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Eine starke Vertretung Ein Haus beginnt man nicht im zweiten Stock zu bauen, entscheidend ist das Fundament.

Eine starke Vertretung

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Durch gute gewerkschaftliche Organisation und klug gesetzte Maßnahmen konnten sich die LehrerInnen gegen Ministerin und Boulevard behaupten.

Eine kostenlose Arbeitszeiterhöhung um zehn Prozent wollte Bundesministerin Dr. Claudia Schmied von uns LehrerInnen einfordern. Es schien ihr leicht, die »Privilegien« der LehrerInnen in den Vordergrund zu rücken, den Beifall der Boulevardpresse einzuholen, und das Vorhaben durch Meinungsumfragen bestätigen zu lassen. Die kostenlosen Unterrichtsstunden von 120.000 LehrerInnen schienen in greifbarer Nähe.
Ihr Vorhaben, die Lehrverpflichtung um zwei Unterrichtsstunden anzuheben, verkündete Bildungsministerin Schmied am Aschermittwoch (25. Februar 2009) über die Medien. Besonders ärgerlich ist diese Vorgehensweise deshalb, weil es durchaus die Möglichkeit gegeben hätte, die LehrerInnenvertretung zu informieren und die Sache persönlich zu besprechen.
Mit dieser Maßnahme wären etwa 10.000 Arbeitsplätze vernichtet worden und zusätzlich wäre es zu Einkommenseinbußen von ungefähr 4.500 Euro für jede Lehrerin und jeden Lehrer gekommen - und das als Dauermaßnahme.

Chronologie der Verhandlungen

Zwei sehr gegensätzliche Aussagen standen am Anfang:
Ministerin Schmied: »Wir werden, beginnend mit September 2009, die Unterrichtsverpflichtung um zwei Stunden erhöhen.«
GÖD-Vorsitzender Neugebauer: »Das findet nicht statt.«

In den folgenden Tagen und Wochen bestimmte dieses Thema die politischen Gespräche. Die Vorsitzenden der fünf LehrerInnengewerkschaften traten entschieden und geschlossen gegen diese Arbeitsplatzvernichtung auf. Durch die großartige Unterstützung und Solidarisierung der LehrerInnen konnten wir letztendlich erfolgreich sein.
Es gab viele kritische Stimmen gegen das Vorhaben der Ministerin, auch aus den eigenen Reihen, Rückendeckung bekam Claudia Schmied aber von Bundeskanzler Werner Faymann.
Am 3. März fand das erste Gespräch zwischen BM Schmied und der LehrerInnenvertretung statt. Die Ministerin präsentierte ihr Vorhaben und drohte mit Budgetblockade, am nächsten Tag auch mit Rücktritt, sollte sie ihr Vorhaben nicht umsetzen können. Sie bezifferte ihren zusätzlichen Budgetbedarf mit insgesamt 525 Millionen Euro für die Jahre 2009 und 2010. Die Budgetzahlen wurden nicht bekannt gegeben. Bundeskanzler Faymann bekräftigte, dass die »Reform« auch gegen den Widerstand der BelegschaftsvertreterInnen durchgezogen werden könnte.

Dienststellenversammlungen

Für den 12. März riefen die Gewerkschaft und die Personalvertretung zu bundesweiten Dienststellenversammlungen auf. Zeitgleich zu diesen Dienststellenversammlungen lud BM Schmied zu einer zweiten Gesprächsrunde ein. Wiederum forderten die Gewerkschaftsvorsitzenden die Offenlegung der Budgetzahlen. Auch dieses Gespräch führte zu keiner Entspannung des Konflikts. Die Rückmeldungen aus den Schulen signalisierten überwältigende Unterstützung für das Vorgehen der Gewerkschaft (95 Prozent stimmten für gewerkschaftliche Maßnahmen inklusive Streik).

Anregungen für innere Schulreform

Am 20. März fand das dritte Gespräch statt. Erneut wurden die Budgetzahlen eingefordert, um ernsthafte Verhandlungen zu ermöglichen. Zusätzlich überreichten wir Ministerin Schmied eine schriftliche Zusammenfassung unserer Anliegen sowie einen Stimmungsbericht von den Dienststellenversammlungen:
»… Unsere KollegInnen sind zutiefst empört über die von Ihnen losgetretene Diffamierungskampagne gegen ihren Berufsstand. … Unsere KollegInnen sind darüber erzürnt, dass Sie diese Arbeitszeiterhöhung als Verbesserung der Schulqualität verkaufen wollen. … Unsere KollegInnen haben kein Verständnis dafür, Gebäudemieten, Ausstattungsdefizite oder gar die entfallenden Studiengebühren an den Pädagogischen Hochschulen durch Gratisarbeit finanzieren zu sollen. …«
Neben unseren besoldungsrechtlich relevanten Vorschlägen, die dem Gegenwert von einer zusätzlichen Unterrichtsstunde entsprachen, übergaben wir BM Schmied als Anregung für eine innere Schulreform auch Vorschläge für die wachsenden Problemfelder an den Schulen: z. B. wirksame Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen oder frühkindliche Förderung, die die Kinder für den Schuleintritt fit macht. In der vierten Gesprächsrunde am 24. März erhielt eine kleine Gruppe eine sehr beschränkte Einsicht in die von uns verlangten Budgetzahlen, die tatsächlichen Budgetzahlen wurden aber weiterhin nicht genannt.

Freiwilliges Zeitkontomodell

Die fünfte Gesprächsrunde fand am 1. April statt. BM Schmied machte das Angebot, die Erhöhung der Lehrverpflichtung auf zwei Schuljahre zu befristen. Auf Nachfrage gab die Ministerin aber keine Zusage, dass die Erhöhung nach zwei Jahren wieder zurückgenommen werde.'
Im weiteren Gesprächsverlauf gab BM Schmied auch ihre Vorstellungen zum neuen Dienstrecht bekannt: Es werde grundsätzlich von einer höheren Lehrverpflichtung ausgegangen sowie von einer neuen Arbeitsplatzbeschreibung. Dieses neue Dienstrecht soll Einsparungen bringen, was von uns deutlich abgelehnt wird.
Unser neuer Vorschlag für ein freiwilliges Zeitkontomodell (Überstunden werden nicht ausbezahlt, sondern auf einem Zeitkonto angespart, um später Zeitausgleich nehmen zu können) wurde mit Erstaunen und Skepsis zur Kenntnis genommen. Das schon früher von uns eingebrachte Modell der Altersteilzeit wurde hingegen positiv beurteilt. Im weiteren Gesprächsverlauf forderten wir nochmals eine Prioritätenliste der von BM Schmied geplanten Vorhaben.

Das sechste Gespräch fand am 14. April vor der Ministerratssitzung statt, da BM Schmied an diesem Tag das von ihr geplante Budgetbegleitgesetz im Ministerrat vorstellen wollte. Nähere Auskünfte, wie die Maßnahmen gesetzlich umgesetzt werden sollten, wurden verweigert. Es kam daher auch diesmal zu keiner Einigung.
Auch das siebente Gespräch am 16. April brachte nicht den Durchbruch, sondern eher eine Verhärtung der Fronten.

Verhandlungsmarathon

Unter großem politischem Druck wurde das achte Gespräch für den 20. April festgesetzt. Am Beginn der letzten Verhandlungsrunde lag folgendes Angebot von BM Schmied vor: die unbezahlte Anhebung unserer Arbeitszeit um fünf Prozent sowie Einsparungsmaßnahmen bei der Abgeltung von Überstunden, die Streichung von Zulagen und die Erhöhung der unbezahlten Vertretungsstunden.
Nach einem Verhandlungsmarathon von 14 Stunden lag dann ein Ergebnis vor, das von allen Fraktionen und allen VerhandlungsteilnehmerInnen angenommen wurde. Die wichtigsten Punkte sind:
Es wird keine Erhöhung der Lehrverpflichtung geben. Damit haben wir die Arbeitsplätze von etwa 10.000 JunglehrerInnen gesichert.
Für dienstältere KollegInnen wird es ein freiwilliges Altersteilzeit- und Zeitkontomodell geben.
Der Überstundenzuschlag wird auf 1,30 Prozent gekürzt.
Aufgrund dieser Einigung wurde der für 21. April angekündigte Streiktag abgesagt. Für den Aufmarsch der LehrerInnen am Ballhaus- und Minoritenplatz wäre der erste Bezirk und die Ringstraße polizeilich gesperrt worden. Die wochenlang geführte Diskussion war eines ganz sicherlich nicht, eine Bildungsdiskussion. Daher muss die Frage, welche Reformen notwendig sind, sehr rasch geklärt werden.

Weblinks
Gewerkschaft Öffentlicher Dienst:
www.goed.at

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