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Regierungsprogramm

Wirtschaft & Arbeitsmarkt

Der ÖGB hat die wichtigsten Punkte des Regierungsprogramms aus Sicht der ArbeitnehmerInnen zusammengefasst und bewertet.

Seit Sommer 2007 hat sich mit der internationalen Finanzkrise die Lage dramatisch zugespitzt. 2009 muss trotz der positiven Bemühungen hinsichtlich Konjunktur und Beschäftigung mit einem sichtbaren Anstieg bei der Arbeitslosigkeit gerechnet werden. Mit dem Regierungsprogramm müssen daher die drohenden negativen Effekte am Arbeitsmarkt soweit als möglich minimiert werden.

Konjunktur und Arbeitsplätze

Ganz im Sinne der ArbeitnehmerInnen und damit auch des ÖGB ist es, dass die Regierung die Prioritäten auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Ankurbelung der Konjunktur setzt. Nach dem bereits beschlossenen Konjunkturprogramm I (Mittelstandsmilliarde) soll ein zweites gleich zu Beginn der Regierungszeit folgen. Diese Maßnahmen sollen aber an die Bedingung eines stabilen Haushalts gebunden werden. Ob das dann ausreicht, ist fraglich.
Das Ziel der Koalition, die Nachfrage zu stabilisieren und Vollbeschäftigung zu erreichen, schätzt der ÖGB als die wichtigste Maßnahme der neuen Regierung ein. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit muss möglichst verhindert werden, auch wenn dafür zusätzliche Mittel aufgewendet werden müssen. Arbeitslosigkeit vermeiden ist immer noch billiger als Arbeitslosigkeit finanzieren. 100.000 zusätzliche Arbeitslose würden die Gesamtwirtschaft 4,7 Mrd. Euro pro Jahr kosten.
Positiv beurteilt der ÖGB auch die angekündigten Investitionen in Forschung & Entwicklung (F&E), Infrastruktur, Aus- und Weiterbildung. Dabei kommt es aber auf die Details an, die im Regierungsprogramm offen bleiben.
Kritik äußert der ÖGB am geplanten Ausbau von Public-Private-Partnership-Modellen (PPP), weil diese erfahrungsgemäß zu einem schleichenden Ausverkauf öffentlicher Einrichtungen führen.
Der ÖGB tritt für einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel ein, der auf Kaufkraftstärkung und Inlandsnachfrage setzt. Zusätzlich zu nationalen Konjunkturmaßnahmen spricht sich die Regierung für ein zeitlich abgestimmtes EU-Konjunkturpaket aus. Das fordert auch der ÖGB, wobei auf EU-Ebene (Stabilitätspakt) mehr Spielraum für Investitionen in Infrastruktur etc. geschaffen werden muss.
Eine Forderung des ÖGB, die auch im Regierungsprogramm vertreten ist, ist das kostenlose letzte Kindergartenjahr. Das kann aber nur ein erster Schritt sein; folgen müssen der beschäftigungswirksame Ausbau der Kinderbetreuung und Investitionen in den Ausbau der stationären und ambulanten Pflege.

Standortpolitik

Während die Regierung hauptsächlich auf Unternehmensförderungen setzt, schlägt der ÖGB im Sinne der Standortsicherung wichtiger Leitbetriebe vor, dass die ÖIAG von einer Privatisierungsgesellschaft in eine Beteiligungsgesellschaft umgewandelt wird. Der ÖGB sieht keine Notwendigkeit zu weiteren Privatisierungen.
Bei Post und Telekom ist vorgesehen, dass auch nach der vollständigen Liberalisierung des Postmarktes die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen sichergestellt wird. Das entspricht langjährigen ÖGB-Forderungen.

Steuern

Der wichtigste Punkt im Regierungsprogramm ist das Vorziehen der Steuersenkung: Das Steuersenkungsvolumen beträgt 2,3 Mrd. Euro und wird schon 2009 wirksam. Die prozentuelle Entlastung ist bei geringeren Einkommen höher als bei hohen. Das Volumen liegt deutlich unter den vom ÖGB geforderten 3,5 Mrd. Euro, ein positiver Konjunkturimpuls kann trotzdem erwartet werden. Mit dem Volumen von 500 Mio. Euro werden die Familienleistungen deutlich erhöht. Eine Negativsteuerregelung konnte nicht erzielt werden, doch bleibt die Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen aufrecht.
Eine grundlegende Strukturreform wurde nicht erzielt. Nach wie vor ist Arbeit zu hoch und Kapital zu wenig besteuert. Diese Fragen sollen in der Steuerreformkommission behandelt werden. Der ÖGB setzt sich z. B. für die Wiedereinführung einer - reformierten - Erbschafts- und Schenkungssteuer mit großzügigem Freibetrag sowie für eine Vermögenszuwachssteuer und eine stärkere Besteuerung von Privatstiftungen ein.

Arbeitsmarkt

Das Kapitel Arbeitsmarkt enthält etwa die auch im Sozialpartnerpapier »Arbeitsmarkt Zukunft 2010« enthaltene Aufstockung der AMS-Fachkräfteausbildung, weiters frauenfördernde Maßnahmen und Maßnahmen zur Förderung von Personen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen. Außerdem sollen Kursmaßnahmen qualitativ verbessert werden. Das AMS muss aber finanziell und personell auseichend ausgestattet werden, um diese Maßnahmen umsetzen zu können. Zur Weiterführung und Finanzierung der Ausbildungsgarantie für Jugendliche bekennt sich die Regierung.

EU-Übergangsfristen

Der ÖGB begrüßt die Festlegung der Koalitionsparteien auf die Ausschöpfung der Übergangsfristen für neue EU-Mitgliedsstaaten und die stufenweise Öffnung für Fachkräfte und ArbeitnehmerInnen mit höherer Ausbildung nach Arbeitsmarktprüfung, was dem Sozialpartnerpaket zur Arbeitsmarktpolitik aus dem Jahr 2007 entspricht. Für den ÖGB hat nach wie vor bei Fachkräftemangel die Aus- und Weiterbildung heimischer Arbeit suchender Menschen Vorrang.
Eine wesentliche ÖGB-Forderung findet sich im Regierungsprogramm wieder: Die Verhinderung von Lohndumping und die Verbesserung der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung in der EU.

Pensionen

Im Regierungsprogramm ist auch ausdrücklich festgehalten, dass die gesetzliche Pensionsversicherung Existenz und Lebensstandard im Alter sichern muss. Die Pensionsautomatik, die automatisch Pensionsänderungen aufgrund eines Rechenergebnisses vorgesehen hätte, ist im Regierungsprogramm nicht mehr vorgesehen, sondern lediglich eine Berichtspflicht über die Entwicklung der Pensionsversicherung. Somit ist eine wesentliche Forderung des ÖGB erfüllt.
Die Regierung will, dass gesundheitlich Beeinträchtigte verstärkt beruflich rehabilitiert werden. Für Menschen, die sehr stark beeinträchtigt sind, soll ein erleichterter Zugang in die Invaliditätspension geschaffen werden. Zwischen der Schwerarbeits- und Invaliditätspension soll eine Verbindung hergestellt werden. Die Schwerarbeitspension soll reformiert werden. Dafür soll eine Arbeitsgruppe belastende Tätigkeiten wie z. B. Nachtarbeit, Akkordarbeit und psychisch belastende Tätigkeiten bewerten. Der ÖGB fordert schon seit längerer Zeit, dass solche Tätigkeiten in die Schwerarbeitsregelung aufgenommen werden.
Weiters ist es notwendig, auch länger zurückliegende Schwerarbeit zu berücksichtigen. Viele arbeiten in jungen Jahren schwer, sind aber später dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage. Auch Krankenstandszeiten sollen rückwirkend als pensionswirksam angerechnet werden. Der ÖGB fordert, dass auch Frauen bei der Schwerarbeitspension berücksichtigt werden.
Angesicht der 2013 schlagartig endenden Hacklerregelung kündigt die Regierung eine Neuregelung an. Der ÖGB unterstreicht, dass sich die Zusage »45 bzw. 40 Jahre sind genug« in so einem Modell wieder finden muss. Die Regierungsziele Weiterführung der Pensionsharmonisierung sowie bessere Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten werden vom ÖGB unterstützt.

Pflege

Im Regierungsprogramm ist vorgesehen, dass Pflege und Betreuung im gesamten Bundesgebiet nach einheitlichen Mindeststandards verfügbar sein müssen. Aus gewerkschaftlicher Sicht kritisch zu bewerten ist jedoch, dass auch weiterhin die rechtliche Möglichkeit zur selbstständigen Tätigkeit in der Pflege und Betreuung beibehalten werden soll. Der Pflegeberuf muss durch bessere Ausbildung und Bezahlung attraktiver gemacht werden. Der ÖGB fordert Fachhochschulausbildung für alle Gesundheits- und Sozialberufe, verbunden mit ausreichender Finanzierung.

Gesundheit

Aus der sehr kryptisch formulierten Maßnahme einer »Prüfung von Optionen der Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherheit als Alternative zu einer vorrangig auf Löhne und Gehälter ausgerichteten Finanzierungssystematik« lässt sich die Bereitschaft zur Einführung einer Wertschöpfungsabgabe herauslesen, einer langjährige Forderung des ÖGB. Der ÖGB begrüßt, dass die Koalition sich zur solidarischen, qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle sowie zur Selbstverwaltung bekennt.
Bei der Finanzierung der Krankenkassen bekennt sich die Regierung zum schrittweisen Abbau des Defizits, und dazu, die Steigerung der Ausgaben zu bremsen. Medikamentenpreise und Arzt-/Ärztinnenhonorare waren in der jüngsten Zeit die raschest steigenden Posten bei den Gesundheitsausgaben. Zur nachhaltigen Finanzierung des Gesundheitssystems fordert der ÖGB zusätzlich eine Vermögenszuwachssteuer und eine Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage.

Pensionskassen

Im Regierungsprogramm wird festgehalten, »dass die Krise an den Finanzmärkten an den österreichischen privaten Altersvorsorgesystemen nicht vorüber geht«. Die Vorhaben bleiben nach ÖGB-Einschätzung zu vage. Es ist unerlässlich, Reformschritte zu setzen, weil unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen stabile Betriebspensionen schlichtweg nicht planbar sind. Vorrangig notwendig sind die Wiedereinführung einer garantierten Mindestverzinsung, Erhöhung der Transparenz sowie, dass der Wechsel zwischen den Pensionskassen zu leistbaren Bedingungen möglich sein muss.
Wie schon bisher, wird der ÖGB auch in Zukunft aktiv den Standpunkt der ArbeitnehmerInnen in die politische Umsetzung einbringen, sei es im Rahmen der Sozialpartnerschaft, in Arbeitsgruppen oder in Form von Gesetzesbegutachtungen und Stellungnahmen.

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Die vollständige Stellungnahme finden Sie unter:
www.oegb.at\regierung

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