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Kein Klumpfuß mehr

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Der Arzt und Entwicklungshelfer Martin Salzer zweifelt an der Nachhaltigkeit vieler NGO-Projekte in der Dritten Welt.

Schon 2005 hat der Orthopäde Martin Salzer, Begründer des Vereins »Austrian Doctors for Disabled« und mehrfach ausgezeichneter Entwicklungshelfer, sein Operationsgebiet an den Rand der Sahelzone verlegt: In Bamako, der Hauptstadt von Mali, hat er eine Einrichtung zur Klumpfußbehandlung aufgebaut, um afrikanische Babys mit deformiertem Fuß vor dem Ausschluss aus der Gesellschaft zu retten. Jährlich kommen allein in Mali 700 Kinder mit einem Klumpfuß zur Welt: »Bei den ganz Kleinen ist es ein Mini-Eingriff mit Gips und einer harmlosen Operation. Erwachsene können mit dieser Behinderung keine Schuhe tragen und nicht arbeiten«, sagt Salzer. 250 Kinder konnte er bisher heilen. Ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der Armut und der Krankheiten in diesem Land - aber immerhin arbeiten dort inzwischen fünf speziell für diese Behandlung ausgebildete schwarzafrikanische Ärzte. Das Projekt läuft - allerdings nur so lange Salzer mitarbeitet und es finanziert.

Mangelnde Nachhaltigkeit

»Das ist die Crux vieler NGO-Projekte. Sie scheitern an der mangelnden Nachhaltigkeit«, bedauert der erfahrene Entwicklungshelfer: »Da bauen große Hilfsorganisationen irgendwo in Afrika von Spenden eine Schule oder einen Brunnen und reisen dann wieder ab. Die Schule hat aber nur Sinn, wenn sie auch weiterhin betrieben werden kann, das heißt: die Regierung des jeweiligen Landes müsste die Erhaltungskosten übernehmen. Das gilt für alle Aktionen - auch für Spitäler.« Die Entwicklungshilfe, die viel Geld in Demokratisierung steckt, sei nicht zielführend, nur eines habe Sinn: Vorab mit den Regierungen alle Schritte abzusprechen, Druck auszuüben und die Entwicklungsländer aufzufordern, die »Pariser Erklärung« einzuhalten.

Dabei handelt es sich um einen Beschluss vom März 2005, konkrete Vorgaben für eine wirksamere Hilfe anzuerkennen und sich daran zu halten. 100 VertreterInnen von Regierungen, bilateralen, multilateralen und internationalen Institutionen haben folgende fünf Prinzipien unterzeichnet:
1. Eigenverantwortung der Partnerländer: Die Entwicklungsländer koordinieren die gemeinsamen entwicklungspolitischen Strategien und Maßnahmen.
2. Geberländer orientieren sich an den Systemen der Partnerländer. NPOs zum Beispiel müssen Projekte vorher mit den Regierungen absprechen.
3. Die Geberländer harmonisieren ihre Hilfe, sie vereinfachen die Verfahren und tauschen Informationen aus.
4. Ergebnisorientiertes Management, damit die Projekte ihre Zielsetzung erreichen sollen.
Der 5. Punkt schließlich bezieht sich auf gegenseitige Rechenschaftspflicht. In der Praxis, so Salzer, sprechen sich die NGOs trotzdem selten mit den Partnerländern ab. Aber auch, wenn sich EntwicklungshelferInnen an die Vorgaben halten, habe sich eines gezeigt: »Die Entwicklungsländer sind noch nicht so weit, Eigenverantwortung zu übernehmen. Das ist eine Domäne der Ersten Welt, sie lässt sich nicht von heute auf morgen auf die Dritte übertragen.« Sein Projekt, mit dem er sich an die Regeln der Pariser Erklärung hielt, muss Salzer nun wahrscheinlich beenden: »Das tut weh, da hängen viele Emotionen dran - ich bin so vielen liebevollen Müttern und so süßen Kindern begegnet. Aber, ob wir 200 oder 500 Kinder gegen Klumpfuß behandeln und Leute ausgebildet haben - ohne Nachhaltigkeit hat das keinen Sinn, denn unsere Vorgabe ist: Kein Klumpfuß mehr in Mali. Dazu brauchen wir die Hilfe der Regierung.«

Weblinks
Pariser Erklärung
www.entwicklung.at/entwicklungspolitik/international/pariser-erklaerung.html
Doctors for Disabled
www.doctorsfordisabled.at/

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