für Bürokaufleute. »Das ist eine sinnvolle Initiative, nachhaltig und volkswirtschaftlich sinnvoll«, so Stipanovsky - und sie kam nur durch die Hartnäckigkeit des Betriebsrates zustande: »Da haben wir das Unternehmen in die Pflicht genommen und auf die eigenen CSR-Richtlinien verwiesen. Wäre die Abteilung Forschung nicht geschlossen worden, hätten wir heute auch einen Betriebskindergarten.« Allerdings werden diese Maßstäbe nicht immer angelegt. So erfuhr die Belegschaft von den geplanten Schließungen und dem damit verbundenen Stellenabbau erst acht Tage vor der Öffentlichkeit. Die »frühzeitigen Konsultationen«, die in den CSR-Papieren von Novartis versprochen werden, stellte sich Stipanovsky jedenfalls ein wenig anders vor.
Auch sie ist für messbare Kriterien für CSR-Maßnahmen: »Ich fordere ein standardisiertes Monitoring, sodass ich die Auswirkungen von Maßnahmen beurteilen kann. Jeder stellt sich klarerweise so positiv und nachhaltig wie möglich dar, auch die Rahmenbedingungen unter denen CSR-Maßnahmen implementiert werden, sind selbst gewählt - und sollten messbar und vergleichbar sein. Das wäre auch für die KonsumentInnen wichtig bei ihrer Entscheidung.« Der Indikatoren-Katalog für CSR-Maßnahmen wird derzeit, so Eva Angerler, getestet: »Die Stakeholder haben diese Kriterien gemeinsam nach der UNO-Berichtsstruktur, Global Reporting Initiative, erarbeitet.« Geplant ist, Erfolge mittels Punktesystem sichtbar zu machen.

Forderungen

Die öffentliche Hand könnte eine Menge tun, damit CSR in Hinkunft nicht nur ein »grünes« Mäntelchen ist, sondern maßgeblich dazu beiträgt, wirtschaftliche, ökologische und soziale Interessen besser auszubalancieren: Wer z. B. in der Beschaffungspolitik statt Billigstbieterprinzip Anreize für ökologisch sinnvolle und sozial verträgliche Investitionen schafft, hat schon eine Menge erreicht. Unternehmen, die weltweit agieren, sollten sich - wenn sie sich CSR auf ihre Fahnen heften - verpflichten, in Entwicklungs- und Schwellenländern mehr als die nationalen Standards für ArbeitnehmerInnenrechte und Umweltschutz zu erreichen. Internationale Standards, z. B. die der ILO, bei denen es um Menschen- oder Kernarbeitsrechte geht, müssen zwingend eingehalten werden und die Unternehmen sollten verpflichtend darüber berichten. Im Fall von notwendigen »Umstrukturierungen« sollte das Management eines Betriebes im Sinne der Nachhaltigkeit im CSR-Programm Lösungen finden, die nicht notgedrungen mit Stellenabbau enden. Maßnahmen, die im Rahmen der CSR-Strategien gesetzt werden, sollten keine kurzfristigen PR-Gags sein, sondern tatsächlich nachhaltig positive Veränderungen bewirken.
Ein Vergleich der gesetzten Maßnahmen würde in diesem Bereich schnell Spreu vom Weizen trennen. Daher wünschen sich ArbeitnehmervertreterInnen und KonsumentenvertreterInnen ebenso wie die NGOs von der Wirtschaft Transparenz, Vergleichbarkeit und verpflichtende Mindeststandards für CSR. Damit CSR nicht nur schöne Worte auf teuren Homepages sind, sondern wirklich etwas mit Verantwortung zu tun hat.

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