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Internationaler Währungsfonds Betrachtet man die neue Vergabepolitik des IWF etwas genauer, so wird rasch klar, dass sich die Veränderung in Grenzen hält.

Wiederauferstehung

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Längst totgesagt und selbst in Finanznot erhält der Internationale Währungsfonds nun frisches Geld und neue Kunden.

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Internationaler Währungsfonds
Der IWF ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Er ist eine Schwesterorganisation der Weltbank-Gruppe und hat seinen Sitz in Washington D.C., USA.
Derzeit hat der IWF 186 Mitgliedsländer, deren Stimmrecht sich nach ihrem Anteil am Kapital richtet. Die fünf größten Beitragszahler haben im 24-köpfigen Internationalen Währungs- und Finanzausschuss einen ständigen Sitz. Das sind die USA, Deutschland, Frankreich, Japan und Großbritannien. Beschlüsse fasst der IWF mit einer Mehrheit von 85 Prozent. Die USA und die EU-Staaten verfügen de facto jeweils über eine Sperrminorität. Geschäftsführender Direktor des IWF ist seit 2007 Dominique Strauss-Kahn.


Ende 2007 warnte IWF-Chef Dominique Strauss-Khan, dass der IWF vor einem veritablen Finanzproblem stehe. Wenn er nicht bald wieder mehr Kredite vergeben könne, würde der Währungsfonds selbst bis 2010 mit einem Minus von 400 Millionen Dollar dastehen. Gleichzeitig kündigte Strauss-Khan an, Personal einsparen zu müssen. Die permanent hohen Rohstoffpreise hatten einer Reihe von SchuldnerInnen des IWF, u. a. Argentinien, Brasilien aber auch Thailand, ermöglicht, ihre Schulden auf einen Schlag zu begleichen. Da der IWF seine Kosten aus den Zinszahlungen der Kredite seiner Mitgliedsstaaten deckt, gingen ihm langsam aber sicher die Einnahmen aus. Eine der Speerspitzen des sog. Washington-Consensus der neoliberalen Doktrin schien damit am Ende und entmachtet. Doch Totgesagte leben länger. Die Finanzkrise erwies sich als unerwarteter Glücksfall für den Währungsfonds. Ab Oktober 2008 standen plötzlich die Antragsteller wieder Schlange. Neben der Türkei, Libanon und Pakistan fragten mindestens zehn osteuropäische Staaten beim IWF um Kredite an.

Bretton Woods

Gegründet wurde der internationale Währungsfonds genauso wie die Weltbank von 44 Staaten bei der Konferenz von Bretton Woods 1944. Die USA war durch den Weltkrieg zur Weltmacht aufgestiegen. Die anderen Siegermächte Frankreich, Großbritannien und die Sowjetunion waren wirtschaftlich schwer angeschlagen. Diese neuen Kräfteverhältnisse spiegelten sich daher auch im Abkommen von Bretton Woods nieder. Der Dollar wurde zur Leitwährung bestimmt, und auch in den neu geschaffenen Finanzinstitutionen, Internationaler Währungsfonds und Weltbank, wurde die Vormachtstellung der USA abgebildet. John Maynard Keynes, der damals mitverhandelte, wollte verhindern, dass die Vormachtstellung der USA auf diese Weise einzementiert wurde. Er schlug als Alternative zur Leitwährung Dollar die Einführung einer internationalen Währungseinheit, des »Bancor« vor, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.

Höhenflug in den 1980ern

Ziel des Abkommens von Bretton Woods war es, für Liquidität in den Mitgliedsländern zu sorgen und einen Abwertungswettlauf der Währungen zu verhindern. Der IWF sollte Kredite an Mitgliedsstaaten vergeben, die in vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten geraten waren. Mehr als zwei Drittel der ausgezahlten Kredite gingen in der Folge an Industriestaaten.
1971 verlor der IWF erstmals seine Bedeutung mit der Aufhebung der Bindung des Dollars an den Goldkurs. Erst die Schuldenkrise der Entwicklungsländer in den Achtzigerjahren verhalf ihm zu einem zweiten Höhenflug. Er vergab Kredite an hoch verschuldete Länder, die ihre Auslandsschulden nicht mehr bezahlen konnten. Als Gegenleistung mussten diese sogenannte Strukturanpassungsmaßnahmen durchführen, was nichts anderes bedeutete als Staatsausgaben reduzieren, Sozialleistungen kürzen und öffentliche Dienstleistungen liberalisieren.

Musterschüler Argentinien scheitert

Argentinien galt jahrelang als Musterschüler des IWF. Seit den 80er-Jahren wurde dort konsequent privatisiert: Von der Telefongesellschaft, über die Eisenbahn, die Landstraßen, die Fluglinie bis zum Pensionssystem und dem Gesundheitssystem, wurde alles dem Prinzip des freien Marktes untergeordnet. Bis im Dezember 2001 im Rahmen der Lateinamerikakrise Argentinien schließlich seine Zahlungsunfähigkeit bekanntgeben musste.
Ende der 90er-Jahre war der Währungsfonds schließlich vollkommen diskreditiert. Der Vollzieher des neoliberalen Programms für die Welt und Vertreter der US-amerikanischen Interessen schien gescheitert. Schwellenländer wie Brasilien und China entwickelten ein neues Selbstbewusstsein, die Entwicklungsländer hatten ihr Vertrauen in die neoliberale Politik komplett verloren. Nicht nur der Währungsfonds auch das Fundament der US-Vorherrschaft im Weltwirtschaftssystem begann damit zu wanken.

Rettung für den IWF

Der G-20-Gipfel im April 2009 sagte dem IWF neue Mittel zur Erhöhung der Liquidität zu. 250 Mrd. Dollar sollten in sog. Sonderziehungsrechten (SZR) an die Mitgliedsstaaten ausgegeben werden. SZR ist eine Rechnungseinheit des IWF, die aus der Summe der Währungen Dollar, Yen, Euro und Pfund täglich neu errechnet und in Dollar angegeben wird. Die Sonderziehungsrechte werden entsprechend der Stimmrechte an die Mitglieder verteilt. 44 Prozent erhalten allein die G-7-Staaten, weniger als ein Drittel alle Entwicklungsländer gemeinsam.
Gleichzeitig kündigte der Währungsfonds Maßnahmen zur Demokratisierung an. Die Schwellenländer sollen mehr Einfluss und auch Zugang zu Führungsposten erhalten. Die Stimmengewichtung soll verändert werden. Der IWF kündigte auch eine Reform der Vergabepolitik an. Länder, die von der Finanzkrise betroffen sind, sollen ohne Auflagen Kredite für drei Monate bekommen. Mexiko erhielt in der Folge den größten Kredit in der Geschichte des IWF - fast 50 Mrd. Dollar, Polen 20 Mrd.

Neue alte Vergabepolitik

Betrachtet man die neue Vergabepolitik des IWF allerdings etwas genauer, so wird rasch klar, dass sich die Veränderung in Grenzen hält. Mussten die Länder sich früher verpflichten die Strukturanpassungsmaßnahmen während der Kreditlaufzeit vorzunehmen, so müssen sie dies jetzt vor der Vergabe tun. Auch die kurzfristig vergebenen Kredite gehen nur an Länder, die eine »nachhaltige vernünftige Wirtschaftspolitik« betreiben. Zu interpretieren, was das genau bedeutet, bleibt dem IWF überlassen.
Trotz aller Beteuerungen bindet der IWF seine Kredite immer noch an strenge Auflagen: das Einfrieren der Gehälter, Einsparungen bei den Staatsausgaben und eine Erhöhung der Zinsen. Weil Lettland das vom IWF gesetzte Sparziel nicht erreichte und die lettische Regierung sich weigerte, die Mehrwertsteuer zu erhöhen und die Pensionen über die ohnehin bereits angekündigten zehn Prozent hinaus weiter zu kürzen, setzte der IWF sofort den Kredit aus. Die Argumentation der lettischen Regierung, die Erhöhung des Defizits beruhe auf dem infolge der Krise geschrumpften BIP, blieb erfolglos. Auch Ungarn, das als erstes EU-Land einen Kredit vom IWF erhielt, bezieht seine Kredite jetzt wieder teurer am freien Markt. Da in Ungarn im kommenden Jahr gewählt wird, hat die ungarische Regierung derzeit kein Interesse, die vom Währungsfonds geforderten Sparmaßnahmen umzusetzen.

Neuer Höhenflug

Der IWF ist von den Totgesagten wiederauferstanden. Dennoch ist nicht alles wie es war. Länder wie China und Brasilien haben nachhaltig an Einfluss gewonnen. China ist mittlerweile der größte Eigentümer US-amerikanischer Staatsanleihen und damit Hauptgläubiger der USA sowie Garant der Stabilität des Dollars. Bleibt abzuwarten, ob unter diesen Rahmenbedingungen der neue Höhenflug des IWF von Dauer ist oder alternative Vorschläge wie der immer wieder diskutierte eigene »Asiatische Währungsfonds« irgendwann umgesetzt werden.

Weblinks
Der IWF im Internet:
www.imf.org/external/deu/index.htm

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