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Katharina Klee Katharina Klee, Chefredakteurin

Standpunkt | Meine kleine Welt

Meinung

»Wohl ist die Welt so groß und weit und voller Sonnenschein«, haben wir in der Volksschule gesungen. Und genauso erschien mir die Welt damals: groß, weit und voller Sonnenschein.

Das konnte man am Globus sehen, an Postkarten und Briefmarken, an Souvenirs und Fotos, in Atlanten und Fernsehdokumentationen. Und auch vom weiteren Text des Liedes war ich zutiefst überzeugt: »Das allerschönste Stück davon ist wohl die Heimat mein.«

Welt im Wandel

Seit damals hat sich die Welt rasant verändert - neue Technologien und neue Kommunikationsmittel haben dafür gesorgt, dass es sich anfühlt, als wären wir alle ein wenig näher aneinander gerückt. In weniger als 80 Stunden kann man per Flugzeug um die Welt reisen, per Computer und Mausklick reichen Sekunden. Schon vor Urlaubsantritt kann man sich dank Google Earth am Urlaubsort umsehen, statt Postkarten werden die Urlaubsfotos als Gruß an die Daheimgebliebenen gleich vor Ort online gestellt, mittels sozialer Netzwerke reißt der Kontakt zu den netten neuen Freunden auch nicht mehr so schnell ab.
Auch auf der anderen Seite der Weltkugel kann man beim bekannten Fastfood-Anbieter das gewohnte Schachtelmenü einnehmen, dazu gibt es das braune Erfrischungsgetränk, das fast schon als Vorbote der letzten Globalisierungswelle, im Zweiten Weltkrieg im Gepäck der US-GIs seinen Siegeszug um die Welt antrat. Ein französischer Anbieter sorgt für Trinkwasser aus Plastikflaschen, eine niederländische Brauereikette für Abwechslung zum heimischen Bier. Die wohl bekannteste Zigarettenmarke gibt es dort in einer Variante, die dem Geschmack der Einheimischen entgegenkommt.
Die Logos der Mobiltelefonfirmen kennt man von zu Hause. Die Boutiquen verkaufen internationale Markenwaren zu Schleuderpreisen. In den Kunsthandwerkgeschäften findet man vieles, was man auch am heimischen Christkindlmarkt gesehen hat - mit rund 300 Prozent Preisaufschlag -, und die gleichen Souvenirs wie in anderen Paradiesen. Aus dem Radio dringen vertraute Songs, am Strand kann man aktuelle Film-DVDs ebenso kaufen wie die fast echte Rolex. Mit den Einheimischen verständigt man sich in einfachem Englisch - für ein kurzes Gespräch, das Feilschen am Markt und die Tempelbesichtigung reicht das allemal.
So fern und doch so nah - die Globalisierung machts möglich. Burger-Schachteln und leere Plastikflaschen vermüllen die faszinierende Landschaft. Die schicke Ware in den Boutiquen ist  deswegen so günstig, weil eben diese »Designerstücke« nicht weit vom scheinbaren Paradies in Sweatshops unter höllischen Bedingungen hergestellt werden. Der internationale Zigarettenkonzern macht den dortigen Anbietern Konkurrenz. Der Staat verschenkt Gasflaschen, damit Holz nicht mehr zum Feuer machen verwendet wird, wenn schon unzählige Festmeter in Möbel und Schnitzereien verarbeitet werden. Das Wetter, sagen die Einheimischen, sei nicht mehr wie früher, aber das sagen Einheimische weltweit.

Träume vom Paradies

Und die Menschen? Viele träumen davon, das Paradies, in dem sie geboren sind, zu verlassen in Richtung des anderen, Reichtum und Wohlstand versprechenden Paradieses, aus dem wir für drei Wochen hierher geflohen sind.
Längst ist die Welt für mich nicht mehr groß und weit und schon gar nicht voller Sonnenschein. Die Heimat mein ist wohl auch nicht das allerschönste Stück davon, aber ich hätte es schlechter treffen können. Auch weil ich mir einen Urlaub im Paradies leisten kann, selbst wenn der ökologische Fußabdruck ein wenig aufs Gewissen drückt.
Diese Welt ist die einzige, die wir haben, und wenn wir uns dort Sonnenschein wünschen, dann müssen wir selbst was dafür tun.

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