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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Interessante Zeiten

Meinung

Mögest du in interessanten Zeiten leben«, lautet ein alter chinesischer Fluch, der sich gerade an uns erfüllt. Oh ja, wir leben in interessanten Zeiten, Geschichte wird gemacht, die Weltwirtschaft steckt in einer gigantischen Krise, Erinnerungen an die Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts werden wach.

Die Angst geht um, denn längst ist diese Krise in unser aller Alltag angekommen. Immer mehr Menschen aus unserem persönlichen Umfeld verlieren ihren Arbeitsplatz, andere haben Geld verloren, weil sie auf ein Stück vom Glück spekuliert hatten, und wieder andere müssen zusehen, wie ihr Erspartes und ihre private Pensionsvor-sorge zusammenschmelzen. Und wie so oft - auch damals vor 80 Jahren - geht die Angst Hand in Hand mit der Entsolidarisierung. In Krisenzeiten ist vielen das Hemd näher als der Rock. Erst komm ich und dann die anderen. Und wie einst gibt es genug Kräfte, die das für sich zu nutzen wissen, die Ängste schüren Zweifel nähren und Misstrauen sähen.

Sagen und verschweigen

Was die sagen, klingt ja vernünftig: Dass wir den Gürtel enger schnallen sollen, leuchtet ein. Und auch, dass Banken und Unternehmen mit Unsummen an Steuergeldern gestützt werden müssen, damit alles nicht noch schlimmer kommt, kann man verstehen. Dass Arbeit nicht auf Bäumen wächst, wissen wir. Dass es bei unsereiner, unsereinem nicht reicht, wenn nur das Geld arbeitet, haben wir auch schon erkannt.

Was die verschweigen und wir gerne übersehen ist aber, dass die Hauptverursacher dieser Krise bereits jetzt wieder von ihr profitieren. Dass sie nicht bereit sind, die Zeche zu zahlen. Dass unsere Einsicht genutzt wird, um da oder dort Arbeitskräfte abzubauen, Lohndumping zu betreiben und am zu Sozialstaat kratzen. Schon bemühen sich die ersten Banken, den Staaten das Geld zurückzuzahlen, um letztendlich wieder einer Regulierung des Finanzmarktes zu entgehen. Einige fordern Nulllohnrunden und Sozialabbau. Andere schlagen politisches Kapital aus der allgemeinen Unsicherheit, lenken ab, indem sie Sündenböcke präsentieren und scheinbare Gerechtigkeit verheißen. Und die Schwachen werden noch schwächer und die Starken immer stärker.

Dabei wäre es gerade in Zeiten wie diesen so wichtig, dass wir zusammenrücken, dass wir gemeinsam für sozialen Frieden eintreten, dass wir Solidarität beweisen. Auch damit sich die Geschichte nicht wiederholt. Sozialer Frieden bedeutet soziale Gerechtigkeit, Sicherheit und Stabilität. Wir wollen nicht, dass diese Gesellschaft in GewinnerInnen und VerliererInnen zerfällt. Dazu ist eine Absicherung der Mitbestimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen genauso notwendig wie eine Verankerung der sozialen Grundrechte in der Verfassung. Lassen wir uns nicht vom Markt regieren. Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass wieder Politik für die Menschen gemacht wird. Engagieren wir uns gemeinsam gegen Armut und Arbeitslosigkeit, für Integration und Toleranz. Es ist an uns, für diese, unsere Werte täglich einzutreten, es ist an uns, diese unsere Welt zu verändern. 

Ein Weg entsteht ...

Es stimmt, wir leben in »interessanten Zeiten«. Interesse kommt aus dem Lateinischen und heißt inmitten sein, teilnehmen. Unter Interesse versteht man aber nicht nur die Aufmerksamkeit, die wir einer Sache widmen, sondern auch ein Ziel, einen Vorteil. Nicht umsonst ist der ÖGB auch eine Interessengemeinschaft. Nutzen wir also die interessanten Zeiten zu unserem Vorteil, antworten wir auf den chinesischen Fluch mit einem chinesischen Sprichwort: »Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht.« Gehen wir los auf unser Ziel, seien wir aufmerksam und leben wir das Motto dieses Bundeskongresses nicht nur drei Tage lang, sondern die nächsten Jahre. Nur dann sind wir »stark. sozial. gerecht.«

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