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Anstieg der Beschäftigungsquote nach Geschlecht 2004 bis 2007 Zum Vergrößern aufs Bild klicken
Kurz gefasst

Ein toller Erfolg?

Schwerpunkt

Zwischen 2005 und 2007 soll die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen um 80.000 gestiegen sein.

Im Jahr 2004 lebten in Österreich über 960.000 Personen im Alter von 55 bis 64 Jahren. Aus dieser Gruppe waren - je nach verwendetem Messkonzept - maximal 280.000 erwerbstätig (Labour Force). Bis zum Jahr 2007 sollen fast 80.000 weitere dazugekommen sein, was die Beschäftigungsquote dieser Gruppe beträchtlich erhöht hat. Damit kommt Österreich der Forderung der Europäischen Union nach, die schon seit Jahren die verstärkte Arbeitsmarktintegration älterer Personen fordert. Ein toller Erfolg - oder vielleicht doch nicht? Zwar deutet statistisch vieles auf einen Zuwachs hin, doch liegen dahinter Entwicklungen, die mit einem tatsächlichen Beschäftigungsanstieg nur zum Teil zu tun haben.

Anstieg der Beschäftigungsquote
In den Jahren nach 2004 kam es zu einer erheblichen Steigerung der Beschäftigungsquote der 55- bis 64-jährigen Personen. Berechnet wird die Beschäftigungsquote mit der Formel: Prozent der Erwerbstätigen im Alter 55 bis 64 in der Gesamtbevölkerung im Alter 55 bis 64.
Im Zeitraum 2004 bis 2007 betrug der Anstieg nach Labour Force Konzept (LFK) 9,8 Prozentpunkte. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (HV) meldete für den Vergleichszeitraum einen Anstieg von 5,9 Prozentpunkten.
Prozentpunkte messen die Veränderung einer Quote, z.?B. Veränderung von fünf Prozent auf 15 Prozent ergibt einen Anstieg um zehn Prozentpunkte. Die Veränderung eines Absolutbetrages wird hingegen in Prozent gemessen, z.B. Veränderung von 200 Personen auf 300 Personen ergibt einen Anstieg um 50 Prozent.

Hintergrund
Die Auswahl des Messkonzeptes spielt eine wesentliche Rolle für die Interpretation des Ergebnisses:

-> Das Labour Force Konzept kennt drei Gruppen von Personen: Erwerbstätige, Arbeitslose und Nicht-Erwerbspersonen. Als erwerbstätig gilt, wer in der Referenzwoche zumindest eine Stunde gegen Bezahlung gearbeitet hat, wer selbstständig oder als mithelfende(r) Familienangehö­rige(r) beschäftigt war, oder zwar einen Arbeitsplatz hatte, aber aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Ähnlichem nicht gearbeitet hat. Basis des LFK sind Befragungen (Stichproben).

-> Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger weist auf Basis einer Vollerhebung die beschäftigt gemeldeten Personen aus. Dabei werden jedoch Selbstständige und geringfügig Beschäftigte nicht berücksichtigt.

Beide Konzepte haben Vor- und Nachteile. Im LFK werden z. B. PensionistInnen, die zusätzlich zu ihrer Pension geringfügig beschäftigt sind zu den Erwerbstätigen gezählt. Das LFK macht nur sehr eingeschränkt Aussagen über Umfang und damit über Existenzsicherung von Beschäftigung. Will man geringfügig Beschäftigte aus der Beschäftigungsquote ausnehmen, so muss man auf die HV-Daten zurückgreifen. Andererseits werden hier - wie erwähnt - Selbstständige nicht berücksichtigt.

Demografische Entwicklung
Einen wesentlichen Einflussfaktor auf die Entwicklung der Beschäftigungsquote älterer Personen stellt die Veränderung der Bevölkerungsstruktur dar. Zwischen 2004 und 2007 kam es zu einem Rückgang der Gesamtbevölkerung im Alter zwischen 55 bis 64 um 40.400 Personen. Das bedeutet, dass die Beschäftigungsquote selbst dann gestiegen wäre, wenn sich die Anzahl der erwerbstätigen Personen im Vergleichszeitraum nicht verändert hätte.
Grund für diesen Rückgang ist die Entwicklung bei der Gruppe der 60- bis 64-Jährigen, die - wegen der weltkriegsbedingt schwachen Geburtenjahrgänge Mitte der 1940er-Jahre - 2007 um 71.800 Personen kleiner war als 2004.
Das führt zu einem weiteren Effekt: Seit 2004 hat sich das Verhältnis in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen zugunsten der 55- bis 59-Jährigen verschoben. 2004 waren 48 Prozent der 55- bis 64-Jährigen 59 Jahre alt oder jünger, 2007 waren es 53,5 Prozent. Da die Erwerbsquote der 55- bis 59-Jährigen viel höher ist als jene der 60- bis 64-Jährigen, führte diese Verschiebung zu einem (statistischen) Beschäftigungsanstieg der Gesamtgruppe.

Entwicklung nach Geschlecht
Die Beschäftigungsentwicklung nach Geschlecht zeigt einen annähernd gleich starken absoluten Beschäftigungsanstieg bei Männer und Frauen. Der Anstieg bei den 55- bis unter 60-Jährigen wird stärker von den Frauen, der der 60- bis 64-Jährigen - wenig überraschend wegen des unterschiedlichen Pensionsantrittsalters - weit stärker von den Männern getragen. Die Unterschiede zwischen den Messkonzepten treten hier besonders stark hervor (siehe Tabelle: »Anstieg der Beschäftigungsquote nach Geschlecht«). Die starken Zuströme zur Altersteilzeit bis Ende 2003 beruhten meist auf Blockzeitvereinbarungen. 2004 war der Großteil dieser Gruppe noch in der Vollarbeitsphase, 2007 hingegen in der Freistellungsphase, wurde aber trotzdem als beschäftigt gezählt.

Korridorpensionsalter 62
Das gesetzliche Antrittsalter für vorzeitige Alterspensionen lag bis Mitte 2004 für Frauen bei 56,5 Jahren und für Männer bei 61,5 Jahren (Anhebung durch die Pensionsreform 2000 ausgehend von 55 bzw. 60 Jahren). Mit der Pensionsreform 2003 wurde die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit sofort, jene bei langer Versicherungsdauer - durch die Anhebung des Antrittsalters auf 60 bzw. 65 Jahre bis zum Jahr 2017 - etappenweise abgeschafft.
Im Rahmen der Pensionsreform 2004 wurde mit der Einführung der Korridorpension wieder die dauerhafte Möglichkeit eines »vorzeitigen« Pensionsantritts mit 62 Jahren geschaffen. Das Korridorpensionsalter von 62 Jahren gilt sowohl für Männer als auch für Frauen. Das bedeutet aber, dass Frauen von der Korridorpension bis zum Jahr 2028 - bis dahin liegt das Regelpensionsalter für Frauen unter 62 Jahren - nicht profitieren.
Abgesehen von der zeitlich befristeten Langzeitversichertenregelung, die Männern bei 45 Beitragsjahren noch einen Pensionsantritt ab 60 Jahren, Frauen bei 40 Beitragsjahren einen Pensionsantritt ab 55 Jahren eröffnet, besteht für Männer nunmehr frühestens ab 62 Jahren die Möglichkeit, eine Alterspension in Anspruch zu nehmen. Für Frauen wirkt die schrittweise Erhöhung des frühestmöglichen Antrittsalters fort bis letztlich ab 2028 ebenfalls 62 Jahre erreicht sind. Gegen Ende 2007 betrug dieses 57,5 Jahre und lag damit rund ein Jahr über jenem des Jahres 2004.
Die Erwerbsbeteiligung älterer Personen wird natürlich auch von der Anhebung des Pensionsantrittsalters für vorzeitige Alterspensionen mit beeinflusst. Der Anstieg der Beschäftigungsquoten war in den jeweils betroffenen Altersgruppen (Männer 60-64, Frauen 55-59) merklich stärker als in den von der Altersanhebung nicht betroffenen Altersgruppen (siehe Tabelle: »Anstieg der Beschäftigungsquote nach Geschlecht«).

Günstige wirtschaftliche Entwicklung
Die Beschäftigungsentwicklung wurde in den Jahren 2004 bis 2007 auch von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung begünstigt. So lag das durchschnittliche reale Wirtschaftswachstum im Durchschnitt dieser Jahre bei drei Prozent, im Vergleich zu durchschnittlich ein Prozent zwischen 2001 und 2003. Dieser Aufschwung hat sich auf die Beschäftigungsquote aller im Erwerbsalter befindlichen Personen positiv ausgewirkt. Sie stieg (nach LFK) von 67,8 Prozent im Jahr 2004 auf 71,4 Prozent im Jahr 2007.

Weblinks
Arbeitsmarktstatistik bei Statistik Austria
www.statistik.at/web_de/statistiken/arbeitsmarkt/index.html  
Beschäftigungsdaten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger
www.sozialversicherung.at

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