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E-Government

Meinung

Konsumentenschützer Karl Kollmann hat seit kurzem eine sogenannte Bürgerkarte - er hält sie für eine teure Selbstbedienung in der Verwaltung.

Was Handel, Tankstellen und Banken schon lange eingeführt haben: nämlich das Prinzip Selbstbedienung, scheint nun auch in der Verwaltung immer umfassender zu kommen: Selbstbedienung bei Behördenwegen.
Die Einführung der Selbstbedienung war ein raffiniertes Mittel der Unternehmen, Kosten zu sparen und notwendige Arbeiten (Service) nicht von eigenen MitarbeiterInnen, sondern vom Kunden selbst erledigen zu lassen. Das hat schon vor dreißig Jahren der britische Wirtschaftssoziologe Jonathan Gershuny in seinem Buch »Die Ökonomie der nachindustriellen Gesellschaft« festgestellt. Mittlerweile hat sich dieses Selbstbedienungs-Paradigma nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch beim Staat, bei der öffentlichen Verwaltung, breitgemacht. Auch dort geht es um Sparen, um die Verlagerung von Arbeit und Kosten in die Sphäre der BürgerInnen. 

Bürgerkarte
Unter dem Schlagwort Bürgerkarte sollen die BürgerInnen der Verwaltung Geld sparen helfen, indem sie Behördenwege selbst über häuslichen Computer und Internet durchführen, etwa bei Finanz Online, bei der Sozialversicherung usw. Dies geht allerdings nicht mit E-Mail, sondern beispielsweise mit einem PDF-Dokument, wobei die Unterschrift in digitaler Form geleistet wird. Genau das kann die Bürgerkarte. Auch Bescheide kann man sich elektronisch zusenden lassen: »Besonders Berufstätige und ältere Personen werden es zu schätzen wissen, eingeschriebene RSa-Briefe nicht mehr vom Postamt abholen zu müssen«, wirbt man für dieses Service. Wobei die Älteren mit der Prozedur der häuslichen Einrichtung einer elektronischen Signatur vermutlich schwer zurechtkommen dürften. Dazu kommt: Die Selbstbedienung für die öffentliche Verwaltung kostet auch ganz schön.
Die Bürgerkarte ist entweder eine eigene Chipkarte oder die Bankomatkarte, gegebenenfalls auch die Sozialversicherungskarte (die haben alle diese kleinen Chips), die man bei einer Registrierungsstelle mit Hilfe des Reisepasses frei schalten lässt. Das kostet allerdings. Eine eigene Karte kostet 30 Euro, die Registrierung 12 Euro, und 15,60 Euro kommen jährlich dazu. Das ist aber noch nicht alles. Benötigt wird ein Chipkartenleser, der schon einmal an die 60 Euro oder auch mehr kosten kann. Erst mit Internetanschluss, Kartenleser und Bürgerkarte und einer PIN (Geheimzahl) kann elektronisch signiert werden.

Viel Aufwand, viele Kosten
Zuvor muss der interessierte Bürger jedoch an seinem Computer den Chipkartenleser und dann die Bürgerkartensoftware installieren. Eine hakelige Sache. Benötigt man Hilfe, dann gibt es die z. B. bei A-trust über ein relativ wenig hilfreiches Web-Forum, sonst nur über eine kostenpflichtige Hotline (1,09 Euro pro Minute).
Hat man diese Hürden endlich gemeistert und will sich nun aktiv betätigen, kommt eine weitere Schwierigkeit auf den Nutzer, die Nutzerin zu. Es wird die neueste Office Software (Office 2007) benötigt oder Adobe Acrobat, sonst kann man seine selbst erstellten Dokumente, aus denen man selbst eine PDF-Datei machen muss, erst gar nicht digital signieren. Das kostet oftmals nicht nur die Software selbst, sondern unter Umständen ein neues Notebook, da Office 2007 sich auf etwas älteren Notebooks schwertut.

Fazit
Die digitale Signatur mag für professionelle AnwenderInnen oder Technikfreaks sinnvoll sein, für BürgerInnen ist sie es nicht, da zu aufwendig und zu teuer. Die öffentliche Verwaltung sollte statt auf Elektronisierung lieber auf persönliche Servicequalität setzen, also auf persönlichen Kontakt und gute Betreuung. Die BürgerInnen haben ein Recht darauf und die Interessenvertretungen haben die Aufgabe, darauf zu achten, dass bürgerfreundliche Zugangswege zur öffentlichen Verwaltung offenbleiben. 

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Weitere Infos finden Sie auf
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