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»Haus der Arbeitsfähigkeit« »Das Alter wird nur dann respektiert werden, wenn es um seine Rechte kämpft und sich seine Unabhängigkeit und Kontrolle über das eigene Leben bis zum letzten Atemzug bewahrt.« Cicero: Über das Alter

Age Management

Schwerpunkt

Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem oberösterreichischen Sozialpartnerprojekt WAGE zur interessenpolitisch geleiteten Organisationsberatung.

Das Alter ist ein »heißes« Thema. Auf der einen Seite wird die höhere Lebenserwartung der Menschen als hohe gesellschaftliche Errungenschaft betrachtet, auf der anderen Seite hat niemand Lust darauf, alt und bedürftig zu sein. Hochbetagte Menschen werden aufgrund ihres Lebensalters in der Öffentlichkeit besonders gefeiert, auf der anderen Seite ist vom drohenden Kollaps des Pensions- und Sozialsystems, dem Mangel an Pflegekräften und den steigenden Anforderungen an Pflege- und Gesundheitseinrichtungen die Rede.

EU-Projekt für Oberösterreich
Die im Rahmen des demografischen Wandels zu erwartenden Veränderungen sowie das höhere Pensionsantrittsalter werden sich auch auf die Altersstrukturen in den Betrieben auswirken und die Belegschaften werden deutlich älter.
Ein interessenpolitisches Ziel ist es daher, für ältere MitarbeiterInnen im Betrieb altersgerechte Maßnahmen und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie bis zur Pension gesund und fit im Arbeitsprozess bleiben können. Das EU-Projekt WAGE wurde im Zeitraum von 2004 bis 2006 in Oberösterreich durchgeführt. Im Rahmen von WAGE wurden mit Hilfe von interessenpolitisch geleiteter Organisationsberatung Betriebsprojekte begleitet, die das Ziel hatten, Age Management im Unternehmen zu implementieren.
Mit Age Management ist einerseits die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der MitarbeiterInnen gemeint, andererseits auch der Unternehmenserfolg und die Erfüllung der Zielvorgaben.

Haus der Arbeitsfähigkeit
Im Mittelpunkt des finnischen Modells »Haus der Arbeitsfähigkeit« steht die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten (siehe Grafik: »Haus der Arbeitsfähigkeit«). Mit Arbeitsfähigkeit ist die »Summe von Faktoren gemeint, die eine Person in einer bestimmten Situation in die Lage versetzen, eine gestellte Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Auf der Grundlage dieser Definition geht man davon aus, dass Arbeitsfähigkeit nicht nur auf den Voraussetzungen des Beschäftigten basiert, sondern durch das Zusammenspiel von Individuum und Arbeit definiert ist.« (Vgl. Handlungsleitfaden »Umsetzung von Age Management im Betrieb. 2007, S. 2.)
Die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit baut auf folgenden vier Stockwerken auf:
Im Erdgeschoß findet sich die GESUNDHEIT: Dabei geht es um die Erhaltung der funktionellen Kapazität. Damit gemeint sind sowohl die körperlichen als auch die psychischen und sozialen Ressourcen.
Mögliche Lösungen in diesem Bereich sind beispielsweise die ergonomische Ausstattung der Arbeitsplätze, altersgerechte Schichtplangestaltung, Stressmanagement, Jobrotation.
Im 1. Stock stehen KOMPETENZ UND QUALIFIKATION: Dies zielt auf die kontinuierliche Weiterentwicklung und Qualifizierung von MitarbeiterInnen ab, durch lebenslanges Lernen, Erweiterung des Erfahrungsspektrums und der Einsatzmöglichkeiten durch Aus- und Weiterbildungen von MitarbeiterInnen.
Im 2. Stockwerk stehen MOTIVATION, WERTE,  EINSTELLUNGEN: Motivation und Arbeitszufriedenheit sind zu einem hohen Maß von den Werten und Einstellungen gegenüber älteren MitarbeiterInnen abhängig. Daher ist die Frage wichtig: Gibt es Wertschätzung und Anerkennung älterer MitarbeiterInnen und wie sieht diese aus?
Im 3. Stockwerk steht ARBEITSORGANISATION: Dabei steht die Gestaltung von Arbeitsabläufen in Bezug auf körperliche, psychische und soziale Arbeitsanforderungen im Mittelpunkt. Lösungsmöglichkeiten in diesem Feld könnten z. B. Gestaltung der Arbeitszeit, Reduktion von Stressbelastungen, Flexibilisierung der Arbeitsbereiche etc. sein. Zusätzliche relevante soziale Faktoren im Haus der Arbeitsfähigkeit sind das familiäre Umfeld, der persönliche Freundeskreis, Hobbys, Freizeitgestaltung etc.
Bei der Organisationsberatung können auf der einen Seite durch fachliche Kompetenz Inhalte im Rahmen einer Beratung vermittelt werden, auf der anderen Seite setzt Organisationsberatung auf die Konzipierung und Begleitung von Beratungsprozessen. Die interessenpolitisch geleitete Organisationsberatung verfügt dabei über hoch effiziente Instrumente wie beispielsweise die Altersstrukturanalyse, Instrumente zur Arbeitsplatzgestaltung, zur Gestaltung altersgerechter Arbeitszeit, zur Arbeitsorganisation etc.
Zielsetzung eines Beratungsprojektes kann die Erarbeitung eines umfassenden Masterplanes sein, mit kurz-, mittel- und langfristigen Zielsetzungen.
Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Fachberatung, Diagnose, Masterpläne nicht ausreichen, um Age Management in einem Betrieb erfolgreich zu praktizieren.

Veränderungsmotor Gefühl
Es ist wichtig im Rahmen solcher Projekte auch die Betroffenen über alle Hierarchieebenen hinweg in den Beratungsprozess einzubeziehen. Damit ist auch ein Organisationsentwicklungsprozess verbunden, den Führung und das Management unterstützen müssen. Die BeraterInnen setzen auch auf möglichst erlebnisorientierte Methoden, die die Auseinandersetzung der Betroffenen mit dem Älterwerden anregen. Alter und Älterwerden ist mit Emotionen und Gefühlen verbunden. Diese Gefühle sollten im Beratungsprozess bewusst und als Veränderungsenergie genutzt werden.
Interessenpolitisch geleitete Organisationsberatung in Zusammenhang mit Age und Age Management ist eine Verbindung aus Fach- und Prozessberatung. Bestandteil der Fachberatung kann die Vermittlung von inhaltlichem Know-how, die Erarbeitung von Diagnoseschritten oder auch von möglichen Strategien sein. Auf Prozessebene geht es um die Sensibilisierung auf das Thema Altern, die Lösungsorientierung bei den Betroffenen und die eigenverantwortliche Umsetzung.
Interessenpolitisch geleitete Organisationsberatung ist eine spezielle Form von Organisationsberatung, die im Kontext von Interessenvertretungen steht. Die AK-Consult als Beratungseinrichtung für BetriebsrätInnen und Unternehmen ist Teil der Arbeiterkammer OÖ und steht im Kontext von Gewerkschaften. Im Rahmen von Beratungsprojekten zum Thema Age und Age Management stehen die interessenpolitische Zielsetzungen im Sinne der ArbeitnehmerInnen im Mittelpunkt. Im Unterschied zu anderen Beratungsansätzen ist interessenpolitisch geleitete Organisationsberatung daher »parteiisch«, damit ist jedoch nicht parteilich gemeint. Die Beratung ist geprägt von den Werten und dem ideologischen Hintergrund der gewerkschaftlichen Interessenvertretung.

Stärken und Grenzen
Am Beispiel der Betriebsprojekte von WAGE zeigte sich eine Stärke ganz besonders deutlich. Wie sich beim Thema Age und Age Management herausstellte, kann durch interessenpolitisch geleitete Organisationsberatung ein wirtschaftspolitisch relevantes Thema früher thematisiert werden als es Unternehmen tun würden. Da die Fördermittel von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, im Rahmen von WAGE von der EU, kann so die Implementierung von Age Management-Konzepten und Strategien beschleunigt werden.
Demgegenüber steht die Anforderung, bei der Auftragsklärung mit dem Unternehmen und BetriebsrätInnen sehr genau darauf zu achten, dass die Zielsetzungen und Erwartungen des Unternehmens und der Betriebsräte auch mit den interessenpolitischen Zielsetzungen übereinstimmen. Im Rahmen eines Beratungsprojektes zum Thema Age Management werden Austrittsmodelle und Sozialpläne verhandelt. Ziele wie Arbeitsbedingungen ergonomischer zu gestalten oder die Arbeitszeiten altersgerechter einzuteilen, können durchaus im Rahmen des Projektes erfüllt werden.

Aufgabe Interventionen
Es ist Aufgabe der BeraterInnen, den Prozess über gezielte Interventionen zu steuern mit dem Ziel, die Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten der Beteiligten zu vergrößern. Nach einer fundierten Diagnose und Problemanalyse ist es wichtig, Lösungen zu erarbeiten und Ressourcen zu entdecken. Auf diese Weise kann in einem Unternehmen Neues induziert und angedacht werden. Die BeraterInnen interessenpolitisch geleiteter Organisationsberatung erweitern die Funktion, die Handlungsspielräume für die Unternehmensführung, die Personalleitung und die Betroffenen, sodass ein gutes Älterwerden der MitarbeiterInnen im Betrieb möglich wird.

Buchtipp
AK-Consult:
Umsetzung von Age Management im Betrieb.

Ein Handlungsleitfaden für BetriebsrätInnen und Unternehmen, Informationsblatt der Kammer für Arbeiter und Angestellte OÖ, Linz 2007.

Zum Download:
www.netzwerk-hr.at/files/Leitfaden.pdf

Weblinks
Mehr Infos unter:
www.wage.at
www.arbeiterkammer.at  

Kontakt
Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
hubner.v@akooe.at 
oder die Redaktion
aw@oegb.at

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