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Wir verlangen Antworten!

Internationales

Interview mit Gylfi Arnbjörnsson, Vorsitzender des isländischen Gewerkschaftsbundes ASI.

Die isländischen Gewerkschaften erwarten von der Regierung eine Antwort auf die Frage, wie sie die IsländerInnen aus der katastrophalen Situation herauszuführen plant - und Perspektiven für die Zukunft des Landes.

Welche Maßnahmen verlangen die Gewerkschaften von der Regierung zur Bewältigung der Krise?

Der ASI hat eine Resolution verfasst, die vor allem die Stabilisierung der Finanzlage des Landes zum Ziel hat. Die Situation der Beschäftigten und der privaten Haushalte müssen konsolidiert werden. Wir fordern daher eine Stärkung der isländischen Krone und eine Senkung der Zinssätze. Um die Lage langfristig abzusichern, soll Island der EU beitreten und den Euro als Währung übernehmen.
Unsere Wirtschaft braucht eine Verjüngungskur um die ansteigende Arbeitslosigkeit zu drosseln. Wir müssen verhindern, dass Überschuldung und fehlende Investitionen die Unternehmen des Landes in den Abgrund reißen. Weiters brauchen wir eine solide KV-Politik. Es muss alles getan werden, um im privaten wie im öffentlichen Sektor die Einkommen zu stärken.
Die hohe Inflation frisst derzeit die Kaufkraft, Schulden und der Anstieg der Arbeitslosigkeit belasten die Haushalte. Wir müssen den Menschen daher helfen, Zahlungsschwierigkeiten konkret zu bewältigen. Die Arbeitslosenunterstützung muss sichergestellt werden. Wir brauchen eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die die Menschen für neue Jobs ausbildet. Vor allem für junge ArbeitnehmerInnen benötigen wir überzeugende Perspektiven, um Abwanderung zu verhindern. Bildung und Finanzspritzen für Forschung und Innovation sind hier unerlässlich.
Wir verlangen aber auch eine strengere Regulierung der Finanzmärkte. Unabhängige Experten sollen eine genaue Untersuchung durchführen und herausfinden, wie es zu dieser Krise kommen konnte und welche Wege nun heraus führen können.

Ist der ASI für oder gegen den Beitritt zur EU und warum?

Wir haben den EU-Beitritt lange und ausführlich diskutiert und für den Beitritt gestimmt, da wir schon vor der Krise wussten, dass die isländische Krone auf Dauer eine zu kleine Währung auf dem internationalen Markt ist. Wir dachten eigentlich, wir könnten den Beitritt in Ruhe vorbereiten - aber nun haben uns die Ereignisse überholt und wir müssen rasch handeln.
Der einzige Weg zur Stabilisierung unserer Wirtschaft ist der EU-Beitritt und die rasche Einführung des Euro - nur so  können wir das Vertrauen der ausländischen Investoren in die isländische Wirtschaft zurückgewinnen.

Wie kommen die Menschen in Island mit der Krise zurecht?

Bemerkenswert gut! Natürlich sind die Menschen wütend und verstört, viele haben ihre Ersparnisse verloren, als nächstes werden sie auch ihre Jobs und ihre Häuser verlieren.
Die Zukunft ist ungewiss. Aber zugleich sind die Menschen optimistisch. Wir haben schon andere Rezessionen erlebt und sind damit zurechtgekommen. Was wir dringend brauchen ist ein Plan oder eine Perspektive seitens der Regierung - sie darf die Menschen nicht länger im Ungewissen lassen!

Wie beeinflusst die Krise den Alltag der Menschen?

Die meisten haben Angst - Angst um ihren Job oder ihr Haus, vor allem auch Angst um die Zukunft ihrer Kinder. Wir verlangen Antworten von der Regierung! Die Isländerinnen und Isländer wollen z.?B. wissen, wie sie ihre Wohnbaukredite bezahlen können, damit sie ihr Zuhause nicht verlieren.
Hohe Inflation, steigende Preise, sinkende Kaufkraft und schwierigerer Zugang zu Krediten sowie die steigende Arbeitslosigkeit wird die privaten Haushalte schwer belasten.
Hier ist die Regierung gefragt - sie muss Maßnahmen setzen und Perspektiven entwickeln.

Wie beeinflusst die Krise die Arbeitsbedingungen?

Wir erwarten, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern werden. Die Arbeitslosigkeit wird noch stärker ansteigen. Viele Firmen werden ihre Produktion zurückfahren müssen oder gar ihre Türen schließen. Einige nutzen allerdings auch die missliche Lage aus, um die Einkommen zu senken oder Kollektivverträge neu und schlechter zu verhandeln.

Wie beeinflusst die Krise dein Leben und deine Arbeit?

Wie alle Menschen in unserem Land bin auch ich von der Krise betroffen - als Gewerkschafter verhandle ich tagtäglich Maßnahmen mit der Regierung und den ArbeitgeberInnen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Mein Arbeitsalltag ist dicht gedrängt, wir tun, was wir können, um die Lage unserer Mitglieder zu erleichtern.
Privat bin ich Vater von vier Kindern zwischen 15 und 27 Jahren und natürlich besorgt um ihre Zukunft!

Kannst du eine Prognose für die Zukunft abgeben?

Das schlimmste Jahr wird 2009 sein. Die Arbeitslosigkeit wird auf bis zu zehn Prozent steigen, viele Firmen und auch Haushalte werden Konkurs machen. Wir befürchten, dass die Inflation auf bis zu 25 Prozent steigen wird.
Doch wir hoffen, dass bereits 2010 das Schlimmste vorüber sein wird. Die Unterstützung des IWF und ein möglichst rascher EU-Beitritt werden hier eine wesentliche Rolle spielen.

ZUR PERSON
Gylfi Arnbjörnsson  wurde 2008 zum Vorsitzenden des Isländischen Gewerkschaftsbundes ASI gewählt. Seine Amtszeit beträgt zwei Jahre.
Der 50-Jährige hat ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen und arbeitet seit 20 Jahren für ASI, seit 2001 in leitender Position.

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Schreiben Sie Ihre Meinung an die Autorin
barbara.lavaud@gpa-djp.at
oder die Redaktion
aw@oegb.at


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