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Frostiges Arbeitsklima Das Verhalten der Führungskräfte in Krisenzeiten hat sich auch auf den Arbeitsklima Index ausgewirkt. Die Zufriedenheit mit den Vorgesetzten ist gerade in den Industrieregionen massiv gesunken.

Frostiges Arbeitsklima

Schwerpunkt

Die Wirtschaftskrise trübt die Stimmung der Beschäftigten, die Zukunftsangst steigt, das beweist auch der aktuelle Arbeitsklimaindex der AK OÖ.

ArbeitnehmerInnen, die nur über Pflichtschulausbildung verfügen, aber auch solche mit Matura oder Hochschulabschluss zählen zu den großen VerliererInnen der Wirtschaftskrise. Bei den PflichtschulabsolventInnen ist die Arbeitszufriedenheit innerhalb der vergangenen 18 Monate von 111 auf heute 100 Punkte gefallen. Hauptursache: Diese Gruppe sieht die wirtschaftliche Lage Österreichs zunehmend pessimistisch. Seit dem Frühjahr 2008 hat sich die Zahl der PessimistInnen von 23 auf jetzt 43 Prozent beinahe verdoppelt.

Aber auch besser gebildete Männer mit Matura oder Hochschulabschluss sind deutlich weniger zufrieden, ihr Indexwert sank von 114 Punkten im Herbst 2007 auf aktuell 108 Punkte. Neben der Skepsis für die Zukunft Österreichs werden von dieser Gruppe vor allem die eigenen Chancen am Arbeitsplatz negativer bewertet. Vor eineinhalb Jahren waren noch 61 Prozent der Meinung, gute Chancen am Arbeitsmarkt zu haben, im heurigen Frühjahr sind nur noch 48 Prozent dieser Meinung.

Regionale Unterschiede

Regional gibt es beträchtliche Unterschiede in der Arbeitszufriedenheit. ArbeitnehmerInnen sind offenbar je nach Ort verschieden stark von den Folgen der Wirtschaftskrise betroffen. Verglichen mit Herbst 2007 - als der Arbeitsklima Index mit 112 Punkten seinen bisherigen Höchststand erreichte - gibt es zum Teil dramatische Einbrüche. Am stärksten gefallen ist der Indexwert für die Bundesländer Kärnten und Steiermark. Nach 114 Punkten im Herbst 2007 werden jetzt nur noch 106 Punkte gemessen - minus acht Punkte innerhalb eineinhalb Jahren. Oberösterreich und Salzburg sind im gleichen Zeitraum von 115 auf 109 Punkte gefallen, Tirol und Vorarlberg von 112 auf 110. Bei den Bundesländern Niederösterreich, Wien und Burgenland ist hingegen kaum Veränderung festzustellen - der Indexwert liegt derzeit bei 109 Punkten.

Gefühl, betrogen zu werden

Der Rückgang der Arbeitszufriedenheit ist gerade in den Regionen groß, in denen 2007 noch überdurchschnittlich starker Optimismus bezüglich der Zukunft gemessen wurde. Aktuell weisen Salzburg und Oberösterreich einen massiven Einbruch bei der Zufriedenheit mit der sozialen Position der ArbeitnehmerInnen auf - nur noch 65 Prozent sind damit zufrieden, vor eineinhalb Jahren waren es noch 76 Prozent gewesen. Ähnlich stark ist der Einbruch in Kärnten und der Steiermark - nach 82 sind jetzt nur noch 72 Prozent mit ihrer sozialen Stellung zufrieden.

Die Wirtschaftskrise hat auch die persönliche Lebensplanung vieler ArbeitnehmerInnen erreicht. Viele sehen deutlich schlechtere Aufstiegschancen. Dort wo die Beschäftigten der Zukunft Österreichs ein deutlich schlechteres Zeugnis ausstellen - nämlich in Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Kärnten -, werden die Chancen auf persönlichen Aufstieg kritischer bewertet.

Besonders deutlich wird das in Salzburg und Oberösterreich: Hatte im Herbst 2007 noch jede/r Siebente angegeben, mit den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten im eigenen Unternehmen »sehr« oder »ziemlich zufrieden« zu sein, so tut das heute nur noch jede/r Sechste. In Kärnten und der Steiermark ist der Anteil der damit Zufriedenen von 65 auf 59 Prozentpunkte gefallen. Im übrigen Österreich sind keine nennenswerten Verschlechterungen messbar.

Auf Kosten der Belegschaft

Auch die Zufriedenheit mit den betrieblichen Sozialleistungen ist in den vergangenen 18 Monaten gesunken. Oberösterreich, Salzburg, Kärnten und die Steiermark sind von einem überdurchschnittlich hohen Wert im Herbst 2007 (81 Prozent) auf den bundesweiten Durchschnitt gesunken. Derzeit geben rund 70 Prozent der ArbeitnehmerInnen an, mit den betrieblichen Sozialleistungen zufrieden zu sein.

Das Verhalten der Führungskräfte in Krisenzeiten hat sich auch auf den Arbeitsklima Index ausgewirkt. Die Zufriedenheit mit den Vorgesetzten ist gerade in den Industrieregionen massiv gesunken. In Oberösterreich und Salzburg sind nur noch 72 Prozent der ArbeitnehmerInnen mit dem Verhalten ihrer Führungskräfte zufrieden. Vor einem Jahr waren es noch 82 Prozent gewesen. Ähnlich auch die Situation in Kärnten und der Steiermark, hier ist die Zufriedenheit mit dem Führungsstil von 76 auf 67 Prozent gesunken.

Zustände wie etwa in Frankreich, wo frustrierte ArbeitnehmerInnen bereits mehrmals gegen ihre Chefs handgreiflich wurden, hat es bislang in Österreich noch nicht gegeben. Es ist auch kaum zu erwarten, dass es so weit kommen wird. Dafür sorgt schon auch die immer noch funktionierende Sozialpartnerschaft. Die kaltschnäuzigen Versuche mancher Wirtschaftstreibender, die Kosten zur Überwindung der Krise auf die ArbeitnehmerInnen abzuwälzen, könnten aber die soziale Schieflage weiter verstärken. Dabei wäre gerade die globale Wirtschaftskrise eine Gelegenheit, wirkliche Führungskraft zu beweisen.

LeiharbeiterInnen benachteiligt

LeiharbeiterInnen leiden besonders unter der Krise. Sie sind oft die ersten, die ihren Arbeitsplatz verlieren. Aber auch ohne Krise haben sie es schwerer. Das Gefühl, ungleich behandelt zu werden, beginnt schon bei der Entlohnung. 32 Prozent aller Leiharbeitskräfte sehen sich schlechter gestellt als die Stammbelegschaft, 55 Prozent sehen keinen Unterschied, während 13 Prozent sich als besser entlohnt bezeichnen. Bei den Rechten als ArbeitnehmerIn ergibt sich ein ähnliches Bild: 46 Prozent fühlen sich schlechter gestellt, 51 Prozent erkennen keinen Unterschied und nur drei Prozent sehen Vorteile. Mit ihrer beruflichen Tätigkeit insgesamt »sehr« oder »ziemlich zufrieden« sind 62 Prozent der LeiharbeiterInnen. Bei den übrigen unselbstständigen Berufstätigen sind es 83 Prozent.

Mitte des Vorjahres - vor Ausbruch der Wirtschaftskrise - waren in Österreich rund 68.000 Erwerbstätige als LeiharbeiterInnen bei einem der zahlreichen Arbeitskräfteüberlasser angestellt. In den Jahren davor war die Zahl kontinuierlich angestiegen, im Jahr 2006 gab es etwa rund 59.000 LeiharbeiterInnen. Zu Beginn des Jahrtausends war diese Form der Beschäftigung hingegen noch kaum üblich - so zählte man im Jahr 2002 lediglich rund 13.000 LeiharbeiterInnen in ganz Österreich.

Als Argument für die Leiharbeit wird oft angeführt, man brauche sie zur Abdeckung von Leistungsspitzen. In schwierigen Zeiten sind die LeiharbeiterInnen die ersten, die ihren Arbeitsplatz wieder verlieren. Die vergangenen Monate haben das eindrücklich gezeigt.

LeiharbeiterIn wird man meistens nicht aus freien Stücken. 55 Prozent der Befragten haben sich dafür entschieden, weil sie sonst keine Arbeit gefunden hätten. Nur rund 20 Prozent sind der Ansicht, damit die für sie passende Beschäftigungsform gefunden zu haben. Der Kollektivvertrag für Leiharbeiter aus dem Jahr 2002 war ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation. Es ist allerdings noch viel zu tun.

Projekt wellbeing@work

Seit Mitte der 90er-Jahre erhebt die AK Oberösterreich den Arbeitsklima Index. Was bisher gefehlt hat, war eine Vergleichsmöglichkeit auf europäischer zwischenstaatlicher Ebene.

Das Fehlen von adäquaten sozialen Maßstäben in Europa war auch der Ausgangspunkt für das Projekt wellbeing@work. Ziel ist die Entwicklung eines flexiblen und breit einsetzbaren Instrumentes auf EU-Ebene zur Messung des Arbeitsklimas in verschiedenen Ländern. Dieses Instrument soll dabei auf die unterschiedlichen sozialen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Ländern eingehen und in regelmäßigen Abständen vergleichbare Daten liefern.

Der Startschuss für wellbeing@work ist im Dezember 2008 mit einem Workshop in Wien gefallen, im Frühjahr folgten Arbeitstreffen in Sofia und Rom. Mit dabei sind WissenschafterInnen aus Polen, Schweden, Deutschland, Österreich, Bulgarien, Italien, Slowenien und Litauen. Am 4. September wird das Projekt mit einer Konferenz in Wien abgeschlossen.

Arbeitszufriedenheit soll aber nicht nur innerhalb der EU zum Thema werden. Vor wenigen Tagen haben die Arbeiterkammer Oberösterreich und die Moskauer Föderation der Gewerkschaften ein Abkommen unterzeichnet. Ziel ist, den Arbeitsklima Index auch für die Interessenpolitik der russischen Gewerkschaften nutzbar zu machen.

Weblinks
Alle Daten online:
www.arbeitsklimaindex.at

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aw@oegb.at

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