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Vermögen besteuern Der Anteil der Einnahmen aus den vermögensbezogenen Steuern, aber auch der Einnahmen aus den Unternehmenssteuern werden deutlich sinken. Die Verteilung verschiebt sich also weiter zuungunsten der ArbeitnehmerInnen.

Vermögen besteuern

Schwerpunkt

Angeregt durch das Vermögenssteuermodell der GPA-djp und den Vorstoß des steirischen Landeshauptmanns Franz Voves ist die »Reichensteuer« in aller Munde

Eine Steuerdiskussion geht derzeit durchs Land. AdvokatInnen einer stärkeren Besteuerung von Vermögen weht jedoch ein zum Teil heftiger Gegenwind ins Gesicht. Dem armen Häuslbauer/der armen Häuslbauerin würden hier unerträgliche neue Lasten aufgebürdet. Reiche würden scharenweise das Land verlassen, Österreich wäre nicht mehr konkurrenzfähig, gerade in Zeiten einer Finanzkrise müssten alle SteuerzahlerInnen eher entlastet als belastet werden, bekommt man unter anderem zu hören.

Freibetrag 500.000 Euro

Dabei sind diese Argumente leicht zu entkräften. Lange bevor die Diskussion in den Medien entfacht wurde, beschloss der Bundesvorstand der GPA-djp ein konkretes Forderungsprogramm zu vermögensbezogenen Steuern. Darin plädiert die Gewerkschaft für die Einführung einer allgemeinen Vermögenssteuer, die alle Arten von Vermögen über einem großzügigen Freibetrag von 500.000 Euro erfasst und mit Steuersätzen von 0,25 Prozent bis 1,45 Prozent belastet. In Zahlen bedeutet das, dass bei einem Vermögen von zwei Mio. nach Abzug des Freibetrags 8.625 Euro im Jahr fällig wären. Bei Vermögen von sieben Mio. Euro wären es schon 66.625 Euro. Betriebe werden vom GPA-djp-Modell nicht erfasst.

»Das Argument, eine Besteuerung von Vermögen würde die kleinen Häuselbauer treffen, wird von denjenigen vorgeschoben, denen in Anbetracht des steigenden Budgetdefizits langsam die Argumente ausgehen. Eine Vermögenssteuer, wie wir sie fordern, würde nämlich das 400.000-Euro-Eigenheim genauso unversteuert lassen wie die 200.000-Euro-Eigentumswohnung in Wien. Sehr wohl aber wird die Zwei-Millionen-Luxusvilla mit einem progressiven Steuersatz besteuert«, erklärt Wolfgang Katzian, Vorsitzender der GPA-djp.

Bis vier Mrd. Euro Einnahmen möglich

Zudem verlangen gerade die sehr teuren Hilfspakete für Banken und Unternehmen, die in Folge der Finanzkrise geschnürt worden sind, eine rasche Gegenfinanzierung. Alle Leute, die dagegen argumentieren, sollten ehrlicherweise zugeben, dass sie stattdessen Maßnahmen des Sozialabbaus den Vorzug geben wollen. Denn für die Zeit nach der Krise gibt es derzeit nur zwei realistische Möglichkeiten: Sparpakete, die wohl wieder die sozial Schwächsten treffen würden, oder die angesprochene Gegenfinanzierung. Dwora Stein, Bundesgeschäftsführerin der GPA-djp, bringt das auf den Punkt: »Wenn die politischen EntscheidungsträgerInnen aller Parteien jetzt sagen, dass eine Steuer auf große Vermögen nichts bringt, und gleichzeitig fordern sie die ArbeitnehmerInnen zu Lohnverzicht auf, dann ist das purer Zynismus. Sogar bei den WählerInnen der ÖVP verstehen das immer weniger Menschen. Das von uns geforderte Vermögenssteuermodell würde dem Staat immerhin zwischen 1,5 und 1,75 Mrd. Euro an dringend benötigten Einnahmen bringen.«

Kein Hochsteuerland

Im Paket mit einer Reihe weiterer umverteilender Maßnahmen, einer strengeren Stiftungsbesteuerung, einer Steuer auf Vermögenszuwächse, einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie einer Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer ließen sich bis zu vier Mrd. Euro aufbringen. Damit wäre Österreich allerdings noch lange kein Hochsteuerland bei vermögensbezogenen Steuern, sondern würde nicht einmal den OECD-Durchschnittswert erreichen.

Unabhängig von der Wirtschaftskrise muss konstatiert werden, dass Österreich eines der ungerechtesten Steuersysteme der industrialisierten Welt besitzt. Während der durchschnittliche Arbeitnehmer/die durchschnittliche Arbeitnehmerin mit einer höheren Abgabenlast konfrontiert ist als in Schweden, wird Vermögen in Österreich de facto gar nicht besteuert. Daher lässt sich auch das Argument der drohenden Steuerflucht nicht nachvollziehen. »Denn wohin sollen die Reichen fliehen?«, fragt Wolfgang Katzian. »Sicher nicht in das ›Reichenparadis‹ Schweiz, wo in einzelnen Kantonen schon Vermögen ab 18.000 Euro besteuert werden. Das würden wir uns in Österreich nicht einmal fordern trauen.«

Laut Budgetbericht wird sowohl der Anteil der Massensteuern als auch der der Lohn- und Einkommensteuer trotz Krise bis 2010 weiter ansteigen. Der Anteil der Einnahmen aus den vermögensbezogenen Steuern, aber auch der Einnahmen aus den Unternehmenssteuern werden dagegen deutlich sinken. Die Verteilung verschiebt sich also weiter zuungunsten der ArbeitnehmerInnen. »Da kann man dann auch keine Diskussionsverbote erlassen - die Diskussion wird nämlich in der Bevölkerung längst geführt - in den Werkstätten und in den Büros. Das zeigen uns aktuelle Umfragen genauso wie Gespräche mit unseren Mitgliedern«, sagt Katzian.

Eine Frage des Wie

Dass mittlerweile selbst Martin Bartenstein laut über eine Vermögenszuwachssteuer auf Aktiengewinne nachdenkt beweist, dass inzwischen selbst die ÖVP bezweifelt, dass es ganz ohne neue Steuern gehen kann. Die Diskussion darüber, wie die notwendige Sanierung des Staatshaushaltes erfolgt, ist absolut notwendig. Es ist mehr eine Frage des »Wie« als des »Ob«. Schon 2009 wird die Verschuldungsquote Österreichs von 62,5 auf 68,5 Prozent steigen, bis 2010 auf über 70 Prozent. Die durch das Budgetdefizit steigende Zinsenlast des österreichischen Staates wird jährlich mindestens drei Mrd. Euro betragen. »Jetzt eine Diskussion über Vermögensbesteuerung zu führen, ist ein Gebot der Stunde«, ist Dwora Stein überzeugt. »Ganz besonders, wenn man in Betracht zieht, dass der Finanzminister vorhat, das Maastricht-Defizit bis 2012 wieder unter die im Stabilitäts- und Wachstumspakt erlaubte Grenze von drei Prozent des BIP zu senken - und das offensichtlich unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung.« Auch die von Gewerkschaften und AK immer wieder geforderte (und auch notwendige) weitere steuerliche Entlastung der ArbeitnehmerInnen wird ohne entsprechende Gegenfinanzierung in weiteste Ferne rücken.

Reichensteuer Erbschaftssteuer

Wir werden daher nicht nur über die viel diskutierte Vermögenszuwachssteuer und eine stärkere Besteuerung von Privatstiftungen diskutieren müssen, sondern auch über eine Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Erbschaftssteuer neu müsste alle Erbschaften umfassen, Sparbücher, Aktien und Immobilien. Eine Freibetragsgrenze würde verhindern, dass bei kleinen Erben zur Kasse gebeten wird. Doch bereits bei der bis 2008 eingehobenen Erbschaftssteuer verhielt es sich ja so, dass ein Prozent der Erben/-innen für 50 Prozent des Erbschaftssteueraufkommens verantwortlich waren. So gesehen ist die Erbschaftssteuer keine Massensteuer, wie vielfach behauptet, sondern eine Reichensteuer.

Ein weiteres Argument, das sowohl die ÖVP als auch die Freiheitlichen immer wieder strapazieren, ist die angeblich so hohe Steuerquote in Österreich. Dabei ist es ein Irrglaube, dass eine niedrige Steuerquote ein Wert an sich sei. Es geht vielmehr darum, wer welchen Teil davon zahlt. Im Übrigen lässt sich bereits jetzt erkennen, dass die Abgabenquote in Österreich in den kommenden Jahren auch ohne weiteres Zutun allein durch die Krise deutlich sinken wird. Das allein wird uns aber weder mehr Dynamik noch neue Arbeitsplätze oder soziale Gerechtigkeit bringen. Es geht also darum, das Steuersystem insgesamt gerechter zu machen.

Dynamik trotz hoher Steuern

Der Wettlauf um die niedrigste Steuerquote war ein Wesenszug des Neoliberalismus und hat sich mit diesem ad absurdum geführt. Man muss mit der Behauptung aufräumen, dass nur niedrige Steuern zu einer wirtschaftlichen Dynamik führen bzw. hohe Steuern zu Stagnation. Die skandinavischen Länder beweisen, dass das genaue Gegenteil der Fall ist.

Weblinks
OECD-Länderinformationen Österreich:
http://www.oecd.org/oesterreich

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