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Wer soll das bezahlen?

Wirtschaft & Arbeitsmarkt

Die sogenannten Krisenbudgets 2009 und 2010 und ihr Nutzen in der angespannten Wirtschaftssituation.

Am 29. Mai 2009 wurden im Parlament die von der »neuen« Bundesregierung vorgelegten Budgets für die Jahre 2009 und 2010 nahezu unverändert beschlossen. Finanzminister Pröll sprach in seiner Budgetrede von »Krisenbudgets«. Tatsächlich werden die Defizite in den nächsten Jahren sehr stark ansteigen. Eine antizyklische Budgetpolitik ist aber gerade jetzt Gebot der Stunde. Weil sich eben die Krise weiter verschärft, sind die Konjunkturpakete rasch umzusetzen. Nach den bereits erfolgten umfangreichen Bankenrettungspaketen muss nun die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit die oberste Priorität der Bundesregierung sein.

Düstere Prognosen

Angesichts der düsteren Prognosen über die mittelfristige Entwicklung am Arbeitsmarkt werden die beschlossenen Budgetmittel nicht ausreichen. Zusätzliche Maßnahmen - wie z. B. ein kommunales Infrastruktur- und Beschäftigungspaket - sind notwendig, um einen wirkungsvollen Schutzschirm für ArbeitnehmerInnen in Zeiten der Krise bilden zu können. Auf der Einnahmenseite muss gewährleistet werden, dass die MitverursacherInnen der Finanzkrise einen entsprechenden Beitrag zur Sanierung der öffentlichen Finanzen leisten. Auf den Bundessektor entfallen 2009 (2010) für die Berechnung des Maastricht-Defizits relevante Ausgaben von 74 (76) Mrd. Euro und Einnahmen von 65 (64) Mrd. Euro. Daraus resultiert ein Defizit von 3,2 Prozent (2009) und 4,1 Prozent des BIP (2010). Neben dem Bund werden auch die Länder und Gemeinden in den nächsten beiden Jahren höhere Ausgaben sowie niedrigere Einnahmen haben. Für den Gesamtstaat Österreich liegen damit die erwarteten Maastricht-Defizite nach 0,4 Prozent (2008) bei 3,5 Prozent heuer bzw. 4,7 Prozent des BIP 2010.

Erstmals seit zehn Jahren werden - richtigerweise angesichts der Wirtschaftskrise - Budgetdefizite deutlich jenseits der Maastricht-Obergrenze von drei Prozent toleriert. Österreich liegt damit aber immer noch besser als der Durchschnitt der EU-Staaten. Die Verschuldungsquote wird in den nächsten Jahren sprunghaft ansteigen, von 62,5 Prozent des BIP 2008 auf geschätzte 73 Prozent des BIP 2010. Die Wirtschaftsprognosen der nächsten beiden Jahre werden jedoch laufend nach unten revidiert. Die aktuellen Budgetzahlen beruhen auf der Wirtschaftsprognose des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) vom März 2009. Bei weiterer Revision der Wirtschaftsdaten - die Österreichische Nationalbank sprach Anfang Juni von einer Schrumpfung der Wirtschaft von mindestens vier Prozent 2009 - werden die Defizite entsprechend höher ausfallen und könnten durchaus auch fünf bis sechs Prozent des BIP erreichen.

Wofür wird Geld ausgegeben?

Schwerpunkte der Bundesregierung bei den Ausgaben bilden die Bereiche Arbeit, Soziales, Bildung, Forschung und Wissenschaft, die zusammen ungefähr die Hälfte des Budgetvolumens betragen. Konkret wird im Arbeitsmarktbereich für die Kurzarbeitsregelung vorgesorgt, die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik werden aufgestockt und darüber hinaus wird das AMS personell und finanziell besser ausgestattet. Weiters sind eine deutliche Erhöhung des Bundeszuschusses für das umlagenfinanzierte Pensionssystem, eine Verbesserung beim Pflegegeld, eine zumindest kurzfristige Sicherung der Gesundheitsfinanzierung durch zusätzliche Mittel für die Krankenkassen, deutlich mehr Geld für die Universitäten und Fachhochschulen, den Schienenausbau sowie den öffentlichen Verkehr vorgesehen. Für das Bankenpaket sind insgesamt 10,8 Mrd. Euro budgetiert, aber auch der Zinsaufwand zur Tilgung der Staatsschulden steigt stark an.

Wer profitiert?

Das Doppelbudget 2009/10 setzt dem starken Rückgang der Wirtschaftsdynamik eine Reihe von Maßnahmen entgegen, insbesondere mit der Finanzierung der beiden Konjunkturpakete sowie des Arbeitsmarktpakets. Durch das Vorziehen der Steuersenkung auf das Jahr 2009 wird zudem rasch über eine Erhöhung des privaten Konsums die Binnennachfrage gestärkt. Über die Banken wurde ein umfassender Schutzschirm gespannt. Alle Konjunktur stabilisierenden Maßnahmen zusammen sollten im Jahr 2010 30.000 Personen den Arbeitsplatz sichern. Die Arbeitslosigkeit steigt jedoch sprunghaft an. Da sich dieser Anstieg bis mindestens 2011 fortsetzen wird, werden zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein, um »niemanden im Regen stehen zu lassen«, wie der Finanzminister in seiner Budgetrede meinte. Die AK befürwortet ein kommunales Infrastruktur- und Beschäftigungsprogramm (z. B. Errichtung und thermische Sanierung von Schulen und anderen kommunalen Gebäuden, Altersheimen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Forcierung des öffentlichen Personen- und Regionalnahverkehrs und Errichtung von Radwegen) im Umfang von mindestens drei Mrd. Euro, wie es etwa der Österreichische Städtebund vorgeschlagen hat. Gerade auf kommunaler Ebene können nämlich die größten Beschäftigungs- und Wachstumseffekte erreicht werden. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Fördermitteln für die thermische Sanierung privater Wohngebäude im Rahmen des Konjunkturpakets II ist eine Verstärkung dieser Aktivitäten und eine Ausweitung auch auf den mehrgeschossigen Wohnbau eine weitere Möglichkeit wirtschaftspolitisch sinnvoller Initiativen.

Eine Erhöhung der Nettoersatzrate für BezieherInnen von Arbeitsl

osengeld und Notstandshilfe sowie eine möglichst rasche Umsetzung der seit längerem geplanten bedarfsorientierten Mindestsicherung findet sich im Doppelbudget leider nicht, obwohl sie konjunkturell förderlich und sozialpolitisch geboten wären. Sowohl arbeitslose als auch armutsgefährdete Personen haben eine besonders hohe Konsumneigung. Eine Anhebung der Nettoersatzraten auf 65 Prozent könnte vorerst befristet auf die »Krisenzeit« umgesetzt werden, ehe sie danach mit zumindest 60 Prozent im Dauerrecht verankert wird.

Wer soll das bezahlen?

Auf der Einnahmenseite sinkt das prognostizierte Abgabenaufkommen aufgrund der steuerlichen Entlastung sowie des durch die Rezession verursachten Einbruchs bei den Ertragssteuern deutlich. Der Rückgang beträgt bis 2010 bei der veranlagten Einkommensteuer 31 bzw. bei der Körperschaftsteuer 24 Prozent, während bei der Lohnsteuer Mindereinnahmen von bloß fünf Prozent erwartet werden und die Umsatzsteuer um ein Prozent anwächst. Damit steigt - trotz Steuerreform und sinkender Beschäftigung - der Anteil der Lohnsteuer am Gesamtaufkommen von 31,1 Prozent 2008 auf 31,7 Prozent 2010, während die Quoten für Selbstständige, Kapitalgesellschaften und Zinserträge rückläufig sind. Noch stärker steigt nur der Anteil der Massensteuern, insbesondere der Umsatzsteuer (von 31,9 auf 34,5 Prozent). Wie die Bundesvoranschläge zeigen, wird auch in Krisenzeiten der größte Teil der Abgaben aus der Lohnsteuer und der Umsatzsteuer aufgebracht. Die Verteilung verschiebt sich damit noch weiter zuungunsten der ArbeitnehmerInnen.

Mittelfristig stellt sich die Frage, wie die Schulden durch die stark ansteigenden Defizite zurückgezahlt werden können. Ein rascher Aufschwung wäre am hilfreichsten, hohes Wachstum bringt höhere Steuereinnahmen und verringert die Ausgaben (z. B. im Rahmen der Arbeitslosenversicherung). So ist besonders darauf zu achten, dass Wachstum nicht durch frühzeitige Konsolidierungsmaßnahmen abgewürgt wird. Zudem müssen Maßnahmen im Rahmen der Vermögensbesteuerung getroffen werden, damit die VerursacherInnen der Finanz- und Wirtschaftskrise zur Verringerung der Staatsschulden einen angemessenen Beitrag leisten.

Keinesfalls kann die Sanierung der Budgets rein ausgabenseitig - d. h. über die Kürzung von Sozialleistungen - erfolgen, denn dann müssten die ArbeitnehmerInnen, die jetzt durch die zunehmende Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Nulllohnrunden betroffen bzw. bedroht sind, doppelt für eine Krise bezahlen, die sie nicht verursacht haben.

Weblinks
Die Budgetanalyse der Arbeiterkammer kann unter
www.arbeiterkammer.at/bilder/d97/AKBudgetanalyse2009Web2.pdf
heruntergeladen werden.

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christa.schlager@akwien.atgeorg.feigl@akwien.at
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