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Inseln ohne Palmen

Schwerpunkt

Steueroasen und die Steuervermeidungsstrategien sind für die Finanzmarktkrise mitverantwortlich. Jetzt gilt es den Faktor Arbeit zu entlasten.

Die Steuerbelastung auf den Faktor Arbeit und die Verbrauchsteuern sind in den letzten Jahrzehnten in der EU generell stark angestiegen, während die Steuerbelastung auf Kapitaleinkommen stagniert. Die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise hat zumindest dazu geführt, dass diese problematische Entwicklung verstärkt diskutiert wird. Bei einer Analyse dieser Entwicklung ist es notwendig, sich mit der Verantwortlichkeit von Steueroasen und Steuerwettbewerb intensiver auseinanderzusetzen.

Den Anfang machte eine DVD

Nachdem Anfang 2008 den deutschen Steuerbehörden eine DVD mit geheimen Daten über offensichtliche deutsche Steuerhinterzieher in Liechtenstein in die Hände gefallen ist, wurde insbesondere durch die in Deutschland ausgelösten Diskussionen das Thema Steueroasen auch in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion in Österreich gebracht. Durch die fast zeitgleich auftretende Finanzkrise wurden die Steueroasen auch international ein Thema, auch die OECD hat sich verstärkt dem Kampf gegen Steueroasen gewidmet.

Charakteristische Merkmale

Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffes Steueroase und auch keine abschließende Aufzählung welche Länder tatsächlich als Steueroasen zu bezeichnen sind. Die OECD entwickelt in ihrem Bericht aus dem Jahr 1998 mit dem Titel »Harmful Tax Competition: An Emerging Global Issue« zumindest eine Definition charakteristischer Merkmale. Demzufolge sind Steueroasen durch folgende Punkte gekennzeichnet, wobei nicht zwangsläufig alle Punkte gemeinsam auftreten müssen:

  1. Kapitaleinkünfte werden nicht oder nur sehr niedrig besteuert.
  2. Eigene Steuerregime für Briefkastenfirmen.
  3. Keine Transparenz hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse dieser Briefkastenfirmen zumeist verbunden mit keinerlei Regelungen über Veröffentlichungen und Aufsicht.
  4. Kein wirkungsvoller Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten mit anderen Staaten.

Die Anzahl der Steueroasen ist in den letzten Jahrzehnten sprunghaft angestiegen. Das Tax Justice Network führt über 70 Staaten an, die als potentielle Steueroasen bezeichnet werden können1. Schlagwortartig können folgende negative Effekte angeführt werden2:

  • Ansteigen des schädlichen Steuerwettbewerbes, dahingehend, dass Kapitaleinkünfte generell immer günstiger besteuert werden
  • Ineffiziente Allokation von Investitionen nimmt zu
  • Mangelnde Transparenz erleichtert Steuerhinterziehung und führt zu massiven Steuerausfällen in Drittstaaten
  • Mangelnde Transparenz in Steueroasen hat die schädlichen Strukturen für die derzeitige Finanzkrise ermöglicht bzw. erleichtert
  • Steueroasen führen zu einer ungleicheren Verteilung der Steuereinnahmen

Nicht immer unter Palmen

Steueroasen werden oft als Inseln (Cayman Islands, Jersey, etc.) mit Palmen und Briefkästen verstanden, jedoch steht hinter jeder Steueroase ein bedeutender Finanzplatz. So steht etwa für die Cayman Islands London, für die Antillen die Niederlande und für Liechtenstein ist dies Zürich. Banken und Treuhänder richten in Steueroasen Stiftungen bzw. Trusts ein, die Vermögensverwaltung erfolgt aber in den dazugehörigen Ländern. Führend dabei ist die Schweiz. Von dort aus wird ein Drittel aller weltweit angelegten Privatvermögen verwaltet. Die Besonderheit in der Schweiz ist das sogenannte »private banking«, im Rahmen dessen die Vermögensverwaltung für sehr reiche Individuen, die über ein Finanzvermögen von mindestens einer Million Dollar verfügen, durchgeführt wird. Das Vermögen dieser Superreichen stieg bis 2008 deutlich stärker an, als die Weltwirtschaft, lt. Merrill Lynch um mehr als ein Viertel der Bruttoinlandprodukte aller Länder. Die Spezialität der Schweiz ist die Vermögensverwaltung ausländischer KundInnen, dafür wird sowohl international aber auch von den Schweizer StaatsbürgerInnen Kritik geerntet. Zum einen werden steuerliche Ungleichbehandlungen zwischen SteuerausländerInnen und steuerpflichtigen InländerInnen manifestiert. SchweizerInnen unterliegen ganz normal der progressiven Einkommensteuer, die im europäischen Vergleich etwa mit Österreich vergleichbar ist. Aber auch die eklatante Privilegierung der Besteuerung von Kapital gegenüber Arbeitseinkommen. Dennoch wächst international der Druck, Steuerbetrug bzw. Steuerhinterziehung als strafbares Delikt zu deklarieren, die als Voraussetzung für die Amtshilfeleistung an Finanzverwaltungen gilt.

90 Prozent unversteuert

Genaue Daten zum angelegten Privatvermögen gibt es nicht. Dennoch sind die Schätzungen des World Wealth Report von Merrill Lynch und dem Tax Justice Network sehr aufschlussreich. Der Anteil des unversteuerten Vermögens wird auf satte 90 Prozent geschätzt. Auch Schweizer Banken-Insider gehen davon aus, dass »die große Mehrheit« die Steuerpflicht umgeht.
Wenn auch Österreich mit den »klassischen« Steueroasen (Cayman Islands, Jersey, Antillen, etc.), wo kaum Unternehmenssteuern erhoben und Briefkastenfirmen rechtlich erleichtert werden, nicht vergleichbar ist, so kommt Österreich dennoch insbesondere mit der österreichischen Privatstiftung und dem Bankgeheimnis in die Nähe einer Steueroase.
Es geht stets darum, große Vermögen in Steueroasen (zumindest auf dem Papier) zu parken. In den Steueroasen werden die Erträge aus diesen Vermögenswerten nicht oder kaum besteuert. Durch mangelnde Registrierungspflichten, Offenlegungspflichten und Amtshilfeabkommen (Informationsaustausch) ist es unmöglich, die EigentümerInnen dieser Vermögen zu fassen, sodass den anderen Staaten durch Steuerhinterziehung wichtige Steuereinnahmen verloren gehen. Entsprechende Daten über die Steuerausfälle sind nicht verfügbar. Schätzungen gehen davon aus, dass die Steuerausfälle zumindest USD 250 Mrd. jährlich betragen. Die in Steueroasen geparkten Vermögen werden mit bis zu USD 11.000 Mrd. beziffert.
Die durch Steueroasen verursachten Probleme wurden in der Vergangenheit bewusst heruntergespielt. Weit weniger bekannt ist auch die Tatsache, dass der Auslöser der Finanzkrise zwar die »Subprime Krise« in den USA war. Erst durch die in den Steueroasen möglichen Gestaltungs- und Versteckmöglichkeiten von hochriskanten Finanzprodukten, ist sie zur Krise geworden, die letztendlich weltweit zu Rezession und Arbeitslosigkeit geführt hat. Als eine wesentliche Ursache für das beträchtliche Ausmaß der Finanzkrise wird beispielsweise die Umwandlung der Hypothekarschulden in komplex strukturierte, übertragbare Finanzinstrumente, die in Fonds gepackt wurden, die in Steueroasen angesiedelt waren und die es für Investoren fast unmöglich machte, das ihnen innewohnende Risiko abzuschätzen, angeführt3.

Steuervermeidungsstrategien

Neben den Steueroasen sind aber auch die Steuervermeidungsstrategien der großen multinationalen Unternehmen und der dadurch ausgelöste Steuerwettbewerb für die aktuelle Entwicklung der Abgabensysteme mitverantwortlich. Die mangelnde Harmonisierung der Körperschaftsteuer in der EU führte dazu, dass dieser Wirtschaftsraum jener mit dem stärksten Steuerwettbewerb ist. So sind die nominellen KöSt Sätze in der EU27 zwischen 1995 und 2007 von 34,61 Prozent auf 24,22 Prozent gesunken. Neben dem Rückgang der Steuersätze können weltweit operierende Unternehmen problemlos ihre Gewinne steuerschonend in Länder mit geringer Gewinnsteuerbelastung transferieren. Diese Entwicklung verursacht Steuerausfälle, aber auch Verschiebungen in den Steuerstrukturen, die die Steuerbelastung vom mobilen Kapital hin zum Faktor Arbeit und zur Verbrauchsbesteuerung umschichtet.

Weblinks
Mehr Infos unter:
www.taxjustice.net

1 Christensen (2009): The Spectre of Tax Havens: Secrecy, global crisis and poverty. Hier werden nicht nur gesamte Staaten sondern auch einzelne abgrenzbare Gebiete wie etwa die City of London als potentielle Steueroasen aufgelistet.
2 Commission on capital flight from developing cuntries (Hrsg)(2009): Tax havens and development
3 Commission on capital flight from developing cuntries (Hrsg)(2009): Tax havens and development

Kurz gefasst
Weitreichende Strukturreformen in den Abgabensystemen werden zukünftig unerlässlich sein. Der Einsatz vermögensbezogener Besteuerung und die Harmonisierung im Unternehmenssteuerbereich, aber auch der automatische internationale Informationsaustausch sind dazu notwendig.
In Österreich, das neben der hohen Steuerbelastung des Faktors Arbeit auch durch die im internationalen Vergleich extrem niedrige Steuerbelastung von Vermögen auffällt, ist der Ausbau vermögensabhängiger Abgaben vordringlich. Dazu sind Änderungen im Bereich des Bankgeheimnisses und der Besteuerung der Privatstiftung notwendig. Zusätzlich zu diesen Änderungen sollte auch die Einführung einer Vermögenszuwachssteuer, einer Finanztransaktionssteuer und die Wiedereinführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie einer reformierten Vermögenssteuer aber auch eine Wertschöpfungsabgabe im Unternehmensbereich eingeführt werden.
Mit diesen Reformen wird es möglich, den Faktor Arbeit zu entlasten und die Steuerbelastung von Kapitaleinkommen und Vermögen auf ein angemessenes, international übliches Niveau anzuheben.

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